Vom muhammad Jesus zum Propheten der Araber
Karl-Heinz Ohlig
Die Historisierung eines christologischen Prädikats
1. Vorbemerkung
Wer den Begriff muhammad anhand seiner Genese, Geschichte und Bedeutung untersuchen will, kann hierfür zunächst nicht den Koran, der ihn nur an vier Stellen erwähnt (vgl. hierzu u. Abschnitt 5) zur Grundlage nehmen. Zwar ist dieser nach muslimischer Tradition, seit dem 9. Jahrhundert, und auch nach Meinung der Mehrheit der Islamforscher schon zwischen 650 und 656 unter dem dritten Kalifen Osman zur heutigen Ganzschrift zusammengestellt worden; alle anderen Versionen wurden verboten. Doch stammen die ältesten Handschriften erst aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, vielleicht reicht ein größeres Fragment, das in Sanaa gefunden wurde, in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts zurück. Diese Handschriften zeigen aber zumindest eines, dass sie nicht auf einen fertigen Codex zurückgreifen, der wohl erst bis zum 9. Jahrhundert allmählich entstanden ist.1
Auch neutestamentliche Handschriften z.B. liegen erst mit relativ großem Zeitabstand zu möglichen Autographen vor; sie sind aber in allen handschriftlichen Varianten textkritisch ediert, so dass die vermutlich ursprüngliche, jedenfalls älteste Textgestalt erarbeitet werden kann. Darüber hinaus können sie in Inhalt und Form, durch literarkritische, form- und traditionsgeschichtliche (usw.) Methoden zeitlich in ihrer Entstehung relativ genau eingeordnet werden. Dies ist bisher an koranischen Texten – wegen der a priori angenommenen mohammedschen Authentizität – so gut wie nie, außer der Zuordnung zu einer mekkanischen (drei Phasen) und einer medinischen Zeit, versucht worden und erweist sich auch als ungleich schwieriger als etwa bei dem Neuen Testament auf Grund der Eigentümlichkeiten der im Koran referierten Offenbarungen, die kaum regionale, zeitgeschichtliche, „biographische“ oder sonstige „kontextuelle“ Hinweise geben, wenn man die Texte selbst liest, ohne die Literatur des 9. Jahrhunderts zu Hilfe zu nehmen.
Zwar sind viele koranische Texte und Materialien, wie z.B. die Inschrift im Felsendom zeigt, durchaus älter als ihre spätere handschriftliche Dokumentation; aber wir kennen diese früheren Versionen nicht und wissen nicht, wie sie aussahen, welchen Umfang sie hatten, noch nicht einmal, in welcher Sprache sie ursprünglich vorlagen.
Die Berichte muslimischer Autoren, seit dem 9. Jahrhundert, von einer osmanischen Endredaktion müssen als literarischer Topos angesehen werden, mit dem Ziel, den Koran als sehr alt und möglichst nah an der Zeit des Propheten zu behaupten. Dieser Topos für das Zustandekommen heiliger Literatur war damals in Umlauf und wurde in ähnlicher Weise, hier im Rückgriff auf noch ältere Traditionen, von der Sammlung der zoroastrischen heiligen Schrift, Avesta, und der zugehörigen Gesetze und Kommentare, Zand, berichtet: Auf Befehl des Großkönigs sollten Avesta und Zand so zusammengestellt werden, wie Zoroaster seine Offenbarungen von (Gott) Ohrmazd erhalten hat. Seine Majestät, der König der Könige Ardasir I., folgte dann der religiösen Autorität an seinem Hof, Tansar, und wählte eine Version als kanonisch aus; die übrigen Versionen wurden aus dem Kanon ausgeschlossen. Später ließ Großkönig Sapur I. alle in Indien, im Byzantinischen Reich und anderen Ländern verbreiteten Schriften zu allen möglichen, im Zoroastrimus wichtigen Themen am Hof sammeln und fügte sie der Avesta hinzu.2
Versteht man die Berichte über eine osmanische Endredaktion – in Analogie zur Sammlung der zorastrischen heiligen Literatur – als literarischen Topos späterer Zeiten, muss also davon ausgegangen werden, dass die Ganzschrift des Koran ältere und jüngere Texte bietet, also ein Produkt länger dauernder Sammlungs- und Redaktionsprozesse ist, so dass seine einzelnen Texteinheiten zuallererst detailliert auf ihre mögliche zeitliche und somit auch traditionsgeschichtliche Zuordnung hin untersucht werden müssen. Deswegen soll im Folgenden der Weg des Begriffs muhammad zuallererst an Hand zeitgenössischer datierbarer und lokalisierbarer Zeugnisse untersucht werden. Hierfür kommen, wegen des Fehlens literarischer Quellen, ausschließlich Münzen und Inschriften der ersten beiden muslimischen Jahrhunderte in Frage.3 Mögliche christliche zeitgenössische Literatur wird in einem eigenen Abschnitt untersucht.4
2. muhammad als christologisches Prädikat
Der Begriff muhammad kommt in der zweiten Hälfte des 7. und in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts als Hoheitstitel Jesu auf Münzprägungen arabischer Herrscher und in Inschriften vor. Der christologische Würdename muhammad, nach späterem arabischem Verständnis „der zu Lobende/Preisende“ oder „der Gelobte/Gepriesene“, hat eine Vorgeschichte. Etwas später als der Begriff „Knecht Gottes“ (‚abdallah) findet sich zuerst, in persischer/syrischer Schrift, seit rund dem Jahr 40 H. (661 n.Chr.), MHMT auf Münzen im ostiranischen Raum.5 Dorthin waren (auch) Christen unter den Sassaniden seit 241 (Eroberung der Stadt Hatra), zunächst aus dem ostmesopotamischen Reich ‚Arabiya, später auch aus anderen Landesteilen bis hin nach Antiochien, verschleppt worden.6
Es gab anscheinend zwei Ursprungsregionen dieser Münzen, in denen unterschiedliche Konzepte vertreten wurden: Im Nordosten, im heutigen Turkmenien und Afghanistan, werden mit MHMT die Begriffe ‚abdallah und kalifat Allah verbunden; dieses Programm wird später von ‚Abd al-Malik, der aus Marv (Merv), weit nördlich von Herat, stammt, vertreten und auch durchgesetzt. Im Südosten, im Gebiet um Kirman (Kerman), östlich der Persis, wird laut persischer oder meist reichsaramäischer Erläuterung, MHMT als wali allah bezeichnet und mit dem Gesetz Gottes assoziiert.
Münzprägungen, die ein religiös-politisches Programm dokumentieren, setzen zweierlei voraus: erstens einen Herrscher, der das Recht oder die Macht zu diesen Münzprägungen hat, zum anderen eine oft schon – mindestens – Jahrzehnte lange religiös-politische Vorgeschichte, in der diese Vorstellungen, die dann auch der Herrscher internalisiert hatte, entwickelt wurden. ‚Abd al-Malik hat als erster, soweit bisher bekannt, MHMT-Münzen prägen lassen, auf dem Weg von Ost nach West.7 Im Osten aber, möglicherweise in seiner Heimatregion um Marv, muss dieses Konzept schon eine lange Tradition gehabt und das ganze Denken bestimmt haben, so dass es jedenfalls zeitlich weit hinter die Lebenszeit eines arabischen Propheten Mohammed zurückreicht. Die muhammad-Vorstellung, dies bezeugen die Münzprägungen seit dem Beginn der 60er Jahre des 7. Jahrhunderts, ist älter als der spätere arabische Prophet, dazu noch in einem ganz anderen Raum beheimatet, der nichts mit der arabischen Halbinsel zu tun hat.
Wenn in diesem Raum (auch) syrisch gesprochen (und nicht nur geschrieben) wurde, könnte MHMT als syrisches Wort mhmt (MHMT, mehmat) aufgefasst werden. Das auslautende „t“ bei MHMT – statt „d“ (MHMD) – wäre dann auf eine Lautschreibung zurückzuführen8 und müsste mehmad („der Gepriesene“, „der Gelobte“) gelesen werden, in arabischer Aussprache des Syrischen mahmed (Machmed).
Nach Volker Popp wurden in dieser Region aber damals (vor allem?) Varianten des Mittelpersischen gesprochen. Dann könnte MHMT als syrisch geschriebenes Ideogramm für das dort überlieferte ugaritische „Fremdwort“ MHMD mit der Bedeutung „erwählt“, „der Erwählte“ aufgefasst werden und – mittelpersisch – mehmet/mahmat gesprochen worden sein.9 Mit zunehmender Arabisierung der Herrschaftsverhältnisse und damit der Prägeberechtigten wurde MHMT dann zu arabisch muhammad umgeschrieben, wie es zweisprachige Münzen aus dem Jahre 60 (681) – nebeneinander MHMT in Pehlevi und muhammad in Arabisch – dokumentieren.10 Seit den 60er Jahren H. (680er n.Chr.) gibt es dann beinahe ausschließlich den arabischen Begriff muhammad in arabischen Schriftzeichen auf Münzprägungen im ganzen syrischen Raum. Sobald die arabische Umschrift muhammad üblich wurde, konnte es die syrische und arabische Bedeutung von „der zu Lobende“ oder „der Gelobte“ annehmen.
Die ältere Variante Machmed scheint aber daneben noch längere Zeit gebraucht worden zu sein. Jedenfalls benutzt sie noch, in griechischer Schrift (Ma/med, Mamed), der christliche Theologe Johannes von Damaskus (gest. um 750?) in Westsyrien für den „Pseudopropheten“.11 Denkbar wäre darüber hinaus, dass die Arabisierung des MHMT auch zur Lesung ‚HMD, achmed/achmad führte. Diese Lesart könnte allerdings auch aus theologischen Gründen entstanden sein: Die Sira setzt Achmed (Sure 61,6) mit Mohammed gleich. Von daher würde die Beobachtung Sprengers verständlich, dass es noch im 9. Jahrhundert einen Wechsel zwischen den Benennungen muhammad und (dem in etwa gleichbedeutenden) achmed gab: „Begreiflicherweise entstanden sehr früh Traditionen, welchen zufolge der Mutter des Propheten oder seinem Großvater in einem Traumgesicht schon vor seiner Geburt befohlen wurde, ihn Mohammad zu heißen. Allein in allen Traditionen, welche sich auf seinen Namen beziehen, finden wir ein Schwanken zwischen Ahmad und Mohammad.“12
Die arabische Bezeichnung muhammad setzt sich seit ‚Abd al-Malik im Gefolge der zunehmenden Arabisierung durch. Worauf schon die anfänglich eindeutige christliche Symbolik der Münzprägungen hinweist, die ein „islamisches“ Verständnis von machmed/muhammad verbietet, wird zur Gewissheit durch die Inschrift im Felsendom aus dem Jahr 72 (693) und die entsprechenden koranischen Materialien.13 Hier ist der Messias Jesus (Isa), der Sohn der Maria, muhammad, Knecht Gottes, Prophet, Gesandter, Logos und Geist Gottes. Zumindest bis in diese Zeit hinein, um 700, wahrscheinlich bis mindestens 750, ist vom muhammad Jesus die Rede.
Muhammad könnte, wie ausgeführt, in den Gebieten, die dem längst vergangenen phönikischen Hoheitsgebiet am nächsten lagen, als ugaritisches Fremdwort für „auserwählt“ u.ä. tradiert worden sein14. Ein solches Verständnis – Jesus ist der Erwählte – liegt vom biblischen Sprachgebrauch her nahe: Das Volk Israel betrachtete sich als das „auserwählte Volk“; so wird es auch noch in der Paulusrede in der Apostelgeschichte (Apg 13,17) genannt.15 Paulus nennt im Römerbrief (8,33) alle an Jesus Christus Glaubenden „erwählt“ (eklektós).16 Der „Gottesknecht“ wird bei Deuterojesaja von Gott als „mein Erwählter“, auf den er seinen Geist gelegt hat, bezeichnet (Jes 42,1; vgl. 49,7). Wohl in Analogie dazu nennt im Lukasevangelium (9,35), in der Verklärungsszene, die Stimme aus den Wolken Jesus den „auserwählten Sohn“ (eklelegménos; in Abwandlung der markinischen Vorlage [9,7], die auch Matthäus übernommen hat [17,6], in der Jesus als „geliebter Sohn“ bezeichnet wird). Mitglieder des Hohen Rats verspotten Jesus am Kreuz, anderen habe er geholfen, jetzt solle er sich selbst helfen, „wenn er der Messias Gottes, der Auserwählte (eklektós), ist“ (Lk 23,35). Versteht man also muhammad als „erwählt“, dann würde der Begriff eine wichtige biblische christologische Tradition aufgreifen.
Aber auch die andere Übertragung „gepriesen“, „hochgelobt“ o.ä., die auf das syrische und arabische Sprachverständnis zurückgreift, hat einen guten biblischen und christologischen Sinn. Psalm 118 sagt (V. 22) von dem Stein, den die Bauleute verworfen hatten, der dann zum Eckstein geworden ist: „Gepriesen (gesegnet) sei er, der da kommt im Namen des Herrn“ (V. 26). Dieser Lobpreis des Psalmisten wird im Neuen Testament auf Jesus bezogen: Beim Einzug Jesu in Jerusalem wird er ihm zugerufen (Markus 11,9: eulogäménos; ebenso in den Parallelen bei Matthäus 21,9 und Lukas 13,35). Der Hohepriester fragt Jesus in seinem Verhör vor dem Hohen Rat nach Markus (14,61.62): „Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten (eulogätós)? Jesus sagte: Ich bin es.“ Jesus ist also der Sohn des Gepriesenen und selbst der Gepriesene, der da kommt im Namen des Herrn (im Sanctus der lateinischen Messliturgie: Benedictus qui venit in nomine domini), er ist der muhammad.
Eine dritte Verständnisvariante von muhammad, die A. Sprenger17 in Betracht zieht, kann für die frühen Zusammenhänge wohl ausgeschlossen werden. Er bezieht sich auf die Behauptung des Koranexegeten Ibn ‚Abbas, „daß Mohammad in der Tora genannt werde“. Sprenger meint, dass der Begriff im Arabischen zwar ‚preisen‘, ‚loben‘ bedeute, „aber in den verwandten Dialekten, mit denen auch das Arabische … in der syrischen Wüste gesprochen wurde …“, ‚wünschen‘, ‚ersehnen‘ heißen kann. Mohammed wäre dann der „Ersehnte“.18 Sprenger verweist auf Haggai 2,8 und Daniel 11,37, in denen der hebräische Begriff hemdah, im Sinne von ersehnt, benutzt wird. Er hält deswegen die „Behauptung des Ibn ‚Abbas, der Prophet werde im alten Testament unter dem Namen Mohammad vorhergesagt“, für „wenigstens zum Theil“ begründet.19 Allerdings ist diese auf die Koranexegese des 9. Jahrhunderts gestützte These im Kontext der frühen Verwendung von muhammad wohl auszuschließen.
Die ersten beiden möglichen Wurzeln des Begriffs muhammad sind sprachlich, sprachgeschichtlich und theologisch plausibel. Hält man sich an das später zunehmend dominierende arabische Sprachverständnis und an den Text der Inschrift im Felsendom, in der auf das Lob Gottes (mit demselben Wortstamm hamd) das Lob (muhammad) des Gottesknechtes folgt, ist in diesem (späteren) Kontext wohl die syrisch-arabische Bedeutung „gepriesen“, „gelobt“ anzunehmen.
In beiden Varianten aber stellt der Begriff eine christologische Prädikation dar, und zwar eine, die sowohl der judenchristlichen wie auch der gemein-semitischen, in diesem Fall also syrisch-arabischen Mentalität entspricht. In ihr wird die geschichtliche Gestalt Jesu, der gern als „Sohn der Maria“ bezeichnet wird20, in ihrer heilsgeschichtlichen Rolle gewürdigt. Noch deutlicher ist diese heilsgeschichtliche Auffassung bei Aphrahat (gest. nach 345), der Nizäa noch nicht kannte, formuliert, der von der „Prophetin Maria, … Gebärerin des großen Propheten“, spricht, womit Jesus gemeint ist.21 Dies ist ganz anders in den christologischen Prädikaten der hellenistisch geprägten Christologie, die Jesu Würde in naturalen Kategorien umschreibt: Jesus ist der (physische) Sohn Gottes, der inkarnierte Gott.22
Letztere Christologie wurde allerdings erst seit dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 amtliche Doktrin in der griechischen (und so auch: lateinischen) Kirche. In der syrischen Kirche wurde Nizäa, also eine Zwei-Naturen-Lehre in der Christologie und eine binitarische (später auch trinitarische) Gottesauffassung, erst im Jahre 410 auf einer Synode in Seleukia-Ktesiphon akzeptiert und fand so allmählich Eingang in ihre Theologie.23 Diese Wandlung aber hat die (ehemals deportierten) syro-arabischen Christen im östlichen Perserreich nicht mehr erreicht; sie blieben bei ihrer syrisch-arabischen, vornizenischen Christologie, die sie auch im Inneren des Iran und später in Westsyrien beibehielten, nachdem sie – nach dem Ende der Sassanidenherrschaft – die Macht erringen konnten.
Somit entspricht muhammad der Würde Jesu, wie sie in der syrischen und syro-arabischen (vornizenischen) Christologie auf Münzprägungen, in der Inschrift des Felsendoms und im koranischen Material umschrieben wird: Jesus ist der Erwählte/Gepriesene (muhammad), der Messias (massiah), der Knecht Gottes (‚abdallah), der Prophet (nabi), der Gesandte (rasul), der Sachwalter Gottes (wali Allah), Logos und Geist Gottes.
Wie aber kam es dazu, dass im Lauf der Zeit aus dem muhammad Jesus der Prophet der Araber wurde?
3. Die Auflösung der Verbindung des christologischen Prädikats zu Jesus
3.1 Funktion und mögliches Missverständnis christologischer Prädikate
Christologische Prädikate dienen dazu, die Erfahrung von Gläubigen sprachlich zu artikulieren, dass durch Jesus ihre religiösen Fragen und Sinnhoffnungen – trotz in der Geschichte immer bleibender Defizienzerfahrungen – angestoßen und „gelöst“ sind. Er ist für die, die an ihn glauben, „der Heilsmittler.“ Deswegen wenden Christen auf Jesus superlativische Topoi an, die in ihrer religiösen und kulturellen Tradition als Heilsvorstellungen überliefert sind.24
Ob nun Jesus – in der „semitischen“ Tradition: heilsgeschichtlich – als der Messias, der Gesandte, der muhammad usf., oder ob er – auf „griechische Weise“: in „seinshaften“ Begriffen – als physischer Sohn Gottes, als inkarniertes Wort Gottes o.ä. bezeichnet wird, immer spiegeln sich in den Prädikaten religiöse Ideal- und Hoffnungsvorstellungen, die notwendig in einem Kontrast zur „Armutsgestalt“ Jesu stehen. Von daher ist es religionspsychologisch verständlich, dass sie oft mehr faszinierten als Jesus selbst.
In der hellenistischen Christologie bestand die Gefahr, dass sich die Prädikate verselbständigten; an Jesus wurde dann vor allem der über die Erde wandelnde Gott wahrgenommen und der konkrete Mensch Jesus vernachlässigt. Auch in der judenchristlichen und in der syrisch-arabischen Christologie konnten die Hoheitstitel so faszinieren, dass die Gestalt Jesu zurücktrat. Dieser Prozess einer Interesseverlagerung auf die Würdenamen und ihre allmähliche Loslösung von ihrem geschichtlichen Katalysator Jesus, dem ursprünglichen Subjekt aller Prädikationen, lässt sich historisch verifizieren und nachweisen. Hierbei sollen im Mittelpunkt die Inschriften stehen, die von den jeweiligen Herrschern an den von ihnen errichteten Heiligtümern programmatisch angebracht wurden, so dass sie das offizielle religiöse Konzept erkennen lassen.
3.2 Die Zeit ‚Abd al-Maliks
In der programmatischen christologischen Inschrift im Innern des Felsendoms von Jerusalem aus dem Jahr 693 sind alle oben genannten Prädikate noch ausdrücklich mit Jesus, dem Sohn der Maria, verknüpft; für ihn wird der Segen Gottes erfleht. Eine Gottessohnschaft wird zurückgewiesen. Die der gleichen Zeit (72/693) zuzurechnende Inschrift an der Außenseite des Gebäudes bekennt den alleinigen Allah ohne Beigesellung und verwendet dieselben Hoheitstitel Gesandter, Prophet, muhammad, Knecht Gottes; eine Gottessohnschaft (Jesu) wird abgelehnt. Für den Gesandten Allahs wird der Segen Gottes erfleht. Aber der Name Isa oder der Begriff Messias werden nicht erwähnt, auf die gemäß der Polemik gegen die Gottessohnschaft und laut innerer Inschrift alles zu beziehen ist.25
Auch eine Inschrift auf einem Meilenstein aus der Nähe von Tiberias (83/704) bekennt den einzigen Gott – eine Teilhaberschaft für Gott wird abgelehnt – und muhammad, den Gesandten.26 Ebenso fehlt auf Münzprägungen, die von der Sache her ja sehr knapp und formelhaft die zentralen religiösen Vorstellungen des Prägeberechtigten wiedergeben, schon z.Zt. Mu’awiyas die Erwähnung Jesu. Dass sie sich auf Jesus bezogen, wird „nur“ noch in der christlichen Symbolik der Prägungen deutlich: in einem oder mehreren Kreuz(en), in der Darstellung eines christlichen Herrschers oder eines herrscherlichen oder apokalyptischen Jesus, des Hauptes Johannes‘ des Täufers, verbunden mit der Taube (Symbol der Taufe Jesu), u. ä. Auch noch in der frühen Zeit ‚Abd al-Maliks, als schon das arabische muhammad-Motto auf Münzen erscheint, trugen diese noch eindeutig christliche Symbole (Kreuze oder Darstellungen christlicher Herrscher).27
Danach aber treten diese leicht erkennbaren – wenn auch in der islamwissenschaftlichen Numismatik auf seltsame Weise fehlinterpretierten – christlichen Symbole bald zurück zu Gunsten eines neuen Zeichens: Steinpyramiden, die nach Art nabatäischer und syrischer Stelen stufenförmig aufgeschichtet sind. Was bedeutet dieses Steinsymbol?
Wir kennen nicht die theologischen Entwicklungen ‚Abd al-Maliks und seiner Berater. Wir sind auf indirekte Zeugnisse angewiesen. Einen wichtigen Hinweis zur Deutung gibt die Errichtung des Gebäudes, das ‚Abd al-Malik über dem Felsen auf dem Sionsberg errichten und mit den genannten Inschriften versehen ließ, den Felsendom. Dieser ist gemäß seiner christologischen Inschrift und auch seiner Architektur ein christliches Gebäude. Seine Platzierung hat ihre Motivation sowohl in jüdischen (Tempelberg sowie die mit ihm verbundenen Mythen [Grab Adams, Ort des Isaakopfers usf.]) wie in spezifisch christlichen Traditionen (Grabeskirche Jesu – in Opposition zur byzantinischen Grabeskirche in der Altstadt).28
Die zentrale Rolle Jerusalems schon in syrisch-christlichen Projektionen kann die vielleicht schon im 4. oder 5. Jahrhundert entstandene, in jedem Fall aber „vorislamische“ Syrische Danielapokalypse zeigen.29 In der Endzeit ist alles auf Jerusalem konzentriert. Dort regiert schließlich der Antichrist, der von einem Engel getötet wird (syrDan 21-24). Auf dem Zionsberg ereignet sich die eschatologische Epiphanie Gottes (syrDan 26-29). Dann kommt Christus als mächtiger Krieger, der der Welt den Frieden bringt (syrDan 30-32) und ein Neues Jerusalem baut. Danach pilgern alle Völker zum Zionsberg (syrDan 38.39). Diese Tradition blieb über Jahrhunderte bestehen. Die Interessen für Jerusalem – damals das religiöse „Zentrum der Welt“ – „gipfelten am Ende des siebten Jahrhunderts in den Bau des Felsendoms auf dem Tempelplatz“, was „die heftigsten Emotionen bei den (richtiger: anderen, Verf.) Christen erregt(e), weil dieses Unternehmen als der Wiederaufbau des Tempels betrachtet werden konnte.“30
Die seltsamerweise bisher kaum diskutierte Frage aber bleibt, warum der Fels unter der Kuppel des Doms nicht planiert und ein Kirchenraum im üblichen Stil gebaut wurde, sondern der Eintretende mit dem blanken Felsen konfrontiert wird, der vom Gebäude eingefasst und überwölbt ist. Dies macht nur Sinn, wenn es gerade um dieses Felsgestein ging, das auf diese Weise programmatisch hervorgehoben wird. Diese zentrale Bedeutung des Felsens findet seine Entsprechung in den stufenförmigen und sich nach oben verjüngenden Steindarstellungen auf den Münzen ‚Abd al-Maliks bis hin nach Nordafrika. Auch Johannes Damascenus, der in seinem Buch gegen die Häresien als hundertste (christliche) Häresie die Ismaeliten und ihren Propheten Ma[ch]med nennt, berichtet, dass diese einen „Stein“ verehren31 (was in keiner Weise etwas mit dem schwarzen Stein an der Kaaba zu tun hat).
Die Ersetzung der Kreuzesdarstellungen und vergleichbarer Symbole kann aber bei ‚Abd al-Malik keine Abwendung vom Christentum sein. Es bleibt nur, dass ein anderes christliches Programm – anders als das syrische, jakobitische und erst recht byzantinische Christentum – die Begründung der arabischen Kirche und ihres Reichs demonstrieren soll.
Um die hierbei wirksamen Raster zu erkennen, ist auf die biblische, vor allem alttestamentliche Tradition zurückzugreifen, deren Bilder und Erzählungen damals den Hintergrund aller religiösen Vorstellungen und programmatischen Aussagen bildeten. Wo kennt also die Bibel eine solche Funktion des „Steins“?
Die programmatische Bedeutung von Stein und Steinaufschüttungen greift offensichtlich – neben archaischen Traditionen (die auch schon im Alten Testament wirksam waren) – zurück auf alttestamentliche Vorstellungen, in denen wichtige Verträge durch heilige Steine, durch eine Steinsymbolik, garantiert werden: Gott verheißt Jakob im Traum reiche Nachkommenschaft, was als Zusage der Begründung des Volkes Israel verstanden wird (Gen 28,10-22). Jakob richtete daraufhin den Stein, auf dem sein Haupt im Schlaf gelegen hatte, auf als „Malstein“ oder „Denkstein“ (V. 18: Masseba, meist Bezeichnung einer Steinsäule) und nannte (V. 19) diese Stelle Beth-El, „Haus Gottes“. An einer weiteren Stelle, zur Bekräftigung seines Vertrages mit seinem Schwiegervater Laban, richtet Jakob einen Steinhaufen auf (Gen 31,45-48), den Laban (V. 47) Jegar-Sahadutha (aramäisch: „Haufen des Zeugnisses“) und Jakob Galed (hebräisch: „ein als Zeuge dienender Haufen“) nannte.32
Die christologische Vertiefung dieser Steinsymbolik könnte in der Rede vom Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein wird (Psalm 118,22), gesehen werden. An Stelle eigener Ausführungen soll der syrische Theologe Aphrahat zur christologischen Bedeutung von Fels und Stein aus seinen „Unterweisungen“ angeführt werden: (Unterweisung 1,3) „Nun höre vom Glauben, der gestellt ist auf den Felsen, und vom Bauwerk, das aus dem Felsen emporragt …“33 … (1,6) „Ich komme nun zurück zu meiner vorherigen Behauptung, da ich gesagt habe, Christus sei Fels genannt worden von den Propheten. Denn von alters her hat David über ihn gesagt: ‚Der Stein, den die Bauleute verwarfen, wurde zum Haupt des Bauwerks‘ (Ps 118,22).“34 „ … der Stein, der Christus ist. Und wie sonst ist er zum Schlußstein des Bauwerks geworden, wenn nicht dadurch, daß er (als Schlußstein) auf dem Bauwerk der Völker aufragt und auf ihm (als Grundstein) ihr gesamtes Bauwerk aufragt?“35 Aphrahat führt weitere alttestamentliche Stellen mit (christologisch verstandener) Steinsymbolik an, z.B. Ezechiel 13,10 und 22,30, und vor allem Jesaja 28,16: „So spricht der Herr: Siehe, ich lege in Zion einen erlesenen Stein in einem kostbaren Winkel als Haupt(-stein) der Fundamentsmauer“, und fügt Matthäus 21,44 an: „Jeder, der an ihn glaubt, soll sich nicht fürchten; doch wer über den Stein zu Fall kommt, wird zerbrochen …“36. Dann führt er aus (Unterweisung 1,8): „Auch Daniel hat von diesem Stein, welcher Christus ist, gesprochen. Er hat nämlich gesagt: ‚Der Stein wurde aus dem Berg geschnitten, doch nicht von Menschenhand, und er zerschlug das Bild; erfüllt wurde von ihm die ganze Erde‘ (Dan 2,34f.)“. Weiterhin verweist er noch auf Sacharja 4,737 und vertieft die Bedeutung des Zitats (Unterweisung 1,9): „Im voraus hat er (Gott, Verf.) diesen Stein gedeutet und bezeichnet: ‚Auf diesem Stein öffne ich sieben Augen‘ (Sach 3,9)“, und: (Unterweisung 1,17) „Auch Simon, der Fels genannt wurde, wurde seines Glaubens wegen Fels genannt“ (Mt 16,18)38.
Diese Bibelexegese des Aphrahat liest sich wie ein Bildprogramm zum Bau des Felsendoms. Wie weit ‚Abd al-Malik mit den Schriften Aphrahats vertraut war, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber man darf annehmen, dass eine syrisch-christliche Bildtheologie dieser Art, mit den Mitteln des Alten Testaments, seine Vorstellungswelt bestimmt hat. Die bedeutende Rolle alttestamentlicher Vorstellungen für die Konzeption ‚Abd al-Maliks wird auch sichtbar in den „Abbildungen von Tempelgeräten des Salomonischen Tempels“ auf den von ihm geprägten Münzen39.
Beide Symbolbereiche – Stein und Tempelgeräte – zeigen aber keine Rückkehr zum Judentum an, sondern sind für ‚Abd al-Malik Charakteristika seines arabischen Christentums.40 Dass es sich so verhielt, daran lässt die von ihm im Felsendom angebrachte Inschrift keinen Zweifel zu. Dennoch aber war diese Symbolik für die Benutzer der Münzen nicht mehr wie von selbst, vergleichbar etwa den vorherigen Kreuzesdarstellungen, als christlich zu erkennen. Dieses Unverständnis lässt sich an der Bemerkung des Johannes von Damaskus über die Steinverehrung der Ismaeliten ablesen; er hatte nicht verstanden, um was es hierbei ging. Das hatte zur Folge, dass die auf den Münzen, und wohl auch in der religiösen Vorstellungswelt, gebräuchlichen Titulaturen, allen voran muhammad, nicht mehr immer anschaulich in ihrem Bezug zu Jesus wahrgenommen wurden.
3.3 Die Zeit al-Walids
Der Nachfolger ‚Abd al-Maliks, al-Walid, hatte die auf Jerusalem bezogenen apokalyptischen Vorstellungen seines Vaters aufgegeben und baute das schon von Mu’awiya geschätzte Heiligtum Johannes‘ des Täufers in Damaskus, den haram, an dem das Haupt des Täufers aufbewahrt war, aus.41 Damaskus liegt im äußersten Norden des alten („arabischen“) Nabatäerreichs. Der Inbesitznahme dieser Tradition durch das Johannesheiligtum im Norden entsprach der 49 Jahre später folgende Bau eines Heiligtums im Süden dieses Gebiets, in Medina. An beiden Gebäuden finden sich Inschriften, die das religiöse und politische Programm der Herrscher dokumentieren und sich formal und begrifflich an die Inschriften im und am Felsendom anlehnen. An dieser Stelle sollen nicht die gesamten Texte interpretiert werden; es geht ausschließlich um die formale Analogie zu den Inschriften am Felsendom und die referierten Hoheitstitel.
Die im „Jahr der Araber“ 86/87 (707/708) erbaute „Omaiyadenmoschee“ in Damaskus war sicherlich ein christliches Bauwerk. Für den Neubau wurde die vorher dort befindliche Kirche ganz oder teilweise abgerissen. An der „Moschee“ ließ al-Walid eine programmatische Inschrift anbringen.42
Zu Beginn verzichtet al-Walid auf das religiöse Eiferertum seines Vaters und erklärt – gemäß konventioneller und dem heutigen Arabisch entsprechender Übersetzung -, dass es in Angelegenheiten des din keinen Zwang gebe und der rechte von dem falschen Weg fürderhin unterschieden sei. Christoph Luxenberg übersetzt – nach damaligem Sprachgebrauch -: Das Wahre/Richtige/Rechte (din) könne nicht geleugnet werden, der rechte sei vom falschen Weg (in der Schrift) unterschieden. Im letzteren Fall passen auch die beiden Satzteile besser zusammen.
Dann werden die Einzigkeit Gottes ohne Teilhaberschaft und die Einheit der Gemeinschaft bekannt; im Folgenden heißt es: „Unser Prophet ist gepriesen/erwählt (muhammad). Gott möge sich ihm zuneigen und ihn segnen.“ Dieser Segenswunsch entspricht der Vorgabe des Textes im Innern und an der Außenwand des Felsendoms. Es folgt die Aussage, dass al-Walid, der Knecht Gottes, das Heiligtum gebaut und die vorherige Kirche (teilweise?) abgerissen habe.
Obwohl die wenigen Hoheitstitel (rasul und muhammad), wie die Ablehnung einer Teilhaberschaft für Allah und der „zitierte“ Segenswunsch zeigen, auf Jesus bezogen sind, wird „der Messias Jesus, der Sohn der Maria“, nicht wie im Felsendom ausdrücklich erwähnt. Ganz im Vordergrund steht die Titulatur, vergleichbar einem religiösen herrscherlichen Protokoll. Al-Walid nennt sich, wie auch schon sein Vater auf einem Meilenstein bei Tiberias und auf Münzen, „Knecht Gottes“.
3.4 Das Heiligtum in Medina
Diese Tendenz lässt sich ebenso an der Inschrift am Heiligtum in Medina ablesen.43 Dieses wurde im Jahr 135 (756) errichtet, also schon nach Beginn der Abbasidenzeit. Allerdings hat man die ersten Jahrzehnte nach dem Ende der Omaiyadendynastie wohl als eine Übergangszeit anzusehen, in der die tradierten religiösen Vorstellungen und Formeln noch beibehalten und durch rechtliche Regelungen im Sinn der östlichen, mesopotamischen Araber, die stark von persischen Einflüssen geprägt waren, ergänzt wurden.44
Nach einem Bekenntnis zu einem Monotheismus ohne Teilhaberschaft folgt eine Bekräftigung der „richtigen“ Christologie durch Wiederholung christologischer Würdenamen, wie sie schon die Inschriften am Felsendom und, auf zweie beschränkt, das Omaiyadenheiligtum in Damaskus bieten. An Hoheitstiteln finden sich: muhammad, rasul und (über Damaskus hinaus) auch ‚abdallah. Auch hier schließt sich der Segenswunsch für den Gesandten an wie in Jerusalem und Damaskus. Anders als im Felsendom, aber ebenso wie an seiner Außenwand und in Damaskus, fehlt die Nennung des Messias Jesus, Sohn der Maria. Der für die Inschrift Anordnungsbefugte nennt nicht seinen eigenen Namen, wohl aber seinen Titel, wozu auch ‚abdallah gehört.
Zu fragen ist, ob in dieser Inschrift schon der Islam als eigene, neue Religion gemeint ist oder noch von einem Fortwirken christlicher Vorstellungen, die jetzt aber radikale Züge annehmen (Betonung von Befehl und Gehorsam, Dominanz der eigenen Glaubensrichtung), anzusehen ist, ebenso, was genauer unter Kitab allah (Schrift Gottes) und Sunna des Propheten zu verstehen ist.45
Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass Jesus gemeint ist – und somit Christentum vorliegt -, solange ‚abdallah, Knecht Gottes, als Titel (nicht nur mit dem Herrscher, sondern) mit muhammad verbunden und noch nicht einfach zum Namen des Vaters des Propheten geworden ist: Mohammed, Sohn des Abdallah. „Von der Vorstellung Mohammeds als des Propheten der Araber kann erst die Rede sein, wenn in Zusammenhang mit ihm in Inschriften die Bezeichnung ‚Gottesknecht‘ nicht mehr verwandt wird.“46
Vor allem aber gibt es theologische Gründe: Die offensichtliche formale Kohärenz der vier Inschriften, die analog aufgebaut sind, zeigt, dass sie ein vergleichbares Programm dokumentieren, von Jerusalem bis Medina; es geht um die Gotteslehre und die Christologie. Die vier Inschriften, innen und außen am Felsendom, in Damaskus und Medina, verkünden das religiös-politische Programm der jeweiligen Herrscher. In allen wird das Bekenntnis zu Allah verknüpft mit der Ablehnung einer Teilhaberschaft oder des Gottessohnprädikats (Jesu), darauf folgen die von den Herrschern gewünschten oder vorgeschriebenen heilsgeschichtlichen christologischen Prädikate muhammad, ‚abdallah, rasul usf., die laut innerer Inschrift im Felsendom ausdrücklich auf den Messias Jesus, den Sohn der Maria, anzuwenden sind, in den drei anderen Inschriften ebenso, obwohl er nicht namentlich genannt wird. Immer folgt eine Bitte um den Segen Gottes für ihn.
So wie muhammad und andere Begriffe dem Gedanken einer Teilhaberschaft Gottes oder einer Gottessohnschaft gegenüber gestellt werden, handelt es sich bei ihnen um ein theologisches und christologisches Programm, um die „richtige“ Gottesauffassung und Christologie. Welche Notwendigkeit hätte denn, wenn nicht Jesus gemeint gewesen wäre, bestanden, das Bekenntnis zum arabischen Propheten Mohammed der Teilhaberschaft für Gott oder der Gottessohnschaft, beides Beeinträchtigungen eines undifferenzierten Monotheismus (Monarchianismus)47, zu kontrastieren? Die Gefahr einer binitarischen und trinitarischen Komplizierung des Monotheismus gab es nur im vom Hellenismus geprägten Christentum, und die arabischen Christen lehnten diese Entwicklung, die seit der Synode von Seleukia-Ktesiphon auch im ostsyrischen Raum eingetreten war, ab. So erscheint in diesen Kontexten muhammad, neben anderen Titulaturen, als Würdename, der eine Zwei-Naturen-Christologie und eine Binität (Trinität) ausdrücklich nicht zulässt, ganz im Sinn einer syrisch-arabischen „vornizenischen“ Konzeption.
Vielleicht bietet die Inschrift in Medina zum letzten Mal muhammad als (christologisches) Prädikat. Aber der konkrete Bezug zu Jesus scheint beinahe gänzlich hinter den Titulaturen zurückgetreten zu sein. Die Verknüpfung von muhammad mit den neuen Vorstellungen eines arabischen Propheten war dadurch möglich geworden.
Dieses Zurücktreten Jesu hinter die Prädikate könnte auch damit zusammen hängen, dass jetzt der persische Einfluss, der auch schon in den Anfängen der koranischen Bewegung eine Rolle spielte, neuerlich stärker wurde; dies zeigen schon die Inschrift in Medina und erst recht die Entwicklungen im und seit dem späteren 8. Jahrhundert.48 Es scheint so zu sein, dass das persische Christentum stärker theokratisch und ordnungssystematisch war als das syrische, und der Platz Jesu hierbei an Interesse verlor; Hand in Hand mit dem Zurücktreten der syrischen Prägung könnte auch die Gestalt Jesu in den Hintergrund oder aus dem Blickfeld geschwunden sein.
3.5 muhammad als Würdenahme in der späteren islamischen Tradition
Interessant ist, dass auch die spätere muslimische Tradition des 9. Jahrhunderts – entgegen den sonstigen Mohammedbiographien – die Erinnerung bewahrt hat, muhammad sei ursprünglich ein Würdename gewesen, der erst sekundär einem unter einem anderen Namen Geborenen verliehen wurde. In seiner Mohammedbiographie „Klassen“ oder „Annalen“ (Kitab al-tabarakat al-kabir)49 berichtet Ibn Saad (gest. 845) in einem Abschnitt „Bericht über die Namen und Vaternamen des Gesandten Allahs“ über die verschiedenen Namen des Propheten.
Ibn Saad referiert ihm vorliegende Quellen unterschiedlicher (fiktiver?) Autoren. Gemäß einer Version wurde der Prophet bei seiner Geburt von seinem Großvater ‚Abd al-Mottalib zunächst Kotham (Qutham) genannt. Erst später, als die Mutter Amina von einem Traum mit einem Engel erzählte, habe der Großvater den Jungen in Mohammed umbenannt.
In anderen, von Ibn Saad im gleichen Kapitel angeführten Quellen wird von mehreren Namen, bis zu sechs, gesprochen, von denen Mohammed nur einer war50. Von sechs Würdenamen wird laut Ibn Saad in zwei Quellen (in anderen von fünf oder drei) berichtet. Danach sagt der Prophet selbst, dass er sechs Namen habe: muhammad (der Gepriesene), Achmed (der Gepriesene), Khatim (das Siegel), Haschir (der Erwecker [von den Toten?]), Akib (der letzte Prophet) und Machiy (der [Sünden-] Tilger oder auch: der [zum Leben] Erweckende). Alle sind theologisch bedeutsame Benennungen, die im Grunde eher auf Jesus passen würden. A. Sprenger ist jedenfalls zuzustimmen, der mit Bezug auf die Berichte bei Ibn Saad schlussfolgert: „In diesen Traditionen erscheint ‚Mohammad‘ geradeso, wie die übrigen Benennungen, als Epithet des Propheten und nicht als Eigennamen.“51
Kurz: Schon A. Sprenger war der Meinung, muhammad sei ein Prädikat, nicht der Eigennamen. Natürlich bezieht er alles auf den arabischen Propheten. Er ist der Meinung: „Er (der Islam, Verf.) ist die einzige Weltreligion, über deren Entstehung wir ungeachtet seines Alters zuverlässige Nachrichten besitzen.“52 Diese Überzeugung ist aufgrund der Berücksichtigung (formal) historisch-kritischer Methoden und (material) der zeitgenössischen Quellen ins Wanken geraten. Gültigkeit behält aber die Feststellung, dass auch noch islamische Quellen des 9. Jahrhunderts davon wissen, dass muhammad (und andere Namen) theologische Prädikate sind.
Diese aber hatten sich bis zum Beginn der Abbasidenzeit verselbständigt und – wenigstens dem Augenschein nach – von ihrem ursprünglichen Subjekt Jesus gelöst. Jetzt war die Situation gekommen, unter neuen Bedingungen und Erfordernissen das Prädikat muhammad mit anderem Material, das dem mittlerweile eingetretenen und sich verstärkenden arabischen Charakter von Religion und Politik entsprach, zu unterlegen.
4. Die Historisierung des muhammad-Prädikats in der Gestalt des arabischen Propheten
Die Kulturgeschichte bietet nicht wenige Beispiele dafür, dass grundlegende Anfangsprozesse mit handelnden Personen verknüpft und auf sie zurückgeführt werden; um sie herum bilden sich narrative Traditionen aus, deren Material und kerygmatische Ausgestaltung zentrale Aspekte dessen, was man begründen will, anschaulich und fassbar sichtbar werden lässt.
Stadt- und Reichsgründungen, die Herleitung eines Volkes oder einer Religion usf. können auf Anfangsgestalten gestützt werden, aber auch zentrale religiöse Inhalte können zu fiktiven Biographien werden; so werden z.B. „die drei göttlichen Tugenden“, Glaube, Hoffnung und Liebe, in der griechischen/russischen wie auch in der lateinischen Kirche als konkrete Heilige verehrt.
Vor allem konstitutive religiöse Neuanfänge und Zäsuren werden oft mit Erzählungen über ihre Begründer verbunden, seien sie gänzlich fiktiv wie bei Laotse, den biblischen Patriarchen oder Mose, oder seien sie als theologisch bedeutsame biographische Ausführungen mit „historischen“ Menschen verbunden, über deren Leben kaum noch etwas bekannt ist, wie z.B. bei Gautama Siddhartha (Buddha) oder bei Zarathustra, sei es, dass das karge biographische Material im Sinne der Verkündigung erzählt und erweitert wird (vgl. das Problem „geschichtlicher Jesus“ und „kerygmatischer Christus“).
Auch in einer Religion zentrale heilige Literatur kann fiktiven Verkündern zugeschrieben und in ihrer „Biographie“ verankert werden, wie z.B. im Zoroastrismus an Zarathustra oder in der jüdischen / christlichen / islamischen Religion an Mose; in letzterem Fall galt dessen Urheberschaft für die Thora einschließlich seiner Biographie unumstritten mehr als zweitausend Jahre lang.
In diese Linie muss wohl auch das Verständnis von muhammad, dem für das arabische Christentum seit ‚Abd al-Malik zentralen und in allen Inschriften und Münzprägungen verwendeten Begriff, im Sinne eines eigenständigen Verkündigers eingeordnet werden. Zunächst war muhammad, in der Ikonographie der Münzen und ausdrücklich im Felsendom, auf den Gottesknecht und Messias Jesus, den Sohn der Maria, bezogen; dann tritt die Nennung Jesu immer mehr zurück und konnte bei den Mitgliedern dieser Bewegung, die – anders als die herrschende Schicht – die Zusammenhänge nicht kannten, den Eindruck erwecken, es sei eine selbständige Gestalt gemeint.
Vor allem aber die binnenchristlichen Gegner des arabischen Christentums, syrische und byzantinische Christen, kannten in ihrer Tradition das christologische Prädikat muhammad nicht. Was lag da für sie näher, dieses als Namen eines eigenen arabischen Propheten zu verstehen (so z.B. Johannes von Damaskus)? Sie haben damit eine auch innerhalb des arabischen Christentums vermutlich schon in Gang gekommene Entwicklung, für die es aber leider zunächst keine Zeugnisse gibt53, befördert.
Je mehr die aus der vornizenischen Christologie gebräuchlichen und zunehmend unverstandenen Titel „Messias“, „Knecht Gottes“, Träger von „Wort“ und „Geist“ zurücktraten, rückten neben muhammad die beiden Titel „Prophet“ und „Gesandter“ in den Vordergrund. Muhammad ist der Gesandte Gottes und der Prophet, der am Anfang der neuen arabischen religiösen Bewegung stand: Mohammed, der Sohn des Abdallah.
Diese Entwicklung kennt noch eine zweite Wurzel: Die östlichen arabischen Christen, die seit ‚Abd al-Malik das Geschehen bestimmten, brachten zumindest einen Kernbestand des koranischen Materials – nennen wir dieses versuchsweise den „mekkanischen“ Teil – mit und übersetzten es (teilweise?), noch im späteren 7. Jahrhundert, wie die Inschrift im Felsendom zeigt, ins Arabische, genauer: in ein Arabisch mit stark syro-aramäischer Prägung bzw. eine aramäisch-arabische Mischsprache. Diesem Kernbestand wuchsen im Verlauf des 8. Jahrhunderts weitere Sprüche hinzu – recht ungenau: die „medinischen“ Suren und Verse.
Heilige Literaturen werden aber – nicht mit Autoren in unserem heutigen Sinn, wohl aber – mit „Urhebern“, „Garanten“ oder „Gewährsleuten“ dessen verbunden, was in ihnen steht. Relativ zeitgleich mit dem Koran wurde die zunehmend zu Schriften zusammengefasste zoroastrische Tradition einem, wie die neuere iranistische Forschung zeigt, weithin legendarischen Zarathustra zugesprochen. Zwar hatten die mitgebrachten „mekkanischen“ Suren möglicherweise schon einen „Gewährsmann“, einen idealisierten Mose (möglicherweise auch, wie in der Bergpredigt, Typos für Jesus, den „neuen Mose“), der den ersehnten Exodus der isolierten ostiranischen Christen in ihre alte Heimat oder sogar ins Heilige Land garantieren sollte. Diese ideengeschichtliche „Archäologie“ aber war vergessen, sobald nicht nur der „Exodus“ nach dem Zusammenbruch der Sassanidenherrschaft gelungen und seit ‚Abd al-Malik sogar die Herrschaft errungen war sowie koranische Materialien in arabischer Sprache und Schrift vorlagen. Jetzt erschien muhammad als der im Koran angesprochene Prophet und Gesandte.
Weiterhin muss die Arabisierung dieser Christen berücksichtigt werden. Diese war bei Mu’awiya, obwohl „Araber“, noch nicht so stark gegeben, begann aber machtvoll mit ‚Abd al-Malik und seinen Nachfolgern. Die neue Herrschaft empfand sich als „arabisch“, als Erbe z.B. des alten („arabischen“) Nabatäerreichs, in dem – zusätzlich zur „theologischer Mitte“ (Jerusalem) – im Norden (Damaskus) und Süden (Medina) programmatisch Heiligtümer gebaut wurden. So trat auch der arabische Charakter der eigenen, zunächst noch – oberflächlich? – christlichen Religion und der arabische Charakter der identitätsstiftenden koranischen Materialien in den Vordergrund: muhammad musste als für die eigene Richtung normativer arabischer Prophet am Anfang aufgefasst werden – „ein Gesandter aus den eigenen Reihen“ (S. 9,128) -, zugleich der arabische Gewährsmann der mittlerweile arabischen koranischen Verkündigungen.
Die Ausbildung der Vorstellung von einem arabischen Propheten, auf den die koranischen Sprüche zurückgehen, kann durchaus noch in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts erfolgt sein, als offiziell noch Jesus das Subjekt der christologischen Prädikate in den Inschriften und auf Münzen war; ja, sie muss schon dann erfolgt sein, wie der Bericht des Johannes von Damaskus zeigt, der von Ma(ch)med wie von einer historischen Gestalt spricht und einige Suren (grafé) auf ihn zurückführt. Allerdings versteht er den „Pseudopropheten“ noch als Begründer einer christlichen Häresie, die der Ismaeliten, und diskutiert „binnenchristlich“ über ihre Lehre.
Von daher wird wohl Mohammed, in einer ersten Phase – bis rund 750 -, zwar gelegentlich als historische Figur am Anfang der Bewegung gesehen, aber doch noch in einem Kontext mit dem Christentum. Dies wird dadurch gestützt, dass dieser so historisierte muhammad zunächst wohl noch wie ein Apostel (Jesu Christi) gesehen wird, dessen Aufgabe die Bekräftigung und Durchsetzung der Tora und des Evangeliums, der Schrift, ist – gegen die falschen Interpretationen der anderen „Schriftbesitzer“. Y.D. Nevo und J. Koren nehmen eine frühere Proklamierung Mohammeds als arabischen Propheten, 690-692, an.54 Für diese Einschätzung ist die (von ihnen fehlgedeutete) Inschrift im Felsendom maßgebend, die aber noch nicht auf Mohammed bezogen werden kann.55
Im 7. Jahrhundert scheint es noch keine Historisierung von muhammad gegeben zu haben. Die von vielen Autoren hierfür angeführten Zeugnisse christlicher zeitgenössischer Quellen, in denen angeblich von Mohammed die Rede ist, sind unkritisch analysiert und oft falsch – in Analogie zu der einfach als historisch vorausgesetzten islamischen Geschichtsschreibung des 9. Jahrhunderts – datiert. Im Verlauf der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts an aber gab es wohl, bis hin zu Johannes Damascenus, Hinweise auf ein Verständnis von muhammad als arabischer Prophet mit Namen Mohammed56 – die frühesten Zeugnisse einer Historisierung von muhammad.
Erst relativ spät im 8. oder erst im frühen 9. Jahrhundert kommt die Vorstellung auf, die arabische Religion sei eine neue, nicht mehr christliche Religion (noch nicht als Islam bezeichnet). Im Zuge dieser Entwicklung wird dann aus muhammad, dem arabischen Propheten, der eigenständige Verkündiger einer neuen Religion, der die fälschliche Lehre von Juden und Christen in einer neuen Offenbarung zurechtrückt und überbietet. Aus dem arabischen Prediger wird der Verkünder des Koran, der in späteren Suren neben (oder über) Tora und Evangelium tritt.
Seit dieser Zeit sind wohl auch erste Versuche einer detaillierten biographischen Füllung des Prophetenlebens, das sich auf der arabischen Halbinsel abgespielt haben soll, möglich geworden. Mekka und Medina, die im Koran nur selten (Mekka einmal, Medina dreimal) genannt sind, werden zu den zentralen Orten seines Lebens. Hilfreich war hierbei die urprüngliche Herkunft dieser Bewegung aus dem ostmesopotamischen Reich ‚Arabiya, das mittlerweile vergessen war und mit der arabischen Halbinsel gleichgesetzt werden konnte.
Diese frühen Versuche aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts sind uns nicht mehr zugänglich. Die Mohammedbiographien sind alle im 9. und 10. Jahrhundert niedergeschrieben worden57, die Sammlungen der Sunna im 9. Jahrhundert; aber sie dürften durchaus Quellen aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts benutzt haben, die sie – in ihrem Sinne konsequent – in die frühe Zeit „des Islam“, zu Gefährten, Verwandten und Frauen Mohammeds, zurückdatierten. Hierbei wurde ein erstaunliches historisierendes Material aus in Umlauf befindlichen Erzählungen, die jetzt alle in einen Bezug zu Mohammed gestellt wurden, gesammelt sowie neue Geschichten geschaffen. Die enorme Bemühung um frühe Gewährsmänner und um Überliefererketten scheint noch auf ein – durchaus empfundenes – Defizit eben dieser gewollt rückdatierten Überlieferung hinzuweisen.
1 Vgl. hierzu Verf., Weltreligion Islam. Eine Einführung, Mainz, Luzern 2000, 60-67.
2 Nachzulesen bei R.C. Zaehner, Zurvan. A Zoroastrian Dilemma, Oxford 1955, Chapter I (Englische Übersetzung des persischen Berichts S. 7 (unten), 8.9.
3 Hierfür stütze ich mich vor allem auf Yehuda D. Nevo, Judith Koren, Crossroads to Islam. The Origins of the Arab Religion and the Arab State, Amherst, New York 2003, sowie die Beiträge von Volker Popp, Die frühe Islamgeschichte nach inschriftlichen und numismatischen Zeugnissen, in: Karl-Heinz Ohlig, Gerd-Rüdiger Puin (Hrsg.), Die dunklen Anfänge. Neue Forschungen zur Entstehung und frühen Geschichte des Islam, Berlin 12005, 22006, 16-123; Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem, in: ebd. 124-147; o. in diesem Sammelband. Volker Popp, Von Ugarit nach Samarra. Eine archäologische Reise auf den Spuren Ernst Herzfelds. Diese Beiträge werden in den weiteren Fußnoten nur dann noch einmal angegeben, wenn auf einzelne Stellen verwiesen wird.
4 Vgl. hierzu o. Verf., Hinweise auf eine neue Religion in der christlichen Literatur „unter islamischer Herrschaft“?
5 Vgl. Volker Popp, Die frühe Islamgeschichte, a.a.O. 63.64.
6 Vgl. zu den hier wichtigen Deportationen in sassanidischer Zeit, von der Herrschaft Sapurs I. (240-270 n.Chr.) an: Erich Kettenhofen, Deportations II. In the Parthian and Sasanian Periods, in: Encyclopaedia Iranica (ed. by Eshan Yarshater), Volume VII, Fascile 3, Costa Mesa (California, USA) 1994, 298-308.
7 Vgl. hierzu o. V. Popp, Von Ugarit nach Samarra.
8 Mechmat, „der Zürnende“, macht keinen Sinn.
9 Vgl. hierzu o. V. Popp, Von Ugarit nach Samarra.
10 Vgl. V. Popp, Die frühe Islamgeschichte …, a.a.O. 63.64; vgl. z.B. 66, Abb. 16.
11 Johannes Damascenus, Über die Häresien, Liber de haeresibus opera polemica, in: Die Schriften des Johannes von Damaskus, Bd. IV, hrsg. von Bonifatius Kolter (PTS 22), Berlin, New York 1981, haer. 100, S. 60, Z. 11. Die Version Mamed ohne „ch“ (H) könnte eine Umschrift des syrischen Begriffs mamed für den Täufer sein; alles aber spricht dafür, dass hier Machmed gemeint ist. Der Wegfall des Lautes „ch“ könnte darauf zurückzuführen sein, dass in westsyrischen Dialekten machmed wie mamed gesprochen wurde, oder, wahrscheinlicher, darauf, dass das Griechische keine Schreibmöglichkeit für Machmed bietet: das griechische Chi (x) wird weich gesprochen, kommt also nicht in Frage; ein „h“ (als spiritus asper) kann im Griechischen nicht mitten im Wort, sondern nur als anlautendes „h“ mit einem Vokal zu Wortanfang geschrieben werden (vgl. die griechische Schreibweise Iwa/nnhv/Joannes statt hebräisch Jochanan oder lateinisch Johannes).
12 A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad nach bisher grösstentheils unbenutzten Quellen, Erster Band, Berlin 21869, 161.
Vgl. hierzu u. …
13 Vgl. hierzu Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem, a.a.O. 124-147.
14 So o. Volker Popp, Von Ugarit nach Samarra.
15 Vgl. auch Röm 11,28.
16 Vgl. auch 1Thess 1,4; Kol 3,12; 2Tim 2,10; 2Petr 1,10.
17 A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad …, a.a.O. 159.160.
18 A. Sprenger, ebd. 159.
19 A. Sprenger, ebd. 160.
20 So schon – polemisch, gegen das griechische Verständnis der Gottessohnschaft – Paul von Samosata (gest. nach 272), Fragmente aus dem Synodalbrief (nach 268), Nr.5 (Friedrich Loofs, Paulus von Samosata. Eine Untersuchung zur altkirchlichen Literatur- und Dogmengeschichte, Leipzig 1924, 331), Akten der Disputation mit dem Presbyter Malchion, Nr. 8 (268; griechisch und deutsch: F. Loofs, ebd. 337); Diodor von Tarsus (gest. vor 394), Fragmente 11, 13, 15, 18, 29 (Syrisch und deutsch: Rudolf Abramowski, Der theologische Nachlass des Diodor von Tarsus, in: ZNW 42, 1949, 31, 33, 37, 47), Fragmente (des Diodor) bei Leontius, Contra Nestorium et Eutychen 3 (griechisch: MPG 86, 1, 1865, 1388 A); Theodor von Mopsuestia (gest. 428), aus von Cyrill verurteilten Thesen (Mansi 4, 45 [219]; Aphrahat (gest. nach 345), Unterweisungen 14, 39 (Aphrahat, Unterweisungen. Zweiter Teilband. Aus dem Syrischen übersetzt und eingeleitet von Peter Bruns [Fontes Christiaani, Bd. 5/2], Freiburg, Basel, Wien u.a. 1991, 376).
21 Aphrahat, Unterweisungen 14,33. Jesus wird bei Aphrahat in die Kette der Propheten eingereiht (passim) und „der große Prophet“ genannt (vgl. auch Unterweisungen 2,6; 4,6;[17,11]).
22 Vgl. hierzu vom Verf., Fundamentalchristologie. Im Spannungsfeld von Christentum und Kultur, München 1986, 90-124; 198-244.
23 Vgl. vom Verf., Das syrische und arabische Christentum und der Koran, in: K.-H. Ohlig, G.-R. Puin (Hrsg.), Die dunklen Anfänge, a.a.O.370-394 (ganz: 366-404).
24 Vgl. hierzu vom Verf., Fundamentalchristologie, a.a.O. 635-638.
25 Vgl. zum Text Y. D. Nevo und J. Koren, Crossroads to Islam, a.a.O. 412.413.
26 Zum Text vgl. Y. D. Nevo, J. Koren, Crossroads to Islam, ebd. 410.411.
27 Vgl. V. Popp, Die frühe Islamgeschichte …, a.a.O. 66, Abb. 17 und 18.
28 Zur Bedeutung dieses Felsendoms vgl. V. Popp, Die frühe Islamgeschichte …, a.a.O. 81-85; Ch. Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem, a.a.O. 143-145.
29 Syrische Danielapokalypse. Deutsche Übersetzung und Einleitung: Matthias Henze, Apokalypsen und Testamente. Syrische Danielapokalypse (Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Bd. 1, Lieferung 4), Gütersloh 2006; dort, 20, Ausführungen zur Abfassungszeit.
30 G.J. Reinink, Die syrische Apokalypse des Pseudo-Methodius, übers. von G.J. Reinink (Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium, Vol. 541), Einleitung XX.XXI. Reinink hält allerdings den Felsendom für ein islamisches Bauwerk, „das erste seiner Art in der islamischen Geschichte“ (ebd. XXI).
31 Johannes Damascenus, Über die Häresien, Liber de haeresibus opera polemica, haer. 100, a.a.O., S. 64, Z. 87-94.
32 So erstmals V. Popp, Die frühe Islamgeschichte …, a.a.O. 67-76.
33 Aphrahat, Unterweisungen. Erster Teilband. Aus dem Syrischen übersetzt und eingeleitet von Peter Bruns (Fontes Christiani, Bd 5/1), Freiburg, Basel, Wien u.a. 1991, 82.
34 Aphrahat, ebd. 84.
35 Aphrahat, ebd. 85.
36 Aphrahat, ebd.
37 Aphrahat,ebd. 86.
38 Aphrahat, ebd. 95.
39 V. Popp, Die frühe Islamgeschichte, ebd. 85.
40 Warum oberhalb der „Steine“ nicht mehr, wie bei den Stufen auf Münzen des Heraklius, einige Jahrzehnte vorher, ein Kreuz dargestellt wird, lässt sich nicht sicher beantworten. Handelt es sich einfach um einen Wechsel zu einer archaischen, z.B. nabatäischen, und jetzt alttestamentlich vertieften Symbolik (so o. V. Popp …..), oder wirkt sich hier die auch in koranischem Material gegebene soteriologische Nichtwertung des Kreuzestodes aus (vgl. hierzu Verf., Das syrische und arabische Christentum und der Koran, a.a.O. 395.396)?
41 Vgl. V. Popp, Die frühe Islamgeschichte, a.a.O. 98.
42 Zum Text vgl. Y. D. Nevo, J. Koren, Crossroads to Islam, a.a.O. 418.419.
43 Zu dem Text vgl. Y. D. Nevo, J. Koren, Crossroads to Islam, a.a.O. 420.421.
44 Vgl. u. Ignaz Goldziher, Islam und Parsismus; V. Popp, Der Einfluss persischer religiöser Raster auf Vorstellungen im Koran.
45 Vgl. hierzu V. Popp, Die frühe Islamgeschichte, a.a.O. 105-107.
46 V. Popp, Die frühe Islamgeschichte …, ebd. 106.
47 Vgl. Verf., Das syrische und arabische Christentum und der Koran, a.a.O. 378-384.
48 Vgl. u. I. Goldziher, Islam und Parsismus; V. Popp, Der Einfluss persischer religiöser Raster auf Vorstellungen im Koran.
49 Arabische Edition, Karachi (Pakistan) 1967; arabisch (mit deutschem Kommentar): Ibn Saad. Biographien Muhammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger des Islams bis zum Jahre 230 der Flucht, Bd. 1, Theil I: Biographie Muhammeds bis zur Flucht, hrsg. von E. Mittwoch, Leiden 1905, und Theil II: Biographie Muhammed’s. Ereignisse seiner medinischen Zeit, Personalbeschreibung und Lebensgewohnheiten, hrsg. von E. Mittwoch und E. Sachau, Leiden 1917.
50 Vgl. hierzu auch A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad, a.a.O. 156.157.
51 A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad, a.a.O. 157.
52 A. Sprenger, Das Leben und die Lehre des Mohammad, Vorrede, I.
53 Die einzigen in Frage kommenden Zeugnisse sind koranische Texte; vgl. hierzu u. den Abschnitt 5.
54 Y.D. Nevo und J. Koren, Crossroads to Islam, a.a.O. 131.
55 Vgl. Chr. Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem, a.a.O. 124-17.
56 Vgl. hierzu u. vomVerf., Hinweise auf eine neue Religion in der christlichen Literatur „unter islamischer Herrschaft“?; dort auch die mit dem historisierenden Material verbundenen „Informationen“.
57 Allerdings gibt es auch in dieser Frage Probleme, die noch nicht diskutiert sind, weil die handschriftliche Überlieferung dieser dem 9. und 10. Jahrhundert zugeordneten Traditionsliteratur erst drei bis vier Jahrhunderte später dokumentiert ist.