Groß, Ohlig: Wozu neue Koranübersetzungen

Wozu neue Koranübersetzungen? –

Indiz einer wissenschaftlichen Malaise

Markus Groß, Karl-Heinz Ohlig

 

(leicht gekürzt, ohne Bilder)

    1. Einleitung

Seit längerer Zeit schon gibt es eine Reihe von Übersetzungen des heiligen Buchs des Islam in die wichtigsten europäischen Sprachen, auch ins Deutsche. „Man“, d.h. der „Laie“, sollte also annehmen, dass man nach der Lektüre einer solchen Übersetzung in etwa weiß, was im Koran geschrieben steht. Stammen sie doch alle von Fachleuten, die die arabische Sprache ver­stehen und, z.B. ins Deutsche, übertragen können. Der eine etwas holpri­ger, der andere geschliffener, der eine mehr in wörtlicher Über­setzung, der nächste etwas freier assoziierend, der eine philologisch genau, ein anderer wiederum mit kleinen Fehlern.

So verhält es sich bei allen Übersetzungen alter Texte, so auch beim Koran. Aber hier ist doch manches ganz anders: Nach der Überzeugung vie­ler Islamwissenschaftler ist ein nicht unbeträchtlicher Teil des Koran – die Rede ist von rund einem Viertel des Textes – in seinen Aussagen, wie man so schön sagt, „dunkel“, d.h. unverständlich bzw. ohne sinnvolle Aussagen, und man bemerkt die Mühsal einiger „ehrlicher“ Übersetzer – andere ka­schie­ren diese Schwierigkeiten -, solchen Passagen einen Sinn zuzulegen. Hierbei greifen sie meist zurück auf islamische Koraninterpreten, die solche Stellen oft mit seitenlangen Kommentaren erklären, vor allem auf deren „Glanz­licht“, a?-?abar? aus dem 10. Jahrhundert, obwohl es diesem mit dem Verständnis der Korantextes erkennbar auch nicht besser ging, denkt man an die nicht selten fünf oder sechs alternativen Erklärungen, die er für eine einzige dunkle Stelle gibt.

Aber auch abgesehen davon sind die koranischen Aussagen nicht leicht zu verstehen. So ist schon das Gesamtkonzept des Koran mit seiner

„Anordnung der Suren nach absteigender Länge … Willkür, bar jeder Chronologie oder Logik. Das gilt sogar für die Mikrostruktur: Eine Sure ist kaum je ein geschlossenes, sinnvoll als Einheit zu lesen­des Kapitel, und wer sie als solches begreifen will, wird entweder an seinem eigenen Verstand oder dem des Urhebers (Allah, Moham­med oder wer auch immer) verzweifeln“1,

so der Freiburger Islamwissenschaftler Stefan Weidner.

Arabischen Muttersprachlern ergeht es nicht besser; denn in der Regel kennen sie die philologischen Feinheiten „ihrer Sprache“ keineswegs besser als die Übersetzer. Denn dass es sich bei der Sprache des Koran um „ihre Sprache“ handelt, ist ein falscher Eindruck, der sich dadurch erklärt, dass Orthographie und Morphologie der heute gebrauchten (nachträglich) vokalisierten Koranausgaben vordergründig mit der des modernen Hoch­arabisch (weitgehend) übereinstimmen.

Um aber herauszufinden, inwieweit der Koran denn wirklich für einen arabischsprachigen Menschen von heute verständlich ist, müsste man ein Experiment veranstalten, das aus mehreren Gründen kaum möglich ist: Einer repräsentativen Anzahl von Muttersprachlern des Hocharabischen müss­ten ausgewählte Koranpassagen mit der Aufgabenstellung vorgelegt werden, diese mit eigenen Worten wiederzugeben.

Doch was bedeutet hier „Muttersprachler des Hocharabischen“? Streng­genommen gibt es solche gar nicht, die Kindern in arabischen Ländern für die mündliche Kommunikation beigebrachte Sprache ist – anders als beim Deutschen oder Italienischen – immer einer der Dialekte. Muttersprachler wür­de also eher bedeuten, dass so jemand einen modernen arabischen Dia­lekt als Muttersprache spricht und ein (hoch)arabischsprachiges Schul­sys­tem durchlaufen hat, ohne aber dabei mit dem Koran in Berührung ge­kom­men zu sein – schließlich will man ja wissen, ob der Koran auch ohne die üblichen Erklärungen, sozusagen aus sich selbst heraus verständlich ist. Bei der heutigen Omnipräsenz des Koran in den Medien und im öffent­lichen Leben ist dies aber ebenfalls fast eine Unmöglichkeit.

Aber selbst wenn man solchen schon zum Teil koranisch vorbereiteten Muttersprachlern einen der vielen etwas weniger bekannten Surenteile vor­legen würde, wäre das Ergebnis sicherlich für alle, die die Sprache des Koran für das beste jemals geschriebene Hocharabisch halten, eine herbe Enttäuschung.

Doch kann ein moderner westlicher Koranforscher wie E. Bobzin auch die­ses Problem elegant umgehen:

„Es wäre jedoch weit gefehlt, zu sagen, daß der Koran „unver­ständ­lich“ sei. Der Koran ist nämlich in vielfältiger Form im täglichen Le­ben der Muslime präsent, er wird oft gehört und rezitiert; so gibt es praktisch kein arabisches Radio- oder Fernsehprogramm, in dem die Koranrezitation nicht einen festen Platz hätte. So kann man sagen, daß der Koran gleichsam durch Gewöhnung verständlich ist, und die altertümliche Form der Sprache wirkt wie Patina, die den religiösen Charakter des Korans in besonderem Maße unterstreicht.“ 2 (Hervorh. Verf.)

Was dies bedeutet, mag an einem kleinen Beispiel erläutert werden: Jeder Muttersprachler und auch viele, die das Deutsche als Fremdsprache gelernt haben, kennen die Redewendung „mit Kind und Kegel“. Sie haben sich so­zu­sagen daran gewöhnt und glauben, diese zu verstehen. Was den heutigen Gebrauch anbelangt, mag dies auch stimmen. Aber wer nicht weiß, dass „Kegel“ eine alte, heute ungebräuchliche Bezeichnung für das uneheliche Kind ist, wird durch diese Gewöhnung nie darauf kommen.

Wie falsch die Schlüsse sein können, die man aufgrund von Gewöhnung ziehen kann, sieht man deutlich am Beispiel von „Made in Germany“. Heu­te gilt eine solche Aufschrift weltweit als Gütesiegel, aber wer weiß schon, dass dies ursprünglich ein Schriftzug war, mit dem deutsche Produzenten vom britischen Staat gezwungen wurden, auf die angebliche Minder­wertig­keit ihrer Waren hinzuweisen.

Daneben gibt es auch heute eine Reihe von Wendungen, die in bestimm­ten Kontexten quasi rituell verwendet werden, ohne dass jemand wirklich je­mals darüber nachdenkt, was sie bedeuten. Man frage nur einmal zehn Deutsch­lehrer an Gymnasien, was die Formel „so wahr mir Gott helfe“ denn nun eigentlich bedeutet. Hier hilft auch ein etymologisches Wörter­buch nicht weiter. Ein englisches Beispiel, an dass man sich in jedem Lon­do­ner Pub gewöhnen kann, ist der Ausdruck der Beteuerung „blimey“. Auch hier muss man schon nachforschen, um herauszubekommen, dass er auf den Ausdruck „(God) blind me – Gott möge mich blenden (wenn dies nicht stimmt/ ich es nicht tue)“ zurückgeht.

Ebenso verhält es sich mit dem Arabischen des Koran – außer natürlich, dass es für das Arabische kein etymologisches Wörterbuch gibt! Was speziell den Text des Koran angeht, so kann man durch Gewöhnung mög­licher­weise bei einigen, häufig zitierten koranischen Formeln3 das heutige Ver­ständnis erahnen, niemals aber die ursprüngliche Bedeutung, es sei denn natürlich, man nimmt an, dass das heutige Verständnis – unverändert (münd­lich) tradiert – die ursprüngliche Bedeutung widerspiegelt, aber dies auch nur in den Fällen, wo die Kommentatoren einer Meinung sind.

Wer aber allen Ernstes erwartet, durch Gewöhnung zu einer wissen­schaft­lich verwertbaren Erkenntnis zu kommen – wie von Bobzin em­pfohlen -, hat damit mit seiner Kunst eigentlich schon kapituliert.

Noch heikler ist das Thema „Schönheit des Koran“, wobei notorisch nicht unterschieden wird zwischen „Schönheit des Vortrags“ – hier gibt es durchaus wirkliche Könner – und „Schönheit des Textes“.

Nun weiß jeder Musikliebhaber, dass viele der berühmtesten Liedtexte keine geistigen Höhenflüge sind. Viel wichtiger ist es, dass sie leicht zu singen sind und die Laute zu der Melodie und vor allem dem Rhythmus passen. Ein Flamenco auf Englisch klingt aus diesem Grunde – ganz im Gegensatz zu einem Blues – nicht gut.

Im Jazz ist es sogar üblich, dass ein „Text“ aus Phantasie-Silben impro­visiert wird (scat singing4). Der Inhalt ist dabei nicht nur unwichtig, sondern nicht vorhanden, und auch die Silben­struktur ist meist eher einfach, wobei verschiedene Sänger unterschiedliche Vorlieben haben. Eine häufige ein­fache Folge besteht jeweils aus Konsonant plus Vokal. Das erste Beispiel für dieses sogenannte „Scat-singing“ stammt vom Beginn des 20. Jahrhunderts, der erste Titel mit Scat-Gesang des be­rühm­ten Louis Armstrong ist der Titel „Heebie Jeebies“ von 1926. Der Refrain lautete: „di da da bi bol di-bi-la daou“. Andere Beispiele sind „louie-ooie-la-la-la“ oder „shoo-doo-shoo-bee-ooo-bee“. Der wohl zeitweilig be­rühm­teste Scat-Sänger war Scatman John (1942-1999), der es schaffte, mit sei­nem extrem schnellen Scat-Gesang im Jahre 1995 einen Millionen-Hit zu landen („Scatman“). In Jazz-Kreisen gilt gute Scat-Improvisation aus ver­schie­denen gesangstechnischen Grün­den als extrem schwer.

Zusammenfassend kann man feststellen: Hier geht es gar nicht darum, was man singt, sondern wie man es singt.

Was dies nun für den Koran und seine Rezitation bedeutet, ist Fol­gen­des: Die Tatsache, dass eine Rezitation schön klingt oder von der Mehrheit der Zuhörer als schön empfunden wird, besagt nicht zwingend, dass die Schön­heit im Text begründet liegt. Dies wäre also zunächst einmal durch Analyse eben dieses Textes zu demonstrieren.

Vielleicht sind diese Probleme – die vielen unklaren Stellen und die an­geb­lich unerreichbare Schönheit des Koran – die Ursache dafür, dass in jüngs­ter Zeit immer neue Koranübersetzungen auf den Markt kommen. Und manche von ihnen lesen sich tatsächlich recht gefällig, und fast immer präsentieren sie einen Text, der in etwa sinnvoll zu verstehen ist. Also ein Fortschritt?

Um diese Frage zu beantworten, werden im folgenden die gerade neu erschienenen Koranübersetzungen von Hartmut Bobzin5 und Ahmad Milad Karimi6 näher betrachtet.

 

    2. Zur Koranübersetzung von Hartmut Bobzin

Zunächst einmal muss man sich bei einer Übersetzung immer fragen, wel­che Aus­gabe des Originaltextes zugrunde liegt. Im Falle des Koran mit sei­nen Lesarten und den in den letzten Jahren gefundenen Manuskripten, die eine Reihe von stark abweichenden Varianten präsentieren, wäre dies zu­nächst zu problematisieren. Hartmut Bobzin sieht dies jedoch weniger proble­matisch und schreibt auf dem letzten, nicht paginierten Blatt der Ausgabe:

„Der Übersetzung liegt folgende Ausgabe zugrunde:

al-Qur??n al-kar?m, al-Q?hira: al-ma?ba?a al am?r?ya 1375h/1955

autorisierter Nachdruck der amtlichen Ausgabe, Kairo 1924″

Dagegen wurde bei seiner Übersetzung sehr viel wert auf eine ansprechende Form gelegt. So wird jede neue Sure mit einer von insgesamt 121 Kalli­gra­phien von Shahid Alam eingeleitet, und auch der sehr großzügige, an­sprechen­de Satz trägt ebenso zur Lesbarkeit bei wie die Tatsache, dass die Seiten größer als üblich sind. So beginnt auch jeder neue Vers auf einer neuen Zeile und die Surennummerierung und der jeweilige Name der Sure ist in der Kopfzeile zu finden. Am Ende des Buches ist Folgendes zu lesen:

„Von diesem Buch erschienen 2010 neben der Leinenausgabe 1000 Exem­plare in orientalischem Ledereinband mit Klappe, von 1 bis 1000 nummeriert, sowie 114 Vorzugsexemplare in orientalischem Leder­einband mit Klappe und mit jeweils einer handsignierten Origi­nal­kalligraphie von Shahid Alam, von I bis CXIV nummeriert.“

Akzeptanz – auch und vor allem in islamischen Ländern – scheint hier von Anfang an also mitbeabsichtigt gewesen zu sein.

Die Übersetzung hat im Anhang ein etwa 10-seitiges Nachwort, kurze Hin­weise zu Transkription und Aussprache und ca. 170 Seiten Erläute­rungen zu den einzelnen Suren, gefolgt von einem Glossar und Register. Trotz diesem doch ziemlich ausführlichen Anhang ist laut Verfasser ein eigener Kommentarband geplant:

„Er wird sich insbesondere mit den historischen Umständen zu Zeit der Entstehung des Korans und mit dessen Textgeschichte befassen, aber auch auf das damalige religions- und kulturgeschichtliche Um­feld eingehen. Im Kommentar finden sich auch ausführliche Infor­ma­tionen über die chronologische Einordnung der Suren sowie zu Fragen der literarischen Komposition. Im Übrigen werden dort auch die vom Kairiner Koran abweichenden „Lesarten“ ausführlich disku­tiert. Auch die Auseinandersetzung mit anderen Textauffassungen sowie die Diskussion der Fachliteratur ist dem Kommentarband vorbehalten. (S. 608 f.)“

Im Nachwort verweist Bobzin weiterhin auf sein eigenes Buch „Der Koran. eine Einführung“, das bereits 1999 in der „Beck’schen Reihe“ erschienen ist7. In diesem Bändchen hat Bobzin seine Grundhaltung zum Koran und dessen Studium etwas widersprüchlich dargelegt. So sagt er zwar Folgendes zur islamischen Auslegungstradition, v.a. vor dem Hintergrund der Mo­ham­med-Biographie:

„Diese Auslegungen müssen jedoch als zeitbedingte Interpreta­tio­nen, in denen vor allem bestimmte theologische und rechtliche Dis­kussionen der frühen islamischen Gemeinde ihren Niederschlag gefunden haben, kritisch hinterfragt werden.“ (S. 29)

Wenig später fährt er jedoch fort:

„Wenn also im folgenden dennoch von Mohammed die Rede ist, ja die Rede sein muß, dann stets im Sinner einer gleichsam „inneren“, nur aus koranischen Belegen erhobenen Biographie. Im Rahmen der vorliegenden Darstellung des Korans ist die Lebensgeschichte Mo­ham­meds daher nur insoweit von Bedeutung, als sie ohne Zuhilfe­nahme sekundärer Quellen aus dem Koran selbst deutlich wird.“

Die Tatsache, dass der Koran aber praktisch kein verwertbares Material für eine Pro­phetenbiographie hergibt, wird schon im nächsten Satz klar:

„Und diese religiöse Biographie hat natürlich einen Anfang – die Berufung des Gesandten. Von ihr spricht der Koran allerdings nicht explizit.“

Dass er aus diesem Grund aber den gerade erst aufgestellten Grundsatz im­plizit wieder verwirft und im Folgenden weitestgehend doch der außer­koranischen Überlieferung folgt, zeigt sich an mehreren späteren Stellen des Buches:

„Sicherlich hatte Mohammed von Anfang an die Absicht, ein ei­genes ‚Buch‘ zusammenzustellen, und zwar ganz nach dem Vorbild der ‚Buchbesitzer‘ (ahl al-kit?b), d.h. der Juden und der Christen, die über die Thora und das Evangelium verfügten. (…)

Das ‚Buch‘ war also, als Mohammed 632 ganz unerwartet starb, noch nicht fertig. Damit stand die junge Gemeinde vor einem Dilemma. (…) Die islamische Tradition weiß zu berichten, daß die Sammlung des Korans ganz wesentlich durch ein kriegerisches Ereignis geför­dert wurde, und zwar die Bekämpfung des rivalisierenden Propheten Musailima in der ostarabischen Landschaft Jamama (ca. 632/ 33).“ (S. 101)

Die biographischen Informationen nimmt er also entgegen dem vorher aufgestellten Grundsatz doch ausschließlich aus der islamischen Traditions­literatur.

Etwas weiter (S. 122) erwähnt er folgende frühere Übersetzungen des Koran ins Deutsche8:

1938: Maulana Sadr-ud-Din (gest. 1981)

1954: Mirza Bashiruddin Mahmud Ahmad

1986: Muhammad Ahmad Rassoul; von ihm erwähnt er allerdings nicht, dass die Übersetzung auch als „Themenregister“ unter dem Titel „Lan Tabur9“ herausgegeben wurde.

1996: Ahmad von Denffer (erster deutscher Muttersprachler)

1997: Fatima Grimm (Leiterin eines Projektes deutscher Muslime)

2000: Amir Zaidan (viele zentrale theologische Begriffe bleiben arabisch stehen)

2002: Frank Bubenheim und Nadeem Elyas (folgt der wahhabitischen Textauffassung)

Weiterhin wird die nur in Auszügen vorhandene Übersetzung Rückerts (1788-1866) sowie die Neubearbeitung der Übersetzung von Max Henning (Reclam 1901), besorgt von Murad Wilfried Hofmann (München 1999) und Moustapha Maher (Kairo 1999) erwähnt. Die Übersetzung von Adel Theo­dor Khoury (1987) wird nur im Literaturverzeichnis aufgeführt.

Nicht erwähnt werden die Übersetzungen von Lazarus Goldschmidt (1916), Hans Zirker (2003), der auch eine im Internet frei verfügbare sehr nütz­liche arabische Transliteration des Koran angefertigt hat, sowie die von Ludwig Ullmann (neu bearbeitet von L.-W. Winter 1959)10.

In dem kleinen Bändchen wird – anders als in der Übersetzung – wenigs­tens in einem kurzen Satz die Arbeit von Christoph Luxenberg erwähnt:

„Der Koran ist in arabischer Sprache abgefaßt. Die Annahme eines ara­mäischen Urkorans (Luxenberg) erscheint mir wenig überzeu­gend (vgl. Hopkins). Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede zwi­schen dem koranischen und dem heutigen Arabisch.“ (S. 87)

Als Beispiel einer besonders gelungenen Passage des von Bobzin sehr geschätzten Rückert gibt er die Sure 94 mit der nachgebildeten koranischen Reimprosa (sa??) an:

1. Erschlossen wir dir nicht die Brust, [?adrak]

2. Und nahmen ab dir deine Last, [wizrak]

3. Darunter du gebeugt dich hast? [?ahrak]

4. Und hoben dein Gedächtnis fast? [?ikrak]

5. Wohl kommt durchs Schwere Hehres. [yusr?]

6. Wohl kommt durchs Schwere Hehres. [yusr?]

7. Drum, bist du fertig, hebe dich! [fa-n?ab]

8. Zu deinem Herrn bestrebe dich! [fa-r?ab]

Das kleine Buch ist durchaus zur Einführung gut geeignet – nicht als Ein­führung in wissenschaftliche Koranwissenschaft allerdings, sondern in das, was der orthodoxe Islam und die diesem weitestgehend folgende Gemeinde deutscher Orientalisten in ihm sehen.

Nach diesem kleinen Exkurs in das von Bobzin selbst empfohlene Ein­führungsbändchen wollen wir wieder zum Nachwort der Übersetzung zu­rück­kehren. Was dort zu lesen ist, ist mehr oder weniger die übliche Wie­der­holung des traditionellen Berichtes:

„Diese Offenbarungen wurden zu Mohammeds Lebzeiten stets münd­­lich vorgetragen, eine schriftliche Fixierung geschah nur spora­disch und auszugsweise. Gesammelt und zu einem „Buch“ (kit?b) zu­sam­­mengestellt – darin sind sich die muslimischen Korangelehrten einig – wurden die Offenbarungen erst nach Mohammeds Tod (632 n.Chr.)“ (S. 601)

Zu den muslimischen Korangelehrten hat er also offenbar grenzenloses Ver­trauen, obwohl er zumindest das Problem der Verschreibungen mit selbem Rasm (w.: Spur; Konsonantengerüst ohne diakritische Punkte wie in den ältesten Handschriften) erwähnt. Etwas später jedoch geht es weiter:

„Die Festlegung des Konsonantentextes konnte also nur im Zusam­menhang mit der mündlichen „Lesung“ geschehen, und es ist bemer­kens­wert, dass es von Anfang an unterschiedliche Fassungen gab.“

Er legt im Folgenden dar, dass er beim Übersetzen versucht habe, den deut­schen Text zu rhythmisieren, Reime allerdings nur da nachgebildet habe, wo sie leicht möglich sind, was durchaus verständlich ist. Außerdem gibt er zu, sich im Falle von Vieldeutigkeit für eine Deutung entschieden zu haben. Allerdings ist in der Übersetzung – anders als bei Paret – nie zu erkennen, wo denn jetzt Vieldeutigkeit bestanden hat, geschweige denn, wie die anderen Deutungen lauten.

Völlig auf der Linie der islamischen Gelehrten ist er bei der Inter­pretation des oft vorkommenden „qul – sprich!“:

„Der Koran ist als „Gottesrede“ aufzufassen, in die aber weitere Re­den eingewoben sind. Viele davon beginnen mit der Aufforderung „Sprich!“ (arab. qul), die sich stets an Mohammed richtet.“ (S. 605)

Auf die Idee, dass das „sprich“ ein späterer Einschub zur „Glättung“ und nach­träglichen Interpretation einer Aussage als Gotteswort sein könnte, kommt man halt nicht bei diesem Vertrauen in islamische Autoritäten.

Was bei der Übersetzung zu loben ist, ist die Tatsache, dass alle in wissen­schaftlicher Umschrift wiedergegebenen Wörter kursiv gedruckt sind, allerdings in der Übersetzung ohne Sonderzeichen.

Besonders die bereits erwähnte Übersetzung Friedrich Rückerts wird von ihm gepriesen, und er gibt an, ursprünglich vorgehabt zu haben, die bei Rückert fehlenden Teile hinzuzufügen, wegen des unvermeidlichen Stil­bruchs dieses Vorhaben aber zugunsten einer völligen Neuübersetzung aufgegeben zu haben. Ganz in den Fußstapfen seines großen Vorbildes will er dessen zwei Grundsätzen folgen:

„dem Streben nach philologischer Genauigkeit und dem Bemühen um eine angemessene sprachliche Form.“ (S. 607)

Dass seine Übersetzung dann aber in erster Linie das traditionelle Verständ­nis wiedergibt, zeigt sich an einer weiteren Bemerkung:

„Neben den üblichen Hilfsmitteln der westlichen Koranphilologie habe ich für das Verständnis des Textes auch die islamische Ausle­gungs­tradition zu Rate gezogen. Bei der ungeheuren Fülle des vor­lie­gen­den Materials konnte natürlich nur eine Auswahl getroffen wer­den. Durchgehend berücksichtigt habe ich den umfangreichen Kom­mentar von a?-?abar? (gest. 923) und den knappen und handlichen Tafs?r al-Dschal?lain (Ende des fünfzehnten Jahrhunderts) sowie den noch jüngeren, sehr materialreichen Kommentar des jemenitischen Gelehrten Schaukan? (gest. 1832). Andere, vor allem frühe Kom­mentare und weitere Werke zu den Lesarten und zur Grammatik wurden sporadisch herangezogen.“

In der Internetankündigung des Verlages11 sind folgende Sätze zu lesen:

„Die bisher führende Übersetzung von Rudi Paret aus den 1960er Jahren richtet sich an ein Fachpublikum und ist philologisch nicht mehr auf dem neuesten Stand.

Viele sogenannte Neuübersetzungen der letzten Jahrzehnte basieren auf längst veralteten Vorlagen. (…)

Sich der Schönheit des Korans anzunähern, ist in deutscher Sprache bisher nur Friedrich Rückert gelungen. Andere Übersetzer haben der philologischen Exaktheit den Vorzug gegeben und den Text durch unzählige Erklärungen zu einem Flickenteppich gemacht. Hartmut Bobzin legt mit seiner meisterhaften Neuübersetzung erstmals einen philologisch zuverlässigen und zugleich ansprechenden Text vor. Seine Übersetzung berücksichtigt die islamischen Deutungs­traditio­nen ebenso wie die Ergebnisse der westlichen Koranforschung.“

Der Anspruch der Übersetzung scheint somit ein mehrfacher zu sein:

– Eine sprachlich schöne und gut lesbare Übersetzung zu bieten.

– Philologisch exakt und auf dem neuesten Stand auch der west­li­chen Koranforschung zu sein.

Inwieweit Hartmut Bobzin diesem Anspruch gerecht wird, wird im Folgenden noch an Beispielen zu untersuchen sein.

 

    3. Zur Koranübersetzung von Ahmad Milad Karimi

Die Aufmachung der Neuübersetzung von Ahmad Milad Karimi ist von der Bobzins in vielen Punkten deutlich verschieden.

Das Buch ist gebunden in einen braunen Einband mit Goldornamenten, ebenso finden sich gedruckte Ornamente als Umrandung jeder Einzelseite. Die Übersetzung ist kaum geeignet, um eine Koranstelle zu finden, da eine Kopfzeile völlig fehlt und statt dessen die Nummerierung der jeweiligen Sure, nicht jedoch der Surenname in das Ornament (links oben) eingefügt ist, ebenso wie die Seitenzahl (rechts unten).

Ebenso unglücklich ist die Versnummerierung, die extrem kleine Zahlen verwendet. Zudem ist die Schriftart des gesamten Buches – im Gegensatz zu der bei Bobzin gewählten – ästhetisch nicht ansprechend. Als Farbe wurde statt schwarz ein bei längerem Lesen ermüdendes Grau-Braun gewählt, und der Zeichensatz sieht auf den ersten Blick aus wie Fettdruck. Daneben ist häufig ein „Stimmabsatzzeichen („ ´ „)“ gesetzt, um den rechten Takt­rhyth­mus anzuzeigen.

Die Syntax versucht, den poetischen Stil des 19. Jahrhunderts nachzu­ahmen – aller­dings ohne Reime – und ist an vielen Stellen syntaktisch nicht gelungen. Neue Verse werden nicht – wie bei Bobzin – in eine neue Zeile gesetzt, sondern – wie bei arabischen Koranen, die hier ganz allgemein Vor­bild gewesen zu sein scheinen – ohne Abschnittstrennung aneinander­ge­setzt. So erscheinen die Kurzverse der mekkanischen Suren nicht von den oft überlangen medinensischen juristischen Versen verschieden.

Namen, die bereits aus der Bibel bekannt sind, bleiben in ihrer Ursprungsgestalt (z.B. Noah), nicht aber islamische Termini (z.B. ??r?).

Am Ende des übersetzten Textes folgt auf Seite 526 – 551 eine Einführung von Bernhard Uhde, danach kommen vier Seiten Anmerkungen (zur Einleitung). Hieraus einige Beispiele:

„Eine allgemeine „Einführung in den Koran“ kann hier nicht vorge­legt, eine streng wissenschaftlich ausgearbeitete soll hier nicht vor­gelegt werden, da Fachleute ihrer nicht bedürfen sollten.“ (S. 526)

Wer ist hier gemeint mit „Fachleute“? Orientalisten, Muslime, Araber? Und bedürfen diese wirklich keiner Einleitung? Statt dessen will der Autor eine Lesehilfe geben:

„Die hier angewandte religionswissenschaftliche Betrachtung … gibt mit systematischen Grundüberzeugungen des Islam gemäß dessen Selbst­verständnis einen Eindruck, der einer Lektüre des Koran vor­aus­gehen sollte, und schließt mit einer knappen historisch-sys­tema­tischen Darstellung des Verhältnisses von Christentum und Islam.“

Also anscheinend alles nur aus der Sicht des Islam, nicht aus der Sicht mo­der­ner Forschung. Dies ist legitim, aber natürlich dann nicht wissen­schaft­lich. Um den Eindruck der Wissenschaftlichkeit dann aber doch zu er­wecken, werden an mehreren Stellen die Forschungen Angelika Neuwirths er­wähnt, natürlich aber nicht die von Inarah-Mitgliedern – hierin unter­schei­det er sich nicht von Hartmut Bobzin:

„Gleichwohl bleibt es auch in der Gegenwart die erste Unter­schei­dung, ob der Text des Koran als ewiges, wahres und unverfälschtes Gotteswort geglaubt und spirituell erlebt oder aber einer Betrachtung unterzogen wird, die diesen Text durchaus in vorzüglicher Kenntnis islamischen Glaubens, jedoch aus der Perspektive orientalistischer Gelehrsamkeit und nach Kriterien insbesondere abendländischer Tra­dition verpflichteter Wissen­schaft­lichkeit untersucht, wie es etwa die herausragenden Studien von Angelika Neuwirth unternehmen.“ (S. 527)

Darauf folgt:

„Schon bei einem profanen poetischen Text oder auch einer Oper setzt die Unterscheidung, ob ein solcher Text und seine Musikalität zur Erbauung, zum Erleben seiner Schönheit, zum Nachempfinden und Einfühlen aufgenommen oder aber rationaler Analyse unter­zogen wird, einen Unterschied im Ganzen, nicht nur der Spanne von Empfindung und Rationalität wegen.“

Also Denken und Fühlen sind Gegensätze und die vorgelegte Übersetzung scheint zum Ziele zu haben, nur das Gefühl anzusprechen.

Auf Übersetzungen und das, was mit ihnen verlorengeht, geht der Über­setzer ebenfalls ein:

„So erwerben sich viele Muslime nicht nur von Kindesbeinen an eine durch keine Übersetzung zu erlangende sprachliche Feinfühligkeit für den Koran, sondern sie verbinden mit der arabischen Wieder­gabe dieses Korantextes eine Art von spirituellem Heimatgefühl, von begleitender Nähe über das gesamte Leben, und sie verspüren auch die Gemeinsamkeit und Gemeinschaft aller Muslime, die durch die­ses sprachliche Gemeinsame als einheitliche Gemeinschaft einander zu­gewandt sind. All diese Erfahrungen gehen mit Übersetzungen in einzelne andere Sprachen verloren.“ (S. 529)

Nicht der Text, sondern das Gemeinschaftserlebnis zählt hier also!

Dass ein Gemeinschaftserlebnis nichts mit Verständnis zu tun hat, kann je­der beobachten, wenn Fußballfans eine „La-Ola-Welle“ machen oder „Tor“ schreien. Das gemeinsame Erleben und Handeln heißt nicht, dass jeder einzelne Fan für die Taktik des gerade erlebten Spieles eine Fein­füh­ligkeit erworben hätte.

Auch können Jugendliche auch dann ihren Pop-Idolen zujubeln und sich ihnen über die Musik vermittelt nahe fühlen, wenn sie Dur von Moll und ein Klavier nicht von einem Keyboard unterscheiden können.

Diese Gefühle haben nichts mit dem Text des Koran, aber sehr viel mit seiner Verwendung zu tun. Der Übersetzer fährt fort:

„Verständlich wird diese wichtige Beobachtung, wenn etwa eine Oper mit italienischem Text in deutscher Sprache gesungen wird: die Sprachmelodie ist nur auf Kosten der Textgenauigkeit ungefähr wie­der­zugeben. So muss der Koran in Wahrheit als unübersetzbar gel­ten, und alle Übersetzungen leisten nur ein Schattenwerk dessen, des­sen Sonnenglanz nur im arabischen Original blendend her­vor­tritt.“ (S. 530)

Dem kann man entgegenhalten, dass auch Propagandareden, das rote Buch Maos oder etwa deutscher Behördenstil schwer auf Arabisch zu übersetzen sind, ohne dass dies ein Kriterium für die literarische Qualität des Originals wäre, und es mag manchen Übersetzern des Koran nicht gefallen zu hören, dass es auch viele Beispiele gibt, dass Übersetzungen weit besser als das vorliegende Original gelungen sind.

Wortspiele beispielsweise sind zwar unübersetzbar, aber gute Übersetzer übersetzen nicht Wörter, noch nicht einmal Sätze, sondern Gedanken. So wird vielleicht nicht ein Wortspiel übersetzt, dafür aber an anderer Stelle ein gleichwertiges – oder sogar besseres – eingefügt.

Was also hier den Koran von anderen zu übersetzenden Werken unter­scheiden soll, bleibt schleierhaft. Laut dem zusätzlichen Kommentar von Bern­hard Uhde versucht nun die neue Übersetzung von Karimi sowohl phi­lo­logisch exakt (wie die nicht explizit erwähnte, aber wohl gemeinte Über­setzung Parets), als auch ästhetisch ansprechend wie die lobend erwähnte Übersetzung von Koranteilen durch Rückert sein – auch hier eine Parallele zu Bobzin.

Weiter hebt Uhde hervor, dass der Koran nicht primär als Lesetext gedacht ist, und berichtet wahre Wunderdinge über die Auswirkungen einer Koranrezitation auf Zuhörer:

„Dieser Wundercharakter (i???z) lässt sprachlos werden, starr wer­den vor Staunen, ja sogar zum Tode des derart ergriffenen Hörers kann es kommen.“ (S. 533 f.)

Seltsamerweise werden solche Wunderdinge vorwiegend von Leuten be­schrie­ben, die nicht selbst dabei waren, als sie passiert sind, und die selbst kein Arabisch verstehen.

Wer solche Ausführungen aber trotzdem für einen Beweis der uner­reichten Schönheit des Korantextese hält, sollte sich vielleicht einmal ein Video von Versammlungen von amerikanischen Pfingstbewegungen an­schauen, wo regelmäßig psychisch labile Menschen in Trance fallen, ohne dass das, was vorher zu hören gewesen ist, in irgendeiner Weise ästhetische oder intellektuelle Qualität gehabt hätte. Wie nahe Uhde schon der islamischen Orthodoxie folgt, zeigt er auf S. 536:

„Das vierte Missverständnis betrifft die Meinung, man könne den Text des Koran unmittelbar verstehen. Während in den Evangelien die Botschaft Jesu nicht in dessen Ursprache wiedergegeben und Jesus als auferstandener Christus nicht in der Sprache seines Landes verkündet wird, indem sich die Texte adressatenbezogen an Men­schen richten, ist der Text des Koran wörtliche Rede Gottes über sei­nen eigenen Willen und seine eigenes Wirken, nicht aber über sein eigenes Wesen.“

Weiter hebt Uhde Vorteile des Islam gegenüber dem Judentum hervor:

„Der Erwählungsgedanke des Judentums verstößt gegen die uni­ver­sale Heilszuwendung Gottes zu allen Menschen.“ (S. 542)

Aber auch das Christentum bleibt nicht ungeschoren:

„Der Gedanke der Christologie, und in Folge der Gedanke der Tri­nität verstoßen gegen die absolute einzige Einheit Gottes, wie zahl­reiche Koranstellen mahnen: (…) Nur der Islam also trägt wider­spruchs­freie Wahrheit vor, eine Wahrheit, die jedem mit Verstand Be­schenk­tem einsehbar ist, jenem Verstand, der alle Menschen auszeichnet.“ (S. 543 f.)

Also wer seinen Verstand benutzt, muss zwangsläufig einsehen, dass der Islam die widerspruchsfreie Wahrheit beinhaltet! – Von wissenschaftlicher Distanz kann hier wohl keine Rede sein, eher schon von Missionierung. Da könnten sich zur Abwechslung auch mal der nor­male Mitteleuropäer – ob Christ, Jude, Agnostiker oder Atheist – in seinen religiösen – oder mensch­lichen – Gefühlen verletzt fühlen. Wer lässt sich schon gerne als dumm beschimpfen, weil er die angebliche Wahrheit einer Religion partout nicht anerkennen will. Aber das Beleidigtsein scheint wohl mit­tler­weile eher ein Privileg von Muslimen zu sein. Was Uhdes Gedanke zur Dreifaltigkeit anbelangt, könnte man hier rein wissen­schaftlich einwenden, dass er völlig außer acht lässt, dass es auch nicht-trinitarische Christentümer gab12. Wenig später fährt er fort:

„Gott spricht über sich im Koran, und er gibt im Propheten Muham­mad und den Propheten Vorbilder. Diese Selbstpraedikation (sic) Got­tes gibt eine Denkmöglichkeit für den natürlichen Verstand, die diesen nicht überfordert. Dadurch ist auch die Ethik des Islam als Praxis nachvollziehbar und überlieferbar, weil verstandesbegründet in der Nachahmung der Praxis des Propheten.“

Somit ist die Autorenschaft des Koran für Uhde nun endgültig geklärt: Der Koran ist das Wort Gottes! Zu der „Ethik des Koran“ siehe unter Kapitel 4.3 zu den „bösen Koranstellen“. Nach Uhde ist diese Ethik jedoch allein schon deshalb lobenswert, weil sie einfach ist, etwa nach dem Motto: Versuche erst gar nicht zu denken – das würde Dich überfordern – und mach es nur genau so wie der Prophet!

Seine Ausführungen gipfeln dann in einem Satz, den man in seiner un­ge­­heuerlichen Verkennung der Errungenschaften der europäischen Aufklä­rung nur mit Mühe ertragen kann:

„Dies ist die Auffassung des Islam, der damit eine Art von „Auf­klärung“ gegenüber Christentum und Judentum vollzieht“.

Die nach solch starkem Tobak schon fast erholsame obligatorische Nach­erzählung des traditionellen Berichtes beginnt bei ihm in Form eines als solchen in einer Endnote markierten Zitates von Angelika Neuwirth13:

„Der Koran ist die „Sammlung der vom Propheten Muhammad von etwa 610 n.Chr. bis 632 n.Chr. als an ihn ergangene göttliche Offenbarung vorgetragener Texte“, wie Angelika Neuwirth ihren auf­schlussreichen Artikel über den Koran beginnt.“ (S. 545)

Danach folgt eine kurze Zusammenfassung des traditionellen Sicht über die Frühzeit des Islam:

„Die Ausbreitung des Islam war aber keineswegs nur Folge von Kampf, sondern auch Folge der Überzeugungskraft der verkündeten Botschaft. Die Lehre von dem Einen Gott – arabisch all?h (kein Eigenname, auch die arabisch sprechenden Christen verwenden das Wort, das einfach „Gott“ heißt!) – , welche die für den natürlichen Verstand schwierige christliche Trinitätslehre ablehnt, erschien vielen mit Verstand Begabten einsichtiger.“ (S. 547)

Also mit noch einmal mit anderen Worten: Nur Dummköpfe lehnen den Islam ab!

Auf S. 556 folgen dann insgesamt 7 Seiten „Worte des Übersetzers“. Zum Stil des Koran hat dieser folgendes zu sagen:

„Unterschiedliche literarische Figuren wie Alliteration, Euphonie, Onomatopöie, Kontraktion und Extraktion, Reim, Rhythmus, Klang, aber auch sprachliche Spannung, Gedankensprünge, Unklarheiten, Wiederholungen und Brüche unterstreichen die Eigenart und mithin die Unnachahmlichkeit des Koran.“ (S. 556)

Interessant ist, dass er die Unklarheiten des Koran ausdrücklich als ein beson­deres Merkmal nennt! Sein darauffolgendes Urteil ist jedoch über­schwänglich:

„Im arabischen Original ist der Koran inkommensurabel. Er erinnert in seiner Gesamtkomposition an romantische Poesie, eine Universal­poesie.“

Im Folgenden lobt er sowohl Parets philologische Exaktheit, als auch Rückerts zwar sprachlich veraltete, aber „gedichtete“ Übersetzung und beschreibt seinen eigenen Übersetzungsversuch wie folgt:

„Die vorliegende Übersetzung ist der Versuch, sich dem Koran als diesem dynamischen und offenen Kunstwerk in religiöser Demut anzunähern, um zumindest in Ansätzen zeigen zu können, warum wir Muslime so entzückt und gerührt sind, wenn wir die ergreifende Stimme des Koran hören, ja dass diese ästhetisch-poetische Erfah­rung die Religiosität der Muslime grundlegend bestimmt.“ (S. 558)

Die Begriffe Islam und Muslim übersetzt er als „Ergebung“ und „Ergebe­ner“. Ehrlicherweise erwähnt er aber auch „Merkwürdigkeiten“ – er vermei­det den Begriff „Fehler“ – der koranischen Grammatik, z.B. die unerklär­lichen Dualformen in Sure 55, 17:

„Der Herr der beiden Osten und der Herr der beiden Westen“.

Auch das häufige Nachstellen von Attributen wird bei ihm thematisiert, z.B. Sure 9:3:

„Und verkündige denen, die leugnen, eine Strafe, eine schmerzliche.“

„Schmerzliche Strafen“ kommen überhaupt im Koran mit unglaublicher Frequenz vor, worauf später noch näher eingegangen wird.

Als gewollte Besonderheit seines Übersetzungsstils stellt er das Aus­lassen der Kopula vor, um

„durch diese Verkürzung und Verdichtung einen melodischen Fluss der Verse zu erzeugen, wie am Anfang der 2. Sure: ‚Dies die Schrift, darin kein Zweifel, Rechtleitung für die Gottesfürchtigen.'“ (S. 562)

Als kleines Kuriosum sei noch die Datumsangabe bei Bernhard Uhde erwähnt:

„Freiburg i. Br., im Ramadan 1430/2009 Bernhard Uhde“.

    4. Vergleich der Übersetzungen von Paret, Bobzin und Karimi

Im Folgenden sollen anhand einiger Koranstellen die Übersetzungen von Paret14, Bobzin, Karimi und in einigen Fällen auch Rückerts miteinander verglichen werden.

Zunächst sollen einige Koranverse stehen, die gerne von Muslimen zitiert werden, entweder weil sie als schön empfunden werden, oder weil ihr Inhalt als besonders menschenfreundlich gilt. Sodann werden mehrere unklare Stellen mit ihren Übersetzungen verglichen und schließlich einige Stel­len, die als besonders aggressiv, menschenverachtend oder mit west­li­chen Vor­stellungen von Demokratie und Menschenrechten unvereinbar angesehen werden.

    1. 4.1 Schöne Koranstellen

      1. 4.1.1 Der Lichtvers (24:35)

Einer der berühmtesten Verse des Koran ist sicherlich der sogenannte Licht­vers (?yat an-n?r), der z.B. oft auch als Kalligraphie zu lesen ist. Bei Rückert lautet er folgendermaßen:

Gott ist das Licht des Himmels und der Erde,

Das Gleichnis seines Lichtes ist

Wie eine Nisch‘ in welcher eine Leuchte

Die Leuchte ist in einem Glas,

Das Glas ist wie ein funkelnder Stern,

Die angezündet ist vom Segensbaume,

Dem Ölbaum nicht aus Osten noch aus Westen:

Das Öl das selber leuchtet, wenns

Auch nicht berührt die Flamme;

Licht über Licht – Gott leitet

Zu seinem Lichte wen er will:

Gott aber prägt die Gleichnisse den Menschen,

Und Gott ist jedes Ding bewusst.

Man tut Paret sicherlich kein Unrecht, wenn man diese Zeilen schöner findet als seine eigene, streng am Wortlaut des Textes orientierte Über­setzung, von der hier nur der Anfang gegeben wird:

Gott ist das Licht von Himmel und Erde. Sein Licht ist einer Nische (oder: einem Fenster?) zu vergleichen, mit einer Lampe darin. Die Lampe ist in einem Glas, das (so blank) ist, wie wenn es ein funkelnder Stern wäre.

Im Kommentar erwähnt er mögliche Bezüge zu einer christlichen Kirche, wobei er die EI zitiert:

EI1, Artikel All?h (D.B. Macdonald), S. 318: »dem Zusammenhang nach scheint hier eine Anspielung auf den christlichen Gottesdienst in Kirchen und Klöstern vorzuliegen, und in diesem Falle wäre das Bild von dem mit Lichtern besetzten Altar hergenommen; die koranischen Ausdrücke würden dann im Verband mit dem Zusammenhang an ›das Licht der Welt‹ im Evangelium und ›das Licht vom Lichte‹ im nikäischen Glaubensbekenntnis erinnern«;

Aber auch dieser berühmte Vers ist für ihn nicht ganz klar:

„Die Aussage, daß der Ölbaum »weder östlich noch westlich ist«, ist schwer verständlich. Der Hinweis auf Sacharja 4,3. 11-14 genügt nicht zur Erklärung. Hubert Grimme (Mohammed II, Münster 1895, S. 171) und Horovitz (Koranische Untersuchungen, S 124) vermu­ten, daß der Ölbaum als »nicht irdischen, sondern himmlischen Ursprungs«, bzw. als »überirdisch« bezeichnet werden soll.“

Bei Bobzin lautet die Stelle:

Gott ist das Licht der Himmel und der Erde.

Sein Licht ist einer Nische gleich, in welcher eine Leuche steht.

Die Leuchte ist in einem Glas, das Glas gleicht einem funkelnden Gestirn,

entflammt von einem segensreichen Ölbaum, nicht östlich und nicht

westlich

Sein Öl scheint fast zu leuchten, auch wenn das Feuer es noch nicht berührte.

Licht über Licht! Gott leitet, wen er will, zu seinem Licht.

Gott prägt die Gleichnisse für die Menschen, und Gott weiß alle Dinge –

Seine Erläuterungen verweisen bei dem Übersetzungsproblem Parets auf den noch nicht veröffentlichten Kommentar:

„einer Nische gleich“ ka-mišk?tin, oder: „einem Fenster gleich“; ? Kommentar. – „nicht östlich und nicht westlich“ l? šarqiyatin wa-l? ?arbiyatin; zu den Überlegungen, welcher Ort damit bezeichnet wird, ? Kommentar.

Karimi hat dieses Problem nicht, da er seinen Text unkommentiert lässt:

„Gott ist das Licht der Himmel und der Erde. ´ Das Gleichnis von Seinem Lichte: Eine Nische, ´ in der eine Leuchte. ´ Die Leuchte in einem Glas. ´ Das Glas gleicht einem Stern, einem funkelnden. ´Angezündet von einem Baum, einem gesegneten, ´einem Ölbaum, ´nicht östlich und nicht westlich, ´dessen Öl leuchtet beinahe, ´ohne dass es berührt hätte das Feuer. ´Licht über Licht. ´Gott leitet zu Sei­nem Licht, ´wen Er will. ´Und Gott prägt Gleichnisse für die Men­schen. ´Und Gott ist alle Dinge wissend.“

Eine Anordnung von jeweils einem Vers pro Zeile hätte dieser Übersetzung sicherlich gut getan. Im Unterschied zu Bobzin, der oft Relativsätze und Verbalkonstruktionen bevorzugt („Sein Licht ist einer Nische gleich, in welcher eine Leuche steht.“), ist Karimis Stil hier eher nominal geprägt („Das Gleichnis von Seinem Lichte: Eine Nische“). Zusammenfassend muss kon­zediert werden, dass beide Übersetzungen dieses Verses in der Tat „ange­nehmer“ zu lesen sind als die von Paret, wobei der gewollt poetische Stil von Karimi mit den nachgestellten Adjektiven und der fehlenden Kopula etwas gezwungen wirkt.

 

      1. 4.1.2 Demut im Koran

Ein häufig gegen den Islam vorgebrachter Vorwurf ist der der Überheb­lichkeit. Dass auch im Koran Demut vorkommt, wenn auch nur selten, beweist der nächste Vers:

25:63 – Paret: „Die (wahren) Diener des Barmherzigen sind diejeni­gen, die demütig (und bescheiden) auftreten (w. auf der Erde um­her­gehen), und die, wenn törichte Leute (w. die Toren) sie ansprechen, (freundlich) grüßen (w. ›Heil!‹ sagen), (…)“.

Im Arabischen lautet der Vers mit Interlinearübersetzung folgendermaßen:

wa-?ib?du r-ra?m?ni lla??na yamš?na

und Knechte [des] Barmherzigen [sind die] welche gehen

?al? l-ar?i hawnan wa-i?? ???abahum

auf der Erde demütig und wenn anreden sie

al-??hil?na q?l? sal?man

die Unwissenden sagen sie Friede/ Heil

Was hier auffällt, ist die Tatsache, dass hier zwei Gruppen einander gegen­übergestellt werden, die „Knechte des Barmherzigen“ und die „Unwis­sen­den“. Bedenkt man, dass nach dem Begriff für die Unwissenden (al-??hil?na) der (angeb­liche) Begriff für die vorislamische Zeit abgeleitet ist (??hil?ya), so wundert es schon einiger­maßen, warum hier nicht von „Muslimen“ (muslim?n) und „Ungläubigen“ (‚k?fir?n – Heiden‘ oder bestenfalls ‚mušrik?n – Beigeseller, d.h. Trinitarier‘) die Rede ist. Handelt es sich hier vielleicht um einen Text aus einer frühen zeitlichen Schicht? Oder sind diese Knechte gar nicht iden­tisch mit den Muslimen? Solche Fragen kann natürlich niemand stellen, der mit beiden Beinen auf dem Boden der islamischen Tradition und des Ent­stehungsmythos des Koran steht. So übersetzen Bobzin und Karimi auch ganz wörtlich:

Bobzin: Die Knechte des Barmherigen sind jene,

die sanftmütig auf Erden wandeln

und die, wenn Unwissende zu ihnen sprechen, ‚Frieden!‘ sagen.

Karimi: Und die Diener des Barmherzigen sind die, ´die umher­gehen auf der Erde demütig. ´Und wenn die Unverständigen sie ansprechen, ´sagen sie ‚Friede!‘, ….

 

      1. 4.1.3 Der vermeintlich menschenfreundlichste Vers

Wenn in Podiumsdiskussionen oder Talkshows das Thema „Islam“, v.a. in Ver­bindung mit Gewalt und Menschenrechtsverletzungen diskutiert wird, wird von dem jeweiligen muslimischen Teilnehmer mit obligatorischer Re­gel­­mäßigkeit der folgende Teil eines Koranverses angeführt um die fried­liche Kern­bot­schaft des Islam zu unterstreichen:

Bobzin (5:32):

Wenn jemand einen Menschen tötet, der keinen anderen getötet,

auch sonst kein Unheil auf Erden gestiftet hat,

so ist’s, als töte er die Menschen allesamt.

Wenn aber jemand einem Menschen das Leben bewahrt,

so ist’s, als würde er das Leben aller Menschen bewahren.

Auch bei Karimi klingt dieser Vers ohne Abstriche friedlich und könnte ohne weiteres in einen Sammelband „Weisheit der Menschheit“ übernom­men werden:

´Wenn einer tötet jemanden, nicht für einen anderen ´oder für Unheil auf der Erde: ´es soll sein, als hätte er getötet die Menschen, allesamt. ´Und wenn einer erhält jemandem am Leben: ´es soll sein, als hätte er erhalten die Menschen am Leben, allesamt. (…)

In denselben Podiumsdiskussionen werden dann meist auch die „bösen“ Koranstellen angesprochen, wobei dann von muslimischer Seite moniert wird, dass Zitate aus dem Zusammenhang gerissen würden. Genau dieses Herausreißen aus dem Zusammenhang ist aber ein Problem bei dieser „menschenfreundlichen“ Stelle, worauf schon wiederholt G.-R. Puin15 hin­ge­wiesen hat. Denn wenn man den noch zum selben Vers dazugehörenden unmittelbar davorstehenden Satz nimmt…

Bobzin: „Und deshalb schrieben wir den Kindern Israel dies vor:“

Karimi: „Deshalb haben Wir den Kindern Israels vorgeschrieben:“

… so sieht man schnell, dass es sich hierbei gar nicht um eine Aufforderung an die Muslime, sondern an die Juden handelt. Was für Muslime gilt, zeigt sich im unmittelbar darauffolgenden Vers 33 (Hervorhebungen jeweils Verf.): Bobzin:

Doch die Vergeltung derer, die gegen Gott und seinen Gesandten kämpfen

und im Lande auf Unheil aus sind,

die ist, dass sie getötet oder gekreuzigt werden

oder ihnen ihre Hände und Füße abgehauen werden,

wechselweise rechts und links,

oder sie aus dem Land vertrieben werden. (…)

Karimi:

Die Vergeltung für die, die Gott und Seinen Gesandten bekrie­gen´und die bemüht sind, Unheil zu stiften auf der Erde, ´ist, dass sie getö­tet oder gekreuzigt ´oder dass ihnen wahlweise Hände und Füße abgehackt ´oder dass sie vertrieben aus dem Land. ´ Im Diesseits ist das für sie eine Schande, ´im Jenseits erwartet sie eine Strafe, eine ge­waltige.

Zum Vergleich die wörtlichere Übersetzung Parets, die hier auch nicht humaner wirkt:

Der Lohn derer, die gegen Gott und seinen Gesandten Krieg führen und (überall) im Land eifrig auf Unheil bedacht sind (?), soll darin be­stehen, daß sie umgebracht oder gekreuzigt werden, oder daß ih­nen wechselweise (rechts und links) Hand und Fuß abgehauen wird, oder daß sie des Landes verwiesen werden. Das kommt ihnen als Schande im Diesseits zu. Und im Jenseits haben sie (überdies) eine gewaltige Strafe zu erwarten.

Keinem der beiden Übersetzer ist die Tatsache eine Bemerkung wert, dass ausgerechnet vor einer so grausamen Stelle eine so häufig aus dem Zusammenhang gerissen zitierte angeblich humane Stelle steht. Dies hätte wohl den „Dialog“ mit dem Islam gefährdet und wäre auch dem so über­strapazierten Axiom von der Schönheit des Koran abträglich gewesen. Zu weiteren Koranstellen, in denen das Abhacken von Händen zur gött­lichen Pflicht gemacht wird, siehe Kapitel 4.3.2.

 

    1. 4.2 Dunkle Koranstellen und ihre Glättung

      1. 4.2.1 Die Paradiesjungfrauen in den Koranübersetzungen

Eine Reihe von Koranstellen, die bis vor einigen Jahren nicht zu den „dunk­len“ zählten, die dann aber nach der Neuinterpretation von Christoph Luxen­­berg16 weltweites mediales Aufsehen erregten, betreffen die angeb­li­chen Paradiesjungfrauen.

Sowohl Bobzin, als auch Karimi berücksichtigen zwar die Thesen der syro-aramäischen Lesung nicht, trotzdem ist es durchaus sinnvoll, ihre jeweiligen Übersetzungen mit den Neuinterpretationen Luxenbergs zu ver­gleichen, da nur so klar wird, welche der beiden Versionen besser zum Rest des Textes passt.

Zunächst einmal muss dabei kurz erläutert werden, worum es bei dieser Neuinterpretation des Korantextes geht: Die Neuinterpretation geht von zwei nicht explizit genannten Grundannahmen aus. Die erste Grundan­nah­me betrifft die Schreibung. Sie geht davon aus, dass der Text des Ko­ran nicht primär mündlich tradiert wurde, sondern primär schriftlich, und zwar defektiv – ohne Diakritika und Vokalzeichen – ge­schrie­­ben. Dieses Kon­sonantengerüst nennt man rasm (Spur), und es spielt auch bei musli­mi­schen Gelehrten eine wichtige Rolle. So sind viele Varianten im rasm gleich und unterscheiden sich nur durch die diakritischen Punkte und Vokale. Die daraus folgende Erweiterung der Grundannahme war, dass die diakritischen Punkte auch in vielen Fällen bei der späteren Zusammenstellung des Koran falsch gesetzt wurden. Auch dieser Gedanke war nicht neu. Bereits Günter Lüling17 und hatte ihn vertreten und damit seine anfangs vielversprechende wissenschaftliche Karriere vorzeitig beendet. Zu einigen der aus heutiger Sicht skandalösen Hintergründe der Causa Lüling siehe unter anderem Ibn Rawandi18. Die Möglichkeit, durch anderes Setzen diakritischer Punkte zu einem besseren Sinn zu kommen, war übrigens schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts von Jakob Barth19 behandelt worden.

Die zweite Grundannahme Luxenbergs betraf die Wichtigkeit des Syri­schen beim Verständnis des Koran. Denn ihm war aufgrund seiner ausge­zeich­neten Beherrschung sowohl des klassischen Arabischen als auch des Syrischen aufgefallen, dass viele dunkle Stellen des Koran, wenn man sie syntaktisch und semantisch als Syrisch liest, einen besseren Sinn ergeben als bisher.

Was die Bedeutung des Syrischen angeht, gab es ebenfalls Vorläufer, allen voran Arthur Jeffery20. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Theorien Luxenbergs völlig ideosynkratisch und sozusagen aus der Luft gegriffen seien, wie immer noch behauptet wird. Auch sollte ein einfaches Beispiel aus dem modernen Alltag schon genügen, um Bobzins „Wegschie­ben“ der Argumente Luxenbergs mit der knappen Bemerkung „Die Annah­me eines aramäischen Urkorans (Luxenberg) erscheint mir wenig überzeu­gend (vgl. Hopkins)“21 doch als gelinde gesagt voreilig erscheinen lassen. Der häufige arabische Name „Ya?y?“ entspricht dem deutschen / griechi­schen „Johannes“, was auf ein syrisches „Yu?ann?“ zurückgeht. Kein Laut­wandel in den semitischen Sprachen und kein auch noch so exotischer Hörfehler kann aber die Unterschiede dieser beiden Formen erklären. Schreibt man sie aber in heutiger arabischer Schrift untereinander …

ya?y? – ?????

yu?ann? – ????

… dann fällt sofort auf, dass der rasm dieser beiden Formen identisch ist. Man braucht also gar keinen Lautwandel oder ein „Verhören“ anzunehmen, dafür aber ein „Verlesen“.

Doch zurück zum Fall der Paradiesjungfrauen, für die es im Deutschen auch die aus dem Arabischen stammende Bezeichnung „Huris“ gibt. Allerdings kommt besagtes arabisches Wort – ??r?ya – im Koran nicht vor. Statt dessen steht die seltsame Fügung ??r ??n, wörtlich „die weißen, die Augen/Äugigen“. Luxenberg hat mit einer sehr ausführlichen Argumen­ta­tion die­sen Begriff als das vom semitischen Konsonantengerüst her iden­tische ?ew?r?/?ew?r??? ?ayn? – „weiße, kristallklare Trauben“ interpretiert. In der Folge wurden alle Koranstellen, in denen es vermeintlich um diese Huris ging, einer genaueren Analyse unterzogen, und in allen Fällen konnte durch etwas anderes Setzen der diakritischen Punkte ein neuer Sinn gefunden werden, der die Annahme von Paradiesjungfrauen überflüssig machte. Als Beispiel sei nur die folgende Stelle in Sure 44:54 sowie 52:20 genannt. In der traditionellen Lesung lautet die Stelle:

??????? ???? ??? wa zawwa?n?hum bi ??rin ??nin –

Paret: und wir geben ihnen großäugige Huris als Gattinnen

Durch Neusetzen der Punkte wird aus „ ?????? – zawwa?n?hum“ bei Luxen­berg „ ?????? rawwa?-n?-hum“, der Vers lautet dann:

Luxenberg: „Wir werden es ihnen unter weißen, kristall(klaren) (Wein­­trauben) behaglich machen.“

Bobzin und Karimi übersetzen diese Stelle traditionell:

Bobzin: Als Gattinnen geben wir ihnen Mädchen – mit großen schwarzen Augen.

Karimi: Und wir geben ihnen als Frauen ??r?, mit großen Augen.

52:20 übersetzt er anders: Und Wir geben ihnen Frauen, großäugige.

In den Erläuterungen gibt Bobzin als Erklärung für das Weiße in den Augen die geläufigste traditionelle Interpretation:

„Mädchen mit großen schwarzen Augen“ bi-??rin ??nin; vgl. Anmer­kung zu 56: 22 (auch bei 52: 20 Verweis auf diese Anm.)

Dort steht folgendes: „Mädchen mit großen, schwarzen Augen ??run ??nun, wörtlich: „(weibliche Wesen) mit großen Augen, in denen sich das Weiße vom Schwarzen stark abhebt“.

Mit anderen Worten: „Weiße Augen“ bedeutet eigentlich „Schwarze Au­gen“, weil man durch den Kontrast des Weißen das Schwarze besser sehen kann!

Unsere beiden Übersetzer scheint es auch nicht zu stören, dass es andere Koranstellen gibt, in denen den Gläubigen (offensichtlich sind immer nur die Männer angesprochen!) in Aussicht gestellt wird, dass sie zusammen mit ihren Frauen ins Paradies kommen (43:70):

Paret: Tretet ins Paradies ein, ihr werdet (darin) mit euren Gattinnen zusammengebracht

Bobzin: … tretet in den Garten ein, ihr und eure Frauen, hoch beglückt!“

Karimi: Tretet ein in den Garten, ´ihr und eure Ehepartner, bereitet ist euch Freude!

Politisch nicht korrekt, aber berechtigt könnte man bei wörtlicher Ausle­gung der Stelle die Frage stellen, ob denn zwangsverheiratete Mädchen dann in alle Ewigkeit mit dem ungeliebten Ehemann zusammenbleiben müssen, ganz abgesehen von der Frage, ob eigentlich unverheiratete Frauen auch eine Chance auf das Paradies haben.

Christoph Luxenberg ist übrigens vorgeworfen worden, seine Prüderie habe die erotische Paradiesvorstellung nicht zulassen können22. Da fragt es sich doch mit mehr Berechtigung, ob auch den Gattinnen, die auf das Zusammensein mit ihren Ehemännern Wert legen, das Vorhandensein von Paradiesjungfrauen ebenso willkommen ist.

Bei traditionellem Verständnis dieser Stelle sind aber noch weitere Details über die Paradies­jungfrauen herauszufinden:

2:25 (ebenso 3:15, 4:57)

Paret: „Und darin [Anm.: D.h. im Paradies] haben sie gereinigte Gattinnen (zu erwarten).“

Bobzin: … Reine Ehefrauen sind dort für sie bestimmt, …

Karimi: Und ihnen gehören dort Ehepartner, reine.

Luxenberg: … allerlei Arten von reinen (Früchten)

Rein sind sie also, was wohl so etwas wie sittsam bedeuten soll und zum nächsten Vers passt (37: 48-49):

Paret: Und sie haben großäugige (Huris) bei sich, die Augen (sitt­sam) niedergeschlagen, (unberührt) [Anm.: Oder: (makellos)] als ob sie wohlverwahrte Eier wären.

Bobzin: Frauen mit großen Augen, die keusch blicken, sind bei ih­nen, ganz so, als ob sie wohlverwahrte Eier wären.

Karimi: Und bei ihnen Frauen, niedergeschlagene Augen, ´groß­äugige, die wohlverwahrten Eiern gleichen.

Metaphern in anderen Kulturen sind oft schwer verständlich – wenn im Hohelied die Zähne der Geliebten mit einer Schafherde verglichen werden, mag das nicht unbedingt auf einer Valentinskarte verwendbar sein -, aber der Vergleich ist immerhin bildlich vorstellbar. Sicherlich wird man mit viel Phantasie auch Gemeinsamkeiten zwischen keusch dreinblickenden Frauen und gut verstauten Eiern finden, trotzdem ist die Interpretation Luxenbergs sicherlich leichter nachempfindbar:

Luxenberg: Ihnen werden (zur Verfügung stehen) (zum Pflücken) herab­hängende Früchte (Weintrauben), Juwelen (gleich), als wä­ren sie (noch in der Muschel) eingeschlossene Perlen.“

Weitere Attribute, die den Huris beigelegt werden, sind in folgenden Versen zu finden:

Paret (38:52): während sie gleichaltrige (Huris) bei sich haben, die Au­gen (sittsam) niedergeschlagen.

Bobzin: Frauen gleichen Alters sind bei ihnen, die keusch blicken

Karimi: Und sie haben Gleichaltrige, die zurückhalten ihre Blicke.

Luxenb.: Bei ihnen (werden) niederhängende, saftige Früchte (sein).

Der in vielen – nicht nur islamischen Ländern – zentrale Kult um die Jung­fernschaft der „Tochter/ Schwester/ Braut“ (der gute Teil des weiblichen Geschlechts) – spiegelt sich auch in den Koraninterpretationen der ver­gangenen Jahrhunderten wieder:

Paret (38:52): Darin [Anm.: D.h. in den Gärten (Mehrzahl)] befinden sich (auch), die Augen (sittsam) niedergeschlagen, weibliche Wesen, die vor ihnen [Anm.: D.h. vor den (männlichen) Insassen des Paradieses, denen sie nunmehr als Gattinnen zugewiesen werden] weder Mensch noch Dschinn (??nn) entjungfert hat.

Bobzin: Keusch blickende Frauen sind dort,

vorher weder von Mensch noch Dschinn berührt,

Karimi: Darin sind die, die ihre Blicke niederschlagen, ´die vor ihnen weder Menschen noch Dschinn berührt.

Luxenberg: Darin (befinden sich) herabhängende (pflückreife) Früch­­te, die weder Mensch noch Genius vor ihnen je befleckt hat.

Die süffisante Frage, ob die Paradiesjungfrauen etwa so sittsam sind, dass sie bis in alle Ewigkeit Jungfrauen bleiben, oder vielleicht jeden Tag durch Nach­folgerinnen ersetzt werden, oder – Gott ist schließlich allmächtig – durch Löschen ihres Gedächtnisses und Nachwachsen bestimmter Körper­teile jeden Morgen erneut zu Jungfrauen werden, ist von der Traditions­literatur nicht wirklich diskutiert worden.

Aus stilistischen Gründen sehr interessant ist Sure 55. Grob gesagt: jede zweite Zeile ab Zeile 13 besteht aus einem Refrain, der insgesamt 30 mal vorkommt! Bei Paret und Karimi lautet er folgendermaßen:

Paret: Welche von den Wohltaten eures Herrn wollt ihr denn leugnen?

Bobzin: Ja, welche Gnadengaben eures Herrn wollt ihr denn leugenen.

Karimi: Welche Gnaden eures Herrn wollt ihr beide leugnen?

Die Tatsache, dass der Refrain aber nicht genau in jedem zweiten Vers vor­kommt, macht einige Stellen schon etwas verdächtig. Gab es hier etwa spä­te­­re Ein­schü­­be? Darauf wäre vielleicht an anderer Stelle einzugehen, ebenso wie auf die Frage, ob es sich hierbei um eine Art Litanei oder Wechselgesang zwischen Priester und Gemeinde gehandelt haben könnte. Das wiederum würde einen Text über himmlische Liebesdienerinnen doch etwas schlüpfrig erscheinen lassen, zudem sie auch noch nach dem traditionellen Verständ­nis einiger Verse eingesperrt sind (55: 70, 72, 74):

Paret: 70. Darin befinden sich gute und schöne weibliche Wesen. 72. Huris, in den Zelten abgesperrt (so daß sie den Blicken von Fremden entzogen sind). 74. (Weibliche Wesen) die vor ihnen weder Mensch noch Dschinn (??nn) entjungfert hat.“

Bobzin: B: 70. darin sind gute, schöne Frauen 72. mit schwarzen Augen, in Zelten abgesondert, 74. vorher weder von Mensch noch Dschinn berührt,

Karimi: 70. Darin sind Gute und Schöne. 72. Frauen, großäugige, zurückgezogen in Zelten. 74. Nicht berührt haben sie vor ihnen Menschen und nicht Dschinn.

Die Interpretation Luxenbergs müsste dagegen auch ad usum delphini nicht umgearbeitet werden.

Luxenberg: 70: Darin (befinden sich) erlesene, vorzügliche (Früchte), 72: Weiße, in den (Wein)lauben herabhängende (Weintrauben), 74: die weder Mensch noch Genius vor ihnen befleckt hat.“

Als ob unterstrichen werden müsse, dass Wonder Bra und Silikonimplantate im Paradies völlig überflüssig seien, geht es weiter: 78:31-34

Paret: Die Gottesfürchtigen (dagegen) haben (großes) Glück (maf?z) zu erwarten, Gärten und Weinstöcke, gleichaltrige (Huris) mit schwellenden Brüsten und einen Becher (mit Wein, bis an den Rand) gefüllt (dih?q).“

Bobzin: Siehe, für die Gottesfürchtigen gibt es Gewinn: Obstgärten und Weinstöcke, gleichaltrige Frauen mit schwellenden Brüsten und Becher, bis zum Rand gefüllt.

Karimi: Gewiss gibt es für die Gottesfürchtigen Gewinn, Gärten und Rebstöcke und Mädchen, gleichaltrige, mit schwellenden Brüsten, und einen Becher, gefüllt bis zum Rande.

Luxenbergs Übersetzung ist hier in der Tat auch für prüdere Naturen akzeptabler:

Luxenberg: Die Gottesfürchtigen (werden) (dereinst) einen Ort der Glückseligkeit (haben): Gärten und Weintrauben, und (zwar) üppige, saftige [Früchte], und einen randvollen (Wein)becher.“

Um alle Geschmäcker zufrieden zu stellen, gibt es dann auch noch junge Knaben, wobei (wohl aus Sicht der männlichen Muslime hoffentlich) nicht anzunehmen ist, dass diese die männliche Ent­sprechung der Huris für die Ehefrauen der Gläubigen sind. (76:19):

Paret: Ewig junge Knaben (wild?nun mu?allad?na) machen unter ih­nen die Runde. Wenn du sie siehst, meinst du, sie seien ausge­streute [Anm.: Oder: gefaßte (?man??r) Perlen (so vollkommen an Gestalt sind sie).

Bobzin: Jünglinge, die ewig leben, umkreisen sie. Wenn du sie siehst, hälst du sie für verstreute Perlen.

Karimi: Um sie kreisen ewig junge Männer.´Wenn du sie anblickst, meinst du, sie seien Perlen, ausgestreute.

Wer Mädchen mit Eiern vergleicht, darf auch Knaben mit hingestreuten Perlen vergleichen. Zugegebenermaßen langweiliger klingt da schon wieder Luxenberg:

Eisgekühlte Früchte (Weintrauben) gehen unter ihnen herum; wenn du sie siehst, würdest du meinen, es seien (lose) verstreute Perlen.

Wie aus den vorangegangenen Beispielen ersichtlich, stehen Bobzin und Karimi hundertprozentig auf der Linie Parets, was sich bis in die Wortwahl zeigt. Dass die Interpretation Luxenbergs mehr Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen kann, sollte schon aus semantischen Gründen klar sein (Hübsche Frauen sehen nicht wie Eier aus und Knaben nicht wie verstreute Perlen!). Wer aber bedenkt, dass es – bei der traditionellen Auslegung – im Paradies zwar Wein gibt, aber keine Trauben, und weiter, dass bei christ­lichen Paradiesbeschreibungen in der Spätantike immer Trauben, nie aber Jungfrauen eine Rolle spielten, und wer zuletzt noch einen Abstecher in den Felsendom macht und dort die gemalten Trauben an den Wänden betrach­tet hat – keine Frauen oder Mädchen! – der müsste die An­sicht Christoph Luxenbergs doch zumindest einmal soweit ernst nehmen, dass er sie nicht mit einem lapidaren Nebensatz wie „erscheint mir wenig überzeu­gend“ ein­fach ignoriert. Hier wäre schon eine philologisch nach­prüf­bare Argu­men­tation nötig gewesen.

 

      1. 4.2.2 Verträge mit Ungläubigen

Es ist allgemein bekannt, dass die Interpretation von Koranstellen – anders als in heutiger Zeit die Bibelexegese – nicht nur rein theologische oder höchs­tens histo­rische Konsequenzen hat. Denn der Islam, der sei­ne heilige Schrift für wörtlich von Gott übermittelt betrachtet wurde mit der Scharia ein Rechts­system geschaffen, das sich in erster Linie auf diese Schrift beruft. So ist es nicht verwunderlich, dass in vielen Staaten der islamischen Welt der Koran bzw. die vor allem auf ihm beruhende Scharia Grund­lage der Gesetzgebung sind. Sollte es hier also zu einem fundamental neuen Ver­ständnis einer wichtigen Stelle kommen und dieses neue Verständnis sich durchsetzen, hätte dies handfeste Auswirkungen auf Politik und Gesell­schaft. So lesen wir im Islam-Lexikon23 zum Thema Heiliger Krieg (2.Band, S. 349 ff.):

S. 350: „Der Endzweck des Kampfes wird erst erreicht, und der Friede wird erst dann einkehren und herrschen, wenn die Ungläubigen end­lich den Islam annehmen (vgl. 48, 16) und wenn der Islam den Sieg davonträgt (vgl. 9, 33) Bis dahin gilt der totale Krieg. (…)“

S. 351: „Die klassische Theorie des islamischen Gesellschaftssystems im Mittelalter, z.B. bei Shafi?i, kennt die Aufteilung der Welt in zwei Gebiete: das „Gebiet des Islams“ (dar al-Islam) und das Gebiet der Nicht-Muslime, das unter Berücksichtigung der Umstände der da­ma­ligen Zeit als „Gebiet des Krieges“ (dar al-harb) bezeichnet wird. In Zeiten des Friedens, deren Bedingungen durch einen Vertrag fest­gelegt werden, heißt das nicht-islamische Gebiet „Gebiet des Ver­trags“ (dar al-?ahd) oder auch „Gebiet des Friedensschlusses“ (dar al-sulh).“

Allerdings gibt es keine einhellige Meinung, was genau als Feindesland zählt. Zu den Vertragsmöglichkeiten mit Feinden lesen wir weiter (S. 358):

„Die muslimischen Rechtsgelehrten berücksichtigen nicht den Fall ei­nes verlorenen „Heiligen Krieges“. Die wenigen, die diesen Fall be­han­deln, sprechen von einer höheren Gewalt oder einer Kata­strophe. In diesem Fall darf das Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft einen befristeten Friedensvertrag mit den Feinden abschließen. Die allgemein zugestandene Frist dauert höchstens zehn Jahre: Das ist die Dauer des Hudaybiya-Abkommens, das Muhammad und die Mek­kaner miteinander im Jahr 628 schlossen. Nach Ablauf dieser Frist müssen die Muslime den Kampf wieder aufnehmen, wenn es die Um­stände zulassen. Sonst darf ein neuer Friedensvertrag ausgehan­delt werden.“

Wie man sieht, beruhen diese Regeln einerseits auf Koranstellen, anderer­seits auf den historischen Informationen des traditionellen Berichtes über die blutige Frühzeit des Islam. In diesem Falle geht es um das Abkommen von ?udayb?ya, das Mu?ammad angeblich im Jahre 6 der Hidschra mit den Mekkanern abgeschlossen hat. Auf dieses Abkommen beruft sich auch das ganze Konzept der „hudna“, des zeitlich begrenzten Waffenstillstandes, der laut Scharia einzigen erlaubten Form der Koexistenz zwischen dem Gebiet des Islam und dem des „Hauses des Krieges – d?ru l-?arb„. So ist von der radikal-islamischen Hamas auch klar gemacht worden, dass es mit Israel nie einen Frieden geben könne, sondern nur eine hudna, die man allerdings nach Ablauf verlängern könne.

Die angeblichen historischen Ereignisse dieser Zeit sollen sich vor allem in den Suren 48 (al-fat?) und 9 (at-tawba) widerspiegeln. Schaut man sich aber diese Suren einmal genau an, so wird sehr schnell deutlich, das keine einzige der Stellen auch nur einigermaßen klar ist. Der historische und rechtliche Bezug ist nur dann erkennbar, wenn man die jeweilige Stelle aus der Tradi­tionsliteratur heraus versteht und die jeweiligen Erklärungen der Kommen­tatoren als unfehlbar anerkennt – wenn sie denn einmal einer Meinung wären! Akzeptiert man dagegen die Grundannahme von Inârah, dass die Traditionsliteratur etwas Sekundäres ist und zumindest zum Teil vielleicht überhaupt erst geschaffen wurde, um diese dunklen Stellen zu erklären, so müsste man endlich einmal damit anfangen, den Text zunächst einmal als Text zu behandeln und philologisch ergebnisoffen zu unter­suchen. Und wenn schon der historische Kontext mitberücksichtigt wird, dann muss es der Kontext sein, der durch harte Fakten unterlegt ist – nicht die Phantasie­erzählungen der Prophetenbiographie. Bei dieser Vorgehens­weise könnte dann aber mit großer Wahrscheinlichkeit herauskommen, dass das, was im Koran steht, von dem oder den Verfassern gar nicht so gemeint war, wie es heute verstanden wird.

Als Beispiel folgt eine Diskussion des Anfangs der Sure 9 (at-tawba), wobei Paret folgendermaßen übersetzt:

Paret: 1 Eine Aufkündigung (des bisherigen Rechtsverhältnisses und Friedenszustandes) (oder: Eine Schutzerklärung) von seiten Gottes und seines Gesandten (gerichtet) an diejenigen von den Heiden (d.h. von denen, die (dem einen Gott andere Götter) beigesellen), mit de­nen ihr eine bindende Abmachung eingegangen habt (oder, nach Frants Buhl: (gerichtet an die heidnische Welt, jedoch nicht) an die­je­nigen von den Heiden, mit denen ihr eine bindende Ab­machung eingegangen habt): – 2 Zieht nun vier Monate (unbe­helligt) im Land umher! Ihr müßt aber wissen, daß ihr euch dem Zugriff Gottes nicht werdet entziehen können, und daß Gott die Ungläubigen (früher oder später) zuschanden machen wird -;

Zu den ersten sieben Versen der Sure schreibt Paret insgesamt dreieinhalb engbedruckte Seiten (S. 193-96) Kommentar. Hier einige Auszüge:

9,1-37: R. Bell unterzieht in seiner Abhandlung Muhammad’s Pilgrimage Proclamation (Journal of the Royal Asiatic Society 1937, S. 233-244) den Abschnitt ?9,1-37 einer scharfsinnigen Analyse. Er kommt zu dem Ergebnis, daß zwei verschiedene Proklamationen mit­einander verquickt sind: 1. die Aufkündigung des Vertrags von ?udaibiya (vor der Eroberung von Mekka), 2. die Proklamation während der Wallfahrt vom Jahr 630 (kurz nach der Eroberung, nicht, wie sonst angenommen wird, vom Jahr 631). (…) Es ist hier nicht der Ort, auf Bells z.T. einleuchtende, z.T. aber auch frag­würdige Analyse einzugehen. (…) Im übrigen ist von vornherein zuzugeben, daß vieles dunkel bleibt. (…) 9,2 (s. auch ? Anm. zu 9,1-37) Mit den vier Monaten könnten an sich die vier auf das Datum der Proklamation folgenden Monate gemeint sein. Aber dem scheint Vers 5 zu widersprechen, wo den Ungläubigen nach Ablauf der heiligen Monate schärfster Kampf angesagt wird. (…) In Vers 2 könn­ten diejenigen Heiden angesprochen sein, mit denen die Mus­lime eine Abmachung eingegangen hatten (siehe Vers 1 und die Anmerkung dazu), während Vers 5 die übrigen Heiden betreffen würde. In diesem Fall wäre aus dem Wortlaut von Vers 2 zu folgern, daß die Heiden, die mit den Muslimen in einem Vertragsverhältnis standen, während der vier heiligen Monate (auch in den kom­men­den Jahren, bis zum Ablauf der Vertragsfrist?) unbehelligt soll­ten reisen dürfen, während die übrigen Heiden (nach Vers 5) nur noch bis zum Ende der laufenden heiligen Monate, also bis Ende Mu?arram, eine letzte Schonzeit haben sollten. Aber dieser Deu­tungs­versuch ist sehr fragwürdig. Warum sollten die durch Vertrag geschützten Heiden nur während der vier heiligen Monate reisen dürfen? Etwa deshalb, weil während der anderen acht Monate sowie­so niemand seines Lebens sicher war?

Wie man sieht, hat Paret massive Probleme mit diesen paar Versen. Vor allem das Wort ????? (bar??a – Aufkündigung) macht nicht nur ihm Prob­leme. So übersetzen Blachère und Bell hier anders:

Blachère: Immunité d’Allah et de Son Apôtre, pour ceux des Asso­ciateurs avec qui vous avez conclu un pacte.

Bell: Renunciation by Allah and His messenger of the po­lytheists with whom ye have made covenants ;

Vor allem, dass bar??a „Aufkündigung“ bzw. „renunciation“ heißen soll, wird von Blachère in seiner diesbezüglichen Anmerkung bezweifelt, da sich hier ein klarer Widerspruch zum folgenden Vers nicht mehr wegdiskutieren ließe.

Die Stelle wurde aber auch von Christoph Luxenberg behandelt, der das problematische Wort ????? (bar??a) mit dem hebräischen ???? (br?? – Ver­trag, Bund)?in eine Reihe stellt, was den Widerspruch auflösen würde. Bobzin übersetzt hier aber nicht, sondern paraphrasiert die Übersetzung Parets:

Bobzin: 1. Eine Aufkündigung von Seiten Gottes und seines Ge­sandten an jene Beigeseller, mit denen ihr einen Bund geschlos­sen hattet. 2. Zieht frei im Land umher, vier Monate! Doch wisst, dass ihr Gottes Tun nicht vereiteln könnt und das Gott die Ungläubigen erniedrigen wird.

Bei Karimi wird der Begriff allerdings fast schon wie bei Luxenberg übersetzt:

Karimi: 1. Eine Schutzerklärung von Gott und Seinem Gesandten ´für die, mit denen ihr einen Vertrag geschlossen, ´unter denen, die neben Gott Anderes stellen. 2. Zieht im Land umher vier Monate und wisst: ´Ihr haltet Gott nicht ab, ´Gott macht zuschanden die Leugner.

Es sollte noch darauf hingewiesen werden, dass in dem von Elisabeth Puin24 bearbeiteten Palimpsest aus ?an??? gerade an dieser Stelle eine abweichende Lesart vorliegt, die ebenfalls eine andere Deutung möglich macht.

Eine philologische Beleuchtung dieser schwierigen Stelle, die sich auch in irgendeiner Weise in der Übersetzung niederschlagen würde (z.B. durch Klammern oder Fragezeichen), kann bei kei­nem der beiden Übersetzer die Rede sein. Ob im angekündigten Kommen­tar Bobzins hierzu noch etwas gesagt werden wird, bleibt abzu­warten. Die besagten Fragezeichen oder Klammern (wie bei Paret) wären aber in jedem Falle nötig, um den Leser darauf aufmerksam zu machen, dass es an dieser Stelle Probleme beim Verständnis gibt!

Zu dem einige Zeile später folgenden sogenannten „Schwervers“ siehe Kapitel 4.3.3.

      1. 4.2.3 Pferde im Koran

Allen Lesern von Karl May ist die hundertste Sure bekannt25, von der meist angenommen wird, dass sie von Pferden handelt. Bei Paret lautet sie:

1. Bei denen, die keuchend laufen, 2. (mit ihren Hufen) Funken stie­b­en lassen 3. und am (frühen) Morgen einen Überfall machen, 4. da­bei(?) Staub aufwirbeln 5. und sich (plötzlich) mitten in einem Hau­fen (von Feinden) befinden! (Mit den (weiblichen) Wesen, bei denen hier geschworen wird, sind vermutlich Pferde gemeint).

Hier sollte vielleicht erwähnt werden, dass das Beschlagen von Pferden – ohne Hufeisen gibt es keine Funken! – im 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel noch gar nicht bekannt war26.

Zudem gibt es zu dieser extrem „dunklen“ Sure, vor allem zu den ersten fünf Zeilen, eine Arbeit von Munther Younes27. In der Einleitung erwähnt er die textkritische Methode von Günter Lüling und Christoph Luxenberg explizit und wendet bei seiner Behandlung auch dessen Methode an. Zunächst aber gibt er das traditionelle Verständnis der Sure folgender­maßen wieder:

(Kürzung)

Es handelt sich hierbei also um eine Bekräftigungsformel, die aber auch den alten Kommentatoren ein Rätsel war. Auf S. 363 sagt Younes, der die ent­sprechenden Stellen der Kommentatoren vergleicht:

„Some scholars have taken the enigmatic nature of these verses as evidence of the superior nature of the language of the Qur??n. For example, Hajjaji-Jarrah declares that, …“

Etwas später kommt er zu dem Schluss, dass man durch bloße Verwendung der traditionellen Methoden zu keinem Ergebnis kommen kann (S.369):

One wonders why ?ve verses, with a total of 12 words, should require so much interpretation, with con?icting views and no satisfactory answers to some key questions: (a) to what does al-??diy?t refer? What do the words ?ab?? and naq?? mean? In vv. 4-5, to what does the pronoun hi in bihi refer? Re?ecting the commentators‘ di?culty in understanding these verses, Pickthall states in a footnote to his translation of Q 100: ‚the meaning of the ?rst ?ve verses is by no means clear. The above is a probable rendering.‘ In my view, no amount of interpretation will produce a meaningful and coherent set of verses, because the original structure was destroyed and linguistic elements which ?t with one another at some point were replaced with others that do not.“

Vor allem weist er auch auf das höchst verdächtige Faktum hin, dass in den fünf behandelten Versen allein sechs (!) der Wörter nur hier vorkommen (S. 370):

„Of the twelve words in the ?ve verses under discussion, six are hapax legomena: al-??diy?t, ?ab??, qad??, al-mu??r?t, naq??, and wasa?na, a disproportionately high number. In at least one case, i.e. naq??, a word is used with a meaning not found in the language outside of this s?ra. In other cases, a clear attempt is made by the commen­tators to force a meaning to ?t the context of the s?ra.“

Zu der Frage, ob der Koran primär mündlich oder primär schriftlich tradiert wurde, ist sein Urteil ebenfalls eindeutig zugunsten der schriftlichen Tradition (S. 382):

„this assumption implies that the Qur??n started as a written docu­ment as opposed to an oral recitation, or that there was a time when the written text was not clearly supported by an oral tradition; as a result, there was room for reading errors.“

Auch zu der Frage, ob es sich bei den „Laufenden“ wirklich um Pferde handelt, fällt er ein desillusionierendes Urteil (S. 371):

„Among those who said that the intended meaning of al-??diy?t is hor­­ses are Ibn ?Abb?s, Anas [b. M?lik], al-?asan [al-Ba?r?], and Mu­??­­hid . . . Another account says that it refers to camels. Muslim said, ‚I had a disagreement about it with ?Ikrima, who said, Ibn ?Abb?s said ‚horses‘, and I said that ?Al? said ‚camels at the time of the pilgrimage‘, and my master is more knowledgeable than your master‘ . . .“

Ohne dass er das Nichtvorhandensein von Hufeisen thematisiert, kommt auch er unabhängig zu den gleichen Zweifeln an den Funken stiebenden Hufen (S. 372):

„qad??: Most exegetes interpret this word as the sparks produced by the running horses. his interpretation is particularly problematic when one takes into account the alternative interpretation that runners, ??diy?t, refers to camels, not horses. No one would argue that the hooves of camels produce sparks.“

Im folgenden löst sich Younes dann völlig von der Tradition und versucht, durch Neusetzung der diakritischen Punkte einen passenderen Sinn herauszubekommen. Dabei kommt er zu folgendem Ergebnis:

(Kürzung)

Seiner Interpretation zufolge steht in der Sure selbst nichts von „Laufenden – al-??diy?t“, was man als Pferde verstanden hat, sondern die Sure handelt von „al-??diy?t – die (fem.), die am Morgen herausgehen“, um eine Flamme anzuzünden, womit sie eine gute Tat verrichten, die allen zugute kommt. Fast ist man an das Anzünden von Friedenskerzen in Kirchen erinnert!

Diese Interpretation wird von Bobzin und Karimi nicht berücksichtigt, die beide wieder Paret paraphrasieren:

Bobzin: 1. Bei den Laufenden, wenn sie schnauben!

2. Bei den Ausschlagenden, dass die Funken stauben!

3. Bei den Angreifenden im Morgengrauen,

4. die damit Staub aufwirbeln,

5. dann vordringen in die Feindeshaufen!

Karimi: 1. Bei den schnaubend Laufenden,

2. Funken Schlagenden,

3. frühmorgens Anstürmenden

4. und die da Staub aufwirbeln

5. und in die Mitte eindringen!

Anscheinend wurden von Hartmut Bobzin nicht nur die Forschungen von Inârah-Mitgliedern auf eine „Schwarze Liste“ zu ignorierender Beiträge gesetzt, sondern auch die aller der Wissenschaftler, die die Arbeiten von Luxenberg und Lüling ernst nehmen.

 

      1. 4.2.3 Von Frauen, die auf Knoten spucken

Zwei der seltsamsten Suren sind die beiden letzten, die nicht in allen alten Ausgaben des Koran vorkommen. Der Beginn von Sure 2 und der den islamischen Glauben so prägnant zusammenfassende Charakter der Sure 112 lassen eher diese als ursprünglichen Anfang und Ende des Koran erscheinen. Die erste und die letzten beiden (Zauber-)Suren könnten daher ursprünglich eher als Art „Schutzumschlag“ um den „eigentlichen“ Koran eingefügt worden sein28. Zur Verdeutlichung des schwer zugänglichen Inhalts der 113 Sure hier die Übersetzung von Paret:

Paret: 1. Sag: Ich suche beim Herrn des Frühlichts Zuflucht

2. vor dem Unheil (das) von dem (ausgehen mag), was er (auf der Welt) geschaffen hat,

3. von hereinbrechender Finsternis,

4. von (bösen) Weibern, die (Zauber)knoten bespucken,

5. und von einem, der neidisch ist (w. von einem Neider, wenn er neidisch ist). (Hervorhebung Verf.)

In seinem Kommentar schreibt er dazu:

„Die Suren 113 und 114 werden wegen ihres ausgesprochen apotropäischen Charakters al-mu?auwi?at?ni „die beiden (gegen Unheil) feienden (suren)“ genannt. Zur Sache: Gesch. des Qor. I, S. 108-110. „Ihre Stellung am Ende des Qr?nbuches verdanken sie vermutlich demselben Aberglauben, der bis auf den heutigen Tag die Muslime bestimmt, jeden Qor?nvortrag mit der Formel ‚ich nehme meine Zuflucht zu All?h vor dem Satan, dem verfluchten‘ (Sur. 16,100) zu beginnen.“ Im Codex von Ibn Mas??d waren die beiden Suren nicht enthalten (Jeffery, Materials, S. 113).“

Bei Bobzin und Karimi lautet die Stelle:

Bobzin: Das Frühlicht – al-falaq

Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.

1. Sprich: „Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn des Frühlichts

2. vor dem Bösen, das er schuf.

3. und vor dem Bösen des Dunkels, wenn es hereinbricht,

4. und vor dem Bösen der Frauen, die auf Knoten spucken,

5. und vor dem Bösen eines Neiders, wenn er neidet.“

Karimi: Die Morgendämmerung

Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Erbarmers

1. Sag: ´“Ich suche Zuflucht beim Herrn der Morgendämmerung

2. vor dem Bösen dessen, was Er schuf,

3. vor dem Bösen der Finsternis, die hereinbricht,

4. vor dem Bösen knotenbespruckender Weiber

5. und vor dem Bösen des Neiders, der neidisch ist.“

Und in den Erläuterungen schreibt Bobzin, ganz in Anlehnung an Paret:

„Die beiden Suren 113 und 114 werden zusammenfassend als „die zwei (vor Unheil bzw. Zauber) bewahrenden (Suren)“ al-mu?awwi­?at?n bezeichnet. Daneben hat jede der beiden Suren auch ihren eigenen Namen. Sure 113 – al-falaq „Das Frühlicht“ – ist nach diesem in Vers 1 vorkommenden Wort benannt. – 3. „Dunkels“ ??siqin; man­che Interpreten verstehen darunter auch „Nacht“ oder „Mond“. – 4. „der Frauen, die auf Knoten spucken“ an-naff???ti f? l-?uqadi, oder: „… die auf Knoten blasen“. Das ist eine Anspielung auf eine altarabische Zauberpraxis, die vielleicht mit dem Nestelknüpfen vergleichbar ist:? Kommentar. -5. „eines Neiders, wenn er neidet“ ??sidin i?? ?asada. Das wird als Anspielung auf den sogenannten „Bösen Blick“ verstanden. Auch im deutschen Volksglauben spricht man vom „Verneiden“, d.h., dass Hexen durch den „Bösen Blick“ bestimmte Krankheiten hervorrufen.“

Dazu ist Folgendes zu bemerken: Was die Erklärung der „Zauber(knoten) bespuckenden Weiber“ betrifft, so ist diese zunächst einmal reine Speku­lation. Vom altarabischen Zauber­wesen im Zusammenhang mit Knoten ist nichts bekannt. Wie nicht anders zu erwarten, haben Bobzin und Karimi auch hier keine bessere Lösung:

Bobzin verweist in den Erläuterungen wie so oft auf den noch zu erschei­nenden Kommentar. Es kann wohl kaum angenommen werden, dass dort noch eine Lösung dieses Kno­tens präsentiert werden wird. Es ist halt immer leicht, sich bei allen Un­klarheiten immer auf das angebliche vor­islamische Heidentum zu berufen, von dem ja – außerhalb der islamischen Tradition – kaum etwas bekannt ist. Da kann man auch schon mal das „auf Knoten Spucken“ von Frauen als „Zauberpraxis“ erklären. Dass aber noch nicht einmal der Versuch gemacht wird, das problematische Wort „naff???ti“ (spucken, blasen oder was auch immer) philologisch genauer zu untersuchen, d.h. zum Beispiel, dass zu­min­dest einmal versuchsweise die diakritischen Punkte anders gesetzt wer­den, beweist doch sehr anschaulich die übergroße Ehrfurcht vor dem Kai­riner Korantext. Dies mag bei einem Gläubigen wie Karimi noch angehen, bei einem Wissenschaftler wie Hartmut Bobzin wäre dies unver­zeihlich. Doch auch hier wollen wir uns ein endgültiges Urteil vorbehalten, solange der angekündigte Kommentar noch nicht erschienen ist.

 

    1. 4.3 Die bösen Koranstellen

      1. 4.3.1 Zu Peitschenhieben

Bei den „bösen“ Koranstellen interessiert weniger die Interpretation, son­dern die Übersetzung selbst. Wird hier versucht zu beschönigen oder ehr­lich das wiedergegeben, was da steht? Im Gegensatz zu der Frage der dunk­len Koranstellen muss den beiden Übersetzern hier zugebilligt werden, dass sie keine „politische Korrigierung“ des Korantextes versuchen, wie es etwa Lamya Kaddor und Rabeya Müller in ihrem Der Koran für Kinder und Erwachsene29 getan haben. Als Beispiel folgt der Vers 24:4, der von einer noch eher milden Körperstrafe handelt:

Paret: Und wenn welche (von euch) ehrbare (Ehe)frauen (mit dem Vorwurf des Ehebruchs) in Verruf bringen und hierauf keine vier Zeugen (für die Wahrheit ihrer Aussage) beibringen, dann verabreicht ihnen achtzig (Peitschen)hiebe und nehmt nie (mehr) eine Zeugenaussage von ihnen an!

Bobzin: Die ehrbare Frauen beschuldigen, dann aber nicht vier Zeugen beibringen, denen gebt achtzig Peitschenhiebe,

und nehmt nie mehr eine Zeugenaussage von ihnen an

– sie sind die Verworfenen.

Karimi: Und die, die beschuldigen ehrbare Frauen, ´dann nicht vor­bringen vier Zeugen: ´geißelt sie mit achtzig Hieben. ´Und nehmt nicht an von ihnen eine Zeugenaussage, nie wieder. ´Und sie sind die Frevler.

Die Wortwahl der beiden Neuübersetzungen (ehrbare (Ehe)frauen, -hiebe) zeigt hier, dass die Übersetzung Parets doch immer noch ein Referenzwerk ist.

      1. 4.3.2 Zum Abhacken von Händen und Füßen

Während Peitschenhiebe im Allgemeinen keine bleibenden Schäden anrich­ten – so subtile Auswirkungen wie psychische Traumata spielen in archaischen Religionen keine Rolle – ist dies bei Amputationen schon eine andere Sache. Die Anwendung solch barbarischer Strafen – die bis heute vollzogen werden – ist dabei nicht ein „falsch verstandener“ oder „miss­brauchter“ Islam, sondern eher ein Islam, der sein heiliges Buch „wörtlich nimmt“. Hierzu betrachten wir noch einmal die bereits in Kapitel 4.3.1 behandelte Stelle (5:33):

Paret: Der Lohn derer, die gegen Gott und seinen Gesandten Krieg führen und (überall) im Land eifrig auf Unheil bedacht sind (?), soll darin bestehen, daß sie umgebracht oder gekreuzigt werden, oder daß ihnen wechselweise (rechts und links) Hand und Fuß abgehauen wird, oder daß sie des Landes verwiesen werden. Das kommt ihnen als Schande im Diesseits zu. Und im Jenseits haben sie (überdies) eine gewaltige Strafe zu erwarten.

Bobzin: Doch die Vergeltung derer, die gegen Gott und seinen Gesandten kämpfen und im Lande auf Unheil aus sind, die ist, dass sie getötet oder gekreuzigt werden oder ihnen ihre Hände und Füße abgehauen werden, wechselweise rechts und links, oder sie aus dem Land vertrieben werden.

Karimi: Die Vergeltung für die, die Gott und Seinen Gesandten bekriegen ´und die bemüht sind, Unheil zu stiften auf der Erde, ´ist, dass sie getötet oder gekreuzigt ´oder dass ihnen wahlweise Hände und Füße abgehackt ´oder dass sie vertrieben aus dem Land. ´ Im Diesseits ist das für sie eine Schande, ´im Jenseits erwartet sie eine Strafe, eine gewaltige.

Bemerkenswert ist hier nur Karimis etwas weniger grausame Deutung. Während die beiden anderen von einer Amputation der rechten Hand und des linken Fußes ausgehen (wechselseitig / wechselweise), übersetzt er „wahlweise“. Die Deliquenten in einem islamischen Land haben also nach göttlichem Gebot – anders als Bewohner des Westens in ihren Kaufhäusern – „die Wahl der Qual“.

Die zweite Stelle im Koran, die vom Abhacken von Händen handelt, ist 5:38, die im Original mit Interlinearübersetzung folgendermaßen lautet:

 

 

???????????? ?????????????? ???????????? ?????????????

wa-s-s?riqu wa-s-s?riqatu fa-q?a?? aydiya-hum?

und dem Dieb und der Diebin und hackt/schneidet Hände der beiden

Bei Paret lautet sie, zusammen mit dem nachfolgenden Vers:

Wenn ein Mann oder eine Frau einen Diebstahl begangen hat, dann haut ihnen die Hand ab! (Das geschehe ihnen) zum Lohn für das, was sie begangen haben, und als warnendes Exempel von seiten Gottes. Gott ist mächtig und weise.

Auch den Stilisten wie Bobzin und Karimi gelingt es nicht, diese Stelle schön klingen zu lassen:

Bobzin: Der Dieb und die Diebin: Schlagt ihnen die Hände ab

als Vergeltung für das, was sie begangen haben,

als warnendes Exempel von Gott.

Gott ist mächtig, weise.

Karimi: Dem Dieb und der Diebin hackt ab die Hände ´als Vergeltung für das, was sie erworben, ´ja, als abschreckendes Bild von Gott. ´Und Gott ist der unübertrefflich Erhabene, der Weise.

Es sollte vielleicht erwähnt werden, dass dies einer der wenigen Verse ist, in de­nen neben der männlichen Form explizit auch die weibliche Form mit­ge­nannt wird. Wenn also Töchter im Koran beim Erbrecht nur die Hälfte des Anteils der Söhne bekommen, so sind sie doch, zumindest was das Ab­hacken der Hände angeht, gleichberechtigt.

 

      1. 4.3.3 Der Schwertvers

Bereits in Kapitel 4.2.2 wurde kurz auf die Bedeutung der Sure 9 für das Verhältnis von Muslimen zu Andersgläubigen hingewiesen. Der vielleicht in diesem Zusammenhang am meisten zitierte Vers ist 9:5, auch als „Schwertvers“ bezeichnet. Im Original mit Interlinearübersetzung lautet er folgendermaßen:

??????? ???????? ?????????? ????????? ???????????? ?????????????? ?????? ??????????????? ??????????? ?????????????? ???????????? ?????? ????? ????????

fa-i?? nsala?a l-ašhuru l-?urumu fa-qtul? l-mušrik?na

und wenn vorbei sind die Monate die heiligen und tötet die Beigeseller

?ay?u wa?adtum?-hum wa-?u??-hum wa-??ur?-hum

wo ihr findet sie und nehmt sie und belagert sie

fa-q?ud? kulla mar?adin

und legt jeglichen Hinterhalt

Mit „mušrik?na – Beigeseller“ werden meist die Christen oder auch die Hei­den bezeichnet, jedenfalls solche, die Allah entweder einen Sohn oder andere Götter „beigesellen“. Paret übersetzt diesen und den nächsten Vers folgendermaßen:

„Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo (immer) ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf! Wenn sie sich aber bekehren, das Gebet verrichten und die Almosensteuer geben, dann laßt sie ihres Weges ziehen! Gott ist barmherzig und bereit zu vergeben.“

Im Kommentar bei Paret wird länger die Frage diskutiert, welche heiligen Monate hier gemeint sind. Bobzin und Karimi übersetzen folgendermaßen:

Bobzin: Sind die heiligen Monate abgelaufen,

dann tötet die Beigeseller, wo immer ihr sie findet,

ergreift sie, belagert sie, und lauert ihnen auf aus jedem Hinterhalt!

Doch wenn sie sich bekehren, das Gebet verrichten

und die Armensteuer geben, dass lasst sie laufen!

Siehe, Gott ist bereit zu vergeben, barmherzig.

Karimi: Wenn abgelaufen der Monat, der reine, ´dann tötet die, die neben Gott Anderes stellen, ´wo immer ihr sie findet! ´Greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf! ´Wenn sie umkehren, ´ verrichten die Gebete und entrichten die Armenspende, ´dann macht ihnen frei den Weg. ´Wahrlich, Gott ist der unübertrefflich Vergebende, der Barmherzige.

Ein weiterer wichtiger Vers zu diesem Thema, ist 9:29, der bei Bobzin und Karimi folgendermaßen lauten:

Bobzin: Kämpft gegen die, die nicht an Gott glauben

und auch nicht an den Jüngsten Tag,

die das, was Gott und sein Gesandter verboten haben, nicht verbieten

und die nicht der Religion der Wahrheit angehören

– unter den Buchbesitzern -,

bis sie erniedrigt den Tribut aus der Hand entrichten.

Karimi: Bekämpft die, die nicht an Gott glauben und an den Jüngs­ten Tag, ´und nicht verbieten, was Gott und Sein Gesandter verbo­ten, ´und die nicht befolgen die Religion, die wahre ´- von denen, denen gegeben worden die Schrift -, ´bis sie aushändigen den Tribut als Unterlegene.

Im Kommentar zu dieser Stelle schreibt Bobzin:

„“erniedrigt“ ???ir?na, oder: „geringgeachtet“. – „den Tribut“ al-?izyata, oder: „die Kopfsteuer“; ? Kommentar. – Dieser Vers ist des­halb von beson­derer Bedeutung, weil er zur rechtlichen Grundlage für die Besteuerung der sog. „Buchbesitzer“ (? ahl al-kit?b) wurde; ? Kommentar.“

Es geht hier also – von beiden Übersetzern ganz ohne Beschönigung wieder­gegeben – um das Unterwerfen von Andersgläubigen und Erpressen von Tributzahlungen.

 

      1. 4.3.4 Die Frau – ein Saatfeld

Der letzte behandelte Vers ist 2:223, der ein Frauenbild vermittelt, das mit dem in westlichen Gesellschaften akzeptierten nicht vereinbar ist. Im Original mit Interlinearversion lautet der Vers:

??????????? ?????? ??????? ????????? ?????????? ?????? ?????????

nis??u-kum ?ar?un la-kum fa-at? ?ar?a-kum

Frauen eure Saarfeld für euch und geht Saatfeld euer

ann? ši?tum

wo immer ihr wollt

Unsere Übersetzer geben die Stelle folgendermaßen wieder:

Paret: Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu (diesem) eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt!

Bobzin: Eure Frauen sind für euch ein Saatfeld.

So geht zu eurem Saatfeld, wann ihr wollt! (…)

Karimi: Eure Frauen sind ein Saatfeld für euch. ´Geht zu eurem Saatfeld, wo ihr wollt.

Bobzin schreibt weiter in den Erläuterungen:

„wann ihr wollt“ ann? ši?tum, oder: „wo (immer) ihr wollt“.

Die Stelle könnte man als Reflex einer alten Gesellschaftsordnung und ohne Relevanz für heute weginterpretieren, wenn sie nicht zur Grundlage von Urteilen gemacht würde. Nach Fatema Mernissi30, S. 193-198, sollte nach der Sunna dieser Vers sowohl die Klage einer Frau, deren Mann gewaltsam geworden war, wie einer anderen, die sich gegen die Forderung nach Anal­verkehr wehrte, beantworten: „und der Himmel gab den beiden Männern recht“ (ebd. 194). Hieraus entwickelten sich in der Rechtstradition heftige Diskussionen, die in aller Regel, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in den beiden angesprochenen Fragen den obigen Vers im Interesse der Männer auslegte.

Da der Begriff „Saatfeld“ auch in der Landwirtschaft kein sehr gängiger ist und eine Reihe von Alternativen zur Verfügung gestanden hätten – das zu dem Substantiv ?ar? gehörende Verb ?ara?a heißt „pflügen“ – , muss auch bei dieser Stelle angenommen werden, dass wohl eher Paret paraphrasiert, als wirklich neu übersetzt wurde.

 

    5. Die ewige Ausrede der Übersetzer zur Schönheit des Koran

Wenn man sich Interviews mit Korangelehrten und Übersetzern anschaut, dann fällt das gebetsmühlenartige Argument auf, dass die Erhabenheit und Schön­heit des perfekten, unnachahmlichen arabischen Korans in einer Über­­setzung nie zu erreichen sei.

Dem kann nur das in der Fernsehsendung „Literarisches Quartett“ von „Literaturpapst“ Marcel Reich-Ranitzki zwar ebenso regelmäßig, aber mit viel mehr Berechtigung vorgebrachte – und von den anderen Teil­nehmern unwidersprochene – Urteil des Literaturkritikers entgegengehalten werden, dass bei einem echten Meisterwerk eine Übersetzung gar nicht so schlecht sein kann, dass die Qualität des Originals nicht doch ein wenig durch­scheint. Viele Übersetzungen sind zudem sicherlich auch weit besser als das Origi­nal.

Die Odyssee ist in einer Vielzahl Übersetzungen verbreitet wor­den, einige in Hexametern, andere in Prosa, einige in erhabenem, andere in fast umgangssprachlichem Stil. Alle haben ihr Publikum gefunden und finden es noch heute31. Wenn es aber der Koran in den vielen Übersetzungen einfach nicht schaffen will, bei Literaturliebhabern einfach als Text schön gefunden zu werden, greift man auf die altbekannte Ausrede zurück, die Übersetzung könne halt die Qualität des Originals nie erreichen. Dabei ist dies ein ebensolches Märchen wie die von Uhde erwähnten körperlichen Wir­kungen der Koranrezitation auf Zuhörer.

Wenn den Ungläubigen penetrant eine „schmerzhafte Strafe“ angedroht wird – insgesamt 62 mal, davon allein in der soeben behandelten neunten sure 7 mal! – dann klingt das auf Arabisch (?a??bun ?al?mun) um keinen Deut schöner als im Deutschen. Und auch ein Ausdruck wie „Gott weiß Bescheid und ist weise – inna ll?ha k?na ?al?man ?ak?man/ wa-k?na ll?ha …“ ist auf Arabisch nicht ästhetischer als in europäischen Sprachen.

    7. Wie sollte eine neue Koranübersetzung aussehen?

Wie wir gesehen haben, tun beide neuen Übersetzungen des Koran so, als ob das Hauptproblem darin bestünde, einen im Grunde gesicherten Text in eine sprachliche annehmbare und adäquate Form zu bringen. Die ist eine völlige Verkennung der Tatsachen.

Um den Koran einigermaßen adäquat zu übersetzen, müssten zunächst einmal Voraussetzungen geschaffen werden, die noch gar nicht existieren:

So sollte zuerst und vor allem der arabische Urtext textkritisch rekon­struiert werden – nach den ältesten Manuskripten und der in den anderen Philologien bewährten Methode.

Dann sollte dieser Text sprachwissenschaftlich bearbeitet werden, was auch die Inangriffnahme eines etymologischen Wörterbuchs des Arabi­schen nötig machen würde.

Und schließlich kann ein Text nur unter Berücksichtigung seines historischen Kontextes adäquat übersetzt werden. Was hier als islamische Frühgeschichte in Übersetzungen einfließt, ist aber nur die vermeintliche Geschichte bzw. Heilsgeschichte, wie sie Jahrhunderte nach den angeblichen Ereignissen eschatologisch interpre­tierend aufgeschrieben wurde.

An allen diesen Voraussetzungen arbeiten die Mitglieder und befreun­de­ten Wissenschaftler von Inârah. Da diese Forschungen in einigen Berei­chen und größere Projekte bisher durch die fehlende Finanzierung stark verlangsamt sind, halten Inârah-Mitglieder fürs erste eine neue – dann wirklich adäquate – Übersetzung für illusorisch.

    8. Fazit

Zum Schluss wollen wir noch einmal die in der Einleitung aufgeworfene Frage betrachten, ob die neuen Koranübersetzungen, die in der Tat angenehmer zu lesen sind als die von Paret, einen Fortschritt bringen.

Inhaltlich bewegen sich die beiden vorgestellten, wie auch alle anderen neue­ren Übersetzungen innerhalb des Rahmens des Bisherigen – also keine exakte Philologie und Neu­interpretationen, sondern nur die Bemühung um die Bewahrung an­geblicher koranischer Sprachschönheit.

Mag sein, dass deutschsprachige Muslime an solchen Nachdichtungen ein spirituelles Bedürfnis haben, zum besseren Textverständnis und vor allem zu einer weitergehenden philologischen Diskussion tragen die neuen Koranübersetzungen nichts bei. Also ein Fortschritt?

Dieser wäre gegeben, wenn es sich nicht um Übersetzungen eines alten Textes handeln würde. Diese sollten doch wenigstens versuchen, annähernd in einer neuen Sprache – deutsch, englisch, französisch usw. – das zugäng­lich zu machen, was im Koran steht. Was der Übersetzer XY sich ausdenkt darüber, was nach seiner Meinung bzw. nach der Meinung früherer islami­scher Interpretationen da stehen könnte, interessiert zumindest nicht den Leser, der wissen möchte, was in dem Buch tatsächlich steht.

Wer wissen will, was in der Bibel steht, wird z.B. nicht zu der Über­setzung „Bibel in gerechter Sprache“ greifen; dort erfährt er nur, was – an­hand des Textes – Feministinn/en, sozial Engagierte usf. an eigenen Moti­ven in die alten Texte hineinlegen. Auch eine Bibelübersetzung in gefälliger oder gar schmissiger Sprache mag für manche Gelegenheiten, z.B. Kinder- oder Jugendgottesdienste oder für den schulischen Unterricht, hilfreich sein, nicht aber für den, der dem biblischen Text in seinen Aussagen be­geg­nen will. Weil es sich dabei halt um alte, antike Texte handelt, führt kein Weg an der Mühsal einer exakten, dann natürlich nach unserem heutigen Verständnis archaischen, jedenfalls unmodernen Wiedergabe vorbei.

So mag sich zwar die Koranübersetzung von Rudi Paret nicht so glatt lesen wie neuere, z.B. die von Bobzin. Aber sie hatte wenigstens einen Vorteil: Paret geht über sprachliche Probleme nicht einfach hinweg. Wenn er inter­pretierend übersetzt, fügt er in Klammern ein: „w.“ (es folgt die wörtliche Übersetzung eines Begriffs); oder er informiert in Klammern über andere mög­liche Übersetzungsvarianten oder er merkt, wenn er die Sache nicht lösen kann, ein Fragezeichen an. So wird der Leser auf Bedeutungs­schwie­rig­keiten im Text hingewiesen und auf nähere Erörterungen im Kommentar.

Es genügt nicht, diese Probleme in einer Übersetzung, der besseren Les­bar­keit halber, nicht anzumerken, also nicht im Text selbst darauf aufmerk­sam zu machen und nur grundsätzlich auf einen Kommentar zu verweisen. Wer beim Lesen keine Probleme bemerkt, wird auch nicht die Notwen­digkeit verspüren, sich im Kommentar näher zu informieren.

Worauf auch R. Paret nicht aufmerksam macht, vielleicht, weil er diese Vorgehensweise für allzu selbstverständlich hielt: er hat seine Übersetzung in allen Teilen den herrschenden islamischen Interpretationen angepasst. So übersetzt Max Henning – nur ein kleines Beispiel – in Sure 33,7 einen Begriff mehrfach mit dem Wort „Bund“ und gibt damit sachgerecht wieder, dass an dieser Stelle die Propheten bis zu Jesus und dem im Koran Ange­sprochenen in die biblische Bundesvorstellung eingeordnet werden. Hier übersetzt R. Paret mit dem nichtssagenden Begriff „Verpflichtung“ und übergeht die biblische Aussage des Koran an dieser Stelle.

Trotz dieses, für einen Übersetzer negativ anzumerkenden Sachverhalts ist die Übersetzung R. Parets für den Leser immer noch insofern am Besten, weil er den spröden Text nicht einfach glättet, sondern auf Unstimmig­keiten oder Unsicherheiten hinweist.

Allerdings erfüllt keine der Übersetzungen, weder frühere noch die ganz neuen, ein im Grunde selbstverständliches Postulat. Jede Buchwissenschaft muss sich zunächst einmal ihres Gegenstandes vergewissern: Was für eine Textsammlung war der Koran gemäß seinen frühesten Niederschriften? Welche Texte bieten diese und was steht in ihnen?

Am Anfang aller wissenschaftlichen, und das heißt ja nichts anderes als sachgerechten, ehrfürchtigen Beschäftigung mit einem alten Text steht die Textkritik. Sie führt zwar nicht dazu, Originalhandschriften der jeweiligen Autoren dingfest machen zu können. – diese sind, wenn es sie denn gab, verloren. Aber sie kann durch verschiedenste Methoden eine Annäherung an eine möglichst alte, also ursprüngliche Form der Texte erreichen.

Das schlimmste Defizit aller Koranexegese und auch der -übersetzungen ist es, diese Anstrengung nicht auf sich zu nehmen und sich auf den Korantext, der in Kairo im Jahre 1924 herausgegeben wurde, zu stützen. Nur dieser wird zugrunde gelegt, exegesiert und übersetzt. Ein heutiger Leser des Koran wie seiner Übersetzungen wird also mit einem Text konfrontiert, der im frühen 20. Jahrhundert so zusammengestellt und perfekt niederge­schrieben wurde, ohne dass er die Textüberlieferungen benennt oder gar kri­tisch analysiert, auf denen er selbst basiert. Es wird vielmehr einfachhin behauptet, dieser Text stimme gänzlich mit der angeblich ersten Koran­fassung unter dem Kalifen Osman (?U?m?n), erstellt zwischen den Jahren 650 und 656, überein.

Dabei findet sich die Nachricht von der osmanischen Endredaktion des Koran erst in islamischen Texten des 9. und 10. Jahrhunderts, die ältesten fragmentarischen Koranhandschriften aus der zweiten Hälfte des 8. Jahr­hunderts bieten aber zahlreiche Abweichungen vom behaupteten osmani­schen Text, zeigen erst einen Koran im Prozess seiner Zusammenstellung und Schreibung, und auch der Kalif Osman ist eine literarische, keine historische Figur.

Das größte Problem aber besteht darin, dass die ältesten Fragmente kei­nen ausgeschriebenen Text bieten. Sie sind ohne Vokalzeichen geschrieben, und auch die Konsonantenzeichen sind in ihrer Mehrheit nicht eindeutig, weil sie keine oder nur äußerst seltene „diakritische“ (= unterscheidende) Punkte besitzen, durch die in der arabischen Schrift die meist mehrdeutigen Buchstabenzeichen einen konkreten Konsonanten bezeichnen. So bieten die ältesten Handschriften nur den erwähnten rasm, eine „Spur“, nicht einen ausformulierten Text (scriptio defectiva).

Wahrscheinlich war diese Methode für die Schreiber der koranischen Bewegung durchaus zureichend. Sie kannten ja den Text, der für sie also auch auf diese Weise eindeutig zu lesen war (vgl. in diesem Band den Beitrag von Robert Kerr). Als aber der Koran zum „Gründungsdokument“ der neuen Religion, des Islam, wurde, sollte dieser Test „für alle“, auch für die nicht-arabisch-sprachigen Muslime, z.B. die Iraner, lesbar sein. Konse­quent begann man im Verlauf des 9. Jahrhunderts damit, die fehlenden diakritischen Punkte und bald auch Vokalzeichen einzufügen. Wann dieser Prozess der Vervollständigung des rasm abgeschlossen war (scriptio plena) – vielleicht erst im 10. Jahrhundert -, ist immer noch unbekannt.

Ganz sicher aber ist, dass die neuen Textbearbeiter zum einen nur noch ihr späteres Arabisch, nicht das der frühen Koranhandschriften, kannten und zudem – im Unterschied zu den früheren Schreibern – jetzt Muslime waren. Sie haben also den rasm so vervollständigt, dass jetzt der Text ihrem späteren Arabisch und vor allem ihrem mittlerweile muslimischen Ver­ständ­nis entsprach. Dass dies durchaus nicht immer gelungen ist, zeigen die umfangreichen „dunklen“ Passagen im Koran.

Ein plausibler Sinn nicht unbeträchtlicher Teile des Koran – auch oft in Zusammenhängen, die bisher arabisch eindeutig zu sein schienen -, ergibt sich erst durch die Zugänge zur Koransprache, die Christoph Luxenberg erschlossen hat. Er konnte aufzeigen, dass die ursprüngliche Koransprache eine große Nähe zur eng verwandten syrisch-aramäischen Sprache bzw. ihren Dialekten besaß – damals seit vielen Jahrhunderten die lingua franca im Großraum Syrien -, und viele Wörter und Sätze im Koran durchaus nicht dunkel sind, sondern einen plausiblen und in die jeweiligen Kontexte passenden Sinn ergeben, wenn sie aramäisch gelesen werden. Gelegentlich, nicht immer, müssen zu diesem Zweck diakritische Punkte korrigiert wer­den, die von den späteren Bearbeitern offensichtlich falsch gesetzt wurden.

Natürlich sind Übersetzungen deswegen nicht sinnlos. Immerhin geben sie für den Großteil des Koran dessen Inhalte wieder. Aber eben nicht den gan­zen und ursprünglichen Koran, und gerade die bisher unbestimmten oder mehrdeutigen Vers­gruppen legen oft ganz neue, andersartige Aussagen der Textgrundlage nahe.

Aus wissenschaftlichen Gründen abzulehnen sind aber Koranüber­setzungen, die – wie die meisten – den Leser mit diesen Schwierigkeiten nicht vertraut machen und ihn glauben lassen, die auf der Kairoer Koran­edition aus dem frühen 20. Jahrhundert basierenden Übersetzungen mach­ten ihm den Inhalt des Koran zugänglich.

Alles dies bedeutet, dass die Koranforschung vor großen Heraus­for­de­rungen steht. Sie muss versuchen, die Aussagen der möglichst ältesten Ver­sionen zu erfassen und ihre Inhalte zu bestimmen. Mit anderen Worten: Zur Zeit sind nicht wenige Aussagen des Korantextes noch nicht kritisch analysiert und somit auch nicht übersetzbar. Es ist schon ein wenig kurios, dass die angeblich normative Schrift des Islam bis heute in ihren Inhalten nicht erschlossen ist, weder für Araber noch für Leser von Übersetzungen, weder für „Gläubige“ noch für „Ungläubige“.

Kritische Arbeiten am Koran werden innerhalb des Islam als sakrilegisch empfunden, weil der Koran als wörtliche Offenbarung Allahs aufgefasst wird. Aus dem gleichen Grund gilt der Korantext als unnachahmlich „schön“, so dass auch viele Übersetzungen versuchen, diese angebliche Schönheit in den neuen Sprachen auszudrücken. Mit Wissenschaftlichkeit hat das aber nichts zu tun, dann eher schon mit Anbiederung.

1 Stefan Weidner zu Hartmut Bobzin (neu übertragen: Der Koran): Der Mensch ist nicht aus Tesafilm gemacht, 24. April 2010, FAZ; auf der Homepage der FAZ: http://www.faz.net/s/Rub79A33397BE834406A5D2BFA87FD13913/Doc~E0958EF8362B74504B8674F27E0506AA8~ATpl~Ecommon~Scontent.html.

2 Bobzin, E., Der Koran – Das heilige Buch des Islam. Wilhelm Goldmann Verlag. nach der Übertragung von Ludwig Ullmann neu bearbeitet und erläutert von L. W. Winter. 12. Auflage München 1989, S. 87.

3 Ein Musterbeispiel sind die Ausdrücke aus der Eröffnungssure „ma???bi ?alay­him – denen (Gott) zürnt“, der im allgemeinen auf die Juden bezogen wird, und „?all?n – die Herumirrenden“, was man als Synonym für Christen ansieht. Für diese Interpretation gibt es jedoch im koranischen Text keinerlei Anhaltspunkt, es wird sich also wohl eher um ein „Hineindeuten“ eines viel späteren Gedankens handeln.

4 Siehe hierzu die Wikipedia-Artikel (englisch und deutsch) mit vielen Verweisen auch auf Musikbeispiele im Netz.

5 Der Koran. Aus dem Arabischen neu übertragen von Hartmut Bobzin unter Mitarbeit von Katharina Bobzin. München 2010.

6 Der Koran. vollständig neu übersetzt von Ahmad Milad Karimi. mit einer Einführung herausgegeben von Bernhard Uhde. Freiburg, Basel, Wien o.J. (wohl 2009).

7 Hartmut Bobzin, Der Koran – Eine Einführung, C.H. Beck Wissen in der Beck’schen Reihe, 7. Auflage, 2007 (Erstauflage 1999).

8 Keine wörtliche Widergabe des Textes von Hartmut Bobzin.

9 Lan Tabur, Themenregister des Al-Qur??n Al-Kar?m, Islamische Biblithek, aus dem Arabischen übertragen und katalogisiert von Abu-r-Ri??? Mu?ammad Ibn A?mad Ibn Rassoul, Köln 1993; in dieser Ausgabe wird auf 1259 Seiten (größer als DIN A 4) nach alphabetisch geordneten Stichwörtern (z.B. Auferstehung, Chris­ten, Greisenalter, Lospfeile) jeweils jeder Vers aufgelistet, der zu diesem Stichwort passt, wobei viele Verse natürlich zu mehreren Stichwörtern passen. Das Buch ist äußerst nützlich für das Auffinden von Koranstellen.

10 Der Koran – Das heilige Buch des Islam. Wilhelm Goldmann Verlag. nach der Übertragung von Ludwig Ullmann neu bearbeitet und erläutert von L. W. Winter. 12. Auflage München 1989 (Erstauflage 1959).

11 http://www.chbeck.de/productview.aspx?product=25036

12 In mehreren Inârah-Beiträgen wurde die These vertreten, dass der Islam auf ein eben solches Christentum zurückgeht. Aber selbst wenn man diese These nicht vertritt, ist das Vorhandensein anderer nicht-trinitarischer Christentümer in der Spätantike unbestritten und längst Communis Opinio.

13 Angelika Neuwirth, Koran, in: Helmut Gätje, (Hrsg.) Grundriss der arabischen Philologie. Band 2: Literaturwissenschaft: Wiesbaden 1987, S. 96-135.

14 R. Paret, Der Koran. Übersetzung, Stuttgart 1. Aufl. 1966, 9. Aufl. 2004; Kommentar und Konkordanz. Stuttgart 1. Aufl. 1971, 7., unveränderter Nachdruck 2005 der Leinenausgabe 1977; daneben auch die Version der „Digitalen Bibliothek (Directmedia Publishing, Berlin)“; die Transliteration koranischer Passagen folgt der von Hans Zirker (PDF-Datei), herunterladbar unter: http://www.eslam.de/begriffe/t/transliteration_des_quran.htm

15 Unter ande­rem in seinem Artikel mit dem Titel „Obamas Koran und die Les­sing­sche Toleranz: Eine Nachlese“, der auf der Hompage von Inârah nach­zulesen ist: http://www.inarah.de/cms/obamas-koran.html

16 Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache, Berlin 1. Aufl. 2000, 3. Aufl. 2007.

17 Günter Lüling, Über den Ur-qur’an. Ansätze zur Rekonstruktion vorislamischer christlicher Strophenlieder im Qur’an, Erlangen 1974 (2. Aufl. 1993).

18 Ibn Rawandi, On Pre-Islamic Christian Strophic Poetical Texts in the Koran: A Critical Look at the Work of Günter Lüling, in: Ibn Warraq (Hg.), What the Koran really says – Language, Text & Commentary, Amherst (NY) 2002, S. 653-712.

19 Jakob Barth: Studien zur Kritik und Exegese des Qorans, Straßburg 1915.

20 Arthur Jeffery. The Foreign Vocabulary of the Qur??n, Kairo 1938 sowie: ders., Materials for the history of the text of the Qur??n. The old codices, Leiden 1937.

21 s. Kapitel 2.

22 So von Stefan Wild am 07.02.09 während eines von Muhammad Kalisch an der Universität Münster durchgeführten Symposions.

23 Adel Theodor Khoury, Ludwig Hagemann, Peter Heine, Islam-Lexikon. Geschichte – Ideen – Gestalten. 3 Bde., Freiburg, Basel, Wien 1991.

24 S. den Beitrag im vorliegenden Sammelband S. 274.

25 Im achten Kapitel von „Durch die Wüste“ bekommt Kara Ben Nemsi sein später berühmtes Pferd Rih geschenkt und ihm wird aufgetragen: „Schlafe heute auf seinem Leibe und sage ihm die hundertste Sure, welche von den schnelleilenden Rossen handelt, in die Nüstern, so wird es dich lieben und dir gehorchen bis zum letzten Atemzuge. Kennst du diese Sure?“.

26 Persönliche Information von Thomas Milo, der seinerseits eine Information von Jan Egter van Wissekerke weitergab. Danach sind Hufeisen erstmal in der Jenissei-Region in Sibirien im 9. oder 10. Jahrhundert aufgetaucht. Als Literatur wurde hier angegeben: Outram, ‚The earliest Horse Harnessing‘. Science, 5 maart, 2009, S.1334; Sisson en Grossman, Anatomy of the domestic animals, Philidelphia, 1962; Schimmel, Handleiding tot de paardenkennis, Breda, 1915; dazu ein Zitat von White, Medieval technology and social change, Oxford, 1976, S. 58: ‚Since the veterinary care of horses was of much concern to military writers, their failure to mention the horseshoe has more force than have most arguments from silence‘; weiterhin Girshman, Artibus Asiae, xiv, 1951, p.187.

27 Arabica 55 (2008) S. 362-386: Charging Steeds or Maidens Doing Good Deeds? A Re-Interpretation of Qur??n 100 (al-??diy?t).

28 Diese Interpretation wurde von G.-R. Puin in einem persönlichen Gespräch als eine mögliche Hypothese geäußert.

29 C.H.Beck Verlag, München 2008; laut Verlag ein „gut verständliches und geordnetes Lesebuch mit unverkennbar liberal-muslimischer Handschrift“; es handelt sich nicht um eine vollständige Übersetzung, auch steht hinter den Autorinnen: Übersetzer und Bearbeiter; Wenn z.B. im berühmten „Prügelvers“ [4:34] Frauen „geschlagen“ werden sollen, so wird in dieser Teilübersetzung das Verb „?araba“ durch „sich trennen“ übersetzt. So edel die Motive auch sein mögen – es geht ihnen wohl um die Versöhnung von islamischer Kultur und Demokratie -, so ist die Übersetzung nicht philologisch, sondern eher weltan­schaulich bedingt.

30 Mernissi, Fatema, Der politische Harem. Mohammed und die Frauen (franz. Ori­­ginal: „Le harem politique – Le Prophète et les femmes“, Paris 1989, übers. Veronika Kabis-Alamba), Frankfurt o.J.; s. dazu auch Ohlig, Karl-Heinz, Weltreligion Islam – Eine Einführung, mit einem Beitrag von Ulrike Stölting, Mainz / Luzern 2000.

31 So fand am 13. Oktober 2010 in Saarbrücken eine gut besuchte Lesung der neuen Über­setzung von Kurt Steinmann durch Christian Brückner (bekannt als Synchronstimme von Robert de Niro) statt. Der Gesamttext wurde über mehrere Wochen vom SR 2 Kulturradio gesendt; als Hörbuch ist die Odyssee im Parlando-Hörverlag erschienen: Christian Brückner liest Homer- Odyssee. Hörbuch in 24 Gesängen. 13 CDs. Ein Aufnahme des Saarländischen Rundfunks 2009.