Ibn Warraq: Die Anwendung historischer Methoden und die Forderung nach Wohlwollen gegenüber dem Islam

III. Islamwissenschaften und Gesellschaft


Die Anwendung historischer Methoden und

die Forderung nach Wohlwollen gegenüber dem Islam

Ibn Warraq

Übersetzung: Markus Groß

Der folgende Beitrag ist die vom Verfasser überarbeitete und dann von mir übersetzte Version eines englischen Vortrages, den Ibn Warraq auf der 2. Otzen­hausener Tagung 2010 gehalten hat. Der Stil, der in einigen Passagen noch den Ursprung als mündlich vorgetragenen Text durchscheinen lässt, wurde in der Übersetzung bewusst belassen. Ebenso wurden – anders als in anderen für ein reines Fachpublikum bestimmten Teilen des vorliegenden Sammelbandes – alle Zitate ins Deutsche übersetzt, wobei der originale Wort­laut sich in den Fußnoten wiederfindet.

Das englische Original findet sich unter dem Titel „Historical Methodology and Dogmatic Islamophilia“  auf derselben Homepage.

 

 

 

    1. Historische Methodologie und Gläubige

Vor einigen Jahren wurde ich von Prof. Hans Jansen, dem bekannten Ara­bisten, zu einer Konferenz in Den Haag eingeladen. Nachdem ich den gan­zen Tag einer Reihe von trockenen Vorträgen gelauscht hatte, begaben Hans und ich uns in die nächste Kneipe. Ich sollte meinen eigenen Vortrag am nächsten Tag halten und fragte ihn, wie ich anfangen solle. Darauf mein­te er, am besten solle ich mit einem Witz beginnen, da alle bisherigen Vorträge völlig humorlos gewesen seien. So will ich auch diesen Vortrag mit einem Witz beginnen, den mir Joe Hoffmann erzählt hat und der inhaltlich zu dem Thema meines Beitrages passt: Historische Methodologie und die Folgen wissenschaftlicher Forschung für Islam und Christentum, vor allem die Folgen für Gläubige.

Zeit: in den 50ger Jahren. Ort: Das Heilige Land. Zwei Archäologen arbeiten an einer Ausgrabungsstätte, von der sie annehmen, dass es sich dabei genau um den Ort auf Golgotha wenig außerhalb des alten Jerusalem handelt, an dem Jesus Christus gekreuzigt wurde. Nach Monaten sorgfältigen Grabens finden sie zwei Skelette in zwei, drei Metern Entfernung voneinander. Da sie annahmen, dass es sich bei diesen um die Knochen der Verbrecher handelt, die gleichzeitig mit Jesus gekreuzigt worden waren, wenden sie ihre Aufmerksamkeit der dann zu erwartenden Kreuzigungsstätte Jesu zu. In der Tat fin­den sie auch dort Knochen und die Überreste eines Kreuzes, und nach einigen Wochen weiteren Grabens und Analyse nach der Radio­karbonmethode kommen sie zu dem Schluss, dass es sich hierbei um die sterblichen Überreste von Jesus handelt. Zudem pass­ten die archäologischen Details genau zu den Berichten über die Kreuzigung in den Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas. Sie blickten sich daraufhin an und wurden sich der möglichen Aus­wirkungen ihrer Funde bewusst, vor allem auf die Lehre von der Auferstehung. Diese Entdeckung war viel zu wichtig, um sie an die Öffentlichkeit zu bringen, ohne vorher einige bedeutende Theologen zu Rate gezogen zu haben. Sofort dachten sie an Rudolf Bultmann, den zur damaligen Zeit vielleicht führenden Theologen und Autor von „Das Johannesevangelium (1941)“, das mittlerweile als Klassiker der historischen Leben-Jesu-Forschung gilt. Unsere Archäologen rie­fen ihn an und berichteten ihm in atemlosen Ton von ihrer Ent­deckung und den möglichen Folgen. Bultmann hörte geduldig zu und war dann für etwa zwanzig Sekunden still. Schließlich erwiderte er mit schwerfälligem deutschen Akzent: „Meinen Sie etwa, er hat wirklich gelebt?!“

Kurz nach dem 11. September 2001 veröffentlichte das linksgerichtete bri­tische Wochenmagazin The New Statesman einen provokanten Artikel mit dem Titel „The Great Koran Con Trick (Der Trick mit dem Koran-Schwindel)“ eines Autors namens Martin Bright. Der Artikel war die krude und in verschämter Sensationsgier geschriebene Version eines Artikels, den Toby Lester einige Jahre vorher unter dem Titel ‚What is the Koran?‘ [1999] geschrieben hatte. Bright überprüfte darin die bekannten Theorien der Revisionisten unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiten von John Wansbrough von der School of African and Oriental Studies [SOAS] und der von ihm beeinflussten Forscher wie Patricia Crone, Michael Cook, Andrew Rippin, und Gerald Hawting.

Der Artikel hatte eine Menge an Leserbriefen zur Folge, von denen sechs in der darauffolgenden Woche veröffentlicht wurden [17. Dezember 2001]. Der längste stammte von Patricia Crone, geschrieben am Institute for Adcanced Study in Princeton. In ihrem Brief schrieb sie

„…moderne Historiker sind überhaupt nicht daran interessiert, ob die von ihnen untersuchte Religion wahr oder falsch ist. Sie studieren Religionen als historische Faktoren, die von ihrer Umwelt geformt wurden und die diese dann wechselseitig auch weiterformen, in etwa so wie Wissen­schaftler die Bildung von Staubwolken oder die Evo­lu­tion der Pflan­zen studieren. Religiöse Glaubensvorstellungen gestal­ten die Welt, mit der sie in Wechselwirkung stehen, ob die Person, die sie studiert, sie nun zufälligerweise teilt oder nicht; das einzige, worum es geht, ist, was sie in ihrer Zeit bedeuteten, nicht was sie jetzt bedeuten.“1

Etwas weiter fährt Patricia Crone fort:

[Historiker] haben nicht die Absicht, das Muslimische Haus abzu­rei­ßen, noch wären sie in der Lage dazu, falls es ihre Absicht wäre. Reli­gion gehört nicht in den Bereich dessen, was mit Wissenschaft be­wiesen oder widerlegt werden könnte.“2

Michael Cook, Patricia Crones früherer Kollege und Mitautor von Hagarism, schrieb ebenfalls an das Magazin. Hier ist der vollständige Text seines Leserbriefes:

Es ist völlig richtig, dass einige der verschiedenen akademischen Theo­rien zum Ursprung des Islam radikal sind. Aber es wäre falsch anzunehmen, dass sie ‚bewiesen‘, dass der traditionelle islamische Bericht über die Anfänge der Religion richtig oder falsch sei. Das tun sie nicht. Ebensowenig beweisen die Koranfragmente, die im Jemen gefunden wurden, irgendetwas in dieser Art. Sie sind aufregend für Experten, sie werfen ein paar Äpfel vom Karren aufs Pflaster, aber sie werfen den Wagen nicht um. Jedenfalls ist kaum ersichtlich, warum wissenschaftliche Theorien über den Ursprung des Islam in irgend­einer Weise „verheerender“ sein sollten als Theorien über Jesus für das Christentum. Akademische Arbeit mag von Zeit zu Zeit die Hallen der Gelehrsamkeit in Aufruhr versetzen, nicht aber ganze Weltreligionen vernichten. Sie spielen nicht in derselben Liga.“3

Nun sind sowohl die Bemerkungen von Michael Cook, als auch die von Patricia Crone, gelinde gesagt, irreführend. Zunächst einmal scheint Patricia Crone damit implizit sagen zu wollen, dass es allen Historikern nur um Religionssoziologie geht, mit anderen Worten darum, was es bedeutete Mus­lim zu sein und wie Muslime ihre eigene Religion sahen und wahr­nahmen, und dass sie überhaupt nicht daran interessiert seien, zu über­prüfen, ob deren Glaubenssätze wahr oder falsch seien. Dies gilt nicht nur nicht für die Arbeit aller Historiker, es gilt noch nicht einmal für ihre eigene Arbeit. In ihrem Buch Hagarism [1977], zusammen verfasst mit Michael Cook, in Slaves on Horses [1980], in dem mit Martin Hinds verfassten God’s Caliph [1986], in Roman Provincial and Islamic Law [1987] sowie in Meccan Trade and the Rise of Islam [1987] hat Patricia Crone die Communis Opinio über den Islam herausgefordert. So hat ihr Buch Hagarism den

„akademischen Konsens gesprengt und zur Aufgabe einer von Ehr­erbietung geprägten Haltung gegenüber der muslimischen Weltsicht geführt, wodurch es möglich wurde, radikale alternative Hypothesen über die Ursprünge des Islam aufzustellen“.4

Mit anderen Worten, dadurch wird die islamische Tradition klar verworfen und die islamische Geschichte neu geschrieben.5

Zweitens wird von Cook und Crone implizit die Meinung vertreten, dass akademische Forschung keine Konsequenzen für die Religion oder die Gläu­bigen habe. Sie selbst jedoch sahen ganz deutlich die Auswirkungen ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit, denn im Vorwort zu Hagarism geben sie zu, dass ohne den Einfluss der

„skeptischen Herangehensweise Dr. John Wansbroughs an die Histo­rizität der Islamischen Tradition … die Theorie der islamischen Ursprünge, wie sie im vorliegenden Buch dargelegt sind, sich uns nie eröffnet hätte (S. viii)“6,

und dass diese Herangehensweise sie zu einer Theorie geführt habe, die

„keine ist, die von gläubigen Muslimen akzeptiert werden könne: nicht weil sie in irgendeiner Weise die historische Rolle Muhammads schmälern würde, sondern weil sie ihm eine Rolle zuweise, die von der ziemlich verschieden sei, in der ihn die islamische Tradition sehe. Dies sei ein Buch, dass von Ungläubigen für Ungläubige geschrieben worden sei, und es gründe sich auf Dinge, die von jedweder musli­mischer Perspektive aus betrachtet als übermäßige Beachtung von Quellen der Ungläubigen erscheinen müsse. (S. vi-viii)“.7

Warum aber die Berufung auf „Quellen der Ungläubigen“, d.h. Quellen der nicht-­muslimischen Historiker aus der Epoche der islamischen Erobe­rungen? Ihre Antwort:

„Nahezu alle Berichte über die frühe Entwicklung des Islam nehmen es als axiomatisch hin, dass es möglich sei, zumindest die groben Um­risse des Prozesses aus den islamischen Quellen herauszulesen. Dagegen ist es jedoch wohl bekannt, dass diese Quellen nicht beweis­bar früh sind. Es gibt keine harten Beweismittel für die Existenz des Koran in irgendeiner Form vor dem letzten Jahrzehnt des siebten Jahrhunderts, und die Tradition, die diese eher unklare Offenbarung in seinen historischen Kontext einfügt, ist nicht vor der Mitte des achten Jahrhunderts belegt. Die Historizität der islamischen Tradi­tion ist daher bis zu einem gewissen Grad problematisch: während es keine zwingenden internen Gründe gibt, sie abzulehnen, gibt es ande­rer­seits auch genauso keine zwingenden Gründe, sie anzu­nehmen. Unter diesen Umständen ist es nicht unvernünftig, in der üblichen Weise fortzufahren und eine mit Augenmaß bearbeitete Version der Tradition als historischen Fakt vorzulegen. Ebenso ist es aber auch bis zu einem bestimmten Grade sinnvoll, die Tradition ohne bestimmten historischen Inhalt zu betrachten und darauf zu beharren, dass das, was sich als Bericht historischer Ereignisse des siebten Jahrhunderts ausgibt, nur dazu taugt, etwas über religiöse Ideen des achten Jahrhunderts zu erfahren. Die islamischen Quellen bieten genügend Ansatzpunkte für die Verwendung dieser verschie­de­nen Herangehensweisen, besitzen aber nur wenig, was den Aus­schlag in die eine oder andere Richtung zu geben geeignet wäre. Der einzige Weg aus diesem Dilemma ist, völlig aus der islamischen Tradition herauszutreten und wieder von vorne zu beginnen. (S. 3)“ 8

 

 

Was für ein außergewöhnliches Bekenntnis: eine Geschichte „geschrieben von Ungläubigen für Ungläubige“. Was in aller Welt ist damit gemeint? Meint sie etwa, dass Muslime dies nicht lesen sollten? Warum? Weil die Darstellung in Hagarism falsch sei? Oder noch einfacher, sie glauben, es sei wahr, aber es handele sich dabei um eine Darstellung, die für Muslime nicht annehmbar sein wird? Sind Muslime nicht in der Lage, die Wahrheit zu ak­zeptieren? Müssen Muslime für immer vor der Wahrheit geschützt wer­den? Warum sind deren Empfindlichkeiten wichtiger als, sagen wir, die der Christen oder Juden?

Es liegt mir fern, Cook und Crone nahe treten zu wollen, aber die Aus­wirkungen ihrer Thesen sind in der Tat „verheerend“. Jede Forschung, die zu Zweifeln am traditionellen muslimischen Bericht über den Koran, den Aufstieg des Islam oder das Leben Muhammads führt, ist für Muslime völlig inakzeptabel. Die beiden letzten Briefe zeigen die riesige Kluft zwischen Islam und Christentum auf, wenn es um die Einstellung zu Forschung geht. Der Autor des vorletzten Briefes, Robin Oakley-Hill, bemerkte, dass

„es kaum angehen kann, westliche Koranforschung als neo-kolonial zu bezeichnen. Schließlich unterwerfen westliche Wissenschaftler das Christentum weit strengeren – und oft auch zerstörerischeren – Ana­lysen… Dem Islam täte vielleicht auch ein [Papst] Johannes XXIII und ein bisschen Befreiungstheologie gut9.“

Oakley-Hills Argument war schon vor über dreißig Jahren von John Wansbrough vorgebracht worden:

„Als Dokument, das mit den Instrumenten und Techniken der Bibel­kritik analysiert werden sollte, ist [der Koran] weitestgehend unbe­kannt. Die dogmatischen Hindernisse, die traditionell eine solche Untersuchung verhindert haben, sind andererseits sehr wohl be­kannt. Nicht nur Dogmen wie das der Definition der Schrift als ungeschaffenes Wort Gottes und die Anerkennung seiner formalen und inhaltlichen Unnachahmlichkeit, sondern auch die Gesamtheit der islamischen Geschichtsschreibung, durch die ein mehr oder weni­ger zusammenhängender und plausibler Bericht über die Um­stände der koranischen Offenbarung vorzuliegen scheint, haben die Untersuchung des Textdokumentes als Vertreter eines traditionellen Literaturtypus behindert.“10

Wenig scheint sich in den neunzehn Jahren danach geändert zu haben, denn Andrew Rippin beklagte:

„ … Ich habe oft Menschen getroffen, die mit dem Hintergrund historischer Bibelstudien oder der Erforschung des frühen Christen­tums zum Studium des Islam kamen, und die ihrer Überraschung da­rüber Ausdruck gaben, wie wenig kritisches Denken in Ein­führungs­büchern über den Islam zu finden ist. Die Vorstellung, der Islam sei „im vollen Lichte der Geschichte geboren“ worden, scheint immer noch von einer großen Anzahl der Autoren solcher Texte geteilt zu werden. Die Notwendigkeit, verschiedene historische Tra­di­­tionen miteinander zu verknüpfen, ist zwar anzuerkennen, doch scheint dies für die Verfasser üblicherweise kein größeres Problem dar­zustellen als das festzustellen, was in einer gegebenen Situation am „sinnvollsten“ ist. Für Studenten, die mit Herangehensweisen ver­­traut sind wie Quellenkritik, mündlich formelhafter Komposition, Literaturanalyse und Strukturalismus, die beim Studium des Juden­tums und Christentums gang und gäbe sind, ist derart naive Geschichts­forschung ein Zeichen dafür, dass das Studium des Islam nicht mit der gebotenen wissenschaftlichen Objektivität betrieben wird. „11

Der letzte Leserbrief an den New Statesman stammt von einem Mitglied des christlichen Klerus und zeigt deutlich, dass das Christentum nicht nur die Lektionen der Aufklärung, sondern auch die der Bibelkritik aufgenommen hat. Reverend Richard Craig schrieb:

„Trotz der riesigen Fortschritte in den Bibelwissenschaften behauptet Ann Widdicombe [eine britische Parlamentsabgeordnete der Kon­ser­vativen Partei] in ihrer Rezension [des Buches] Maria: Eine nicht-authorisierte Biographie immer noch, dass das Evangelium nach Jo­han­nes ein Augenzeugenbericht des Lebens Jesu sei. Die meisten Wissen­schaftler lehnen eine solche Ansicht ab. Martin Brights Bericht ist ein willkommener Beweis dafür, dass die wissen­schaftliche Erforschung der Ursprünge des Islam sich auf dem langen und schmerzvollen Weg befindet, der von christlichen Theologen mit ihrer Untersuchung unserer heiligen Texte geebnet worden ist. Widdicombes Übernahme des wörtlichen Verständnisses der Evangelien wird immer noch von vielen Kirchgängern geteilt, obwohl der Klerus schon seit über 50 Jahren etwas anderes gelehrt wird.“12

 

Cook behauptet auch in seinem Brief, dass Koranfragmente aus dem Jemen „nicht viel“ bewiesen. Aber das tun sie! Wie Gerd Puin zu Toby Lester sagte:

„So viele Muslime haben diesen Glauben, dass alles zwischen den beiden Buchdeckeln des Koran Gottes unveränderliches Wort sei. Sie zitieren zwar gerne die bibelwissenschaftliche Arbeit, durch die bewiesen wurde, dass die Bibel eine Geschichte hat und nicht vom Himmel gefallen ist, aber der Koran ist aus dieser Diskussion bisher herausgehalten worden. Der einzige Weg, diese Wand zu durch­brechen, ist zu beweisen, dass der Koran auch eine Geschichte hat. Und die Fragmente aus San??? helfen dabei, das zu tun.“

Andrew Rippin war ebenfalls begeistert:

„Die Bedeutung der Manuskripte aus dem Jemen wird noch deutlich werden. Ihre abweichenden Lesarten und Reihenfolgen der Verse sind sehr bedeutend. Diese Manuskripte sagen uns, dass die Früh­geschichte des Islam eine viel offenere Frage ist als viele angenom­men haben: der Text war weniger stabil und hatte daher auch weniger Autorität, als immer behauptet wird.“13

Wenn das, was Puin und Rippin sagen, stimmt, dann werden die Aus­wirkungen wieder „verheerend“ sein, eine Tatsache, die R. Stephen Humphreys, Professor für Islamische Studien an der University of California in Santa Barbara, anerkennt. Er argumentiert, dass:

„Den Koran zu historisieren würde letztendlich dazu führen, der gesamten historischen Erfahrung der muslimischen Gemeinde die Grundlage zu entziehen. Der Koran ist die Verfassung der Gemein­de, das Dokument, das sie ins Leben rief. Und idealerweise – wenn auch offensichtlich nicht immer in der Realität – ist die islamische Geschichte immer auch die Bemühung darum gewesen, die Gebote des Koran für das tägliche Leben herauszuarbeiten. Wenn der Koran aber ein historisches Dokument ist, dann ist der ganze vierzehn Jahrhunderte währende Kampf des Islam in der Tat bedeu­tungslos.“14

Kurz gesagt, wieder bei allem Respekt vor Cook und Crone, versuchen Historiker festzustellen, was wirklich passiert ist, und ihre Forschung hat tiefe Auswirkungen auf Gläubige und das traditionelle Selbstverständnis einer Religion. Die drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christen­tum und Islam sind in besonderer Weise verwundbar durch die Geschichts­wissenschaften, da die Gültigkeit ihrer jeweiligen Dogmen ihren Bezugs­punkt oder Anker in angeblichen historischen Begebenheiten hat. Für den Buddhismus gilt dies beispielsweise nicht. Der historische Buddha, d.h. wenn er wirklich eine historische Figur gewesen sein sollte, sagte nur „folget meinen Argumenten“, und wenn sich sein Leben als fromme Legende herausstellen sollte, würde das den Buddhismus in seinen Fundamenten nicht erschüttern. Wie Van Harvey in seinem Klassiker The Historian and the Believer (der Historiker und der Gläubige) sagte, hat die Deontologie, wie die Franzosen es nennen würden, des Historikers, d.h. die moralische Verpflichtung des Historikers als Historiker und daher die kritische Methode

„die tiefsten Auswirkungen für Glauben allgemein und den christlichen Glauben im Besonderen. „15

Das Folgende ist stark an Van Harveys The Historian and the Believer angelehnt – ein Buch, das durch einen glücklichen Zufall Rudolf Bultmann gewidment ist.

Ernst Troeltsch [1865-1923], der deutsche protestantische Theologe, der über Religionsphilosophie und Philosophiegeschichte schrieb, verbrachte einen Großteil seines Lebens damit zu, sich mit der Bedeutung der historisch-kritischen Methode auseinander zu setzen, die er „ eine der größ­ten Errungenschaften des menschlichen Geistes“ nannte, die „in der Tat eine Revolution im Bewusstsein des westlichen Menschen voraussetzt“.16

Das Streben des Historikers nach Wahrheit war bestimmend für sein Ziel, das nichts geringeres ist als die Entdeckung dessen, was wirklich geschah. Mit Bemühen um Objektivität war der Historiker in der Lage zu entdecken, dass viel von dem, was früher als Tatsache akzeptiert worden ist, in Wirklichkeit nur Fiktion war, und dass viele Zeugen, denen man lange vertraut hatte, eigentlich nur leichtgläubige Erfinder von Geschichten und Legenden waren. Die Kernfrage im Denken eines skeptischen Historikers war, „ob oder nicht etwas wirklich geschehen ist; ob es so geschah, wie es erzählt wird oder anders.“17 Troeltsch argumentierte, dass die Voraus­setzungen für die historisch-kritische Methode selbst grundlegend inkom­pa­tibel mit dem christlichen Glauben sind, der auf übernatürlicher Meta­physik beruht. Er glaubte, dass diese Inkompatibilität klar im Bereich der Bibelkritik zu Tage tritt. Die Grundvoraussetzungen, auf denen die Methode basiert, waren nicht mit dem traditionellen Glauben vereinbar. Während Theologen die Schrift als übernatürlich inspiriert betrachten, muss der Historiker annehmen, dass die Bibel (oder – natürlich – der Koran, obwohl Troeltsch sich selbst an das Christentum hielt) nur verstanden werden kann innerhalb seines historischen Kontextes, und dass sie denselben Interpre­tations­prinzipien und derselben Kritik unterworfen ist, wie sie auch auf an­dere alte Literatur anwandt werden. Oder, wie Maxime Rodinson es für den islamischen Kontext ausdrückte, sie müssen im Rahmen der „normalen Mechanismen menschlicher Geschichte“ verstanden werden. Erklärungen, die sich auf die übernatürliche Intervention Gottes stützen, stellen ein Hindernis zum wirklichen historischen Verständnis dar. Für den skeptisch denkenden Historiker haben alle die Geschichte betreffenden Behaup­tung­en nur einen größeren oder kleineren Wahrscheinlichkeitsgrad.

Troeltsch war unbeirrbar angesichts der Konsequenzen der historisch-kritischen Methode. Er schrieb:

„Wenn die historische Methode erst einmal für die Bibel­wissen­schaft und Kirchengeschichte angewandt worden ist, ist sie ein Sauer­teig, der alles verändert und, letztendlich, die gesamte Struktur der bisher angewandeten theologischen Methoden auseinan­der­bricht“.18

Troeltsch formulierte drei Prinzipien, auf denen seiner Überzeugung nach die historisch-kritische Forschung beruht und die mit traditionellem christ­lichem Glauben inkompatibel sind:

(1) Das Prinzip Kritik: unsere Urteile über die Vergangenheit sind nur vorläufig wahr und müssen im Lichte der Kritik von Fachkollegen revidiert werden können, beispielsweise falls neue Beweismittel entdeckt werden.

(2) Das Prinzip Analogie: Wir können solche Wahrscheinlichkeits­aussagen nur unter der Grundannahme treffen, dass unsere ge­gen­wärtige Welterfahrung sich nicht radikal von der von Men­schen der Vergangenheit unterscheidet.

(3) Das Prinzip Korrelation:

„die Phänomene der Menschheitsgeschichte sind so miteinander verwoben und voneinander abhängig, dass zu keinem Zeitpunkt in historischer Verknüpfung eine radikale Änderung eintreten kann, ohne dass unmittelbar die gesamte Umgebung ebenfalls verändert wird. Historische Erklärungen müssen daher notwen­diger­weise so vorgenommen werden, dass ein Ereignis mit Bezug auf seine Vor­geschichte und seine Auswirkungen erklärt wird, und kein Ereignis kann isoliert betrachtet werden von den Beding­ungen seiner Zeit und des Ortes, an dem es stattgefunden hat“.19

Das dritte Prinzip, das der Korrelation, führte Troeltsch zu der Schluss­folgerung, dass kein kritischer Historiker sich auf übernatürliche Ereignisse berufen könne, um historische Ereignisse zu erklären, da dies die Konti­nuität des Kausalitätsprinzips verletzen würde. Außerdem könne

„kein Ereignis als endgültige Offenbarung des absoluten Geistes be­trachtet werden, da jede Manifestierung von Wahrheit und Wert immer nur relativ und bedingt durch den historischen Rahmen zu sehen sei. Troeltsch glaubte: ‚Geschichte ist kein Ort für absolute Reli­gion und absolute Persönlichkeiten „.20

F.H.Bradley und Marc Bloch beziehen sich auf dieselbe Sache, wenn sie als Grundvoraussetzungen für kritische Geschichtswissenschaft (1) die Gleich­förmigkeit der Natur und (2) den Kausalzusammenhang fordern. Bloch schrieb, dass jedwede Geschichte voraussetzt, dass

„das Universum und die Gesellschaft genügend Gleichförmigkeit besitzen, um die Möglichkeit von allzu großen Abweichungen aus­zuschließen“.21

Geschichte setzt letztendlich alle anderen Wissenschaften voraus. Dies gilt zum Beispiel für die Physik, wenn ein Historiker die Reichweiten von Waffen in der Schlacht von Waterloo einschätzt; es setzt die Astronomie voraus, wenn ein Historiker die biblische Erzählung aus dem Buch Josua auswertet, in der berichtet wird, die Sonne habe still gestanden. (Jos 10, 12-13)22.

Wie Morton White dazu bemerkte:

„Es scheint unmöglich, die Anzahl der Wissenschaften, die von der Geschichtswissenschaft miteinbezogen werden, zu begrenzen.“23

Ein zentraler Punkt der historisch-kritischen Methode ist das Konzept der Autonomie, das Immanuel Kant mit Aufklärung gleichsetzte. Aufklärung, so Kant, ist die Befreiung des Menschen von all den Formen von Abhängig­keiten, die ihn seiner Freiheit berauben, ohne Fremd­be­stimmung zu den­ken. Das Motto „habe den Mut deine Vernunft zu benutzen“ ist die Summe seiner „Unabhängigkeitserklärung gegenüber jedweder Autorität, die auf diktatorischem Befehl beruht ‚Gehorche und denke nicht'“.24 Kant stellte den Willen zur Wahrheit über den zum Glauben. In diesem Zusam­men­hang ist es angebracht, daran zu erinnern, dass die Aufklärung von Baruch Spi­noza ausgelöst worden war. Wie Jonathan Israel, ein Kollege von P. Crone am Institute for Advanced Study es in seiner maßgeblichen Arbeit Radical Enlightenment (radikale Aufklärung), die einen außer­ordent­liches Wissen, einen weiten Blick und beindruckende Analyse beweist, formuliert:

„Spinoza und der Spinozismus waren wirklich das intellektuelle Rück­­grat der europäischen radikalen Aufklärung, überall, nicht nur in den Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Italien und Skandi­na­vien, sondern auch in Großbritannien und Irland.“ 25

Und das Werk, das mehr alles jedes andere zu dieser tiefgreifenden Revo­lution in der Menschheitsgeschichte geführt hat, war Spinozas Tractatus Theologico-Politicus, der zwar heimlich, aber nichtsdestoweniger mutig von dem niederländischen Verleger Jan Rieuwertsz [1616-87] in Amsterdam 1670 ver­öffentlicht wurde. Für Spinoza ist die Bibel lediglich ein von Menschen gemachter säkularer Text, und die Theologie ist keine unab­hängige Quelle der Wahrheit.

„ … Spinoza legt eine ausgefeilte Theorie darüber vor, was Religion ist und wie und warum Religion die Welt so deutet, wie sie es tut, wobei er eine neue Wissenschaft der kontextbezogenen Bibelkritik schafft. [Hierbei geht es darum], den jeweiligen (Sprach-)Gebrauch und die jeweils beabsichtigte Bedeutung zu analysieren, unter Berück­­sichtigung des Zusammenhangs zu extrapolieren, die Ver­nunft als analytisches Werkzeug einzusetzen, dabei aber nicht zu erwarten, in den in den Schriften eingebetteten Konzepten philoso­phische Wahrheiten zu entdecken.“ 26

Mit seinem Angriff auf die Leichtgläubigkeit der Masse und darauf, dass Wunder als möglich erachtet werden, machte Spinozas Tractatus überall tiefen Eindruck – in England, Italien, Deutschland und Frankreich. Spinoza wirft letztendlich der klerikalen Autorität vor, die Leichtgläubigkeit, das Un­wissen und den Aberglauben der Massen auszunutzen. Spinozas Gedanken waren in einem Sinne auch von Ungebildeten leicht zu verstehen, beispiels­weise Gedanken wie der der

„Identifikation Gottes mit dem Universum, der Ablehnung organi­sier­ter Religion, der Abschaffung von Himmel und Hölle, ebenso von Belohnung und Strafe im Jenseits, der Moral des individuellen Glücks im Hier und Jetzt und die Lehre, das es keine Realität jenseits der unveränderlichen Naturgesetze gibt, was folglich bedeutet, dass es auch keine Offenbarung, Wunder oder Prophetien gibt.“ 27

Welch poetische Gerechtigkeit, dass es ausgerechnet Spinozas Bibelkritik war, die die Aufklärung auslösen sollte! Können Cook und Crone wirklich daran festhalten, dass Bibel- und Korankritik den Apfelkarren nicht umwer­fen und dass ihre Auswirkungen nichts weniger als verheerend sind?

Der Historiker ist autonom, weil er das Zeugnis einer Autorität nicht un­kritisch akzeptieren kann und muss. Denn „kein Zeuge übermittelt eine komplette, quasi photographische Beschreibung eines Ereignisses; viel eher wählt er aus, verändert, interpretiert und erklärt“. Die Gedanken des Zeu­gen, die Art seines Denkens sind von der zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte vorherrschenden Kultur geprägt. Wie Van Harvey zusam­menfassend bemerkt:

„wenn der Historiker seinen Autoritäten erlaubt, ohne kritische Prü­fung dazustehen, gibt er damit seine Rolle als kritischer Historiker auf. Er ist dann kein Sucher mehr nach Wissen, sondern ein Ver­mittler vergangener Glaubensvorstellungen; nicht ein Denker, son­dern ein Vermittler von Tradition.“ 28

Ein damit zusammengehörendes Prinzip, das die Autonomie von Histori­kern davor bewahrt, in reinen Subjektivismus abzugleiten, ist die Veröffent­lichung ihrer Schlussfolgerungen, so dass diese von ihren Fachkollegen und anderen dazu Befähigten auf rationaler Basis bewertet werden können. His­to­riker müssen Gründe, d.h. Beweismittel für ihre Behauptungen angeben, die damit implizite Appelle an andere Personen sind. Nur ein solcher ver­antwortungsvoller Dialog, eine solche Unterziehung unserer Theorien, Hypo­­thesen und Konjekturen unter den prüfenden Blick der akademischen und intellektuellen Gemeinschaft kann uns wahrem Wissen – der Wahrheit – näher bringen. Wie R.G. Collingwood, der britische Philosoph und Historiker, schrieb:

„Geschichte hat diesen einen Punkt mit jeder anderen Wissenschaft gemeinsam: dass der Historiker nicht behaupten darf, auch nur ein einziges Stück Wissen zu besitzen, außer wenn er seine Behauptung zunächst sich selbst, dann aber auch allen anderen, die fähig und willig sind, seinen Ausführungen zu folgen, so darlegen kann, dass er die Gründe, auf denen diese fußt, klarmacht.“29

Dieses Prinzip schützt vor fehlerhaften Schlussfolgerung aufgrund der Her­kunft (genetic fallacy), wonach zufällige und von ihm nicht zu verantwor­tende Eigenschaften des Historikers oft dazu benutzt werden, seinen Argu­menten und Schlussfolgerungen a priori die Gültigkeit abzusprechen. Mus­lime tendieren dazu, Korankritik als neo-kolonialistisch zu verwerfen, wenn sie von einem Europäer stammt; die Arbeit israelischer oder christlicher Wissen­schaftler wird absichtlich ignoriert, da sie voreingenommen sei. Es wird argumentiert, nur ein Muslim könne den Islam kritisieren; obwohl – natürlich – Muslime keine Gelegenheit auslassen, das Christentum zu kritisieren. Unzweifelhaft sind Historiker weder besser noch schlechter als der Rest des Menschengeschlechts, auch bei ihnen gibt es jede Art Vorlieben und Vorurteile, die wir tadelnswert finden. Aber diese sind irrelevant bei unserer Bewertung ihrer Arbeit als Historiker oder Islamwissenschaftler. Lawrence Conrad hat beispielsweise gezeigt, dass Theodor Nöldeke ein Antisemit war, „dessen Publikationen und Privatkorrespondenz vor Bi­gotterie und Vorurteil strotzen, und das in höchst beleidigendem Grade“.30 Ich brauche aber wohl kaum die Bedeutung Nöldekes für die Islamkunde im Einzelnen aufzuführen. Ebenso hegte Henri Lammens, wie Rodinson es nann­te, eine „heilige Verachtung für den Islam, für seinen ‚trügerischen Ruhm‘ und seine Leistungen, für seinen ‚heuchlerischen‘ und ‚wollüstigen‘ Propheten,“31 aber desungeachtet und auch trotz seiner anderen metho­dischen Unzulänglichkeiten, ist Henri Lammens, nach F. E. Peters, „was auch immer seine Motive und sein Stil gewesen sein mögen … , nie widerlegt worden.“ 32

 

Lawrence Conrad verweist auf einen vergleichbaren Punkt, wenn er trotz Lammens wohl bekannter Feindseligkeit gegenüber dem Islam ihm attes­tiert, dass er „eine Reihe nützlicher Einsichten (a number of useful insights) biete.“ 33 Rodinson räumt ebenfalls Lammens Voreingenommenheit ein, stellt aber dann wiederum fest, dass Lammens‘

„kollossale Anstrengungen zu zerstören, auch konstruktive Ergeb­nisse gezeitigt haben. Sie haben uns gezwungen, sehr viel anspruchs­voller in Bezug auf unsere Quellen zu sein. Nachdem das traditio­nelle Geschichtsgebäude damit endgültig abgerissen worden war, konnte man nun daran gehen, es neu aufzubauen.“34

Die Herkunft eines Argumentes ist nicht relevant, solange es einer strengen Prüfung unterzogen wird. Dass ich versteckte Absichten hätte, ist mir per­sön­lich auch schon von einem angesehenen Professor vorgeworfen worden, der an einer Universität in einer Stadt lehrt, die von von der britischen satirischen Zeitschrift „Private Eye (Privatdetektiv)“ als „nicht unweit dem Michigan-See gelegen“ bezeichnet wurde. Ich frage mich, was diese „ver­steckten Absichten“ denn sein könnten – zweifellos ist auf die von mir geplante Erringung der Weltherrschaft angespielt – aber ist dieser Punkt relevant für die Nützlichkeit der von mir herausgegebenen Sammelbände für die Wissenschaft? Wie Albert Schweitzer schrieb35,

„Je stärker die Liebe, je stärker der Haß, desto lebendiger die Gestalt, die ersteht. Denn auch mit Haß kann man Leben-Jesu schreiben – und die großartigsten sind mit Haß geschrieben: das des Reimarus, des Wolfenbüttler Fragmentisten, und das von David Friedrich Strauß. (…) Weil sie haßten, sahen sie am klarsten in der Geschichte. Sie haben die Forschung mehr vorwärtsgebracht als alle anderen zusammen. Ohne das Ärgernis, das sie gaben, wäre die Wissenschaft heute nicht, wo sie ist.“

Der Brief von Reverend Richard Craig, den ich zu Beginn zitiert habe, unterstreicht noch einmal das Argument Van Harveys, dass nämlich „die Schlacht für die Unabhängigkeit des Bibelhistorikers im Großen und Gan­zen gewonnen worden ist“. Dies gilt jedoch leider nicht für Koran­wissenschaftler. Das Recht, kritisch und wissenschaftlich die Grundlagen des Islam zu erforschen – ob es sich dabei um den Koran oder das Leben des Propheten handelt – ein Recht, das von Ernest Renan und anderen euro­päischen Wissenschaftlern des 19. Jahrhunderts begründet wurde, ist ver­wor­fen worden in einer Aufwallung ökumenischer Sentimentalität, die zu einer falsch verstandenen Rücksichtnahme auf die Empfindlichkeit von Muslimen geführt hat. So drückte beispielsweise Professor Josef van Ess erst kürzlich in einem Ausatz mit dem Titel „Verbal Inspiration? Language and Revelation in Classical Islamic Theology,“36 seine Rücksichtnahme auf die zar­ten Gefühle von Muslimen dadurch aus, dass er als Nicht-Moslem seine kritische Analyse einfach abbrach – aus Respekt vor der Art und Weise, wie der sunnitische Islam die Geschichte des Denkens behandelt! Mohammed Arkoun erwiderte ihm daraufhin sehr vernünftig, dass eine solche Haltung wissenschaftlich inakzeptabel sei, da historische Wahrheit das Recht des mensch­lichen Geistes betrifft, die Grenzen der menschlichen Erkenntnis wei­ter vorzuschieben; das islamische Denken, wie alle anderen Denk­traditionen, könne nur von einer solchen erkenntnistheoretischen Haltung profitieren. 37 Außerdem, so fährt Arkoun fort, wisse Prof. Ess sehr wohl, dass Muslime heutzutage unter der Politik der Unterdrückung des freien Denkens leiden, vor allem wenn es um Religion gehe. Oder anders ausgedrückt, wir tun dem Islam keinen Gefallen, wenn wir ihn von den Werten der Aufklärung abschirmen.

Ein Teil der westlichen akademischen Welt ist schlicht und einfach von einer Haltung der Objektivität zu einer der Verteidigung und Recht­fertigung des Islam übergewechselt; zu diesem Trend bemerkte Maxime Rodinson 1968:

„Auf diese Weise geht die antikoloniale Linke, ob christlich oder nicht, oft so weit, dass sie den Islam und die Ideologien der musli­mischen Welt heilig spricht. … Ein Historiker wie Norman Daniel ist soweit gegangen, jegliche Kritik an der moralischen Haltung des Propheten zu Vorstellungen zu zählen, die vom mittelalterlichen und imperalistischen Denken durchtränkt sind. Mit demselben Vorwurf, tendenziös zu sein, beschuldigt er jedwede Darstellung des Islam und seiner Charakteristika mit Hilfe der normalen Mechanis­men menschlicher Geschichte. Der Verstand hat hier der Apologetik in Reinkultur Platz gemacht“. 38

Maxime Rodinson bemerkte im Kommentar zum Werk von Pater Y. Mou­barac und Louis Massignon, dass ihre Sichtweise

„eine notwendige Reaktion gegen ein Textverständnis [darstelle], das allzu oft den Text in einem ihm fremden Zusammenhang betrachte, und eine Tendenz, Themen aus dem ihnen eigenen religiösen Kon­text zu lösen – Tendenzen, die für das 19. Jahrhundert charakteris­tisch waren. Trotzdem muss der Historiker sich hin und wieder fra­gen, ob diese Reaktion nicht zu weit gegangen ist. Einige Methoden dieser Denkschule sollten Historiker bedenklich werden lassen. Die interne Logik eines Glaubens zu studieren und Respekt zu bezeugen sind zwar sehr legitime Ziele. Der Forscher hat unbestritten das Recht zu versuchen, das ‚Feuer‘ und die Bedürfnisse des zu unter­su­chen­den religiösen Bewusstseins nachzuempfinden. Die Elemente, die ein kohärentes System bilden, könnten aber auch von einer Reihe unterschiedlicher Quellen kommen und könnten in anderen Systemen eine völlig andere Rolle gespielt haben. (…) Respekt für den Glauben ehrlicher Gläubiger darf keinesfalls die Untersuchung eines Historikers abblocken oder umlenken. (…) Man muss das Recht auf eine elementare historische Methodologie verteidigen.“39

Es ist sicherlich eine Schande, dass das, was Karl Binswanger „dogmatische Islamophilie“ nannte, es modernen Islamwissenschaftlern möglich machte, Günter Lüling eine faire Chance zur Vorstellung seiner Ideen zu verweigern und seine akademische Karriere zu vernichten.40 Deutsche Islamwissen­schaftler sollten an den Arabisten Götz Schregle und sein „geistiges Tragen eines Turban“ denken, wobei er islamische Wissenschaft betrieb und nicht Wissenschaft über den Islam. Ebenso verwerflich ist die Unterstellung von verschiedenen „verdächtigen“ Motiven in Bezug auf die Arbeit Wans­broughs und derer, die von ihm beeinflusst wurden. 41 Wissenschaftler im Westen müssen unbeirrt und ohne Apologetik auf ihrem Recht bestehen, den Islam zu untersuchen und diesen nach den objektiven Standards historischer Methodologie (die auf Konjekturen und Widerlegungen, kriti­schem Denken, rationalen Argumenten, dem Vorlegen von Beweismitteln etc. beruht). Dem Ideal unvoreingenommener historischer Untersuchung würde ein tötlicher Schlag versetzt, wenn diese mit dem muslimischen oder christ­lichen Glauben vermengt würde. Wenn subjektive religiöse Glaubensvorstellungen mit dem von ihnen dogmatisch als sicher Erachteten in den „historischen Annäherungsprozess [hineingebracht würden], dann würde dies unvermeidlich all das untergraben, was nach Ansicht von R. G. Collingwood zu fundamentalen Eigenschaften eines kritischen Historikers gehört: die Skepsis gegenüber Zeugnissen aus der Vergangenheit.“ 42

Wie Bernard Lewis schrieb:

„ … [wir] können, wir müssen sogar die Geschichte der Sklaverei um den Atlantik studieren und diese große Schande in der Geschichte der westlichen Welt, von Nord- und Südamerika mit all seinen Schrecken ans Licht bringen. Dies ist eine Aufgabe für uns als Leute aus dem Westen, bei deren Bewältigung sich andere anschließen dürfen, es sollten und dies auch tun. Dagegen wird aber schon die bloße Erwähnung von Sklaverei in nicht-westlichen Gesellschaften – geschweige denn die Diskussion darüber oder ihre Erforschung – schon als Beweis für Rassismus und eines imperialistischen Denk­schemas verunglimpft. Dasselbe betrifft andere heikle Themen wie Polygamie, Selbstherrschaft und ähnliches. Die Bandbreite an Tabus ist sehr breit“. 43

An dieser Stelle möchte ich die Schüler und Bewunderer von Bernard Lewis an seine eigenen Worte erinnern:

„Es gab eine Zeit, als Wissenschaftler und andere Publizierende im kommunistischen Osteuropa auf Schriftsteller und Verlage im freien Westen angewiesen waren, wenn es darum ging, die Wahrheit über ihre Geschichte, ihre Kultur und ihre missliche Lage zu schreiben. Heute sind es die, die damals für die Wahrheit eintraten, nicht jene, die sie verschwiegen oder leugneten, die in diesen Ländern respektiert und willkommen geheißen werden.

Historiker in freien Ländern haben eine moralische und berufliche Verpflichtung, sich nicht vor schwierigen Themen, die manche lieber mit einer Art Tabu belegen würden, zu drücken; sich nicht einer freiwilligen Zensur zu unterziehen, sondern sich mit diesen Dingen fair, ehrlich, auf weder apologetische, noch polemische, wohl aber – natürlich – kompetente Weise zu beschäftigen. Die, die die Freiheit ge­nießen, haben die moralische Verpflichtung, diese Freiheit zu­guns­ten derer zu benutzen, die diese nicht besitzen. Wir leben in einer Zeit, in der große Anstrengungen unternommen worden sind, um historische Belege zu falsifizieren und Geschichte zu einem Pro­pa­ganda­instrument zu machen; eine Zeit, in der Regierungen, reli­giö­se Bewegungen, politische Parteien und Interessengruppen jeder Art sich emsig darum bemühen, Geschichte so neu zu schrei­ben, wie sie sie gerne hätten, wie sie sie gerne von ihren Gefolgs­leuten gesehen haben möchten. Das ist alles in der Tat sehr gefähr­lich, für uns und andere, egal wir wir Anderssein definieren – gefähr­lich für unser gemeinsames Menschsein. Denn, man mache sich nichts vor, die, die nicht gewillt sind, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen, werden nicht in der Lage sein, die Gegenwart zu verstehen und werden nicht darauf vorbereitet sein, die Zukunft zu meistern.“44

Bruce Lincoln, Professor der Religionsgeschichte an der Divinity School der Universität von Chicago, hat in ansprechender Form dreizehn Thesen für Religionshistoriker aufgestellt45, in alle befolgen sollten, die der histo­ri­schen Redlichkeit genügen wollen. Der Historiker muss die Methoden historischer Forschung auch bei der Untersuchung von Religionen einhalten. Hier sind einige seiner Punkte in seinen eigenen Worten:

– Geschichte ist – in dem schärfstmöglichen Kontrast – der Diskurs, in dem von zeitgebundenen und irdischen Dingen mit menschlicher und fehlbarer Rede gesprochen wird, wobei Anspruch auf Auto­rität und strenge kritische Praxis erhoben wird. Wenn nun Religions­geschichte in einer Weise betrieben werden soll, die dem Anspruch des Faches gerecht werden soll, bedeutet das Postulat der Diskussion des zeitlich Begrenzten, im Kontext zu Sehenden, Verankerten, Parteiischen und Menschlichen sowie die Behandlung eben der materiellen Dimensionen dieser Diskurse, Praktiken und Institu­tionen, die charakteristischerweise sich selbst als ewig, transzendent, spirituell und göttlich darstellen. Die erste der zu stellenden Fragen ist also „Wer spricht hier?“, d.h. welche Person, Gruppe oder Institution ist für einen Text verantwortlich, egal wer der vorgebliche oder anscheinende Autor auch sein mag. Weiterhin die Frage „Für welchen Adressaten? In welchem unmittelbaren und breiteren Kontext? Durch welche Vermittler? Mit welchem Ziel?“ und noch weiter, „Von was will der/ die Sprecher die Adressaten überzeugen? Was wären die Folgen, falls dieser Überzeugungsprozess erfolgreich sein sollte? Wer gewinnt was und wie viel? Wer, auf der anderen Seite, verliert?“ Ehrerbietung ist eine religiöse, keine wissen­schaftliche Tugend. Wenn gutes Benehmen und ein reines Gewissen nicht in Übereinstimmung gebracht werden können, sollten die Erfordernisse des Gewissens immer Priorität genießen.

– Viele, die nicht auf den Gedanken kämen, ihre eigene Religion oder die ihrer Eltern gegen kritische Untersuchung abzuschirmen, wenden diesen Schutz auf einmal gegen den Glauben anderer Men­schen an – im Gefolge eines Standpunktes des Kulturrelativismus. Man kann solchen Menschen die guten Absichten nicht absprechen, muss aber diese Verteidigungshaltung als deplaziert betrachten, ebenso wie ihr auf westlichem Imperialismus beruhendes schlechtes Gewissen.

– Jenseits der Frage nach Motiven und Absichten beruht der Kultur­relativismus auf der fragwürdigen, um nicht zu sagen fetischistischen Konstruktion von „Kulturen“, als ob sie unveränderliche, klar abgrenzbare und für sich allein stehende Gruppen von Menschen wären, die durch die von ihnen geteilten ebenso unveränderlichen, klar abgrenzbaren und für sich allein stehenden Werte, Symbole und Praktiken definiert seien. Ein solches Modell stellt vor allem die Kon­tinuität und Integration als zeitlos gesehener Gruppen in den Vor­der­grund, wobei es deren innere Spannungen, Konflikte, Turbu­lenzen, fehlende innerer Zusammen­hänge, ihre Durchlässigkeit und Veränderlichkeit großflächig außer Acht lässt. Dabei riskiert es, zu einem religiösen, nicht zu einem historischen Bericht zu werden: die Geschichte einer transzendenten Idee, die von verunreinigenden Kräften des Wandels bedroht ist.

– Obwohl die kritische Forschung in anderen Disziplinen üblich geworden ist, wird sie von vielen, die Religion studieren, immer noch als Kränkung empfunden und als „Reduktionismus“ gebrandmarkt. Dieser Vorwurf zielt darauf ab, Kritik zum Schweigen zu bringen. Wenn Religion nicht „als Religion“ behandelt wird, d.h. wenn ihr Anspruch, eine transzendente Natur und einen sakrosankten Status zu besitzen, nicht in Frage gestellt wird, dann mag dies von sich als religiös betrachtenden Menschen als Häresie und Sakrileg angesehen werden, aber sie ist der Ausgangspunkt für jene, die sich selbst als Historiker sehen.

– Wenn man denen, die man untersucht, erlaubt, dass sie die Be­dingungen definieren, unter denen sie verstanden werden wollen, dann gibt man den eigenen Anspruch auf, das zeitlich Begrenzte und Bedingte zu untersuchen und unterscheidet nicht mehr zwischen „Wahrheiten“, „Wahrheitsanspruch“und „Wahrheitsregime“. Dann hat man aufgehört, als Historiker oder Wissenschaftler zu fungieren und übernimmt statt dessen eine aus einer Reihe von möglichen Rollen, von denen einige respektabel sein mögen (Gehilfe, Sammler, Freund und Anwalt), einige aber einen weniger ansprechenden Beiklang haben (Cheerleader, Voyeur, Vertreiber von Importwaren). Keine dieser Rollen sollte aber mit der eines „Wissenschaftlers“ verwechselt werden.

Weiterhin gibt es noch jene, die mir immer wieder sagen, dass Historiker zwar das Recht haben, eine bisher unterdrückte oder schlichtweg geleugnete Wahrheit ans Licht zu bringen, dass jetzt aber nicht der rechte Zeitpunkt dafür sei, jetzt, wo wir in einer Zeit des Krieges gegen den Terror lebten und versuchten, Muslime in aller Welt davon zu überzeugen, dass wir nicht gegen sie Krieg führten, sondern gegen jene, die eine pervertierte Inter­pretation dieser großen Religion verträten, die der Islam doch sei.

Sir Isaiah Berlin beschrieb einst einen Ideologen als jemand, der bereit sei, das, was er für wahr und richtig hält, zu unterdrücken. Sir Isaiah kam darauf zu dem Schluss, dass diese Bereitschaft zur Unterdrückung der Wahrheit für einen großen Teil des Übels in seinem und anderen Ländern verantwortlich sei. Die erste Pflicht des Intellektuellen sei es, die Wahrheit zu sagen. Wenn wir die Wahrheit unterdrückten – egal wie ehrenwert das Motiv auch sei – werde nur noch größeres Übel erzeugt.

Wir sind allen Historikern zu Dank verpflichtet, die uns geholfen haben, eine klarere und ehrlichere Sicht vergangener Ereignisse zu erlangen, die großen Einfluss auf heutige Probleme haben. In den Worten Albert Schweitzers:

„Die Wahrheit hat keine Stunde. Ihre Zeit ist immer gerade dann, wenn sie am unzeitgemässesten erscheint.“ 46

Meinen ersten Teil will ich mit einem Witz beenden, in dem die Theologen vorkommen, die Van Harvey „dialektische Theologen“ nennt, d.h. jene, die irgendwie versuchen, sich mit kritischer Wissenschaft und historischer Methodologie, die so viel „Wissen“ in Zweifel zieht, zu arrangieren.

Karl Barth, Rudolf Bultmann und Paul Tillich machen zusammen einen Angelausflug auf dem Genfer See. Sie amüsieren sich köstlich, rauchen Pfeife und plaudern in aller Gemütlichkeit. Es ist heiß und sie werden durstig. Barth steht also auf, tritt aus dem Boot und wandelt auf dem Wasser bis zum Ufer, wo er sich ein paar Flaschen Bier holt und dann zum Boot zurückkehrt. Aber das Bier hält nicht lange vor. Also sagt Barth zu Tillich: „Du bist dran, Paul.“ Tillich steht auf, tritt aus dem Boot, geht ebenfalls auf dem Wasser zum Ufer und holt ein paar Flaschen Bier. Jetzt wird es wirklich heiß und das Bier ist bald zu Ende. Bultmann beginnt, aus allen Poren zu schwitzen, daher sagt Barth zu ihm: „Los, Rudolf, du bist dran.“ Mit leich­tem Zittern in den Knien steht Bultmann auf, tritt aus dem Boot und – geht wie ein Stein unter. Zum Glück schafft er es, wieder aufzutauchen; er zieht sich mühsam wieder ins Boot hinein und setzt sich schmollend an dessen anderes Ende. Tillich dreht sich zu Barth und sagt: „Glaubst du, wir hätten ihm sagen sollen, wo die Trittsteine sind?“ Barth schaut ihn daraufhin verblüfft an und antwortet: „Welche Steine?“

 

    2. Dogmatische Islamophilie westlicher Islamwissenschaftler

Man betrachte folgende Bemerkungen und versuche zu erraten, in was für einer Veröffentlichung sie zuerst erschienen sind:

„Archäologen haben mehr und mehr bisher gültige Grundannahmen über biblische Geschichte und den biblischen Bericht in Zweifel gezogen …“

 

„Archäologische Funde lassen jedoch hin und wieder Zweifel an der Historizität des biblischen Berichtes aufkommen. So scheinen einige archä­ologische Fundorte die angebliche Eroberung Kanaans durch Josua zu widerlegen, indem sie weder eine Schicht der Zer­stö­rung, noch Spuren von Mauern oder auch nur einer Besiedlung in jener Zeit (z.B. in Jericho, Ai) aufweisen. Bei Berücksichtigung des höchst theologischen und literarischen Charakters des Buches Josua sind einige Wissenschaftler zu der Überzeugung gelangt, dass die Berichte selektiv und parteiisch sind und nur minimalen historischen Wert bei der Rekonstruktion vergangener Ereignisse besitzen.“

 

„In ägyptischen Quellen gibt es keinen Beleg für Israels Aufenthalt in

jenem Land, und andere vorhandene Beweismittel sind indirekt und vernachlässigbar.“

 

„Das achäologische Material hat Fragen bezüglich bestimmter Grund­annahmen und Behauptungen aufgeworfen, die auf biblischer Lite­ratur fußen. Bisweilen widersprechen diese Beweismittel klar dem biblischen Bericht; an anderer Stelle fehlen in auffälliger Weise Daten, die den literarischen Bericht hätten stützen können.“

Nein, diese behutsam skeptischen Bemerkungen stammen nicht aus The Skeptical Inquirer („der skeptische Fragensteller“), sondern aus einem Kapitel von Lee I. Levine mit dem Titel „Biblische Archäologie“ im Sammel­band von Etz Hayim, Torah and Commentary, veröffentlicht von der The Jewish Publication Society for The Rabbinical Assembly (Rabbinische Publikationsgesellschaft des Rabbinerverbandes), The United Synagogue of Con­servative Judaism, in New York, 2001. In einem Buch, das den hebrä­ischen Text des Pentateuch zusammen mit einer englischen Übersetzung mit Kommentar enthält, finden wir eine durch und durch objektive, rationale Abhandlung der Auswirkungen der Archäologie – in anderen Wor­ten: von Wissenschaft – auf die Historizität der Torah. Sogar die Vereinigte Synagoge des konservativen Judentums (United Synagogue of Conservative Judaism) hat also die Einsichten der Aufklärung und der höhe­ren deutschen Bibelkritik in sich aufgenommen und auf die beun­ruhi­genden Konsequenzen für Gläubige hingewiesen.

Eine ähnliche Einführung in eine Übersetzung des Koran, der noch keiner skeptischen Untersuchung unterzogen wurde, kann man sich nicht vorstellen. Statt dessen haben von A. J. Arberry in der Einleitung zu seiner Übersetzung von 1964 die außergewöhnliche Behauptung, die eines islami­schen Fundamentalisten würdig wäre:

„ … der Koran, so wie er im zwanzigsten Jahrhundert gedruckt wurde, ist identisch mit dem Koran, wie er von ‚U?m?n mehr als 1300 Jahre vorher autorisiert worden ist.“

Man fragt sich, woher Arberry weiß, dass der zur Zeit gedruckte Koran (gemeint ist wohl der Kairiner Koran von 1924 (= 1342 A.H.)) mit dem sogenannten ‚u?m?nischen Koran identisch ist; hat er datierte Manuskripte angeschaut und verglichen, von denen man sagen kann, dass sie echt ‚u?m?nisch seien? Kein Wunder, dass Arberry sich nicht verpflichtet fühlt anzugeben, welchen arabischen Text er benutzt hat, geschweige denn welches Manuskript.

Die Gründe für die Zurückhaltung vieler westlicher Islam­wissen­schaft­ler, den Islam strenger Analyse zu unterziehen, sind vielfältig. Unter ande­rem sind folgende Punkte zu nennen:

  • Political correctness, die in diesem Fall zu Islamic Correctness wird;

  • die Angst, zum Nachteil der islamischen Minderheiten im Westen Rassisten oder Rechtsradikalen Argumentationshilfe zu leisten;

  • kommerzielle oder ökonomische Motive;

  • postkoloniale Schuldgefühle (in einer Zeit, in der alle Probleme des Planeten auf die bösartigen Absichten und Handlungsweisen des Westens zurückgeführt werden);

  • schlichte physische Angst;

  • intellektueller Terrorismus von Publizisten wie Edward Said.

Said hat nicht nur einer ganzen Generation von Arabern die wundervolle Kunst des Selbstmitleids beigebracht, sondern er hat auch ängstliche westliche Wissen­schaft­ler und noch schwächlichere, regelmäßig linke Intel­lek­tuelle soweit ein­geschüchtert, dass sie eine Haltung eingenommen haben, die jedwede Kritik am Islam als Orientalismus – und folglich als nicht zulässig – abstempelt.

Die erste Pflicht des Intellektuellen ist die zur Wahrheit. Groß in Mode ist die Wahrheit in diesen postmodernen Zeiten nicht, in denen Charlatane vom europäischen Kontinent angloamerikanische Intellektuelle mit dem Gedanken infiziert haben, dass objektives Wissen nicht nur nicht wün­schens­wert, sondern noch nicht einmal zu erlangen ist. Nach meiner Über­zeugung führt das Aufgeben des Konzeptes Wahrheit nicht nur zu politi­schem Faschismus, sondern es würgt jegliche intellektuelle Forschung ab. Wer den Begriff Wahrheit wegwirft, gibt damit gleichzeitig auch das Ziel auf, Wissen zu erlangen. Aber, wie Aristoteles schon sagte, liegt es in der Natur des Menschen, nach Wissen zu streben. Wahrheit, Wissenschaft, intellek­tuelles Forschen und Rationalität sind unauflösbar miteinander ver­bunden. Relativismus und sein unehelicher Nachkomme Multikultu­ralis­mus sind der kritischen Erforschung des Islam abträglich.

Said schrieb ein polemischen Buch, Orientalismus (1978), dessen ver­derb­licher Einfluss in allen Bereichen der Islamwissenschaften noch heute spürbar ist und in dem jegliche kritische Diskussion des Islam a priori aus­geschlossen wird. Für Said sind Orientalisten an einer üblen Verschwörung be­teiligt, um den Islam anzuschwärzen und seine Anhänger in einem Zu­stand permanenter Unterwerfung zu halten, und stellen somit eine Bedroh­ung der Zukunft des Islam dar. Diese Orientalisten sammeln danach Wissen über die orientalischen Völker nur, um sie besser beherrschen zu können; die meisten davon im Dienste des Imperialismus.

Drei weitere Faktoren müssen berücksichtigt werden, um das ansonsten verwirrende Schauspiel westlicher Wissenschaftler erklären zu können, den gesamten traditionellen Bericht über die Entstehung und den Aufstieg des Islam einfach so zu schlucken.

Erstens waren die modernen Apologeten des Islam – selbst in seiner fun­da­mentalistischen Spielart – christliche Wissenschaftler, die eine gemein­same Gefahr in bestimmten ökonomischen, philosophischen und sozialen Entwicklungen im Westen wahrzunehmen glaubten: den Aufstieg des Rationalismus, Skeptizismus, Atheismus und Säkularismus; die indus­trielle Revolution; die russische Revolution und den Aufstieg des Kom­mu­nismus und Materialismus. Sir Hamilton Gibb schreibt als Christ über den Islam als „derselben spirituellen Aufgabe verpflichtet“. 47 Aber sehen wir uns vor dem Skeptizismus vor: „Sowohl das Christentum als auch der Islam leiden unter dem Gewicht weltlichen Drucks, und unter dem Angriff wissenschaftlicher Atheisten und ähnlicher Leute“, klagt Norman Daniel.48

Daher auch die Tendenz unter christlichen Wissenschaftlern, eher unkritisch zu sein; eine Tendenz, nur ja keine muslimischen Freunde und Kolle­gen kränken zu wollen. Entweder gab es explizite Verteidigungs­schriften, wenn der Autor der Meinung war, dass etwas in muslimischen Augen Kränkendes vorlag, oder es wurden verschiedene Methoden gewählt, um den Eindruck der Parteilichkeit zu verhindern oder auch um der Beurteilung irgend eines gerade diskutierten Themas aus dem Wege zu gehen.

Christliche Wissenschaftler wie Watt, der episkopalischer geweihter Priester und Hilfsgeistlicher (curate) von St. Mary Boltons in London und Old St. Paul’s in Edinburgh und der einer der einflussreichsten Islam­wissenschaftler der letzten fünfzig Jahre in Großbritannien war, oder Sir Hamilton Gibb sahen Skeptizismus, Atheismus und Kommunismus als gemeinsamen Feind aller wahren Religion. Sie folgten Carlyle in seiner Hoffnung auf spirituelle Inspiration aus dem Osten. Dazu schrieb Watt:

„Islam – oder vielleicht sollte man eher sagen der Osten – hat die Tendenz, die göttliche Herrschaft überzubetonen, wohingegen im Westen dem Willen des Menschen zu viel Einfluss beigemessen wurde, vor allem in letzter Zeit. Beide sind vom wahren Pfad abge­wichen, wenn auch in verschiedenen Richtungen. Der Westen hat wahrscheinlich etwas in Bezug auf den Aspekt der Wahrheit zu lernen, der im Osten so klar wahrgenommen wird.“

An keiner Stelle seines Artikels Religion and Anti-Religion kann Professor Watt seine Verachtung für den Säkularismus verhehlen.

„Die Welle des Säkularismus und Materialismus ist im Abebben begriffen,“ bemerkt Watt mit Zustimmung, „die meisten ernsthaften Menschen im Nahen Osten werden sich der Schwere der Probleme der Gegenwart bewusst und sehen deshalb klar die Notwendigkeit einer Religion, die sie in die Lage versetzt, mit den Situationen fertig zu werden, die sich aus den Auswirkungen dieser Probleme auf ihr persönliches Leben ergeben.“ Watt diskutiert im Weiteren die Ar­beit von Manfred Halpern, der „von der Muslimbrüderschaft in Ägypten, Syrien und anderswo – zusammen mit Bewegungen wie den Fida’i­yan-i-Islam in Persien und den Khaksars und Jama’at-i Islam in Pakis­tan als von neo-islamischem Totalitarismus spricht, und der auf ihre Ähnlichkeiten mit dem Faschismus einschließlich des Natio­nal­­sozialismus unter Adolf Hitler aufmerksam macht. Von einem rein politischen Standpunkt aus mag dies gerechtfertigt sein, und die Ähn­lichkeiten existieren wirklich. Aus größerer Perspektive betrach­tet ist diese Charakterisierung aber irreführend. Es stimmt zwar, dass diese Bewegungen bisweilen ‚sich darauf konzentrieren, Leidenschaft und Gewalt zu mobilisieren, um die Macht ihrer charismatischen Führer zu vergrößern und die Solidarität der Bewe­gung zu stärken…‘, und dass ‚sie die Werte und Gefühle der heldenhaften Vergangenheit vertreten, andererseits aber die kritische Analyse sowohl der Wurzeln in der Vergangenheit, als auch der gegen­wär­tigen Probleme unterdrücken…‘. Trotzdem wiegen weder ihre politi­sche Unfähigkeit noch selbst ihr Versagen schwerer als ihre positive Bedeutung als Wiederbeleber der Religion … Die neo-islamischen Massen­bewegungen sind weit davon entfernt, mit dem National­sozialismus oder dem Faschismus gleichbedeutend zu sein, und bilden wahrscheinlich eher einen wichtigen Damm gegen eine solche Entwicklung.“ 49

Watts wunderbar beschönigender Ausdruck für Faschismus lautet „politi­sche Unfähigkeit (political ineptitude)“; und von uns wird verlangt, bei diesem Faschismus wegzuschauen und stattdessen „seine positive Bedeu­tung als Wiederbeleber der Religion (positive significance as marking a resurgence of religion)“ zu bewundern. Watts Unterstützung für das, was Amir Taheri „Heilige Terroristen“ nennt, ist schon ein Nachdenken wert. Es darf nicht vergessen werden, dass die Muslimbrüder eine Terroristen­organisation waren, deren Gründer kein Geheimnis aus seiner Bewunde­rung für Hitler und Mussolini machte. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verübten Hassans Muslimbrüder eine Serie von Angriffen auf zivile Ziele: In Kinos, Hotels und Restaurants wurden Bomben gelegt oder sie wurden angezündet, Frauen, die sich nicht vorschriftsgemäß kleideten, wurden mit Messern angegriffen. Es gab auch eine Reihe von Ermordungen. Man traut seinen Augen kaum: von uns wird allen Ernstes erwartet, dies im Namen der Wiederbelebung der Religion zu übersehen.

Watt offenbart noch beunruhigendere Eigenschaften – ein Misstrauen gegen den Intellekt und eine Ablehnung der Wichtigkeit historischer Objek­tivität und Wahrheit:

„Diese Betonung der Historizität hat jedoch als Begleiterscheinung eine Geringschätzung von Symbolen im Gefolge; und es könnte sein, dass letztendlich ‚symbolische Wahrheit‘ wichtiger ist als ‚historische Wahrheit'“. 50

In „Introduction to the Quran“ scheint Watt eine sehr heikle Auffassung des Begriffes Wahrheit zu haben – objektive Wahrheit wird sogar völlig zuguns­ten eines totalen Subjektivismus fallengelassen:

„ … die Gedankengebäude, denen Juden, Christen, Muslimen, Bud­dhis­ten und andere folgen, sind alle insoweit wahr, als sie die Men­schen in die Lage versetzen, eine mehr oder weniger befriedigende ‚ganzheitliche Lebenserfahrung‘ zu machen. Soweit wir beobachten können, ist keins der großen Systeme spürbar einem der anderen unter- oder überlegen. Jedes ist daher wahr. Speziell der Quran ist in diesem Sinne wahr. Die Tatsache, dass die koranische Vorstellung der Einheit Gottes der christlichen Gottesvorstellung zu wider­sprechen scheine, bedeutet nicht, dass eines der beiden Systeme falsch sei, noch dass eine der beiden Vorstellungen falsch sei. Jede Vorstellung ist insoweit wahr, als sie Teil eines Systems ist, das wahr ist. Insoweit wie irgendeine Vorstellung in einem System der all­gemein akzeptierten Lehrmeinung der Wissenschaft widerspricht – oder der Geschichte, soweit sie objektiv ist – wirft dieser Wider­spruch für die Anhänger des Systems Probleme auf, aber er beweist nicht, dass das System als Ganzes einem der anderen unterlegen ist. Das heißt, dass die koranische Behauptung, die Juden hätten Jesus nicht getötet, nicht beweist, dass das koranische System dem christ­lichen System unterlegen ist, selbst unter der Bedingung, dass die Kreuzigung ein objektives Faktum darstellt.“ 51

In diesem auf überraschende Weise intellektuell unehrlichen Abschnitt vollführt Watt alle möglichen geistigen Verrenkungen mit dem Bemühen, es nur ja jedem recht zu machen und niemand auf die Füße zu treten. Abgesehen von dem Problem der Schwammigkeit seiner Terminologie – Begriffe wie „ganzheitliche Lebenserfahrung (experience of life as a whole)“, „Begriff (conception)“, „koranisches System (Quranic system)“ – können wir jetzt verstehen, was zu verstehen wir zu Beginn dieser Untersuchung uns zum Ziel gesetzt hatten, nämlich warum britische Islamwissenschaftler so unkritisch dem Islam gegenüber sind.

„Den nicht-muslimischen Wissenschaftler“, fährt Watt fort, „betrifft keine der Fragen der letztendlichen Wahrheit, denn diese kann – wie behauptet wurde – nicht vom Menschen erlangt werden. Er nimmt die Wahrheit an [Hervorhebung durch den Verf. (I.W.)], in dem gerade erläuterten relativen Sinne des koranischen Gedanken­systems.“

Unter solchen Bedingungen wird ein Wissenschaftler wohl kaum jemals irgendjemandes „Glaubenssystem (belief system)“ gegenüber kritisch eingestellt sein, solange dieses nur dessen „spirituelle Bedürfnisse“ befriedigt.

Die oben am Beispiel von Watt exemplifizierte Haltung wurde auf brilliante Weise von Julien Benda in seinem Klassiker „Betrayal of the Intellectuals (Verrat der Intellektuellen)“ entlarvt und attackiert. Er schrieb:

„Aber moderne ‚Schreiberlinge‘ [Intellektuelle] haben die universelle Wahrheit als menschenverachtend hingestellt, ebenso wie unverselle Moral. Hier haben die ‚Schreiberlinge“ Genialität darin bewiesen, wie man den Wünschen des Laien entgegenkommen kann. Es ist offensichtlich, dass die Wahrheit ein großes Hindernis für jene dar­stellt, die sich selbst gerne als anders als alle anderen sehen; aber genau in dem Moment, in dem sie Wahrheit akzeptieren, sind sie dazu verurteilt, sich ihrer selbst als Teil des Universellen bewusst zu werden. Was für eine Freude für sie, wenn sie erfahren, dass dieses Universelle ein reines Phantom ist, dass es nur jeweilige Wahrheiten – lothringische, provenzalische, britannische – gibt, deren Harmoni­sierung im Laufe von Jahrhunderten begründet, was nützlich, ach­tens­wert und wahr in Frankreich ist.“ 52

Watt würde hinzufügen „eine muslimische Wahrheit, eine christliche Wahrheit“ und so weiter; oder wie er es in Islamic Revelation ausdrückte:

„Jede [große Religion] ist in einer bestimmten kulturellen Region gültig, aber nicht darüber hinaus.“ 53

Die sentimentale ökumenische Tradition, die von Wissenschaftlern wie Watt und Gibb etabliert wurde, hält bis heute an. Wir können die allmähliche Einführung dieser Tradition in die Seiten der Zeitschrift The Muslim World verfolgen, die im Jahre 1911 gegründet wurde [Originaltitel The Moslem World], um die Arbeit christlicher Missionare im Nahen Osten zu unterstützen. Seit 1938 wird sie vom Hartford Seminar herausgegeben. Die ersten Ausgaben der Zeitschrift waren höchst kritisch gegenüber ver­schiedenen Aspekten des Islam – die Beschreibung des Islam als Totali­tarismus, die in einem Band von 1937 erschienen war, wurde bereits zitiert. Der erste Herausgeber war ein engagierter Christ und beachtenswerter Wissenschaftler, Samuel Zwemer [1867-1952]. Im Jahre 1929 wurde er zum Missionsprofessor und Professor für Religions­geschich­te am theologischen Seminar von Princeton ernannt, wo er bis 1951 lehrte. Er verfügte über annähernd perfekte Arabischkenntnisse und eine gründ­liche Kenntnis des Koran und wurde oft bezeichnet als der „Missionar mit dem Löwenherz, der versuchte, die Muslime mit ihren eigenen Schriften und unter Benutzung der Bibel durcheinanderzubringen.“ 54

In den späten 40er Jahren jedoch begann die Zeitschrift, dem Islam gegenüber sehr wohlwollende Artikel zu veröffentlichen, und bereits in den 50er Jahren waren seine Seiten von Wissenschaftlern vom Schlage eines Watt dominiert. Mittlerweile wird es gemeinschaftlich von einem Muslim und einem Christen herausgegeben – Muslime zum Übertritt zum Christen­tum zu bewegen gilt unter liberalen Christen nicht mehr als respektabel. Dagegen verbiegen sie sich, um Muslimen entgegen zu kommen – so zum Beispiel, indem sie alle Christen dazu aufrufen, das Wort „Allah“ statt „Gott“ zu verwenden 55: großzügige Gesten, denen auf muslimischer Seite nichts gegenüber steht.

Um auf die Gegenwart zu kommen, muss der Fall von John Esposito, eines Katholiken und Professors für Internationale Beziehungen und islami­sche Studien (International Affairs and Islamic Studies) an der Georgetown University Erwähnung finden. Er ist außerdem Direktor des Prince Alwaleed Bin Talal Center for Muslim-Christian Understanding an derselben Universität. Als er an der Temple University studierte, geriet Esposito unter den Einfluss des Islamisten Ismail R. Faruqi, eines „palästinensischen pan-Islamisten und Theoretikers der ‚Islamisierung des Wissens‘, um den herum eine Art Personenkult entstanden war.“ 56 Esposito versuchte, Islam und Islamismus in westlichen Kategorien darzustellen, in der Hoffnung, da­durch zu einer im Westen beiden gegenüber wohlwollenderen Haltung beizutragen.

„Warum soll man islamische Bewegungen nicht in die Kategorie der po­litischen Teilnahme oder gar der Demokratisierung ein­­ordnen?“ 57

Esposito behauptete als nächstes, dass islamische Bewegungen nichts ande­res seien als Bewegungen der demokratischen Reform! Es sei nichts als schieres „orientalistisches“ Vorurteil, das Menschen aus dem Westen davon abhalte, dies zu sehen. Esposito schrieb weiter, dass Amerikaner „ihre enge, ethnozentrische Konzeptualisierung von Demokratie transzendieren müss­ten“, um die islamische Demokratie verstehen zu können, die mög­licher­weise effektive Systeme der [Macht]teilhabe des Volkes schaffen könn­te, wenn auch auf andere Weise als das Modell Westminster oder das amerikanische Modell. 58

Esposito und sein enger Mitarbeiter John Voll behaupteten mit großer Zuversicht, dass jeder islamistische Staat und jede Bewegung entweder demo­kratisch oder zumindest potentiell demokratisch sei. John Voll er­schien 1992 zu einer Anhörung vor einem Kongressausschuss, wo er zu­guns­ten des Sudan ein Pladoyer hielt, eines Landes, das Kramer treffend als „Ort ohne politische Parteien, regiert von einer Militärjunta im Bunde mit einem islamistischen Ideologen“ beschrieb. Für Voll war das Regime des Sudan die „Bemühung, ein auf Konsens eher als auf Konflikt basierendes Format für politische Teilhabe zu schaffen“, und seiner Meinung nach

„ist es nicht möglich, selbst wenn man ausschließlich westliche poli­ti­sche Erfahrung als Grundlage seiner Definition nimmt, zu behaupten, dass ein System, in dem es keine zwei Parteien gibt, nicht demokratisch sei.“ 59

Martin Kramer fasst Volls groteske Verteidigung des Islamismus folgender­maßen zusammen:

„So wurden amerikanische Kongressabgeordnete vom gewählten Präsidenten der MESA [Middle East Studies Association] darüber belehrt, dass ein Land ohne politische Parteien, das von einem durch einen Putsch zum Präsidenten gewordenen General regiert wird, heimgesucht von Bürgerkrieg, mit einem Pro-Kopf-Einkommen von $ 200, irgendwie doch noch als Demokratie durchgehen kann. Dies war keine absichtliche Selbstparodie; es war lediglich Espositos Logik ad absurdum weitergedacht.“ 60

Nur einige Monate vor dem 11. September schrieb Esposito:

„wenn man nur Usama bin Laden ins Blickfeld nimmt, riskiert man, einen der vielen Quellen des Terrorismus in die Mitte der Bühne zu katapultieren, wobei sowohl die verschiedenartigen internationalen Quellen, als auch die Bedeutung eines Mannes verzerrt werden.“

Noch früher hatte er vorhergesagt, dass die 1990er Jahre

„ein Jahrzehnt neuer Allianzen und Bündnisse sein würden, in dem die islamischen Bewegungen ihre Gesellschaften und den Westen eher herausfordern als bedrohen würden.“

Im Jahre 1994 behauptete er, dass Hamas, die palästinensische Terror­gruppe, nur eine auf die Gemeinde fokussierte Gruppe sein, die sich um „die Produktion von Honig und Käse und die Herstellung von in Heimarbeit gefertigter Kleidung“ kümmere. In dem Aufruf zum Jihad des Vorsitzenden der palästinensischen Verwaltung, Yasir Arafat, konnte er nichts Böses erkennen und verglich ihn mit einer „Alphabetisierungs­kampagne“.

Nach dem 11. September machte sah er als Hauptverantwortlichen die Vereinigten Staaten selbst:

„Der 11. September hat jedem bewusst gemacht, dass die Vernach­lässigung von den Problemen, um die es hier geht, wie Toleranz und Pluralismus, katastrophale Auswirkungen hat.“

Auf noch schändlichere Weise weigert sich Esposito anzuerkennen, dass die Anwendung der Shari’a, des islamischen Rechts, unvermeidlich zu einer totalitären Gesellschaft führt, wie im ehemals von den Taliban beherrschten Afghanistan, dem heutigen Iran, Saudi-Arabien und dem Sudan. Nach Freedom House gehören diese Länder zu den schlimmsten Verletztern der Menschenrechte. Des weiteren ist jedes dieser Länder mit dem Export des internationalen Terrorismus in Verbindung gebracht worden. Und trotz­dem schreibt Esposito, dass

„entgegen den von einigen vorgebrachten Ratschlägen die Vereinig­ten Staaten nicht prinzipiell gegen die Einführung des isla­mi­schen Rechtes oder die Beteiligung islamistischer Aktivisten in der Regie­rung Einwände erheben sollten.“ 61

Ein zweiter Faktor, der zu der apologetischen Haltung von Islam­wissen­schaftlern führt, ist saudisches Geld, dass westlichen Universitäten zuge­führt wird. Im Dezember 2005 gab Prinz Al-Waleed bin Talal bin Abdul Aziz Al Saud, der Enkel von Abdul Aziz Al Saud, dem Gründer des saudischen Königreiches, den Universitäten Georgetown und Harvard je­weils 20 Millionen Dollar. Anthony Glees62 hat dargelegt, dass acht britische Universitäten einschließlich Oxford und Cambridge insgesamt 233,5 Millio­nen britische Pfund von Saudi-Arabien erhalten haben. Prof. Glees stellte die Behauptung auf, dass die Verbreitung einseitiger Sichtweisen des Islam und des Nahen Ostens an Universitäten gleichbedeutend mit antiwestlicher Propaganda sei. In Glees Worten:

„Die britischen Universitäten werden zwei nationale Kulturen schaf­fen müssen: eine nicht-muslimische und größtenteils säkulare und eine muslimische. Wir werden zwei Identitäten haben, zwei Loyalitä­ten und zwei juristische und politische Systeme. Das muss, nach der eigenen Logik der Regierung, das Terrorismusrisiko erheblich erhöhen.“63

In einem Bericht des britischen Guardian wurde Dr. Denis MacEoin, Islam­experte an der Newcastle Universität, zitiert. Akademiker seien nervös, wenn es darum ging, Themen zu behandeln, die ihre Sponsoren verstören könnten:

„‚Es gehört zur allgemeinen Überzeugung, dass nur Muslime den Islam lehren könnten, was im akademischen Kontext völlig falsch ist. Es würde in kurzer Zeit die Möglichkeit einer echten akademischen Debatte aufheben.‘ Weiter führte er an, dass eine wachsende Anzahl von Studenten mit einem salafitischen (sehr traditionell-islamischen) Hintergrund Islamische Studien als Fach wähle und an einer ‚echten kritischen akademischen Debatte‘ Anstoß nehmen könnte‘. Er warn­te: ‚Dies bedroht die akademische Freiheit und das kritische Denken.'“64

Dr. MacEoin wurde vor vielen Jahren von seiner Universitätsstelle ent­las­sen, weil seine Ideen für die Saudis, die die Islamische Abteilung finan­zieren, nicht akzeptabel war.65

Der dritte Faktor, der die kritische Untersuchung des Koran und der gesamten Islamischen Tradition verhindert, ist die Präsens islamischer Kollegen an Universitäten überall in der westlichen Welt. Wahrscheinlich begann diese Entwicklung in den 1960er Jahren, als westliche Universiti­täten auf der Suche nach Mannigfältigkeit (im Englischen das Schlagwort: diversity) damit begann, Muslime zu Lehrern des Islam zu ernennen – als ob nur Muslime dazu genügend qualifiziert seien. Einige von ihnen bewiesen Kompetenz und wissenschaftliche Strenge, aber auch viele dieser muslimi­schen Hochschullehrer waren leider inkompetent und bekamen früh eine Lebensstellung trotz der Dürftigkeit ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Heute üben sie eine enorme Macht in diesen Universitäten aus und die Fakultäts­leitungen haben eine Heidenangst, Staub aufzuwirbeln, indem sie ihren musli­mischen Kollegen auf die Füße treten. Diese ihrerseits können schamlos lokale Imame mobilisieren, die dann schlechte Publicity erzeugen, wenn beispielsweise die islamwissenschaftliche Abteilung versucht, einen Wissenschaftler wie Christoph Luxenberg einzuladen. Prof. Joseph Hoff­mann hatte ursprünglich den Plan, an einer bekannten Divinity School im Os­ten der Vereinigten Staaten eine Konferenz abzuhalten, die einen skepti­schen Blick auf die Quellen und Schriften der drei abrahamitischen Religio­nen werfen sollte. Diesen Gedanken musste er aber wegen der Feindseligkeit ei­nes muslimischen Fakultätsmitglieds aufgeben (Die Konferenz fand schließ­lich 2007 an der Westküste statt).

Die bedauerliche Folge ist, dass Wissenschaftler nicht mehr ihre Arbeit auf ehrliche Weise tun können. Ein Wissenschaftler, der über kürzlich ent­deckte Koranmanuskripte arbeitete, zeigte einem angesehenen Kollegen, einem Koranexperten, einige seiner beunruhigenden Schlussfolgerungen. Der letztere fragte nicht „Welche Beweismittel liegen vor, was sind Ihre Argumente, ist das wahr?“ Der Kollege warnte ihn nur einfach, dass seine These nicht akzeptabel sei, da sie Muslime verstören könne.

Unser Recht auf Erforschung des Islam, auf die Erklärung seines Auf­stiegs und Niedergangs mit Hilfe der normalen Mechanismen menschlicher Geschichte und gemäß den objektiven Standards historischer Methodologie – dieses Recht muss von westlichen Wissenschaftlern unbeirrbar verteidigt werden.

Demokratie hängt von Gedankenfreiheit und freier Diskussion ab. Das Konzept der Unfehlbarkeit ist zutiefst undemokratisch und unwissenschaft­lich. Es ist eine Perversität westlicher Medien, immer wieder das Fehlen einer islamischen Reformation zu beklagen und mutwillig Bücher wie das von Anwar Shaikh: Islam – The Arab Imperialism – oder das von mir verfasste Why I am Not a Muslim zu ignorieren. Wie glauben sie denn, soll es jemals zu einer Reformation kommen, wenn nicht durch Kritik?

1 „modern historians are not interested in the truth and falsehood of the religion they study at all. They study religions as historical factors shaped by their environment and acting back on it in turn, much as scientists study the formation of dust clouds or the evolution of plants. Religious beliefs shape the world they interact with, whether the person studying them happens to share them or not; all that matters is what they meant at the time, not what they mean now“.

2 „[Historians] have no intention of making the Muslim house come down, nor indeed could they even if they did. Religion does not belong in the domain open to proof or disproof by scholarship or science“.

3 „It is prefectly true that some of various academic theories about the origins of Islam are radical. But it would be wrong to suggest that they ‚prove‘ the traditional Islamic account of the beginnings of the religion to be false. They don’t. Neither, so far as I know, do the early Koranic fragments found in Yemen prove anything like that. They are exciting to experts, they scatter a few apples over the cobbles, but they don’t upset the apple-cart. In any case, it is hard to see why academic theories about the origins of Islam should be any more ‚devastating‘ than theories about Jesus have been to Christianity. Academic work does occasionally enliven the halls of learning, but it doesn’t devastate world religions. They don’t play in the same league“.

4 „… the academic consensus and demolish deference to the Muslim view of things, thus making it possible to propose radical alternative hypotheses for the origins of Islam“.

5 Ibn al-Rawandi. Origins of Islam: A Critical Look at the Sources, in The Quest for the Historical Muhammad, ed. Ibn Warraq, Amherst: Prometheus Books, 2000, S. 95.

6 „the sceptical approach of Dr. John Wansbrough to the historicity of the Islamic tradition . . . the theory of Islamic origins set out in this book would never have occurred to us“.

7 „not one which any believing Muslim can accept: not because it in any way belittles the historical role of Muhammad, but because it presents him in a role quite different from that which he has taken on in the Islamic tradition. This is a book written by infidels for infidels, and it is based on what from any Muslim perspective must appear an inordinate regard for the testimony of infidel sources“.

8 „Virtually all accounts of the early development of Islam take it as axiomatic that it is possible to elicit at least the outlines of the process from the Islamic sources. It is however well known that these sources are not demonstrably early. There is no hard evidence for the existence of the Koran in any form before the last decade of the seventh century, and the tradition which places this rather opaque revelation in its historical context is not attested before the middle of the eighth. The historicity of the Islamic tradition is thus to some degree problematic: while there are no cogent internal grounds for rejecting it, there are equally no cogent external grounds for accepting it. In the circumstances it is not unreasonable to pro­ceed in the usual fashion by presenting a sensibly edited version of the tradition as historical fact. But equally, it makes some sense to regard the tradition as without determinate historical content, and to insist that what purport to be accounts of religious events in the seventh century are utilizable only for the study of religious ideas in the eighth. The Islamic sources provide plenty of scope for the implementation of these different approaches, but offer little that can be used in any decisive way to arbitrate between them. The only way out of the dilemma is thus to step outside the Islamic tradition altogether and start again.“

9 „It is hardly fair to characterise western Koran scholarship as neo-colonial given that western academics subject Christianity to far more rigorous- frequently destructive-examination….Perhaps Islam could do with a [Pope] John XXIII and some liberation theology.“

10 „As a document susceptible of analysis by the instruments and techniques if Biblical criticism [the Koran] is virtually unknown. The doctrinal obstacles that have traditionally impeded such investigation are, on the other hand, very well known. Not merely dogmas such as those defining scripture as the uncreated Word of God and acknowledging its formal and substantive inimitability, but also the entire corpus of Islamic historiography, by providing a more or less coherent and plausible report of the circumstances of the Quranic revelation, have discouraged examination of the document as representative of a traditional literary type“, John Wansbrough, Quranic Studies (Oxford, 1977), S. ix..

11 „. . . I have often encountered individuals who come to the study of Islam with a background in the historical study of the Hebrew Bible or early Christianity, and who express surprise at the lack of critical thought that appears in introductory textbooks on Islam. The notion that „Islam was born in the clear light of history“ still seems to be assumed by a great many writers of such texts. While the need to reconcile varying historical traditions is generally recognized, usually this seems to pose no greater problem to the authors than having to determine „what makes sense“ in given situation. To students acquainted with approaches such as source criticism, oral formulaic composition, literary analysis and structuralism, all quite commonly employed in the study of Judaism and Christianity, such naive historical study seems to suggest that Islam is being approached with less than academic candour.“, Andrew Rippin, Muslims. Their Religious Beliefs and Practices, Vol. 1: The Formative Period (London, 1991), S. ix.

12 „In spite of huge advances in biblical scholarship, Ann Widdicombe [a Conservative Member of the British Parliament] can still assert in her review of [the book] Mary: The Unauthorized Biography, that St.John’s Gospel is an eyewitness account of the life of Christ. Most scholars reject such a view. Martin Bright’s report is welcome evidence that scholarly investigation of the origins of Islam is beginning the long and painful path trodden by Christian theologians‘ inquiry into our sacred texts. Widdicombe’s acceptance of the literalist view of the gospels is till widely held by many sitting in church pews, even though the clergy have been taught otherwise for 50 years or more“.

13 „The impact of the Yemeni manuscripts is still to be felt. Their variant readings and verse orders are all very significant. Everybody agrees on that. These manuscripts say that the early history of the Koranic text is much more of an open question than many have suspected: the text was less stable, and therefore had less authority,than has always been claimed.“, Toby Lester, What is the Koran? in What the Koran Really Says, ed. Ibn Warraq, Amherst: Prometheus Books. 2002, S. 109-110.

14 „To historicize the Koran would in effect delegitimize the whole historical experience of the Muslim community. The Koran is the charter for the community, the document that called it into existence. And ideally-though obviously not always in reality-Islamic history has been the effort to pursue and work out the commandments of the Koran in human life. If the Koran is a historical document, then the whole Islamic struggle of fourteen centuries is effectively meaningless.“, ebendoa S. 110.

15 „has the profoundest of implications for religious belief in general and Christian belief in particular“, Van Harvey. The Historian and the Believer. Toronto, Ontario: The Macmillan Company, 1966, S. xii.

16 „one of the great advances in human thought; indeed, that it presupposed a revolution in the consciousness of Western man“, Van Harvey. Op.cit., S. 3-4; die Zitate von Troeltsch wurden aus dem Englischen rückübersetzt.

17 „whether or not something actually happened; whether it happened in the way it is told or in some other way“, Van Harvey, op.cit, S. 4.

18 „Once the historical method is applied to Biblical science and church history, it is a leaven that alters everything and, finally, bursts apart the entire structure of theological methods employed until present“.

19 „the phenomena of man’s historical life are so related and interdependent that no radical change can take place at any one point in the historical nexus without effecting a change in all that immediately surrounds it. Historical explanation, therefore, necessarily takes the form of understanding an event in terms of its antecedents and consequences, and no event can be isolated from its historically conditioned time and space“, Van Harvey, op.cit., S. 14-15.

20 „no event could be regarded as a final revelation of the absolute spirit, since every manifestation of truth and value was relative and historically conditioned. Troeltsch believed that ‚history is no place for absolute religion and absolute personalities‘ „. F.H.Bradley and Marc Bloch made the same point when they postulated that among the presuppositions of critical history were (1) the uniformity of nature and (2) the causal connection. Bloch wrote that all history assumes that „the universe and society possess sufficient uniformity to exclude the possibility of overly pronounced deviations“, Van Harvey, op.cit., S. 29-30.

21 „the universe and society possess sufficient uniformity to exclude the possibility of overly pronounced deviations“. Marc Bloch. The Historian’s Craft, übersetzt von Peter Putnam, Manchester: Manchester University Press, 1954, S. 115, zitiert aus: Van Harvey, op.cit., S. 71.

22 Es gibt eine amüsante Geschichte von Bret Harte [1836-1902], die meines Wissens in einem Klassenzimmer in den 1850ger Jahren in einer Bergarbeiter­stadt in Kalifornien spielt. Ein ruhiges, braves Kind namens Clytie wird aufgefordert, aus einem Buch mit biblischen Geschichten vorzulesen: „Clytie schaute seinen Lehrer an und der Lehrer nickte. Dann sprach Clytie leise: ‚Josua befahl der Sonne stillzustehen, und sie gehorchte ihm‘. Im Klassenzimmer folgte das leises Dröhnen von Applaus, auf dem Gesicht von McSnagley ein trium­phieren­der Ausdruck, auf dem des Lehrers ein ernsthafter und ein komischer Blick der Enttäuschung, der als Spiegelung im Fenster zu sehen war. M’liss überflog schnell ihre Astronomie und klappte mit einem lauten Knall das Buch zu. McSnagley ächzte auf, darauf der Ausdruck von Überraschung aus dem Klassenzimmer und ein Schrei von den Fenstern, als M’liss ihre rote Faust auf das Pult schlug und dabei mit allem Nachdruck erklärte: „Es ist eine verdammte Lüge. Ich glaube es nicht!“. Bret Harte.The Luck of Roaring Camp and Other Tales, Boston and New York: Houghton Mifflin Company, 1920, S. 269

23 „It seems impossible to put a limit on the number of sciences history does presuppose“, zitiert aus Van Harvey, op.cit., S.81.

24 Van Harvey, op.cit., S. 39.

25 „Spinoza and Spinozism were in fact the intellectual backbone of the European Radical Enlightenment everywhere, not only in the Netherlands, Germany, France, Italy, and Scandinavia but also Britain and Ireland.“, ebenda, S. vi.

26 „ … Spinoza offers an elaborate theory of what religion is, and how and why religion construes the world as it does, creating a new science of contextual Bible criticism. Analyzing usage and intended meanings, and extrapolating from context, using reason as an analytical tool but not expecting to find philosophical truth embedded in Scriptural concepts.“, ibid., S. 202

27 [ideas such] „as ideas such as the identification of God with the universe, the rejection of organized religion , the abolition of Heaven and Hell , together with reward and punishment in the hereafter, a morality of individual happiness in the here and now, and the doctrine that there is no reality beyond the unalterable laws of Nature, and consequently, no Revelation, miracles or prophecy“, Jona­than I. Israel. Radical Enlightenment. Philosophy and the Making of Modernity 1650-1750. New York: Oxford University Press, 2001. S. 296

28 „if the historian permits his authorities to stand uncriticized, he abdicates his role as critical historian. He is no longer a seeker of knowledge but a mediator of past belief; not a thinker but a transmitter of tradition“, Van Harvey, op.cit., S. 41-42.

29 „History has this in common with every other science: that the historian is not allowed to claim any single piece of knowledge, except where he can justify his claim by exhibiting to himself in the first place, and secondly to any one else who is both able and willing to follow his demonstration, the grounds upon which it is based“, R.G.Collingwood. The Idea of History. Oxford: Oxford University Press, 1946, S. 252, zitiert aus Van Harvey, op.cit., S. 44.

30„whose publications and private correspondence flaunt bigotry and prejudice of a level [that was]…highly offensive“, Lawrence I. Conrad, „Ignaz Goldziher on Ernest Renan: From Orientalist Philology to the Study of Islam,“ The Jewish Discovery of Islam, M. Kramer (Hrsg.), (Tel Aviv: the Moshe Dayan Center for Middle Eastern and African Studies, 1999), S. 167.

31 „holy contempt for Islam, for its ‚delusive glory‘ and its works, for its ‚dissembling‘ and ‚lascivious‘ Prophet“, M. Rodinson, „A Critical Survey of Modern Studies on Muhammad,“ in Studies on Islam, ed. M. Swartz (New York, 1981), S. 24.

32 „whatever his motives and style . . . has never been refuted“, F. E.Peters, „The Quest of the Historical Muhammad,“ International Journal ofMiddle East Studies 23 (1991): S. 291-315.

33 Lawrence I. Conrad, „Abraha and Muhammad Some Observations Apropos of Chronology and Literary Topoi in the Early Arabic Historical Tradition,“ Bulletin of the School of Oriental African Studies 1 (1987): S. 225.

34 „colossal efforts at demolishing also had constructive results. They have forced us to be much more highly demanding of our sources. With the traditional edifice of history definitively brought down, one could now proceed to the reconstruction“, M. Rodinson, „A Critical Survey of Modern Studies on Muhammad,“ in Studies on Islam, ed. M. Swartz (New York, 1981), S. 24-26.

35 Im englischen Original ist als Quelle angegeben: A. Schweitzer, The Quest of the Historical Jesus, trans. W. Montgomery (London, 1945), S. 4- 5, der Text lautet: „For hate as well as love can write a Life of Jesus, and the greatest of them are written with hate: that of Reimarus, the Wolfenbuttel Fragmentist, and that of David Friedrich Strauss. . . . And their hate sharpened their historical insight. They advanced the study of the subject more than all the others put together. But for the offense which they gave, the science of historical theology would not have stood where it does to-day“; in der Über­setzung wurde der deutsche Wortlaut von Albert Schweitzer übernommen aus: Geschich­te der Leben-Jesu-Forschung, 9. Aufl., Nachdruck der 7. Aufl., Tübingen 1984, S. 48.

36 Reprinted in The Quran As Text, hrsg. Stefan Wild (Brill, Leiden, 1996).

37 Mohammed Arkoun, Rezension von The Quran As Text, in Arabica 45, Nr. 2 (Juli 1998): S. 274-75.

38 „In this way the anticolonialist left, whether Christian or not, often goes so far as to sanctify Islam and the contemporary ideologies of the Muslim world. . . . A historian like Norman Daniel has gone so far as to number among the conceptions permeated with medievalism or imperialism, any criticisms of the Prophet’s moral attitudes, and to accuse of like tendencies any exposition of Islam and its characteristics by means of the normal mechanisms of human history.Understanding has given way to apologetics pure and simple“, M. Rodinson, „The Western Image and Western Studies of Islam,“ in The Legacy of Islam, hrsg. J. Schacht and C. E. Bosworth (Oxford, 1974), S. 59.

39„a necessary reaction against an understanding of a text in terms that were too often foreign to the text, and a tendency to isolate themes from the religiGeous context to which they belong-tendencies which were characteristic of the nineteenth century. However, the historian must occasionally ask himself if the reaction has not gone too far. Some of the methods of this school of thought must be a matter of concern to historians. To study the internal logic of a faith and to show respect are very legitimate objectives. The scholar has a perfect right to attempt to re-experience within himself the ‚fire‘ and the exigencies of the religious consciousness under study. However, the elements that comprise a coherent system could indeed have derived from a variety of very different sources and might well have played an entirely different role in other systems. (…) Respect for the faith of sincere believers cannot be allowed either to block or deflect the investigation of the historian. (…)One must defend the rights of elementary historical methodology, M. Rodinson, A Critical Survey of Modern Studies on Muhammad, S. 57 (mit Hervorhebungen des Autors).

40 G. Luling, „Preconditions for the Scholarly Criticism of the Koran and Islam, with Some Autobiographical Remarks,“ in The Journal of Higher Criticism 3 (Spring 1996): S. 73-109

41 See, for example, R. B. Serjeant’s review of Wansbrough’s Quranic Studies, JRAS (1978): S. 76-78.

42 „historical approximation process, it inevitably undermines what R. G. Collingwood argued was the fundamental attribute of the critical historian, skepticism regarding testimony about the past“, R. Joseph Hoffmann and G. A. Larue, eds., Jesus in History and Myth, Amherst, N.Y.: Prometheus Books, 1986, S. 199.

43 „…[We] may, indeed, we must study the history of Atlantic slavery and expose this great shame in the history of the Western world and the Americas north and south, in all its horror. This is a task which falls upon us as Westerners and in which others may and should and do join us. In contrast, however, even to mention -let alone discuss or explore – the existence of slavery in non-Western societies is denounced as evidence of racism and of imperialistic designs.The same applies to other delicate topics as polygamy, autocracy, and the like. The range of taboos is very wide“, B.Lewis , Other People’s History in Islam and the West , New York: Oxford University Press 1993. S.123.

44 „There was a time when scholars and other writers in communist eastern Europe relied on writers and publishers in the free West to speak the truth about their history, their culture, and their predicament. Today it is those who told the truth, not those who concealed or denied it, who are respected and welcomed in these countries. Historians in free countries have a moral and professional obligation not to shirk the difficult issues and subjects that some people would place under a sort of taboo; not to submit to voluntary censorship, but to deal with these matters fairly, honestly, without apologetics, without polemic, and, of course, competently. Those who enjoy freedom have a moral obligation to use that freedom for those who do not possess it. We live in a time when great efforts have been made, and continue to be made, to falsify the record of the past and to make history a tool of propaganda; when governments, religious movements, political parties, and sectional groups of every kind are busy rewriting history as they would wish it to have been, as they would like their followers to believe that it was. All this is very dangerous indeed, to ourselves and to others, however we may define otherness- dangerous to our common humanity. Because, make no mistake, those who are unwilling to confront the past will be unable to understand the present and unfit to face the future“, ebenda, S. 130

45 Bruce Lincoln, Theses on Method, in Method & Theory in the Study of Religion vol. 8 (1996): S. 225-27.

46 Norman Cousins, ed. The Words of Albert Schweitzer. New York: Newmarket Press, 1966, S.19; im Text keine Rückübersetzung, sondern der originale Wortlaut Albert Schweizers.

47 „engaged in a common spiritual enterprise“, H.A.R.Gibb. Modern Trends in Islam. Chicago:University of Chicago Press, 1947.

48 „Both Christianity and Islam suffer under the weight of worldly pressure, and the attack of scientific atheists and their like“, Norman Daniel. Islam and the West. Edinburgh: Edinburgh University Press, 1960, S. 307.

49 William Montgomery Watt, Religion and Anti-Religion, in Religion in the Middle East: Three Religions in Conflict and Concord, ed. A.J.Arberry, Cambridge: Cambridge University Press, 1969, S. 625-627 (aus Platzgründen nur in Übersetzung).

50 „This emphasis on historicity, however, has as its complement a neglect of symbols; and it may be that ultimately ’symbolic truth ‚ is more important than ‚historical truth'“, William Montogomery Watt, Islamic Revelation in the Modern World, Edinburgh: Edinburgh University Press, 1969, S. 116.

51 „… the systems of of ideas followed by Jews, Christians, Muslims, Buddhists and others are all true in so far as they enable human beings to have a more or less satisfactory ‚experience of life as a whole‘. So far as observation can tell, none of the great systems is markedly inferior or superior to the others. Each is therefore true. In particular the Quran is in this sense true. The fact that the Quranic conception of the unity of God appears to contradict the Christian conception of God does not imply that either system is false, nor even that either conception is false. Each conception is true in that it is part of a system which is true. In so far as some conception in a system seems to contradict the accepted teaching of science- or, that of history in so far as it is objective – that contradiction raises problems for the adherents of the system, but does not prove that the system as a whole is inferior to others. That is to say, the Quranic assertion that the Jews did not kill Jesus does not prove that the Quranic system as a whole is inferior to the Christian, even on the assumption that the crucifixion is an objective fact“, William Montogomery Watt ,Introduction to the Quran Edinburgh: Edinburgh University Press, 1977, S. 183.

52 „But the modern ‚clerks‘ [intellectuals] have held up universal truth to the scorn of mankind, as well as universal morality. Here the ‚clerks‘ have positively shown genius in their effort to serve the passions of the laymen. It is obvious that truth is a great impediment to those who wish to set themselves up as distinct; from the very moment when they accept truth, it condemns them to be conscious of themselves in a universal. What a joy for them to learn that this universal is a mere phantom, that there exist only particular truths, ‚Lorrain truths, Provencal truths, Britanny truths, the harmony of which in the course of centuries con­stitutes what is beneficial, respectable, true in France“, Julien Benda The Betrayal of the Intellectuals, Boston: Beacon Press, 1955, S. 76-77; das englische „clerk“ hat mehrere Bedeutungen, angefangen von „Kanzleibeamter“, „Angestellter“ bis „Vorsteher“. Die Übersetzung „Schreiberling“ wurde gewählt, weil sie dem Tenor des Textes am ehesten zu entsprechen scheint.

53„Each [great religion] is valid in a particular cultural region, but not beyond that“, William Montogomery Watt, Islam and the Integration of Society, London: Routledge, Kegan and Paul, 1961, S. 278.

54Samuel Zwemer: http://en.wikipedia.org/wiki/Samuel_Marinus_Zwemer: Zugriff vom 15. November 2007.

55In August, 2007, Bishop of Breda, Tiny Muskens:

http://www.msnbc.msn.com/id/20279326/,

Zugriff vom 5. November 2010.

56 „Palestinian pan-Islamist and theorist of the ‚Islamization of knowledge‘, around whom had developed a personality cult“, Martin Kramer. Ivory Towers on Sand. The Failure of Middle Eastern Studies in America. Washington, D.C.: The Wsahington Institute for Near East Policy, 2001, S. 49.

57 „Why not place Islamist movements in the political category of participation, or even democratization?“, ebenda., S. 50

58 „[they] have to transcend their narrow, ethnocentric conceptualization of democracy to understand Islamic democracy that might create effective systems of popular participation, though unlike the Westminster model or the American system“, John Voll and John L.Esposito, „Islam’s Democratic Essence„, Middle East Quarterly 1, no.3 (September 1994) p.11, zitiert aus Martin Kramer. Ivory Towers on Sand. The Failure of Middle Eastern Studies in America. Washington, D.C.: The Washington Institute for Near East Policy, 2001, S. 50.

59 „It is not possible, even using exclusively Western political experience as basis for defintion, to state that if a system does not have two parties, it is not democratic“, zitiert aus: Martin Kramer. Ivory Towers on Sand. The Failure of Middle Eastern Studies in America. Washington, D.C.: The Wsahington Institute for Near East Policy, 2001, S. 50.

60 „And so American congressman were instructed by the president-elect of MESA [Middle East Studies Association] that a country with no political parties, presided over by a coup-plotting general, ridden by civil war, with a per capita gross domestic product of $200, still might qualify somehow as democracy. This was not deliberate self-parody; it was merely Esposito’s logic advanced ad absurdum.“, Martin Kramer. Ivory Towers on Sand. The Failure of Middle Eastern Studies in America. Washington, D.C.: The Wsahington Institute for Near East Policy, 2001, S. 50-51.

61„contrary to what some have advised, the United States should not in principle object to implementation of Islamic law or involvement of Islamic activists in government“, alle Zitate aus den letzten drei Abschnitten aus : Campus Watch, Esposito: Apologist for Militant Islam, veröffentlicht durch: FrontPage Magazine, 3. September 2002, Zugriff am 30. November 2007.

62 Ben Leach, “ ‚Extremism‘ Fear in Islam Studies Donations“ in Telegraph On-line, 13 April, 2008, available at http://www.telegraph.co.uk/news/uknews/1584954/Extremism-fear-over-Islam-studies-donations.html. Zugriff am 29. März 2010.

63 „Britain’s universities will have to generate two national cultures: one non-Muslim and largely secular, the other Muslim.We will have two identities, two sets of allegiance and two legal and political systems. This must, by the Govern­ment’s own logic, hugely increase the risk of terrorism“.

64 Anthea Lipsett, Concerns over Funding of Islamic Studies, 17 April, 2008. Guardian; s.

http://www.guardian.co.uk/education/2008/apr/17/highereducation.uk. Zugriff: 29. März 2010.

65 Daniel Easterman. New Jerusalems, London, 1992, S. 92-93.