Grodzki: III. Zur heutigen Situation der Islamwissenschaften.

III. Zur heutigen Situation der Islamwissenschaften. Inkohärenz der alternativen Islamforschung?  Von Lüling zu Inârah – ein Blick auf die Fortentwicklung einiger Forschungsaspekte in den letzten Jahrzehnten

Marcin Grodzki

Dozent für Arabische Linguistik und Kultur,  Fakultät für Orientalistik, Universität Warschau

„Was ist denn Geschichte anders als ein ausgemachtes Märchen“        (Napoleon Bonaparte)

1. Einleitung

Die moderne Orientkunde muss aus einem langjährigen glückseligen Zu­stand des kritiklosen Vertrauens in die Apologeten der islamischen Tradi­tion erwachen, die heutzutage die Grundlage unseres historiographischen Wissens über die Entstehung des Islam bildet. Eine von rationalen Prä­mis­sen geleitete Geisteswissenschaft kann sich nicht auf das Beschreiben und Ana­lysieren der aus islamischen Traditionen entnommenen Mythen be­schrän­ken, um das in ihnen Erzählte dann zum Rang historischer Fakten zu erheben. Sofern die Fortentwicklung der Geschichtsschreibung ein na­tür­li­ches menschliches Verlangen nach der Erforschung der historischen Wahr­­­­heit widerspiegeln soll, sind wir zu einem Punkt gelangt, an dem eine gründliche Revision unseres allgemeinen Wissensstandes über die Geburt des Islam erforderlich ist. Eine solche Revision muss mit den in vielen For­schungsbereichen erfolgreich angewandten Mitteln der wissenschaftlichen Kritik durchgeführt werden.

Trotz der Behauptungen einiger Islamforscher, die der Meinung sind, dass die sog. revisionistischen Arbeiten über den Ursprung des Islam keine kohärente Alternative für die  historische Herkunft des Koran darbieten, ist es notwendig zu betonen, dass genau das Gegenteil zutreffend ist. Während in der Vergangenheit einzelne hervorragende Orientalisten einige Unge­reimt­heiten in der traditionellen Fassung der frühen islamischen Tradition aufzeigten, so konnten wir an der Schwelle des 21. Jahrhunderts die Ent­stehung der ersten, umfassenden, kohärenten und mutigen Gegentheorien von der Geburt dieser großen Religion miterleben. Die einzelnen For­schungs­fäden der alternativen Geschichte des Islams, die in den ver­gange­nen Jahrzehnten aufgenommen wurden, ergeben langsam ein zusam­men­hängendes Bild. Das Ziel dieses Beitrags ist, auf eine Reihe von Paral­lelen aufmerksam zu machen zwischen den bekanntesten alternativen Theo­rien, die in den wenigen vergangenen Jahren vorgelegt worden sind, zusam­men mit einem Versuch, ihre Entwicklung zu verfolgen. In einem kurzen Über­blick werden hier ausgewählte Forschungserkentnisse der „revisio­nisti­schen“ Schule präsentiert, insbesondere im Hinblick auf die historische Gene­se und Exegese des Koran, die schriftlichen Quellen der islamischen Tradi­tion, die Person des Propheten Muḥammad, die arabischen Erobe­rungen, die ersten Jahre der Entwicklung des arabischen Staates und andere Forschungsaspekte.

Entgegen den Behauptungen einiger konformistischer Autoren geht es dabei nicht darum, die historischen oder dogmatischen Säulen, auf denen der islamische Glauben ruht, zu untergraben. Die Motivation der „revi­sio­nis­tischen“ Studien entspringt aus reiner wissenschaftlicher Neugier und Tief­gründigkeit bei der Suche nach historischer Wahrheit. Die sog. Revi­sio­nisten missbrauchen keine ideologischen oder doktrinären Argumente, son­dern stützen ihre Forschungen und ziehen Schlussfolgerungen aus har­ten wissenschaftlichen, historischen, archäologischen und philologischen Fak­ten, und basieren auf logischen und nachvollziehbaren Argumentationen.

Es ist ein Irrtum zu behaupten, dass der sprachwissenschaftlichen Theo­rie von Christoph Luxenberg, die sich in eine komplementäre historische Sicht der Islamgeschichte von der Inârah-Gruppe einschreibt, eine religiöse Vision zu Grunde liegt. Dass das syrische Christentum einen wichtigen und unterschätzten Einfluss auf den Prozess der Gestaltung des Islam (und des Koran) haben musste, davon waren solche anerkannten Orientalisten wie Theodor Nöldeke, Alphonse Mingana, Siegmund Fraenkel, Arthur Jeffery, Tor Andrae und andere längst überzeugt.

Unter den Autoren mit großen Beiträgen zur Neubewertung der allgemein verbreiteten Version der islamischen Geschichtsschreibung zitiert man in den wissenschaftlichen Publikationen der letzten Jahre u.a. die fol­genden Forscher: Günter Lüling, John Wansbrough, Patricia Crone und Michael Cook, Yehuda D. Nevo sowie Christoph Luxenberg und andere Mitglied der Inârah-Gruppe). Widersprüche zwischen ihren wissenschaft-lichen Theorien bestehen nur scheinbar. Der Ausgangspunkt und motivie-rendes Leitmotiv ihrer Forschungen auf der Suche nach einer wissen­schaft­lichen Alternative ist das Fehlen logischer Konsistenz in der traditionellen Fassung der Ereignisse bezüglich der Entstehung des Islam, die Vielzahl von sich gegenseitig ausschließenden Fakten und ihre Zerbrechlichkeit ange­sichts der wissenschaftlichen Kritik. Diese Forscher nahmen das Werk auf, das einige Jahrzehnte zuvor von Islamwissenschaftlern wie Ignaz Goldziher, Leone Caetani, Henri Lammens, Joseph Schacht und anderen, darunter auch sowjetische Forscher, eingeleitet worden ist. Die unverzichtbare Zweck­­mäßigkeit solcher kritischen Studien ergibt sich aus der bitteren Tat­sache, dass bis dato der Koran und andere Quellen der islamischen Tradi­tion keiner umfassenden wissenschaftlichen historisch-textlichen Ein­schät­zung unterzogen wurden, basierend auf philologischen, archäologischen und paläographischen Werkzeugen nach den Methoden, die bei anderen historischen Texten angewandt werden[1].

John Wansbrough kommt in seinem bedeutsamen Buch „Quranic Stu­dies: Sources and Methods of Scriptural Interpretation” zu dem Schluss, dass der Koran

„als ein durch Instrumente und Techniken der Bibelkritik analysier­bares Dokument so gut wie unbekannt ist.“[2]

Trotz einer Zeitspanne von mehr als dreißig Jahren seit dieser Feststellung ist die tradi­tionelle Orientalistik weiterhin nicht bereit, sich einer solchen Heraus­forderung zu stellen. Wie einer der prominentesten französischen Islam­forscher, Maurice Gaudefroy-Demombynes, zugibt:

„Angesichts dieses dokumentarischen Materials (zur Frühzeit des Islam, Verf.) sind schließlich zwei extreme Grundpositionen möglich. Die eine besteht für den europäischen Orientalisten darin, die Erzählungen der apologetischen Biographie in seine Sprache zu übersetzen, so wie sie sich in der islamischen Welt durch die Ent­wick­lungen der Tradition und der Frömmigkeit herausgebildet ha­ben. Die andere, die im Grunde niemals eingenommen wurde, da sie einem Verzicht gleichkäme, besteht darin, nur das als wahr anzu­nehmen, dessen Wahrheitsgehalt überprüft werden kann – das heißt fast nichts.“[3]

Die meisten traditionellen Orientalisten entschlossen sich für das Darlegen der apologetischen Vision des Islam. Dem zweiten, unendlich viel an­spruchs­volleren Weg folgten die sog. Revisionisten, die man deswegen an den Rand der Orientalistischen Studien verdrängen wollte.

Die revisionistischen Forscher sind sich einig, dass wir heutzutage mit dem Phänomen der Mythologisierung der frühen Islamgeschichte durch die moderne Welt zu tun haben, und das in einem großen Maßstab. Das historische Bild der Anfänge des Islams auf der arabischen Halbinsel (7., 8., 9. Jh. n. Chr.), wie es in der uns zeitgenössischen kulturellen Darstellung vertreten wird – in der historisch-wissenschaftlichen Literatur, und danach auch in der Literaturwissenschaft, Publizistik, den Medien, im Film etc. –, wird überwiegend auf der Basis der traditionellen islamischen Quellen gestaltet, die meistens erst aus dem 9. und 10. Jahrhundert stammen, wenn sie nicht noch späterer Herkunft sind. Gegen die Zuverlässigkeit der all­gemein von der Wissenschaft und der Welt akzeptierten Version der Ge­schichte sprechen jedoch immer mehr kri­tische Beweise, darunter archäo­logische, sprachwissenschaftliche, numis­ma­tische und andere. Aus verschie­de­nen Gründen, einschließlich der kulturell-religiösen Sensibilität der Muslime und der politischen Korrektheit, werden heute keine wissenschaft­lichen Forschungsergebnisse in einem größeren Maßstab veröffentlicht, die die historische Glaubwürdigkeit der ältesten islamischen schriftlichen Quellen in Frage stellen (darunter des Koran, der Ḥadīṯliteratur usw.). Man verzichtet auch darauf, diese Quellen den allge­meinen Anforderungen der wissenschaftlich-historischen Kritik zu unter­ziehen, so wie man schon lange kritische Studien an heiligen Texten anderer Religionen und religiöser Traditionen vorgenommen hat.

Und dennoch sind die „revisionistischen“ Anstrengungen der vergan­genen Jahrzehnte nicht verloren gegangen. Die vor kurzem veröffentlichten Forschungsergebnisse einiger westlicher Arabisten und Islamwissenschaftler stützen die These, dass die traditionellen und heute weithin akzeptierten Vorstel­lungen über die früheste Geschichte des Islams mit der tatsächlichen histo­rischen Wahrheit kaum übereinstimmen. Unser Wissen darüber ist mehr das Ergebnis jahrhundertelanger weitgehender Überinterpretationen und Verfälschungen von Fakten, und das im Verfolgen vorläufiger politi­scher, religiöser und anderer Interessen. Immer mehr deutet darauf hin, dass infolge dieses Prozesses unsere heutigen Wahrnehmungen der Ge­schich­te sich nicht mit der tatsächlichen historischen Wahrheit über jene Zeiten decken können; sie repräsentieren vielmehr nur unsere subjektiven Vorstel­lungen von dem, wie es damals gewesen sein könnte. Ist ein Mythos erst einmal als historische Wahrheit etabliert, so wird er leider in der Regel in der uns zeitgenössischen wissen­schaftlichen Literatur und in den Medien kritiklos wiederholt. Dies kann bedeuten, dass wir in die Falle der von uns selbst erstellten Illusion geraten, eine Illusion, die heute fast von jedem als ein bequemes und selbst­verständliches Axiom angesehen wird. Und so geben wir uns dem falschen Eindruck hin, dass wir dabei über zuverlässiges historisches Wissen verfügen.

2. Günter Lüling

Einer der Pioniere der modernen „revisionistischen“ Forschungen ist der oben erwähnte Günter Lüling. In seinen Werken, beginnend mit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, findet sich die grundlegende Überzeugung, dass sich der Koran historisch aus früheren Schriften der christlichen Tradition herleiten lässt[4]. Zwar sieht der Autor seine Theorie noch geographisch in Bezug zur Arabischen Halbinsel[5], was uns ja als Folge jahr­hun­der­te­langer Tradition vorgegeben war. Dennoch aber ist der Kern seiner Theorie, abgesehen von der Geographie, logisch und überzeugend, und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen offenbaren eine große Ähn­lichkeit zu den Forschungen von J. Wansbrough, Y. Nevo und der Inâ­rah-Gruppe. Lüling stellt die These auf, dass das vielschichtige Kon­struk­tionsgerüst von weiten Teilen des Koran in seiner ursprünglichen Form aus antitrini­tarischen altchristlichen Strophenliedern besteht, die liturgischen Zwecken dienten. Strophenlieder sollen einem Drittel des heutigen Koran­textes als eine ver­bor­­gene Schicht zugrunde liegen. Auf diese vorislamische christliche Text­schicht seien dann später, mit der Fortentwicklung der islamischen Dogmen, weitere Schichten aufgetragen worden.

Die ältesten Teile des islamischen Heiligen Buchs setzen sich laut Lüling  aus christlichen Hymnen und der Strophenpoesie der christlichen Gemein­de von Mekka zusammen, die schon vor Beginn der prophetischen Tätig­keiten Muḥammads existierten. Diese These knüpft an Studien von Adolf von Harnack an, der die Meinung vertrat, dass der Islam Frucht modifi­zierter gnostischer judenchristlicher Tradition sei, entstanden auf der Arabi­schen Halbinsel durch die Inspiration eines lokalen Propheten. Lülings Theo­rie nach teilten sich die mekkanischen Christen der Spätantike in Byzantiner, die den doktrinären Bestimmungen des Konzils von Nizäa (325 u.Z.) folgten, darunter – wie er fälschlich annahm – dem Trinitätsdogma, und in altgläubige Christen, die Nizäa und weitere Konzilien der westlichen Kirche ablehnten. Diese zweite antitrinitarische Gruppe habe die Lehre von der Gottheit Christi nicht akzeptiert, in der Überzeugung, dass er ein in­kar­nierter, engelhafter Bote gewesen sei, der auf Erden den monotheistischen Glauben habe verstärken sollen[6].

Die zweite textliche Schicht des Koran seien Fragmente von Hymnen aus der Zeit des Propheten Muḥammad. Auch die dritte Schicht umfasse Hymnen, die während Muḥammads Leben entstanden seien, aber die von Anfang an islamisch gewesen seien. Die letzte und jüngste Textschicht be­stehe aus Fragmenten koranischer Suren, die von Muslimen nach dem Tod Muḥammads modifiziert wurden, im Zuge der Redaktionsarbeiten an der scriptio defectiva des Koran, und sehr viel später noch im Prozess der Schaffung einer scriptio plena[7]. Als Beispiel dient die von Lüling philo­lo­gisch und historisch analysierte Sure 82 (al-Infiṭār – Die Spaltung), die ur­sprüng­lich eine vorislamische christliche Strophenhymne darstellte. Ihr In­halt be­traf ursprünglich eine kompakte und kohärente Idee – die Situa­tion der Gläu­bigen und Ungläubigen am Tag des Jüngsten Gerichts vor dem Thron Gottes. Die frühen Redakteure des koranischen Textes sollen in die textuelle Struktur, Form und Bedeutung der Sure eingegriffen und sie in vier seman­tisch separate Textteile getrennt haben. Der Eingriff in den Text, motiviert vielleicht durch die Absicht der Neuinterpretation ihrer Bedeu­tung für ge­wis­se Zwecke nach dem Tod Muḥammads, habe den Sinn des Textes völlig verändert.[8] Das gleiche gelte für viele andere Koransuren. Die von den Redakteu­ren eingeführten Textveränderungen beinhalteten nach Lüling u.a. die Mo­di­fi­kation der literarischen Form von der Poesie zu Prosa, dazu kamen Inter­polationen und Kontaminationen.

Für Lüling wie auch für viele andere Autoren war also die Entstehung des endgültigen Textes des Koran ein langfristiger Prozess. Das Konzept der Botschaft Muḥammads wurde von seinen Nachfolgern an der Macht modi­fiziert, gelegentlich mit Texten, die ihr diametral entgegengesetzt sind. Au­ßer den dogmatischen Gründen hinter dem Prozess der schrittweisen Ver­änderung der Texte, die später das koranische Corpus bildeten, verber­gen sich auch philologische, historische und Stammesaspekte. Nach Lülings Theo­rie stellten sich die hellenisierten arabischen Stämme von Mekka den trinitarischen Christen aus Zentral-Arabien entgegen. Damit versuchten sie, sich vom Joch der ihnen dogmatisch und politisch fremden byzantinischen Kirche zu befreien. Das zentrale Heiligtum ihrer antitrinitarischen Vereh­rung war das mekkanische Sanktuarium der Kaaba, ein christlicher Tempel. Der Sieg der arabischen muslimischen Gemeinde Muḥammads über die großkirchlichen Christen (im Koran: mušrikūn – „Beigeseller“, d.h. die, die Gott einen Sohn „beigesellen“) ebnete den Weg für die Umwandlung des ur­sprüng­lichen Korantextes in die Sprache der klassischen arabischen Prosa, in der die Endreimformen die strophische Struktur der christlichen Hymnen ersetzten, wodurch die christlichen Wurzeln des Textes gelöscht wurden.

Sprachwissenschaftlich gesehen ist die rhythmische und rhythmisierte Prosa des uns heute vorliegenden Koran das Endergebnis eines mehr­stufigen Transformationsprozesses. Das ursprüngliche Arabisch der christ­lichen Hymnen war, laut Lüling, frei von Deklinations- und Konjugations­endungen, enthielt dabei syrische und hebräische Entlehnungen. Im Zuge der Redaktionsarbeiten wurde dem koranischen Text eine hohe literarische Form verliehen, die dann später fälschlicherweise als Ausdruck des eksta­tischen Tons der koranischen Offenbarungen an Muḥammad interpretiert wurde. In Wirklichkeit aber lag, wie Lüling meint, dem koranischen Text eine nicht-literarische Sprachschicht zu Grunde, mit einem Übergewicht von Nominalkonstruktionen. Eine Reihe von Orientalisten, darunter auch die Lülings Theorie gegenüber skeptisch eingestellten Forscher wie Gerhard Böwering oder Gabriel Said Reynolds, stimmen ihm dabei zu, dass sich verschiedene Absätze des Korantextes auf judenchristliche schriftliche Quel­len gestützt haben mussten, und nicht nur auf eine mündliche Über­liefe­rung, wie es die islamische Tradition behauptet[9]. In Bezug auf Lülings For­schungen gibt Böwering zu, dass die ursprünglichen Grundlagen des Koran sich letzten Endes von einer näherhin undefinierten früheren Schreibform ableiten müssen.

3. John Wansbrough

Viele Parallelen zu Günter Lülings Schlussfolgerungen können in davon unab­hängigen Studien des in orientalistischen Kreisen weit mehr respektierten John Wansbrough gefunden werden[10]. Auch für ihn ist der Text des Koran im Laufe eines längeren Zeitraums entstanden, beginnend mit dem 7 Jh. bis zur seiner finalen Kanonisierung im 8./9. Jh. n. Chr. Da sich die ältesten islamischen Rechtstexte nicht ausdrücklich auf den Koran als Quelle der Gesetzgebung beziehen, vertritt Wansbrough das argumen­tum ex silentio, dass bis zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch keine kodifi­zierte Fassung des Koran vorlag. Wansbrough argumentiert logisch, dass die Textkodifizierung des heiligen muslimischen Buches der Anerkennung sei­ner Heiligkeit durch die Gemeinschaft der Gläubigen nicht vorangegangen sein kann.

Für Wansbrough ist der heutige Text des Koran das Ergebnis eines lan­gen und langsamen Kristallisationsprozesses, der sich über mehr als zwei Jahrhunderte erstreckte, in denen der Koran aus den unter den Gläubigen zirkulierenden Materialien zu einer Gesamtform zusammengefügt wurde. Das Niederschreiben des Koran und der Ḥadīṯe war das Ergebnis langer inter­konfessioneller Auseinandersetzungen, die dann später an einen imagi­nä­ren Ausgangspunkt in Arabien verlegt wurden[11]. Die arabische, ḥiǧāzi­sche Herkunft des Islam habe ihre eigentümliche Unterschiedenheit von Judentum und Christentum zusätzlich betonen sollen.

Es ist bemerkenswert, dass der amerikanische Orientalist, im Gegensatz zu Lüling, die Konzeptionen des Koran nicht mit der Arabischen Halbinsel verbindet, sondern auf den abbasidischen Irak (und nicht den Ḥiǧāz) als den potenziellen Ort der Kodifizierung des Koran[12] hinweist. In Wans­broughs Theorie sprechen die Formeln des Koran, seine Natur und der komparativ begrenzte Lexikalbereich für die These, dass das heilige Buch des Islam im Gesamten nur eine Zusammensetzung ursprünglich unab­hängiger Perikopen sein kann – Abschnitte von Texten, die für die Lesung und Erklärung während verschiedener religiöser Bräuche bestimmt waren[13]. Gemäß Wansbrough wurden diese Perikopen im Korpus eines Gesamt­buches zusammengelegt, das als Credo der Anhänger der neu entstehenden Religion dienen sollte, einer Religion, die sich theologisch den christlichen und jüdischen Gemeinden (und nicht den Heiden) gegenüberstellte. Dies soll im abbasidischen Mesopotamien geschehen sein, wo sich Muslime für die Schaffung ihrer eigenen heiligen Schrift und ihrer eigenen Erlösungs­geschichte entschieden haben sollen. Beachtenswert, dass man sich dabei – wie Wansbrough schreibt – auf die protologische Rekonstruktion der Gene­se des Islam konzentriert und den nostalgischen Mythos von einem ur­sprüng­lich religiösen Purismus geschaffen hat, abgesehen von jeglichen rea­len historischen Fakten, darunter auch Muḥammads prophetischer Mission im Ḥiǧāz des 7. Jahrhunderts[14]. Der Koran ist in Wansbroughs Sinn nicht so sehr das Ergebnis einer vorsätzlichen Bearbeitung seitens einer Gruppe von Men­schen, sondern eher die Frucht der „organischen Ent­wick­lung ur­sprüng­lich selbständiger Traditionen in einem längeren Zeitraum der Überlieferung.“[15] Der Koran kann auch nicht als Quelle bestätigter histo­rischer Fakten bezüglich des Propheten Muḥammad gelten (eine solche Behauptung versucht die traditionelle Orientalistik beizubehalten). Wans­broughs Deduktion nach „war die Rolle des Koran in Bestimmung des ara­bischen Propheten peripher“ und „die Vorstellung von im Koran enthal­tenen biographischen Daten ist abhängig von den exegetischen Prinzipien, die von außerkoranischen Materialien hergeleitet wurden[16]“.

Wansbrough ist außerdem überzeugt, dass die verschiedenen Varianten des koranischen Textes (historisch belegt in der islamischen Tradition) keine alternativen Varianten des Koran aus dem 7 Jahrhundert sind, son­dern eher spätere exegetische Auslegungen der muslimischen Theologen dar­­stellen. Damit zieht Wansbrough die allgemein in der Orientalistik ver­tre­tene Ansicht in Zweifel, nämlich dass der Kalif ʿUṯmān die koranischen Materialien zu einem vollständigen Buch zusammengestellt hat.

Es ist erwähnenswert, dass J. Wansbroughs Theorie viele Konvergenzen mit den späteren Erkenntnissen von Yehuda Nevo[17]  und den historisch-theo­logischen Forschungen von Volker Popp und Karl-Heinz Ohlig zeigt[18]. Die Schlussfolgerungen von Wansbrough (wie auch seiner Nachfolger wie Andrew Rippin und Gerald R. Hawting) stellen Theodor Nöldekes prinzi­pielle These von der chronologischen Unterteilung der koranischen Suren in mekkanische und medinensische in Frage. Für den amerikanischen Orien­­­talisten sind die traditionellen muslimischen Quellen, auf denen Nöl­deke und viele andere westliche Gelehrte des Islam basieren, historisch kaum zuverlässig, und bestehen aus Kompilationen von aus bekannten lite­rarischen Topoi abgeleiteten Geschichten, wie auch aus didaktischen und exe­getischen Materialien. Man kann deshalb den islamischen Quellen kei­nen größeren wissenschaftlichen Wert beimessen, sondern sie nur als Lite­raturstücke betrachten, weil sie mehr die Geschichte schufen anstatt sie zu beschreiben.

Dieser Argumentation folgend ist die klassische arabische Sprache ein spätes Erzeugnis von Philologen des 8. und 9. Jahrhunderts. Die Normie­rungsarbeiten an der grammatischen Struktur des Hocharabischen sind danach parallel zur endgültigen Kompilation und Kodifizierung des Koran­buchs verlaufen. In diesem Verständnis ist das klassische Arabisch – linguis­tisch gesehen – ein viel späteres Gebilde als die früher gesprochenen arabischen Dialekte[19].

Wansbrough war ferner überzeugt, dass die Geburt des Islam mit Ein­flüssen aus dem rabbinischen Judentum verbunden war und von ihm inspi­riert sein musste. Die muslimische Dogmatik, darunter auch die Person des Pro­pheten Muḥammad, sollen ihren Hintergrund in rabbinischen Arche­typen besitzen[20]. Die frühen muslimischen Gemeinden bezogen ihren Glau­ben vor allem auf die Person des Mose, und die Figur Muḥammads wurde später schrittweise eingeführt, je nach Bedarf im Verlauf der theologischen Evo­lution. Da die prophetische Mission Muḥammads nach dem Vorbild des Mose gestaltet war, war damit auch das Auftreten einer heiligen Schrift erforderlich. Zu diesem Zweck kam der Heiligkeitsmythos der arabischen Sprache auf, in der die Offenbarungen erfolgt sein sollen.

4. Patricia Crone, Michael Cook und Martin Hinds

Einen unbestreitbaren Beitrag zur weiteren Fortentwicklung der alterna­tiven Forschungen über die Ursprünge des Islam haben in den späten 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Patricia Crone, Michael Cook und auch Martin Hinds geleistet. Abgesehen von der sachlichen Relevanz der von ihnen gezogenen Schlüsse, bringen ihre Studien einen tiefen rationalen Bedarf an der Revision wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Ursprünge des Islam zum Ausdruck.

Die traditionellen islamischen Quellen ließen sie zunächst wegen ihrer Unglaubwürdigkeit und Fragwürdigkeit unberücksichtig; Crone und Cook unternahmen den kühnen Versuch, die Geschichte auf der Basis nicht-ara­bischer Literatur zu rekonstruieren. Dazu nutzen sie  syrische, armenische, koptische, griechische, hebräische und lateinische literarische Zeugnisse, wie auch andere schriftliche und archäologische Dokumente (Papyri, Numis­matik, Inschriften)[21]. Nur von diesen Annahmen ausgehend, kamen beide Forscher zu dem Schluss, dass der Koran – als eine Kompilation ver­schiedener judenchristlicher, samariterischer und anderer nahöstlicher Tra­di­tionen – frühestens Anfang des 8. Jahrhunderts erarbeitet worden sein konnte, und zwar nicht auf der Arabischen Halbinsel, sondern in Irak. Gegen eine frühere Kodifizierung des koranischen Textes spricht u.a. die Tatsache, dass die ersten auf Münzen und Inschriften Ende des 7. Jahrhunderts erscheinenden koranischen Formeln sich vom kanonischen Text unter­schei­den[22]. Indessen wird der Koran von der traditionellen Orientalistik als eine sichere historische Quelle für Informationen aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts betrachtet. Paradoxerweise haben aber, wie Crone und Cook aufzeigen, Überlieferungen über viele Ereignisse, die allgemein als historisch gelten, ihre Quelle nur im Koran (z.B. die Schlacht von Badr), und eben dem Koran selbst verdanken sie ihr historisches Dasein.

Ebenso ist die Sunna historisch zweifelhaft. Für die Legitimierung ver­schie­dener Koranverse wurden fiktive historische Kontexte erstellt, religiöse und kulturelle Hintergründe erschaffen, wodurch ein Geschichtsmythos ent­stand. Je weiter Beschreibungen von dem Zeitpunkt der angeblichen Er­eig­nisse entfernt sind, desto größer ist die Ausführlichkeit der in den Samm­­lungen der muslimischen Tradition vorliegenden Schilderungen. An­hand der Summe dieser Erzählungen geben muslimische Historiographen ei­nen umfassenden Überblick über die frühe islamischen Geschichte.[23] Die­se tendenziöse mythologisierte Darstellung der Geschich­te wurde dann anschließend von der westlichen Orientalistik als ein historisches Axiom angenommen.

Auch viele andere in der östlichen und westlichen Islamwissenschaft etablierte Konzepte werden in den Studien von Crone, Cook und Hinds neu bewertet: die Idee einer ununterbrochenen Tradentenkette (isnād) kann der wissenschaftlichen Kritik nicht standhalten[24]. Ferner gibt es keine frühen nichtislamischen schriftlichen Quellen, die auf die damalige Existenz von Mekka verweisen würden. Diese Stadt konnte den frühen islamischen Schrein nicht umfassen, denn die Gläubigen richteten ihre Gebete nach ei­nem Punkt, der weiter nördlich liegt. Muḥammad, der laut Cook eindeutig historisch bezeugt ist, wurde zum Rang des „Propheten der Schrift“ erst zur Zeit der Koranbearbeitung erhoben, nicht vor dem 8. Jahrhundert.

Die historische Zuverlässigkeit der frühen arabisch-islamischen Ge­schichts­schreibung ist derart problematisch, dass sie nicht als Quelle für die wirklichen historischen Ereignisse des 7. oder 8. Jahrhunderts dienen kann. Sie kann nur als Material zu Literaturforschungen gelten und uns berichten, wie sich Menschen in späteren Zeitaltern den Verlauf der Ereignisse aus dem 7. und 8. Jahrhundert vorgestellt haben[25]. Die Quellen der islamischen Tradition sind von dogmatischer Korrektheit ihrer späten Autoren geprägt, von Anachronismen und sich gegenseitig ausschließenden Fakten durch­drungen, ohne größeren historiographischen Wert[26]. Und da es unmöglich ist, ihren Inhalt mit unabhängigen historischen, archäologischen und philo­logischen Fakten zu versöhnen, schließen Crone und Cook, dass die einzige logische Lösung darin besteht, unsere Bindung an stereotype Vorstellungen der islamischen Tradition völlig aufzugeben[27].

In der unkonventionellen Theorie der beiden Orientalisten werden vie­le Motive und wissenschaftliche Konzepte, die sich in der zeitgenössischen Orientalistik häuslich eingerichtet haben, kritisiert oder ad absurdum ge­führt. Nach den Beobachtungen der nicht-arabischen nahöstlichen Chroni­ken des 7. Jahrhunderts durch Crone und Cook benutzen sie in Be­zug auf Anhänger des neuen arabischen Glaubens die Termini „Hagarener“ und „Ismaeliten“ – und nicht „Muslime“. Die Hagarener (Araber), Nach­kommen der Hagar und des Abraham, fühlen sich als geistige Erben der alttestamentlichen Verheißung, die Gott Abraham zusprach. Diese Gesinnung motiviert sie zur Hidschra – dem Kampf gegen die byzantinische und syrische Großkirche und zum militärischen Auszug in das Gelobte Land, um es zurückzuerobern, einschließlich Jerusalems (und nicht zur Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina, wie es in der traditionellen Fas­sung steht). Der Kristallisationsprozess ihres Glaubens führt die Haga­rener zur theologischen Ablösung von Christentum und Judentum (dem jüdischen Messianismus[28] und Samaritanismus), dann zur Entwicklung ih­rer eigenen Dogmatik und religiöser Symbolik, bis zur Erschaffung ihrer ei­genen heiligen Schrift. Dementsprechend ist es falsch, den arabischen Glau­ben in seinem frühen Stadium als „Islam“ zu definieren, und Araber als „Muslime“. Die Hagarener selbst bezeichneten sich nicht so, und die Bildung ihrer religiösen Identität hat wohl viele Jahrzehnte gedauert.

In Crones Theorie haben sich die mit der Mission des Propheten Muḥam­mad verbundenen Geschehnisse im Mittelmeerraum ereignen müs­sen[29]. Trotz Crone’s Anfechtung der Historizität der traditionellen isla­mi­schen Quellen (auch als spätere Fabrikationen bezeichnet), stellt die For­scherin das Konzept des Ursprungs der treibenden Kraft des Islam von der Arabischen Halbinsel aus nicht in Frage. Sie misstraut auch nicht der Geschicht­lichkeit der frühen arabischen Eroberungen. Die Eroberungen tru­gen dazu bei, den Prozess der Autonomisierung des islamischen Glau­bens zu katalysieren, weil Völker unterschiedlicher kulturell-religiösen Hin­ter­gründe aufeinander prallten – vorchalkedonische und „orthodoxe“ Völ­­­ker Syriens und Mesopotamiens, Kopten, Juden, und Araber von der Arabischen Halbinsel[30].

Da Crone die islamischen Literaturquellen als unhistorische Konfabula­tionen ansah, unterzog sie in einem ihrer späteren Bücher (Meccan Trade and the Rise of Islam) einen ausgewählten Bestandteil der muslimischen traditionellen Überlieferungen – v.a. betreffend der Existenz des legendären internationalen Händlernetzwerkes, konzentriert um Mekka, das auf der Handelslinie zwischen Syrien, Byzanz und Jemen gelegen haben soll – einer historisch-textuellen Überprüfung. Die Schlussfolgerungen der kritischen Forschungen Crone’s zeigen, dass die Region des Ḥiǧāz und insbesondere Mekka, keinen internationalen Handel steuern konnte, sondern an ihm nur einen marginalen Anteil hatte. Weder Mekka, noch die die Qurayš/ Korei­schiten werden von einer spätantiken nicht-muslimischen Quelle (die au­ßerhalb der Arabischen Halbinsel entstanden ist) erwähnt. Crone, als His­toriographin des frühen Islam, ist der Auffassung, dass es vom wissen­schaft­lichen Standpunkt das Vernünftigste wäre, die traditionellen islami­schen Überlieferungen für eine literarische Fiktion zu halten[31].

Trotz ihres großen Beitrages zur Fortentwicklung unabhängigen historischen Denkens unternahmen Crone, Cook und Hinds keinen Ver­such zur Systematisierung des Gesamtmaterials der historischen Quellen über die ersten Jahrhunderte des Islam. Diese Herausforderung wurde von Crone’s Schüler, Robert G. Hoyland, angenommen. Er hat viele schrifliche Quellen untersucht unter Berücksichtigung archäologischer Materialien[32]. Leider versucht er auch immer wieder, alle diese Dokumente mit der isla­mischen Historiographie in Übereinstimmung zu bringen, was zu oft recht gewaltsamen Uminterpretationen führt.

5. Yehuda Nevo

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie Wansbrough (über die schrittweise zweihundertjahrelange doktrinäre Fortentwicklung des Islams) und Crone (über die Gründung des frühen Islams im Mittelmeerraum) ist der israe­lische Gelehrte Yehuda Nevo durch archäologische, epigraphische und his­to­rio­graphische Studien gekommen. Er widmete einen Großteil seiner ar­chäo­logischen Karriere dem Studium von arabischen Felsinschriften in der Wüste Negev, sowie von numismatischen und literarischen Denk­mä­lern. Nach seinen Beobachtungen begann die fortschreitende Entwick­lung des muslimischen Glaubens mit dem Stadium eines im Vorderen Orient ver­breiteten „unbestimmten Monotheismus“ (indeterminate mono­theism)[33]. Erst gegen Ende des zweiten Jahrhunderts der Hidschra könne man von der Gestaltung der dogmatischen Pfeiler des Islam reden, ähnlich de­nen, die wir heute kennen. Nevo teilt Wansbroughs Auffassung, dass die späten Quellen der muslimischen Tradition – im Widerspruch zu archäo­logischen Fest­le­gungen und nicht bestätigt von selbstständigen historischen Quellen – das Ergebnis einer kreativen Schaffung von Geschichte sein müssen. Die Ge­schichte des 7. Jahrhunderts wurde im 8./9. Jahrhundert von Gelehrten für die Gemeinschaft der Gläubigen aus der Retrospektive geschrieben und zur wahren Geschichte erklärt, auf Kosten einer Wiedergabe des faktischen Verlaufs der Ereignisse.

Unter Anwendung einer strengen kritisch-historischen Forschungs­me­tho­­de kamen Y. Nevo und J. Koren zu dem Schluss, dass traditionelle isla­mische Berichte keine historiographische Widerspiegelung in nicht-musli­mischen Quellen des 7./8. Jahrhunderts finden. Deswegen stellten Nevo und Koren fest, dass die als historische Fakten allgemein akzeptierten islami­schen Eroberungen des 7. Jahrhunderts in Wirklichkeit nicht stattfanden[34], weil sich Byzanz zuvor selbst aus seinen östlichen Provinzen zurückgezogen hatte[35]. Sukzessive und konsequent realisierten byzantinische Kaiser der Spätantike eine Politik des schrittweisen politischen und militärischen Ab­zugs aus den östlichen Regionen des Reiches. Am Grenzgebiet wurden ein­heimische ara­bische Vasallenstaaten (foederati) als Pufferkräfte errichtet, um als vorüber­gehende Klienten Byzanz zu dienen, und – langfristig – als unabhängige Herrscher an der Grenze zu regieren. Zu diesem Zweck stärkte Konstanti­nopel lokale Autonomiebestrebungen der politischen Eliten, die ihre Auto­ri­tät vermittels Religion legitimierten, einschließlich der lokalen Varianten des Christentums. Diese Politik hat die Byzantiner zur Unter­stützung lokaler heterodoxer Kirchen geführt, die von der offiziellen melki­tischen (chalkedonisch-orthodoxen) Kirche in den östlichen byzantinischen Pro­vin­zen unabhängig waren, einschließlich der Monophysiten und Nesto­rianer[36]. Laut der offiziellen Fassung von Byzanz sollte diese Übergabe der östlichen Provinzen an die arabischen Vasallen  sie davor verschonen, in die Hände der Heiden zu geraten[37]. Der Kaiser Herakleios (610-641) unter­stütz­te zu diesem Zweck die Kompromissdoktrin des Monotheletis­mus, die aber nach ihrem Widerruf im Jahr 680 die östlichen Christen nicht mehr schüt­zen konnte, womit die Monophysiten in eine Linie mit Anhängern nicht­christlicher Glaubensrichtungen gerieten. Zu den bedeutendsten ara­bischen Klienten von Byzanz in Syrien gehörte Muʿāwiya (602-680), den die musli­mische Geschichtsschreibung für den Gründer und ersten Herrscher der Umayyaden Dynastie hält.

Da die Existenz Muḥammads und der vier Rechtgeleiteten Kalifen – Abu Bakr, ʿUmar ibn Al-Ḫaṭṭāb, ʿUṯmān ibnʿAffān undʿAlī ibn Abī Ṭālib – gemäß den Forschungen von Nevo und Koren in unabhängigen Quellen his­torisch nicht belegt sind  (nur in späteren abbasidischen Quellen), können sie deshalb nicht als historisch angesehen werden[38]. Nevo und Koren sind überzeugt, dass die Biographie des Propheten Muḥammads von Ibn Hišām (gest. 834), der sich auf die nicht erhaltene Biographie des Ibn Isḥāq (gest. 768) beruft, keineswegs als historischer Beweis für die Existenz Muḥammads dienen kann:

„Non-contemporary literary sources are, in our opinion, inadmis­sable as historical evidence. If one has no source of knowledge of the 7th century except texts written in the 9 th century or later, one cannot know anything about the 7 th century: one can only know what people in the 9 th century or later believed about the 7 th.“ [39]

Wie die beiden israelischen Autoren betonen, erschien die Person Muḥam­mads in der offiziellen religiösen Nomenklatur erst um 71 A.H./ 690 u.Z., und seine Erwähnungen in der früheren Literatur sind spätere Inter­pola­tionen von Kopisten, die gewohnt waren, Texte beim Abschreiben der Standardversion der islamischen Tradition anzupassen.

Die israelischen Forscher haben festgestellt, dass der erste Herrscher aller Araber, für den es historische Beweise gibt, Muʿāwiya war[40]. Bis zur Regierungszeit von ʿAbd al-Malik (d.h. 685-705 u.Z.) blieb die einfache ara­bische Bevölkerung heidnisch, während sich die Elite des neuen arabischen Reiches zu einer einfachen Form des Monotheismus bekannte, vielleicht ähnlich dem Abrahamismus oder Judenchristentum[41]. Erst unter der Herr­schaft ʿAbd al-Maliks (die in vielerlei Hinsicht wegweisend war) zeichnen sich wegen der wachsenden Notwendigkeit eines politischen und religiösen Gegen­gewichts zur Position des verfeindeten Byzanz allmählich unter den Ara­bern die ersten doktrinären Aufbrüche einer gesonderten religiösen Identität ab.ʿAbd al-Malik brauchte eine Staatsreligion für politische Zwecke[42]. Es wur­­de langsam notwendig, dass der Staat seine eigene Geschichtsschreibung und einen ideologischen Bezug auf die Person eines eigenen Propheten brauchte.

Dazu ist jedoch anzumerken, dass der Name Muammad auf Münzen und arabischen Inschriften erst nach der Machtübernahme vonʿAbd al-Malik, nicht davor, wie es Nevo und Koren angeben, zu erscheinen beginnt, darunter auch in der bekannten Inschrift des Jerusalemer Felsendoms.[43]

Die Entwicklung der Glaubensdogmatik des neuen arabischen Staates wur­de von den arabischen herrschenden Eliten angeführt, die auch die meisten Interessen an dem endgültigen doktrinären Bruch mit ihrem poli­tischen Hauptgegner – dem Byzantinischen Reich – hatte. Dieser Prozess hat jedoch jedoch laut Nevo noch viele Jahrzehnte gedauert. Bis zum Ende des Umay­yaden-Kalifats war der Koran noch nicht vollständig kodi­fiziert. Das ge­schah erst zu den Regierungszeiten der folgenden Herrscher aus der Abbasiden-Dynastie.

An der Wende vom 7. zum 8. Jahrhundert wurde der sich entwickelnde neue arabische Glauben nicht mehr als eine Abzweigung vom Christentum angesehen, sondern nahm Merkmale einer separaten nichtchristlichen Reli­gion an. Einer der Beweggründe für das Niederschreiben des Koran war die Notwendigkeit, das Gesetz zu kodifizieren. Im Gegensatz zu den Umayya­den, die sich am byzantinischen Rechtskanon orientierten, entwickelten die Abbasiden ihr eigenes Rechtssystem (später Šarīʿa genannt), das auf der Exe­gese und dem Konsens der Gelehrten beruht – dem so genannten iǧmāʿ,  nicht ohne Parallelen zu der jüdischen rabbinischen Jurisprudenz[44]. Die Exe­gese erfordert jedoch eine kodifizierte Schrift. So haben muslimische Gelehrten eine Reihe von Predigertexten und aus den in der Gemeinschaft der Gläu­bigen zirkulierenden Überlieferungen bearbeitet, die dann zusammen zum Range eines heiligen Textes, des Wortes Gottes, erhoben wurden[45]. Das Er­geb­nis war, laut Nevo und Koren, wie auch schon laut Wansbrough, die Ent­stehung des Koran. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zweck­mäßigkeit der Entstehung nicht nur des Koran, sondern auch der ganzen islamischen Doktrin aus den Bedürfnissen des neuen unabhängigen ara­bi­schen Staates für eine eigene offizielle Religion resultierte. Wie Nevo und Koren schreiben, ging das arabische Staatswesen der arabischen Staats­religion voraus[46].

Ihrer Ansicht nach muss der Prozess der Kompilation und Kodi­fizie­rung des Koran zu Ibn Hišāms (gest. 833) Lebzeiten abgeschlossen worden sein (Ibn Hišām adaptierte die von Ibn Isḥāq (gest. 767) aufge­zeichnete Sīra), da der Text der Sīra viele textuelle Elemente aus kora­nischen For­mu­lierungen verwendet. Nevo und Koren sind zu der Ansicht geneigt, dass das gesamte koranische Corpus von Materialien aus verschie­denen mono­theistischen Religionstraditionen besteht – Judentum, Chris­ten­tum und – vor allem – Judenchristentum. Da es jedoch keine Hinweise gibt, dass es im 6. und 7. Jahrhundert judenchristliche Texte auf Arabisch gab (religiöse Literatur oder auch nur eine Sammlung von Texten), ziehen die beiden israelischen Forscher den Schluss, dass Gelehrte (ʿulamāʾ), die den theo­logi­schen Kanon für die entstehende Staatsreligion bearbeiteteten, aus schrift­lichen syro-aramäischen Quellen schöpfen mussten, und dann ihren Inhalt in die entstehende klassische arabische Sprache transponierten.

Im syro-aramäischen Sprachraum gab es in umfangreicher juden­christ­licher Literatur eine alte Tradition von religiösen Disputen, die  den Haupt­dog­men des Christentums gewidmet waren[47]. Das Echo dieser Dispute über­trug sich auch auf den koranischen Text, der einige syrische Quellen­materialien inkorporierte. Der Koran enthält zahlreiche Verweise auf inter­konfessionelle Streitigkeiten, deren Zusammenhang unklar bleibt. Nach der Meinung von Nevo und Koren ist der erste starke Ausdruck der arabischen Neubewertung dieser ursprünglich judenchristlichen Theologie die Inschrift im Jerusalemer Felsendom, geprägt von christologischer The­ma­tik. Zuvor gab es religiöse Formeln von allgemein monotheistischer Natur, die aus dem Syrischen oder Griechischen übersetzt werden konnten, oder – eher – gleich in der arabischen Sprache formuliert wurden als Lehnübersetzungen aus syrischen Texten[48].

Die in das koranische Corpus inkorporierten judenchristlichen Materia­lien entwickelten sich mit Sicherheit über einen längeren Zeitraum, wahr­scheinlich in allen von Judenchristen bewohnten Gebieten wie Palästina, Syrien und Irak. Doch im 6. und 7. Jahrhundert konnten sich diese Texte nur noch bei Restbeständen dieser judenchristlichen Gemeinden erhalten: unter den judenchristlichen Flüchtlingen in Irak und wahrscheinlich unter den Nestorianern, die einigen judenchristlichen Argumenten zugeneigt wa­ren und in so engem Kontakt mit Juden und Judenchristen standen, dass ihre Gegner sie für Juden hielten. Nevo und Koren behaupten, dass die Anwesenheit von jüdischen und judenchristlichen Elementen im Koran da­rauf hinweist, dass zumindest die vom Syrischen ins Arabische trans­ponier­ten Fragmente des Koran in Irak entstanden sind[49], obwohl man an­hand der christlichen Elemente im Koran ansonsten nicht feststellen könne, in wel­chem geographischen Gebiet die koranischen Texte zusammen­gestellt wur­den. Gemäß Nevo und Koren ist der Koran schließlich gegen Ende des 2. Jahrhunderts AH / 8. Jahrhunderts nach Christus endgültig kodifiziert wor­den. Diese Einschätzung ist der Beurteilung Wansbroughs sehr ähnlich, die er aufgrund anderer Prämissen gemacht hat, nämlich der textkritischen Un­ter­suchung der islamischen schriftlichen Quellen[50]. Der Bildungsprozess der islamischen Religion inklusive des arabischen Propheten, der heiligen Schrift und der eigenen Erlösungsgeschichte hat ihren vollständigen Aus­druck in den historiographischen und exegetischen Werken al-Ṭabarīs gegen Ende des 3. Jh. AH. symbolisch erreicht[51].

Analog zu den früher erwähnten Forschungen von Patricia Crone haben beide israelischen Archäologen auch genügend Hinweise gesammelt, um zu dem Schluss zu kommen, dass der Islam nicht auf der Arabischen Halbinsel entstanden ist. Die Behauptung, dass – laut Überlieferungen tra­di­tioneller islamischer Quellen – die Arabische Halbinsel reich an zahl­rei­chen Nomadenstämmen gewesen sei, die nach ihrem Übertritt zum Islam Tau­sende von Kriegern zur Eroberung nach Syrien, Irak und Ägypten lie­ferten, bleibt ohne Beleg in historischen Fakten und archäo­logischen Fun­den. Die harten archäologischen Fakten sprechen dagegen für etwas an­deres: der Großteil der Halbinsel (außer den südlichen Küstenregionen) war nie dicht besiedelt, und ihre winzige Bevölkerung litt in jeder historischen Epoche unter extremer Armut[52]. Nevo und Koren weisen ferner darauf hin,  dass sich der Begriff „Araber“ (von der semitischen Wurzel ʿrb) ursprünglich ausschließlich auf Bewohner des Fruchtbaren Halbmondes und Nord-Arabiens bezog, und nicht auf die Bevölkerung der weiter südlich liegenden Gebiete der Arabischen Halbinsel[53].

6. Bruno Bonnet-Eymard

Ein indirekter Vorläufer der philologischen Studien von Christoph Luxen­berg ist der wenig bekannte französische Mönch und gelehrte Theologe Bruno Bonnet-Eymard. Die Frucht seiner dreißigjährigen Arbeit ist eine umfassende kritische Übersetzung (ins Französische) einiger der ersten koranischen Suren auf der Basis einer theologischen, philologischen und historischen Exegese (in mehreren Bänden veröffentlicht), im Geist der allgemein marginalisierten Forschungen des Jesuiten Henri Lammens, des Dominikaners Gabriel Thery (Pseudonym Hanna Zakarias) und von Georges de Nantes. Bonnet-Eymard entschlüsselt den arabischen Text des Koran durch das Prisma der hebräischen und der syrischen Sprache. Für den Zweck der Exegese schiebt er die Sīra und die Ḥadīṯe a priori beiseite als späte und wissenschaftlich unzuverlässige Sammlungen. Er konzentriert sich ausschließlich auf den Text des Koran selbst[54].

Bonnet-Eymard weist auf den Zirkelschluss der traditionellen Koran­exegese hin: die Orientalistik bedient sich der Sīra zum Erklären des Koran, obwohl umgekehrt die Sīra keine anderen historischen Quellen als eben den Koran hat, und die Person Muḥammads hat keine andere historische Legi­timierung als nur in der Apologetik der Sīra[55] (übrigens ähnlich wie bei der Geschichtlichkeit der sogenannten vorislamischen Poesie[56]), deren In­halt – wie Hanna Zakarias behauptet – wiederum sekundär die endgültige Form des Koran beeinflusst hat[57]. Ferner lebten die Biographen Muḥam­mads, wie L. Caetani und H. Lammens schon vorher argumen­tierten,  chro­nologisch zu weit von seinen Zeiten entfernt, um über die mit Muḥammad verbun­de­nen maßgeblichen Informationen und Konzepte zu verfügen[58]. Im Ver­ständnis des französischen Mönches kann der poten­zielle Autor des Koran ein christianisierter Araber[59]  gewesen sein (inspiriert von einer Form von Monophysitismus), der versucht hat, die Juden und Araber versöhnlich zu stimmen.

Bonnet-Eymards Forschungen führten ihn ferner zu der Behauptung, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass Mekka zum Zeitpunkt des Autors des Koran gar nicht existierte. Der Gesamttext des Koran[60] konzentriert sich nicht um Mekka, sondern auf Jerusalem, auch im Kontext des Zentral­mo­tivs des ganzen Koran – auf die nostalgische Rückwanderung des ara­bischen Volkes in die Heimat des Bundes Gottes mit Abraham und seinem Sohn Ismael[61]. Ähnlich haben wir es infolge einer fehlerhaften Auslegung des Ko­ran­textes durch traditionelle Exegeten mit der Mythologisierung der Figur des Propheten Muḥammads zu tun. Zu der philologischen und theo­lo­gischen Analyse von Bonnet-Eymard passt auch, dass das Wort „muam­mad” im Text des Koran nur ein 4 Mal vorkommt, dagegen Abraham, Mose und Jesus viele Dutzende Male. Muammad aber ist das Partizip Passiv aus der altsemitischen Wurzel md – als „geliebter, an dem Gottes Gefallen ist” zu verstehen – und ist ein Epithethon des Messias, des Sohnes Gottes (siehe Mt 17,5 und Mt 3, 17 “Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe”)[62]. Dieselbe Bedeutung des Wortes „muammad”, in Verbindung mit dem Begriff rasūl (arabisch Gesandter, Orakel der Propheten), wird auch in Bezug auf Jesus Christus in der Jerusalemer Inschrift im Felsendom ausgedrückt[63].

Analog dazu unterlagen laut Laut Bonnet-Eymard unterlagen auch andere koranische und auf den Koran bezogene Begriffe der Mytholo­gi­sie­rung wie Gehenna (arabisch: ǧahannam) und Paradies (firdaws), Islam (islām) und Muslim (muslim), iʿǧāz (die Unnachahmlichkeit des Koran), der Koran[64], die Schlacht von Badr, die mekkanische Kaaba, die historisch und geographisch falsch mit dem Ḥiǧāz, Mekka und Medina assoziiert werden, und nicht mit Jerusalem.

Sicherlich ist die umfangreiche Exegese des französischen Mönchs eine wahre Fundgrube mit wertvollen Informationen, Schlussfolgerungen und Assoziationen, nicht zu unterschätzen für die zukünftige kritisch-wissen­schaftliche Arbeit am koranischen Text. Es soll hier aber angemerkt werden, dass sich B. Bonnet-Eymard von einigen schematischen geistigen Fesseln nicht lösen konnte, nämlich der stereotypen Verbindung der Frühzeit des Islam mit Stämmen im Norden der Arabischen Halbinsel, die ihren Kurs auf Jerusalem nahmen.

7. Inârah

Weit hinaus über eine solche Fassung der islamischen Geschichte reichen die  wissenschaftlichen Erkenntnisse des relativ neuen Forschungsinstitutes meist – aber nicht ausschließlich – west­licher Orientalisten, das sich selbst den programmatischen Namen „Inârah“ (arabisch Aufklärung / Erleuch­tung) gegeben hat. Es ist ein lockerer Zusammenschluss europäischer und amerikanischer Forscher (u.a. Karl-Heinz Ohlig, Volker Popp, Gerd-Rü­diger Puin, Elisabeth Puin, Christoph Luxenberg, Markus Groß, Ibn Warraq, Robert M. Kerr, Jan van Reeth, Peter Sivers, Johannes Thomas, Sven Kalisch, Claude Gilliot, Geneviève Gobillot, Raymond Dequin, Alba Fedeli, Tom Milo, Keeth Small, Frank van der Velden, Piotr O. Scholz). Sie teilen eine gemeinsame alternative Wahrnehmung und Inter­pretation der frühen Islamgeschichte. Eine der Hauptmotivationen für die Veröffent­li­chung ihrer wissenschaftlichen Forschungen der letzten zehn Jahre (vor allem in Deutschland vorgenommen) waren die historisch-kriti­schen Un­ter­suchungen von Karl-Heinz Ohlig, Weltreligion Islam, Mainz 2000, und vor allem die bahnbrechende philologische Arbeit von Christoph Luxenberg „Die syro-aramäische Lesart des Koran – Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koranprache” [65], Berlin 2000.

Immer mehr Forscher aus aller Welt und aus unterschiedlichen wissen­schaftlichen Disziplinen arbeiten seitdem zusammen. Aus dieser Zusam­men­arbeit sind bisher zwei wissenschaftliche Symposien und fünf Sammel­bände hervorgegangen. Diese haben zwei Schwerpunkte, zum einen eine historisch-kritische Analyse der Islamgeschichte auf der Basis zeitgenössi­scher Quellen, zum anderen eine exakte und kritische Philologie und Ana­lyse der koranischen Texte.

Das Buch des sich unter dem Pseudonym Luxenberg verbergenden Au­tors fordert die Notwendigkeit, die Bedeutung der koranischen Verse durch das strenge Prisma der syro-aramäischen Semantik und Grammatik zu entschlüsseln, sowohl ihrer Morphologie wie auch der Syntax. Es löste sei­ner Zeit eine Welle von Interesse, Kommentaren und endlosen Debatten aus, nicht nur in der Nische des westlichen Orientalistenmilieus, sondern auch in Medien der ganzen Welt. Für einige Forscher gilt Die syro-ara­mäi­sche Lesart des Koran als eine überaus wichtige Pionierstudie in seinem Fachgebiet, die eine starke Basis für eine neue kritisch-historische Sprach­ana­lyse des koranischen Textes bietet. Von ande­ren aber wird das Buch als ein voreingenommener Revisionsversuch der traditionellen Auslegung des Koran empfunden. Die syro-aramäische Lesart des Koran markierte den Beginn eines dauerhaften Bruchs und die Neube­lebung einer früheren marginalisierten Forschungsrichtung in europäischen orientalistischen Studien.

Durch die historisch-kritischen Untersuchungen von Inârah-Mitarbei­tern wurde die Notwendigkeit eines vertieften kritischen Einblicks in die Entwicklungsphasen der islamischen Religion und der Revision des bishe­rigen Wissensstandes über die frühe Geschichte des Islams neu belebt. Die bisherigen Kenntnisse in diesem Gebiet stützen sich fast ausschließlich auf Aussagen der islamischen Tradition, die frühestens erst im 9. und 10. Jahrhundert niedergeschrieben wurden, also ungefähr 200 bis 300 Jahre nach den beschriebenen Ereignissen. Die historische Glaubwürdigkeit die­ser Berichte wurde nicht ausreichend durch wissenschaftliche Forschungen, einschließlich der Archäologie, bestätigt. Die Forschungen der Inârah-Gruppe werfen ein neues kritisches Licht auf die Entstehungszeit des Islams, in einer Art Weiterführung der Studien von Wansbrough, Cook, Crone, Nevo und vielen anderen. Die Untersuchungen wurden ausgedehnt auf vie­le Wissenschaftsbereiche, z.B. Archäologie, Geschichte der vorislami­schen Zeit und der ersten Jahrhunderte des Islams, der christlichen und musli­mischen Theologie, Epigraphik, Kunstgeschichte (einschließlich der Relikte der arabischen materiellen Kultur, darunter Numismatik), Islamwissen­schaft, Literatur, Paläographie und andere Zweige der Orientalistik. Die in diesem Geist durchgeführten Forschungen im vergangenen Jahrzehnt haben Inârah-Mitglieder zu weit reichenden Schlussfolgerungen und kühnen Beob­ach­tungen geführt. Sie verändern diametral den bestehenden Blick auf die Geschichte der ersten islamischen Jahrhunderte.

Der wichtigste methodische Pfeiler in Luxenbergs Studie beruht auf der philologischen Analyse des koranischen Textes, gelesen im kulturell-histori­schen Kontext seiner wahrscheinlicher Entstehung. Das Syrische, die im Vorderen Orient als lingua franca der  Spätantike und des frühen Mittel­alters verbreitet war, war die literarische und liturgische Kommunikations­sprache der christianisierten Araber. Sowohl im Schreiben wie im Sprechen verständigte sich der Großteil der arabischen Bevölkerung von der Mittel­meerküste im Westen bis zum Irak und dem Persischen Golf im Osten auf Syro-aramäisch.

Dank der detaillierten Analyse des koranischen Textes, basierend auf Mor­phologie und Syntax der syrischen Sprache, zeigt Luxenberg, dass die koranischen Suren (besonders die chronologisch früheren – mekkanischen) ursprünglich in einer syrisch-arabischen Mischsprache niedergeschrieben worden sind (zumindest zum Teil in syrischer Schrift). Erst einige Zeit spä­ter sind diese Suren in das in seiner schriftlichen Form erst entstehende Ara­bisch transkribiert worden – diese Theorie ändert nichts an der Tat­sa­che, dass der Koran aus der Sicht der historischen Kritik das erste schrift­liche Denkmal der arabischen Sprache ist, abgesehen von einzelnen arabi­schen epigraphischen Inschriften aus den davor liegenden Jahrhunderten.[66] Der Beweis besteht in einer Reihe von sich wiederholenden typischen Transkrip­tionsfehlern, die darauf hinweisen, dass die Urschrift Syrisch gewesen sein muss, und nicht Arabisch. Der Koran wurde erst im 8. und 9. Jahrhundert ins Arabische transkribiert, wodurch er seine heutige Gestalt gefunden hat[67].

Auf die ursprünglich syrische Niederschrift des Koran weisen verschie­dene von Luxenberg erkannte Fehler der späteren Kopisten hin, die besonders in den ältesten Exemplaren des Koran (geschrieben im ḥiǧāzīund kūfīDuctus) deutlich sichtbar sind. An vielen Stellen haben die Skri­benten konkrete Buchstaben der syrischen Schrift (des s.g. Garschuni­systems), die einzelnen arabischen Zeichen des ḥiǧāzīund kūfīDuctus ähnlich sind, aber andere Buchstaben bezeichnen, verwechselt und ins Arabische in fehler­hafter Weise tran­skribiert. Diese inkorrekte Transkription führte im end­gültigen Korantext (den wir heute haben) zu einer Reihe von unver­ständ­lichen Wörtern, un­klaren Phrasen und nicht auf den ersten Blick als solche erkennbaren Ara­maismen (Syriazismen), die die ursprüngliche Bedeu­tung vieler Verse verwischen und ihr richtiges Verstehen praktisch unmöglich machen[68].

Die Neulektüre des Koran durch das Prisma des Syrischen führt zu wich­ti­gen Ergebnissen. Die Bedeutung einiger Koranverse und Suren, „neu entdeckt“ von Luxenberg, ändert sich völlig – wie im Fall der Paradies­huris[69], des Tragens des Hidschab[70], der Schilderung der Geburt Christi[71], oder der sogn. Nacht der Bestimmung (Laylat al-Qadr)[72]. Zudem führen die philologischen Ausführungen Luxenbergs zu starken Zweifeln an der Zuverlässigkeit der traditionell-islamischen Methode der Absicherung der Authentizität einer Überlieferung durch das Überprüfung einer Kette von sogn. Isnaden – der chronologischen Überlieferkette mündlicher Aussagen von Muḥammad und seinen Gefährten, von der Zeit ihrer Äußerung bis zur Niederschrift. Luxenberg weist darauf hin, dass muslimische Gelehrten, die den Koran etwa 150-200 Jahre nach Muḥammads Tode kodifizierten, nicht mehr im Stande waren, ihn korrekt mit diakritischen Zeichen zu versehen, weil ihre Lebensrealität nicht mehr von der starken Präsens der syrischen Sprache geprägt war[73]. Daraus ergibt sich Luxenbergs Schlussfolgerung, dass sich bei der Plene-Schreibung zahlreiche Verlesungen ergeben haben. Auf diese Weise finden wir heute im Koran Dutzende von fehltranskribierten arabisierten Aramäismen, über deren Bedeutung die größten muslimischen Gelehrten und westlichen Orientalisten Jahrhunderte lang diskutierten. Wie Bernd Radtke meint, ist die syrische Sprache bei frühen arabischsprachigen Autoren schnell in den Schatten der Vergessenheit geraten[74].

Die Logik und kontextuelle Kohärenz der neuen Lesart des Textes, bestä­tigt durch eine fest etablierte und detailliert beschriebene grammatische Ar­gu­­men­tation, bilden die starke Seite der Methode Luxenbergs, sie über­raschen in ihrer Einfachheit. Das Wort „Koran“ selbst erklärt er, wie schon andere vor ihm, durch das Prisma der Semantik und Wortbildung der syrischen Sprache als „Lektionar“- also ein (christliches) Liturgie-Buch mit religiösen Texten für verschiedene Perioden des liturgischen Jahres (den Beweis für diese These findet der Autor u.a. in dem neu interpretierten Text der Sure 96 und an anderen Stellen) [75].

Es ist hier erwähnenswert, dass die Idee eines arabisch-syrischen Urkoran eine zusätzliche Bestätigung in davon unabhängigen wissenschaftl­ichen Forschungen des amerikanischen Orientalisten Sidney Griffith findet. Er bewies (basierend auf den Studien von Georg Graf), dass die Bibel vor dem Aufkommen des Islam nicht vollständig ins Arabische übersetzt wor­den ist. Dies bedeutet, dass in der Enstehungsphase des islamischen Glau­bens viele arabischsprechende Christen den syrisch-aramäischen Text der Bibel benutzten. Daraus lässt sich folgern, dass das erste arabische „Lektionar“ – der Koran – tatsächlich in einer syro-aramäischen Misch­sprache entstehen konnte[76].

Luxenberg hat seine Sprachmethode auch zur Entschlüsselung des Sin­nes der sogn. ḥurūf muqaṭṭaʿa angewendet – einzelnen mysteriösen ara­bi­schen Buchstaben, die 29 koranische Suren einleiten. Trotz vieler Hypo­thesen und Vermutungen östlicher und westlicher Gelehrten ist bisher keine zufrieden stellende Erläuterung ihrer Bedeutung vorgelegt worden (z.B. stellt abarī nicht weniger als 14 verschiedene Hypothesen zusam­men). Luxenberg bemerkt seinerseits, dass die geheimnisvollen Buchstaben im Koran jenen Bezeichnungen aus den syrischen liturgischen Büchern entsprechen, die auf Intonation einzelner Psalmen des Psalters verweisen. Dieser Spur folgend, versucht der deutsche Philologe die Bedeutung einzel­ner Buchstabenabkürzungen zu entschlüsseln. Ihre Bedeutung verwischte sich völlig in der islamischen Tradition mit der schrittweisen Arabisierung und dem Schwinden von Einflüssen der syrischen Sprache, wahrscheinlich um die Wende des 8. zum 9. Jahrhundert[77].

Luxenberg unternimmt auch den Versuch einer Neuinterpretation der arabischen Inschrift im Felsendom auf dem Jerusalemer Tempelberg. Die Inschrift erstreckt sich im monumentalen kufischen Stil auf einer Länge von 240 Metern auf der Innenwand des achteckigen Tempelbaus und stammt aus der Zeit des umayyadischen Kalifen ʿAbd al-Malik ibn Marwān (685-705). Luxenberg schlägt vor, den Text in dem kulturell-historischen Kontext seiner Entstehung neu zu lesen, der untrennbar mit der syrisch-christlichen Tradition[78] verbunden ist.

Der philologischen Analyse Luxenbergs nach bezieht sich das Gerundiv muammad” (arabisch der Gepriesene, zu Lobende) in der Tempelinschrift auf die Person des Messias, Sohn der Maria, als eine theologische Bezeich­nung einer seiner Eigenschaften, und nicht auf den Namen des muslimi­schen Propheten Muḥammad[79]. Analog müsse ʿabd Allah” als “Knecht Got­tes“ verstanden werden und nicht als der Eigenname von Muḥammads Vater[80].

Muslim“ bedeutet in diesem Geiste den Anhänger der vornicäischen Exe­­gese der christlichen Heiligen Schrift[81], und „islām” die Übereinstim­mung der Glaubensgrundsätze mit der Botschaft des al-Kitāb, der Heili­gen Schrift der Christen. Luxenberg findet Bestätigung für seine These in der philologischen Analyse entsprechender Stellen im Koran, in dem das Wort muammad” nur vier Mal vorkommt[82] und sich nirgendwo zwin­gend eine Interpretation als Eigenname ergibt.

Die gesamte Tempelinschrift ist ein dogmatischer Ausdruck der syri­schen christlichen Theologie vor dem Ersten Konzil von Nicäa (325), immer noch verbreitet unter den christianisierten Arabern des 7. Jahrhunderts. Die Befürworter dieser Theologie, mit einer starken antitrinitarischen Tönung, lehn­ten (vollständig oder teilweise) aus historischen und/oder dogmati­schen Gründen die Lehrentscheidungen nachfolgender Konzilien der  Groß­­­­kirche ab. Diese Konzeption, ursprünglich von der Literatur des 7. und 8. Jahrhunderts (einschließlich theologischer Abhandlungen und histori­scher Chroniken) für eine arabische christliche Häresie gehalten, verwan­del­te sich schrittweise bis zur Wende des 8./9. Jahrhunderts in eine neue Religion – den Islam in heutiger Form[83].

Muammadist in diesem Sinne keine historisch belegte Figur, son­dern eines der theologischen Konzepte dieser Gruppe syro-arabischer Christen. Um diese Konzepte herum konzentrierte sich die Dogmatik der neuen arabischen Kirche, die bei jeder Gelegenheit ihre Unterschiedlichkeit von dem Glauben des byzantinischen Kaisers unterstrich. Die Histori­sierung des Konzeptes von muammad” in die Person des Propheten der neuen Reli­gion fand erst statt nach dem Aufkommen der Abbasiden-Dy­nastie, im Rah­men der Rückprojektion der islamischen Geschichte, für die Zwecke der Machtlegitimation der Abbasiden. In dieser Zeit entstand auch die arabische Biographie von Muhammad. ʿAbd al-Malik war ein christ­licher Herrscher, der seinen Glauben zum Ausdruck brachte, indem er das erhebende Credo an den Wänden des Jerusalemer Tempels stiftete. Der Felsendom war in ʿAbd al-Maliks Vorstellung der wiedererbaute Tempel Salomos (mit einer Architektur im byzantinisch-persischen Stil) – als ein Symbol des geistigen Erbes der arabischen Nachfahren von Abrahams Verheißung.

Die philologisch-theologischen Erwägungen Luxenbergs reihen sich in die gleiche Strömung ein wie die Forschungen des deutschen Islam­wissen­schaftlers, Turkologen und Iranisten Volker Popp. Dieser beschäftigt sich vor allem mit Numismatik und Historiographie. Er ist einer der wich­tigsten Mitarbeiter der Inârah-Gruppe. Er unternahm die Durchsicht arabi­scher, byzantinischer und persischer Münzen aus der Frühzeit des Islam.

Auch Volker Popp hat mit Hilfe von ihm untersuchter numismatischer und epigraphischer Denk­­mäler sowie seiner Kenntnis nahöstlicher Tradi­tionen der Münz­prä­gung des 7. und 8. Jahrhunderts gezeigt, dass das Wort muammadauf arabischen Münzen aus dieser Zeit (mit Motiven des Kreuzes, Opferlamms, etc.) eines der Jesus Christus betreffenden Epi­theta ist, und sich nicht auf die historische Figur eines Propheten namens Muḥammad bezieht. Der Begriff muammad – der Gepriesene / zu Prei­sende” (ursprünglich nur unvoka­lisiert: MHMT; vielleicht ursprünglich eher als „mehmet” zu lesen) wird für die neue arabisch-orientalische Kirche, die sich religiös von der syrischen und byzantinischen Großkirche eman­zipiert, zum Leitmotto des „neuen arabischen Christentums“ – im Gegen­satz zur Bezeichnung „Sohn Gottes“ – und zu seinem erkenn­baren Kenn­zeichen. Dieses Motto erscheint auf Münzen als das Credo des neuen ara­bischen Glaubens und geht auf alttestamentliche Wurzeln zurück. „Muḥammad” – der arabische Beiname Christi – verweist symbolisch auf die Überzeugung der Araber, der Söhne Ismaels von ihrer Auserwähltheit zu geistigen Erben Abrahams.

Volker Popp liest von Münzen die Leitideen und historischen Erwäh­nungen des neu entstehenden arabischen Imperiums ab, um sie dann den archäologischen Funden und anderen historischen Fakten gegenüber zu stellen. Seinen Forschungen nach muss man das aus der traditionellen Über­tragung der islamischen Tradition entlehnte Wissen über die frühe Geschichte des Islam (die rückwärts erst ab dem 9. Jahrhundert und später niedergeschrieben wurde) beiseite schieben und sich allein auf harte archäo­logische und numismatische Hinweise stützen. Nach Ansicht des deutschen Forschers führen die Entstehungsspuren des Islam ins zentrale Mesopo­tamien und weiter östlich nach Chorasan und Merw, also in ostiranische Provinzen, wohin ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. die Perser (Sassaniden) Tausende der arabischen Christen aus Antiochien und anderen Regionen Großsyriens zwangsweise umgesiedelt hatten. Historische Chroniken erwähnen ein näher unbestimmtes Volk ʿArabī, das im vorislamischen Zeit­alter die Region der antiken Stadt Hatra (heute im Nordirak) bewohnte[84]. Jene in den westlichen Teil des sassanidischen Reiches (Mesopotamien) um­gesiedelten christlichen Gemeinden ebenso wie die in sein östliches Grenz­gebiet (u.a. Chorasan, Merw) deportierten Christen ver­loren ihren vor­nicenischen, nicht-trinitarischen christlichen Glauben nicht, sondern be­wahr­ten ihn gewissenhaft und konn­ten sich sogar in begrenztem Umfang mit Missionierung befassen. Unter anderem als Folge ihrer Akti­vitäten wur­de der Einfluss des Christentums in Iran im 7. Jahrhundert so stark, dass – wie der Religionshistoriker Geo Widengren unterstreicht – am Ende der Sassaniden-Dynastie Persien sich auf dem Weg zu einer vollständigen Christianisierung befand[85].

Ein entscheidendes Jahr für den weiteren Verlauf der Ereignisse im Nahen Osten war das Jahr 622 n. Chr., in dem der byzantinische Kaiser Heraklius (610-641) kriegerische Erfolge gegen die Sassaniden erringen konnte. Wie Volker Popp festgestellt hat, begann man ab dem Jahr 641 auf arabischen Münzen eine neue Datierung „nach den Arabern“ – das Jahr 622 – zu verwenden, basierend auf einem Sonnenkalendar, wobei die bisherige christliche Symbolik beibehalten wurde.[86]

Als Ergebnis des siegreichen Feldzuges von Kaiser Heraklius gegen Persien und der Niederlage des sassanidischen Reiches (einschließlich der Eroberung der persischen Hauptstadt Ktesiphon[87]) unternahm das vor Hunderten von Jahren deportierte Volk der ʿArabī seine Rückwanderung (Hidschra) vom Land der Knechtschaft in das gelobte Land und nach Jerusalem[88] (der Koran, genauer gesagt seine ältesten Suren, sind in diesem Verständnis ein eschatologisches Poem des geistlichen Kampfes der ʿArabī. Die arabischen Stämme (ʿArabī) traten damit symbolisch in die Fußstapfen des auserwählten Volkes Israel, mit ihrer Rückkehr nach einer langen Zeit der Sklaverei in das gelobte Land – das neue arabische Jerusalem. In dem Schicksal der ʿArabī zieht die Geschichte ihren Kreis: als Befreier Ḏū l-Qarnayn (wörtl.: der mit den zwei Hörnern”) erscheint im Koran der Kai­ser Heraklius (Sure 18,83-97) als ein Herrscher, der die Werke Alexanders des Großen erneuert – Bezwinger der Perser. Der neu besiegte Pharao und Unterdrücker ist der persische Herrscher Chosrau II. [89].

Die ʿArabī brachten aus dem Osten Grundlagen der koranischen Mate­rialien (ostsyrische Hymnen, Fragmente liturgischer Texte im Geiste der alten vornizenischen Theologie usw.) mit sich. Diese Araber brauchten keine größeren militärischen Aktionen, um das Gelobte Land zu erobern, denn Byzanz hatte sich aus dem Großraum Westsyrien weitestgehend bereits zurückgezogen.

Die nach Westen ziehenden ʿArabī wurden von ʿAbd al-Malik angeführt, laut der traditionellen islamischen Geschichtsschreibung der fünfte umay­ya­dische Kalif, und, nach Ansicht Volker Popps, der Herrscher seiner Hei­matprovinz Merw und später christliche Herrscher des frühen ara­bischen Reiches. Ursprünglich lautete sein Titel amīr al-muʾminīn (nicht wie im tradi­tionellen Sinn „Herrscher der Rechtgläubigen“, sondern eher im Sinne der altarabischen Tradition: „Vorsteher der Schutzgewährer“) und bezeich­nete einen Herrscher, der seinen Untertanen Sicherheit (amāna) gewähr­leistete[90]. Die Ghassaniden benutzten diesen Titel bereits im 6. Jahrhundert als arabische Statthalter Syriens im Auftrag von Byzanz[91]. In der spanischen Chronik von 754 wird amīr al-muʾminīn mit omnia prospere gerens ins Lateinische übersetzt[92]. Erst später, im 9. Jahrhundert, wurde amīr al-muʾminīn rückwirkend islamisiert. Erst die Abbasiden fingen an, den Titel Kalif (ar.: ḫalīfa) im modernen Verständnis dieses Begriffs zu ver­wenden. Vorher ist er historisch nicht bezeugt. Zu dem gleichen Schluss kam der Professor für Geschichte und arabische Zivilisation der Université d’Aix-en-Provence, Alfred-Louis de Prémare, der darauf hinweist, dass die Tempelinschrift im Felsendom den Titel ḫalīfa nicht enthält, sondern nur amīr al-muʾminīn[93].

Volker Popp betont außerdem in seinen Beiträgen, in denen er alles bisher für unumstößlich Gehaltene in Frage stellt, dass man bis heute keine numismatischen oder archäologischen Denkmäler entdeckt hat, die zu dem Schluss führen könnten, dass der Islam von der Arabischen Halbinsel stam­me. Die ersten historischen Erwähnungen von Mekka und Medina als im arabischen Reich liegenden Orten erscheinen erst gegen Ende des 2. Jahrhunderts Hidschra[94]. Dies knüpft an die schon oben erwähnte These von P. Crone und M. Cook aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts an. V. Popp argumentiert seinerseits, dass das historische Land Arabien, woher sich der Islam geographisch herleitet, keinen Zusammenhang mit der Ara­bischen Halbinsel hat, sondern in Mesopotamien zu suchen ist, an den Flüssen Euphrat und Tigris.

Forscher aus dem Inârah-Institut stellen auch das Postulat auf, dass bei einer wirklich historisch-kritischen Exegese des heiligen Buches des Islam von den ältesten fragmentarisch erhaltenen Handschriften des Koran auszu­gehen ist. Bisher stützen sich die islamische Welt und die westlichen Orien­talisten, wie der Religionswissenschaftler, Theologe und Historiker Karl-Heinz Ohlig hervorhebt, praktisch ausschließlich auf die Kairoer Ausgabe des Koran (von 1924), die sich von den alten Koranhandschriften unter­scheidet[95]. Ohlig unterstreicht, dass die älteste Ganzschrift des Koran angeb­lich erst aus dem Jahr 870, vielleicht aber auch erst aus dem 10. Jahrhundert stammt. Thematisiert wird die Frage der ersten Ganzschrift in keiner der einschlägigen Werke zum Koran. Stattdessen werden Fragmente des späteren Koran durch­gehend als Koranhandschriften bezeichnet. Es sieht jedoch viel eher so aus, als ob die koranischen Materia­lien sich über einen Zeitraum von bis zu 300 Jahren etappenweise zum heutigen Koran ausgebildet haben[96].

Die ältesten Suren sind deutlich von der ostsyrischen, vornizenischen Theologie der ʿArabī-Christen geprägt, während in die jüngeren Suren wohl auch späteres nichtchristliches Material eingeflossen ist. Wenn man archäo­logische Fakten mit theologischem Wissen und numismatischen Funden zusammenstellt, kann man nach Ansicht von K.-H. Ohlig zu der Schluss­folgerung kommen, dass die frühesten Grundlagen des Koran in syro-­aramäischen Gemeinden der deportierten –  oder von den Sassaniden ähnlich wie die russischen Kosaken als Grenzhüter angesiedelten – arabi­schen Christen in Ost­iran entstanden sind. Der ursprüngliche Zweck des Sammelns zukünftiger koranischer Materialien könnte von der Absicht getragen sein, einen neuen alternativen Kommentar zum jüdischen Penta­teuch und zum christlichen Evangelium zu erstellen, einem Kommentar, der ihre interne Kohärenz und Übereinstimmung (die vielleicht ursprüng­liche Bedeutung von islām)[97] im Geiste der vornizenischen Theologie erscheinen lassen würde[98].

K-H. Ohlig unterstützt hier die These von V. Popp, dass die jüngsten koranischen Materialien aus der Regierungszeit des Kalifen al-Maʾmūn in Bagdad (786-834) stammen könnten[99]. Er lehnt damit die Grundannahme der muslimischen Tradition entschieden ab, dass sich der Islam als Religion innerhalb von knapp 22 Jahren entwickelt und vollständig gestaltet habe  und der Koran schon unter ʿUṯmān zusammengestellt wurde[100]. Er weist nach, dass in der christlichen Literatur unter arabischer Herrschaft im 7. und 8. Jahrhundert (Chroniken, theologische und philosophische Abhand­lungen, Predigten, Briefe, Hagiographien, Gründungsakten von Klöstern usw.) deren Autoren zwar – selten – von Arabern, Sarazenen, Ismaeliten (Söhnen Ismaels), Hagarenern berichten, aber nicht von einer neuen Reli­gion. Es gibt keine Erwähnungen von Islam, Muhammad, Muslimen oder muslimischen Eroberungen. In der bis heute erhaltenen Korrespondenz der Klöster und Bistümer, die manchmal sehr ausführlich von der religiös-politischen Situation der Region berichtet, gibt es keine Hinweise auf eine dem Christentum drohende Gefahr seitens einer neuen Religion noch darüber, dass die regierenden Araber eine neue Religion vertraten; ihre Auffassungen wurden als eine Sonderform des Christentums wahr­genommen.[101]

Die Veröffentlichung der „Syro-aramäischen Lesart des Koran“ diente in der westlichen Orientalistik auch über Inârah hinaus als Anlass, den Koran philologisch und historisch-kritisch mit den auch in anderen Religionen üblichen Methoden zu erforschen. Ein zur Zeit in den USA lebender Orien­talist, bekannt unter dem Pseudonym Ibn Warraq, schlägt vor, die islami­sche Traditionsliteratur nicht als historische Quellen für die Frühzeit des Islam anzusehen.[102] Die orale Überlieferung von Tradenten einer münd­lichen Überlieferung, reichend bis zur ältesten Islamgeschichte, ist ein von der islamischen Tradition unterstützter Mythos, der keine unabhängige kri­ti­sche Studie am Koran als einem historischen Text zulässt[103]. Ibn Warraq bemerkt, dass selbst viele konservative zeitgenössische Orientalisten die Un­zu­verlässigkeit der traditionellen islamischen Quellen einräumen, jedoch sich weiter in ihrer Arbeit aus Mangel an Alternativen auf diese Quellen stützen; zudem gebe es auch einen allgemeinen islamophilen Konformismus im wissenschaftlichen Milieu[104]. Hier kommen wir zu einem Paradox: die Sīra (Biografie) des Propheten und die Ḥadīṯe wurden niedergeschrieben, um die koranische Botschaft zu erklären. Die Glaub­würdigkeit ebendieser Sīra und der Ḥadīṯe selbst versucht man nun mit Hilfe des Koran nachzuweisen.

Ibn Warraq stützt in diesem Zusammenhang die Forschungsergebnisse eines anderen zeitgenössischen Orientalisten, Fred Donner, der die Ansicht vertritt, dass einige koranische Materialien historisch früher sind als das Auftreten Muḥammads. Diese Texte, die einen liturgischen Charakter ha­ben, konnten in einer monotheistischen judenchristlichen Gemeinde ent­stehen. Dieselbe Idee vertritt der bereits oben erwähnte Günter Lüling, der der Meinung ist, dass mindestens ein Drittel des koranischen Textes älter sein mag, als es gemeinhin angenommen wird. Der uns heute vorliegende Koran, der erst zwei bis drei Jahrhunderte später von abbasidischen Exegeten ediert und kommentiert worden sei, sei nicht mehr korrekt im Geiste seiner ursprünglichen Nachricht entschlüsselt worden[105]. Ohne die Kenntnis des Hebräischen, Syrischen und weiterer orientalischer Sprachen sei es daher fast unmöglich, eine Exegese des Koran zu unternehmen. Ibn Warraq schlägt daher vor, die neue Koranexegese auf andere Quellen zu stützen als auf die späteren Geschichten der islamischen Tradition, auf­grund derer man die frühe islamische Historiographie erschaffen hat.

Auf Schwierigkeiten bei der heutigen Revision der Koranexegese weist ein anderes Mitglied von Inârah hin – der deutsche Arabist Gerd-Rüdiger Puin, der sich mit der Analyse der Fragmente von sehr alten koranischen Texten beschäftigt, die in den 70-Jahren des 20. Jahrhunderts in Sanʿāʾ im Jemen gefunden wurden. G.-R. Puin weist darauf hin, dass die Unterschiede zwischen verschiedenen Textvarianten der frühen koranischen Materialien so groß sind (andere Surenordnung, Fehlen bestimmter Verse oder Vor­kommen zusätzlicher Verse, Unter­schiede in Wendungen und Wörtern in­ner­halb gleicher Verse, unterschied­liche Rechtschreibung usw.), dass es schwie­rig ist, die ursprüngliche oder annähernd älteste Version von Koran­texten auf dieser Grundlage zu bestimmen[106]. Die Festlegung einer solchen textkritischen Version scheint wiederum eine notwendige Voraussetzung zu sein für die Aufnahme einer neuen umfassenden Auslegung des Koran.

Obwohl sich der Koran selbst als „mubīn” (arabisch klar, verständlich) präsentiert, hat „jeder fünfte seiner Verse keinen logischen Sinn und ist unverständlich“,[107] wie  G.-R. Puin ausführt. Die ältesten Handschriften mit koranischen Materialien können im besten Fall aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts stammen. Die Analyse der jemenitischen Manuskripte zeigt auf, dass es möglicherweise noch bis zum Anfang des 10. Jahrhunderts kein kodifiziertes vollständiges Exemplar des Koran gab, das alle (heutigen) Suren[108] in einem Buch umfassen würde. Karl-Heinz Ohlig vertritt die Mei­nung, dass der Koran als heilige Schrift einer neuen Religion das End­ergeb­nis eines lang andauernden Prozesses der Sammlung und Bearbeitung von älteren und jüngeren Textmaterialien war.

Betrachtet man die Forschungslage mit Occams Rasiermesser in der Hand, so kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass die von Inârah vor­getragenen Thesen heute insgesamt die einleuchtendsten wissenschaft­lichen Fest­stellungen und Theorien auf dem Weg zu einer kriti­schen Revi­sion der frühen Islamgeschichte bilden. Diese bieten eine alter­na­tive Ver­sion und eine kohärente Gesamtvorstellung aufgrund bestätigter his­to­ri­scher Fakten, archäologischer Funde, paläographischer Fest­stellungen, schriftlicher und numismatischer Denkmäler  –  und vieles mehr. Diese alternative Fassung der Genese des Islam ist innerlich konsistent und wissenschaftlich folgerichtig. Sie basiert auf wissen­schaft­lichen Errungen­schaften vieler Orientalisten der vergangenen Jahr­zehnte, vertieft und ergänzt durch eigene kritische Studien. Es verwundert daher nicht, wenn eine solche Geschichtsauffaussung für traditionelle islamische Kreise als umstürzlerisch und aus ideologischen Gründen als inakzeptabel hingestellt wird.

 

    


[1]   Denise Masson, Le Coran, Pléiade 1967 (réédité en 1976, 1980, 1986), S. XL.

[2]   John Wansbrough, Quranic Studies: Sources and Methods of Scriptural Inter­pretation, Oxford 1977, S.IX.

[3]   Maurice Gaudefroy-Demombynes, Mahomet, coll. Évolution de l’Humanité, Paris 1969, S. 13., im Original: „Tel étant le materiel documentaire dont nous disposons, deux attitudes extrêmes sont en somme possibles. L’une consiste, pour le Savant européen, à traduire dans SA langue les récits de la biographie apologétique telle qu’elle s’est peu a peu constituée dans le monde musulman à travers les évolutions de la Tradition et de la piété. L’autre, qui en fait n’a jamais été adopté parce qu’elle aboutirait à une renonciation, consisterait à n’admettre que ce dont la verité peut être contrôlée, c’est-à-dire presque rien.”

 

[4]   U.a. in seinen Büchern: Über den Ur-Qur’an, Ansätze zur Rekonstruktion vor­islamischer christlicher Strophenlieder im Koran, Erlangen 1974; Der christliche Kult an der vorislamischen Kaaba als Problem der Islamwissenschaft und christ­lichen Theologie (1977).

[5]    Lüling ordnet den Lauf der Ereignisse traditionell der zentral- und nord­west­li­chen Region der Arabischen Halbinsel zu. Ihm zufolge war dieses Gebiet zum Zeit­­punkt Muḥammads völlig christianisiert, wobei Mekka – ein wichtiges christ­­lichen Zentrum, von den Koreischiten regiert wurde. Laut Lüling hielten die Koreischiten, ein christianisierter Stamm, ihre Gottesdienste in der Kaaba – einem christlichen Tempel, strukturell orientiert nach Jerusalem, ab. Nach tradi­tionell muslimischer Ansicht war die Bevölkerung Mekkas zur Zeit des Prophe­ten vorwiegend polytheistisch. Demgegenüber sieht die Forschergruppe Inârah als Emergenzterrain des Islam die Gegend um die Stadt Merw im heutigen Turkmenistan an, eine Gegend, in der als Handelszentrum auf der Seidenstraße praktisch alle damals bekannten religiösen Strömungen vertreten waren. Doch selbst wenn man der „klassischen“ Sichtweise anhängt und als Ursprungsgebiet den Ḥiǧāz mit Mekka annimmt, ist die Präsenz von Christen dort unbestreitbar. So schreibt Barbara Finster: Arabien in der Spätantike – Ein Überblick über die kulturelle Situation in der Halbinsel, in der Zeit von Muhammad, in: Archäo­logischer Anzeiger, S. 287 – 319 folgendes dazu: „Die Verbreitung des Christen­tums auf der arabischen Halbinsel ist in seinen verschiedenen Richtungen, vom Monophysitismus, Nestorianismus bis hin zur Orthodoxie nach dem chalkedo­nischen Konzil nachzuweisen (S. 294).“ Die Kaʿba in Mekka schätzt sie auf S. 302 folgendermaßen ein: „Offensichtlich war die Kaʿba bis zu einem gewissen Grad für den christlichen Kult verbindlich. Davon zeugt das Bild Mariens mit dem Kind auf dem Schoß, von Engeln umgeben, das an dem südöstlichen Pfeiler an­ge­bracht war. Der Typ dieses Bildes ist im 6. Jh. weit verbreitet, findet sich als Male­rei, Fresko und auch Wirkerei in den christlichen Ländern des Mittelmeer­gebietes, wie auch auf Elfenbeinarbeiten.“

[6]   Siehe auch in diesem Kontext den Zusammenhang mit den Ebioniten (Günter Lüling, Über den Ur-Qur’an, a.a.O.).

[7]   Gabriel Said Reynolds, Introduction. Qurʾānic studies and its controversies, [in:] Gabriel Said Reynolds (ed.), The Qurʾān in its Historical Context, Routledge 2008, S.10.

[8]   Günter Lüling, A challenge to Islam for reformation. The rediscovery and reliable reconstruction of a comprehensive pre-Islamic Christian hymnal hidden in the Koran under earliest Islamic reinterpretations, Motilal Banarsidass Publishers, New Delhi 2003, S. 98-150.

[9]   Gerhard Bowering, Recent research on the construction of the Qur’ān, [in:]  Gabriel Said Reynolds (ed.), The Qur’ān in its Historical Context, Routledge 2008, S. 70-87.

[10]    Insbesondere dank zweier seiner epochalen Bücher: „Quranic Studies: Sources and Methods of Scriptural Interpretation”, London 1977, und “The Sectarian Milieu: Content and Composition of Islamic Salvation History”, Oxford 1978.

[11] R. Stephen Humphreys, Islamic History. A Framework  for Inquiry, Princeton University Press 1991, S. 84.

[12]    Zu ähnlichen Schlüssen sind die Untersuchungen der Inârah-Gruppe gekom­men. Dazu siehe z.B. Volker Popp, Von Ugarit nach Sâmarrâ, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Der frühe Islam. Eine historisch-kritische Rekonstruktion anhand zeitgenössischer Quellen, Verlag Hans Schiler Berlin 2007, S.13-222.

[13]    John Wansbrough, Quranic Studies: Sources and Methods of Scriptural Interpretation, Oxford 1977, S. 2.

[14]    John Wansbrough, The Sectarian Milieu: Content and Composition Of Islamic Salvation History, a.a.O., S. 147, zitiert nach: Gabriel Said Reynolds, Intro­duction. Qur’ānic studies and its controversies, a.a.O. S. 12.

[15]    John Wansbrough, Quranic Studies, a.a.O. S. 47.

[16]    Ebd. S. 56.

[17]    Yehuda D. Nevo, Judith Koren Crossroads to Islam: the origins of the Arab religion and the Arab state,  Prometheus Books, Amherst NY 2003.

[18]    Vgl. hierzu die jeweiligen Beiträge in den fünf bisher erschienenen Sammel­bänden von Inârah

[19]    John Wansbrough, Quranic Studies…h.a.a.O. S. 85-118.

[20]    Ebd. S. 79.

[21]    Patricia Crone, Michael Cook, Hagarism: The Making Of The Islamic World, Cambridge University Press 1977.

[22]    Michael Cook, Muhammad (Past Masters), Oxford 1983, S. 74.

[23]    Ibn Warraq, Introduction, [in:] Ibn Warraq [ed.], The Origins of the Koran. Classical Essays on Islam’s Holy Book, Amherst New York, Prometheus Books, 1998, S. 34.

[24]    Michael Cook, Muhammad, a.a.O. S. 65.

[25]    Y. Nevo kam zu dem identischen Schluss, dass literarische Quellen, die zu den geschilderten Ereignissen berichten und unzeitgenössisch sind, nicht als histo­rische Beweise gelten können (Yehuda D. Nevo, Judith Koren, a.a.O. S. 9-11).

[26] In diesem Zusammenhang siehe auch die Forschungen von Karl-Heinz Ohlig aus der Inârah-Gruppe. Die von ihm unternommene kritische sprachlich-histo­rische Analyse nahöstlicher christlicher Texte aus der 7. und 8. Jahrhundert (west- und ostsyrische historische Chroniken, Predigten, Korrespondenz des Klerus, Schriften der kirchlichen Verwaltung, theologische Abhandlungen, apo­kalyptische Werke, syrische, griechische, byzantinische, koptische, maroni­tische, jüdische Schriften und andere Dokumente) zeigen, dass die schriftlichen Quellen bis zum frühen 8. Jh. keine Erwähnung vom muslimischen Charakter der Macht im arabischen Reich enthalten. In Bezug auf die Araber wird in den damaligen Texten weder der Begriff „Islam“ noch „Muslime“ benutzt. Mit an­de­ren Worten, sowohl die nicht-arabische wie auch die arabische Literatur erwäh­nen mit kei­nem Wort, dass sich der Nahe Osten im 7. und 8. Jahrhundert unter der Herr­schaft einer neuen Religion befand – des Islam. Diese These steht im schar­fen Gegensatz zu der heute allgemein akzeptierten geschichtlichen Fassung der An­fänge der islamischen Ära, die fast ausschließlich auf islamischen Quellen aus der Abbasidenzeit beruht (Karl-Heinz Ohlig, Hinweise auf eine neue Religion in der christlichen Literatur „unter islamischer Herrschaft?“, [in:] K.-H.Ohlig (Hg.), Der frühe Islam… a.a.O. S. 223-325).

[27]    Patricia Crone, Michael Cook, Hagarism, a.a.O. S. 3.

[28]    Im Geiste des jüdischen Messianismus wurde die Mission des Messias als ein Wiederaufleben der Botschaft und Werke des Mose betrachtet. Der ideologische Grundgedanke dafür war der Exodus aus der Gefangenschaft in die Wüste, wo­her der Messias das Volk zum heiligen Krieg und zur Wiedereroberung Paläs­tinas führen sollte. Laut Cook, eingedenk Muḥammads angeblichen Kontakten mit Juden und dem jüdischen Messianismus im frühen Stadium der Eroberung Palästinas, ist es natürlich, in der jüdischen Apokalyptik den Ausgangspunkt für Muḥammads politische Linie zu sehen.  Michael Cook, Muhammad, a.a.O. S. 82.

[29]    Siehe: Patricia Crone, Meccan Trade and the Rise of Islam, Gorgias Press 2004

[30]    Crone und Hinds sind auch unter anderem der Meinung, dass sich die umayya­dischen Kalifen nicht für Nachfolger des Propheten hielten, sondern für Stell­vertreter Gottes auf Erden. Crone hat die Fiktion der islamischen Überliefe­rungen für das frühe umayyadische Kalifat nachgewiesen (80-er Jahre des 7. Jahrhunderts). Siehe in diesem Zusammenhang: Patricia Crone, Michael Hinds, God’s Caliph: Religious Authority in the First Centuries of Islam, University of Cambridge Oriental Publications 2003, und auch: Patricia Crone, Slaves on Horses: The Evolution of the Islamic Polity, Cambridge University Press 1980.

[31]    Patricia Crone, Meccan Trade… a.a.O. S. 225.

[32]    Siehe unter anderem: Robert G. Hoyland, Seeing Islam as Others Saw it. A survey and analysis of the Christian, Jewish and Zoroastrian writings on Islam, Darwin Press, Princeton 1997.

[33]    Primitiver Glauben an einen Gott schon damals unter manchen Wüsten­stäm­men verbreitet. Yehuda D. Nevo, J.Koren, a.a.O., S. 195-196 und 243-244.

[34]    Ebd. S. 134-135. Siehe auch Christoph Luxenberg, Keine Schlacht von Badr. Zu syrischen Buchstaben in frühen Koranmanuskripten, [in:] Markus Groß/Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Vom Koran zum Islam. Schriften zur frühen Islamgeschichte und zum Koran, Verlag Hans Schiler, Berlin 2009, S. 642-676.

[35]    Es ist vielmehr nicht ausgeschlossen, dass die traditionellen islamischen Narra­tions­beschreibungen der futūḥ-Zeit Geschehnisse und Reminiszenzen von Er­eig­nissen enthalten, die voneinander sogar einhundert Jahre chronologisch entfernt waren (Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 102).

[36]    Ebd. S. 51.

[37]    Ebd. S. 243.

[38] Ebd. S. 9. Zu demselben Schluss wie Nevo und Koren ist der arabische Gelehrte Suliman Bashear unabhängig von ihnen gekommen. Er war der Meinung, dass viele von der islamischen Tradition verzeichneten Geschichten aus dem Leben Muhammads in Wirklichkeit eine rückwärtige Projektion von späteren Ereig­nissen sind, u.a. entnommen aus der Biographie des Muḥammad Ibn al Ḥana­fiyya (2. Hälfte des 7. Jh.). Suliman Bashear, Muqaddima fī t-Ta’rīḫ al-ʾaḥar, Al-Quds 1984.

[39]    Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 9.

[40]    Ebd. S. 97. Siehe auch: Volker Popp, Maavia der Aramäer und seine Zeitge­nossen. Die muslimische Geschichtsschreibung als Mythologisierung eines theo­lo­gischen Konzepts, [in:] Markus Groß/Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Vom Koran zum Islam. Schriften zur frühen Islamgeschichte und zum Koran, Verlag Hans Schiler, Berlin 2009, S. 107-176.

[41]    Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 186-195.

[42]    Zur Zeit ʿAbd al-Malik‘s durchdrangen sich im arabischen Staat verschiedene religiöse Strömungen: prophetische und nicht-prophetische, allgemein mono­theistische und mehr mit Judenchristentum verbundene, vielleicht auch andere, die spurlos verschwunden sind. ʿAbd al-Malik adaptierte für seine eigenen Be­dürf­nisse als Staatsreligion den Glauben an den Gottgesandten mit jüdisch-christlicher Christologie (Ebd. S. 341).

[43]    Eine unterschiedliche Analyse des Begriffs „muḥammad” schlägt Christoph Luxenberg, vor der ihn als ein arabisches messianisches Epithethon Jesu Christi versteht (Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusalem, [in:] Karl-Heinz Ohlig/Gerd-R.Puin (Hg.) Die dunklen Anfänge… S. 124-147).

[44]    Die Idee, dass viele den muhammadanischen Offenbarungen zugeschriebene Elemente der islamischen Gesetzgebung erst aus einer viel späteren Zeit (zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts AH) stammen müssen, wurde schon von Joseph Schacht beschrieben. Dies impliziert eine indirekte Schlussfolgerung, dass der Koran eine spätere textuelle Kompilation sein muss (Joseph Schacht, The Origins of Muhammadan Jurisprudence. Clarendon, Oxford 1950. Zitiert nach: Gabriel Said Reynolds, Introduction… a.a.O. S.14

[45]    Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 351.

[46]    Ebd. S. 171.

[47]    Ebd. S. 337-339.

[48]    Siehe auch: Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart des Koran – Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koranprache, Verlag Hans Schiler, Berlin 2000.

[49]    Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 340-341.

[50]    Laut Wansbrough, erfolgte die Kodifizierung des standardisierten Textes nicht vor dem 3. Jh. AH/9. Jh u. Z. oder gegen Ende des 2./8. Jh. (John Wansbrough, Quranic Studies…a.a.O. S. 44).

[51]    Yehuda D. Nevo, J. Koren, a.a.O., S. 354.

[52]    Ebd. S. 67.

[53]    Ebd. S. 70-71. Siehe auch: Israel Eph’al, The Ancient Arabs (9th-5th century B.C.), E. J. Brill, Leiden 1982.

[54]    Bruno Bonnet-Eymard, Le Coran. Traduction et commentaire systématique, Vol. I, S. VIII, XIV, 1997.

[55]    Ebd. S. XIV und 47-50. Siehe auch: Henri Lammens, Qoran et Tradition, Comment fut composé la vie de Mahomet, [in:] Recherches de Science Religieuse, 1910, Vol. I, S. 27-51.

[56]    Bruno Bonnet-Eymard, a.a.O. S. XXIV-XXV.

[57] Ebd. S.XXII, zitiert nach: Hanna Zakarias, L’Islam, entreprise juive. De Moïse à Mohammed, Scorpion 1955, Vol.I. S. 251.

[58] Siehe auch: C. Snouck Hurgronje, Mohammedanism: Lectures on Its Origin Its Religious and Political Growth, and Its Presence State,  BiblioBazaar, Charleston 2007, S. 24.

[59]    Eine ähnliche These wurde auch unabhängig von Ch. Luxenberg aufgestellet. Siehe: Christoph Luxenberg, Relikte syro-aramäischer Buchstaben in frühen Korankodizes im ḥiǧāzī- und kūfī-Duktus, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Der frühe Islam… a.a.O. S. 412-413.

[60]    Bonnet-Eymard’s Forschungen machen es dem Leser bewusst, dass es keine Karten der vorislamischen Epoche gibt, die Mekka zeigen. Während wir über viele Quellen verfügen, die die Geschichtlichkeit von Orten, Personen und Ereignisse der islamischen Frühzeit auf dem byzantinischen Boden, im persi­schen Sassanidenreich und im südarabischen Jemen bestätigen, schweigen die spätantikischen  Kartographen und Autoren über den Hedschas. Bruno Bonnet-Eymard, a.a.O. Vol. II, S . 91-93.

[61]    Siehe auch die Studien von Volker Popp, Von Ugarit nach Sâmarrâ, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Der frühe Islam…a.a.O.

[62]    Im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Bedeutung von „muḥammad” siehe auch: Hartwig Hirschfeld, New Researches into the Composition and Exegesis of the Qoran, London 1992, S. 138 ff. Auch Claude Gillot, Professor an der Université d’Aix-en-Provence schreibt in Bezug auf seine Untersuchungen des Namens „Muḥammad”, dass er zusammen mit Prof. Abdallah Cheikh Moussa von der Pariser Sorbonne nach vielen Jahren zu der Über­zeugung gekommen sei, dass in der vorislamischen Epoche die Begriffe „muḥammad” und „ʿabd Allah” nicht als Eigennamen benutzt worden seien, sondern erst in der späteren Zeit als theophorische Namen enstanden sind. Claude Gillot, Zur Herkunft der Gewährsmänner des Propheten, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Die dunklen Anfänge… a.a.O. S. 166.

[63]    Siehe auch: Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift… a.a.O. S. 124-147.

[64] Bonnet-Eymard versteht den Koran „als Bibel, angepasst an die Mentalität der Araber“. Ein Teil des koranischen Textes wird von dem französischen Mönch „Islamgeschichte“ genannt (in Analogie zu der neutestamentlichen Apostel­geschichte des Lukas). Bruno Bonnet-Eymard, a.a.O. S. XXII, zitiert nach: Hanna Zakarias, L’Islam, entreprise juive… a.a.O. vol. II., S. 44.

[65]    Das Buch wurde 2004 auch auf Englisch herausgegeben unter dem Titel: The Syro-Aramaic Reading of the Koran – A Contribution to the Decoding of the Language of the Koran), Berlin: Verlag Hans Schiler.

[66]    Luxenberg führt an, dass außer dem Koran und diesen wenigen Inschriften die ältesten Zeugnisse der arabischen Literatur aus der zweiten Hälfte des 8. Jahr­hunderts stammen. Es sind die Biographie des Propheten Muḥammads von Ibn Hišām und Kalīla und Dimna von Ibn al-Muqaffaʿ. Christoph Luxenberg, Licht ins Dunkel. Der Koran als philologischer Steinbruch, [in:] Christoph Burgmer (Hg.), Streit um den Koran. Die Luxenberg-Debatte: Standpunkte und Hinter­gründe, Verlag Hans Schiler, Berlin 2004, S. 24. – Unter anderem Gerd-Rüdiger Puin, Arabist und Erforscher der ältesten Exemplare des Koran, die in den 70-Jahren in Jemen gefundenen wurden, vertritt zudem die Ansicht, dass die altarabische Poesie (die heute oft fälschlich als „vorislamische“ bezeichnet wird) nicht früher als gegen Ende des 8. Jahrhunderts niedergeschrieben worden sei (Gerd-Rüdiger Puin, Die korrumpierte Tradition? Zur religiösen Geschichts­bildung, [in:] Christoph Burgmer (Hg.), Streit um den Koran… a.a.O. S. 105.

[67]    Luxenbergs philologische Arbeitsmethode an dem koranischen Text lässt sich in folgende Punkte zusammenfassen: Der Autor beginnt die Untersuchung der semantisch unverständlichen Wörter oder ganzen Verse (die im Koran durchaus zahlreich sind) zunächst mit der Suche ihrer Bedeutung in den üblichen Quellen der muslimischen Tradition – im Kommentar Al-Ṭabarī’s (838-923) und im wichtigsten Lexikon der arabischer Sprache – dem Lisān al-ʿArab von Ibn Manẓūr (1232-1311). Erklärt dies nicht ausreichend die Bedeutung des analy­sierten Fragments, überprüft der Autor, ob die syrische Sprache eine homonyme konsonantische Wurzel besitzt, die zum Kontext des untersuchten Fragments besser passt. Wenn dies nicht zum Erfolg führt, modifiziert Luxenberg die dia­kritischen Zeichen auf der Suche nach einer alternativen Lesart des Textes auf Arabisch (Die ältesten Koranhandschriften enthalten nur vereinzelt Diakritika, die erst zu einem späteren Zeitpunkt während der endgültigen Normalisierung des koranischen Textes komlettiert wurden). Darüber hinaus zieht er das poten­zielle Vorkommen des in den semitischen Sprachen häufigen Phänomens der Meta­thesis in Betracht. Ergibt dies weiter keine Ergebnisse, versucht der Autor, in dem von diakritischen Zeichen freien Text eine aramäische Wurzel zu finden, was das eigentliche Novum in der modernen Semitistik ist. Wenn auch dies noch keinen passenden Sinn ergibt, wird eine Rückübersetzung des Textes ins Syrische vorgenommen, was oft eine semantische Erweiterung der arabischen Bedeutung eines Wortes nach syrischem Muster oder eine syrische syntakische Konstruktion enthüllt – z.B. eine syrische Redewendung, die den analysierten Versen einen neuen logischen Sinn verleiht, im Einklang mit vorherigen und nächsten Versen. Als letztes schlägt Luxenberg vor zu prüfen, ob es zu einer Verwechslung arabischer und syrischer Buchstaben durch Kopisten des Manu­skripts gekommen sein kann.

[68]    Christoph Luxenberg, Relikte syro-aramäischer Buchstaben… a.a.O.

[69] Die Analyse von Koran 44:54 und 52:20 ergibt eine von der uns allgemein bekann­ten Darstellung völlig unterschiedliche Paradiesbeschreibung des Koran – statt der Worte: „Und wir geben ihnen großäugige Huris als Gattinnen“ inter­pretiert Luxenberg diesen Satz folgendermaßen: „Wir werden es ihnen unter weißen, kristall(klaren) (Weintrauben) behaglich machen“. Die Neulektüre der Ver­se 17-19/ Sure 56 zeigt, dass es in diesen Versen im Rahmen der Paradies­beschreibung keine Rede von „ewig jungen Knaben mit Humpen und Kannen (voll Wein?) und einem Becher (voll) von Quellwasser (zum Beimischen?)“ ist, sondern von „eisgekühlten Reben(säften) in Pokalen, Krügen und (in) einem Becher aus einer Quelle“ (Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart… a.a.O. S. 296-304).

[70] Luxenberg untersucht den Koranvers, in dem muslimische Gelehrte die Pflicht zur Haarbedeckung für Frauen sehen (24:31). Anstatt von Kopftüchern und Schleiern erhalten wir durch die Verwendung der syrischen Semantik das Gebot, sich einen Gürtel (ein altes Zeichen der Keuschheit) um die Lenden zu binden. (Christoph Luxenberg, Der Koran zum „islamischen Kopftuch“ – Zu Sure 24:31, Imprimatur Heft 2/2004,

http://www.phil.uni-sb.de/projekte/imprimatur/2004/imp040204.html).

[71] Vers 24 der Sure „Maria“ lautet im bisherigen Sinne (in Anlehnung an die tradi­tionelle muslimische Koranexegese ab dem 9. und 10. Jahrhundert) vage und änigmatisch: „Da rief er (d.h. der Jesusknabe) ihr von unten her zu: ‚Sei nicht traurig! Dein Herr hat unter dir (d.h. zu deinen Füßen?) ein Rinnsal (voll Wasser) gemacht“ (das Jesuskind ruft auf diese Weise bei seiner Geburt tröstend seine Mutter, die in den vorhergehenden Versen besorgt ist, dass Leute an ihrer Unbefleckten Empfängnis zweifeln werden, 19:24). Und in Luxenbergs Übersetzung: „Da rief er ihr sogleich nach ihrer Niederkunft zu: Sei nicht traurig, dein Herr hat deine Niederkunft legitim gemacht.“  (Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart… a.a.O. S. 136-154).

[72] Luxenberg analysiert Sure 97 („Die Bestimmung“), die sich in seinem Ver­ständnis als Einführung in die Weihnachtsliturgie der christlichen Araber er­weist. Dies ermöglicht – nach Luxenberg – ein neues Licht auf die Genese des Islams zu werfen, im Rahmen der gemeinsamen christlich-islamischen Wurzeln (Christoph Luxenberg, Weihnachten im Koran, [in:] Streit um den Koran, a.a.O. S. 62-68). Diese Idee wurde weiter von J. M. F. Van Reeth aufgegriffen. Siehe u.a.: J. M. F. Van Reeth,  Eucharistie im Koran, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Schlaglichter. Die beiden ersten islamischen Jahrhunderte, Verlag Hans Schiler, Berlin 2008, S.457-460, und auch: J. M. F. Van Reeth, Le vignoble du Paradis et le chemin qui y mène. La these de C. Luxenberg et les sources du Coran, Notes et documents – Arabica 53.4, 2006, S. 517.

[73] Darüber schreibt der vorher erwähnte amerikanische Orientalist John Wans­brough in seinen Quranic Studies. Sources and Methods of Scriptural Inter­pretation, Oxford 1977. Wansbrough schätzt, dass der prinzipielle Kern des kano­nischen Korantextes, über den wir heutzutage verfügen, etwa um das Jahr 200 AH kodifiziert wurde. Wie Wansbrough anführt, finden die Angaben über das Redigieren des Koran von Kalif ʿUṯmān keine Bestätigung in historischen Fakten.

[74]    Bernd Radtke, Syrisch: Die Sprache der Engel, der Geister und der Erleuchteten. Einige Stücke aus dem Ibrīz des Aḥmad b. al-Mubārak al-Lamaṭī, [in:] Jerusalem Studies in Arabic and Islam, vol. 32, The Hebrew University of Jerusalem 2006, S. 472-473.

[75] Die Idee des Koran als „Lektionar“ antitrinitarischer Judenchristen (Ebioniten) erscheint auch (in einem etwas anderen historischen Kontext) bei Joseph Azzi. In seiner Theorie war der Koran ursprünglich von einem Prediger und Cousin der ersten Frau Muḥammads (und seines Mentors) – Waraqa Ibn Nawfal als liturgisches Buch der mekkanischen Christen zusammengestellt worden. Wara­qa Ibn Nawfal soll sich dabei auf das sog. Hebräerevangelium (einem ver­schwun­denem apokryphen Ebionitenevangelium) gestützt und dieses ins Arabi­sche übersetzt haben. Das Hebräerevangelium war bei Nazarenern (ara­mäisch­sprechenden Judenchristen der Region Großsyriens) weithin in Gebrauch. Ebioniten, über die zuvor G. Lüling schrieb, pflegten u.a. häufige rituelle Waschungen, lehnten das Dogma der Gottheit Jesu Christi und seine erlösende Rolle ab, ebenso wie die christologischen Lehren des Paulus von Tarsus ab. Joseph Azzi, Le Prêtre et le Prophète: Aux sources du Coran, Maisonneuve & Larose, Paris 2001.

[76]    Sidney Griffith, The Gospel in Arabic: An inquiry into its appearance in the first Abbāsid century, Oriens Christianus 69, 1985, S.126-167, zitiert nach: Gabriel Said Reynolds, Introduction. Qur’ānic studies… a.a.O. 2008.

[77]    Christoph Luxenberg, Die syrische Liturgie und die „geheimnisvollen“ Buchstaben, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Schlaglichter… a.a.O. S. 446.

[78]    Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift… a.a.O. S. 124-147.

[79]    Siehe auch: Volker Popp, Von Ugarit nach Sâmarrâ… a.a.O. S. 81. Volker Popp schreibt, dass das erste schriftliche Zeugnis der Anwendung des Wortes „muḥammad” als Eigennamen aus dem Jahr 67 der arabischen Ära aus Herat stammt und sich auf den Namen eines arabischen Emirs beziehe. Davor soll das Wort nur als Epithethon gebraucht worden sein.

[80]    Siehe auch: Ebd. S. 77, und Rika Gyselen, Arab-Sasanian Copper Coinage, Wien 2000, S. 70. Diese Lesart des Begriffs „muḥammad” wurde bereits lange vor Luxen­berg und Popp von Martin Hartmann in seinen Untersuchungen der abba­sidischen Kupfermünzen im Jahre 1895 vorgeschlagen. Martin Hartmann, Mittheilungen aus der Sammlung Hartmann, I. Kupfermünzen abbasidischer Statthalter, Zeitschrift für Numismatik, 19, 1985 [in:] F. Sezgin (Hg.), Numis­matics of the Islamic World, vol. 42, Umayyad and Abbasid Coins, IV, Frankurt am Main 2004, S. 98-102.

[81]    Siehe auch: Volker Popp, Biblische Strukturen in der islamischen Geschichts­darstellung, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Schlaglichter.. a.a.O. S. 54-55, wie auch: Yehuda D. Nevo / Judith Koren, a.a.O. S. 134.

[82]    Christoph Luxenberg, Die Arabische Inschrift… a.a.O. S.130.

[83]    J. Wansbrough schreibt in seinen Quranic Studies, dass noch in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts das für das Credo des orthodoxen islamischen Glau­bens gehaltene Werk Al-Fiqh al-Akbar von Abū Ḥanīfa mit keinem Wort den Koran erwähnt. Das Al-Fiqh al-Akbar bespricht fundamentale Glaubens­grund­sätze und war geplant als Werkzeug im Kampf gegen Häresien. Nach Wans­brough bleibt das Faktum unvorstellbar, dass wenn es den Koran damals schon gegeben haben sollte, sich das Al-Fiqh al-Akbar nicht auf ihn bezieht. John Wansbrough, Quranic Studies… a.a.O. S. 44.

[84] Wie Volker Popp schreibt, bezeichnet sich der Herrscher der Region Hatras auf Inschriften aus dem 7. Jahrhundert als König von Hatra (mlk hdr) und des gesamten (a)’R(a)B, was in der lokalen (semitischen) Sprache „Westen, ein im Westen liegendes Gebiet“ bedeutete – weil es westlich des Flusses Tigris lag. Dies würde bedeuten, dass sich das als „Arabien“ bezeichnete Land innerhalb Al-Dschazira in Mesopotamien befand. Der athenische Historiker und Welt­rei­sende Xenophon (430-355 v.u.Z) gibt bei der Beschreibung des Durchmarsches der Armee Kyros des Jüngeren (mit mehreren tausend griechischer Söldner) aus Sardes nach Babylon in 401 v.u.Z. an, dass „die Soldaten Arabien überquerten, mit dem Euphrat auf der rechten Seite“. Es ist hier daher ein im zentralen Mesopotamien liegendes Land namens „Arabien“ gemeint. Auch der römische Historiker Plinius der Jüngere lokalisiert dieses Land „östlich des Euphrats und südlich des Taurus-Gebirges.“ Das ʿArabī  Volk waren also Bewohner der west­lich-­sassanidischen Provinz Hatra, die – nach Volker Popp – die im Koran als  „lisān ʿarabī mubīn” (Suren 16:103, 9:90) bezeichnete Sprache benutzten. In den Briefen der Verwaltung von Darius (521-486 v.u.Z) und anderer persischer Herrscher erstreckt sich das „Arabāya“ genannte Land zwischen Assyrien und Ägypten, was sich mit der Beschreibung von Herodot deckt, erweitert um die Syrische Wüste. Die Römer benutzten diesen Namen auch in Bezug auf das Land der Nabatäer (Volker Popp, Von Ugarit nach… a.a.O. S. 15-16, u.a. nach: Robert G. Hoyland, Arabia and the Arabs From the Bronze Age to the Coming of Islam (Peoples of the Ancient World), London Routledge 2001, S. 2-3).

[85]    Volker Popp, Ebd. S. 50, zitiert nach: Geo Widengren, Die Religionen Irans, Stuttgart 1965, S. 283.

[86]    Die gleiche Datierung nach der arabischen Ära erscheint auch in der kürzlich entdeckten griechischen Inschrift in den Bädern von Gadara (heute Israel) in der antiken Dekapolis aus dem Jahr 42 der arabischen Ära (663 n.Ch.), renoviert von  Muʿāwiya – nach Volker Popp – den ersten Herrscher aller Araber“. Die In­schrift enthält das selbe Datum nach drei verschiedenen Kalendern (Indiktion des Kaisers Constans II., dem lokalen Kalender und „nach den Arabarn“), deren Vergleich zu dem Schluss kommen lässt, dass die Ära der Araber ab dem Jahr 622 n. Chr. nach dem weltlichen Sonnenkalender und nicht nach dem religiösen Mondkalender gerechnet wurde (wie heute im Islam üblich)! Volker Popp findet für diese These Bestätigung durch seine Analyse alter arabischer, byzantinischer und persischer Münzen. Es ist bemerkenswert, dass eine Reihe von Numisma­tikern und Historikern schon früher auf den gleichen Fehler in der Lesart des traditionellen islamischen Kalenders hingedeutet haben. Die Ära der Araber wurde von der Ära der Hidschra um die Wende des 8. und 9. Jahrhunderts ersetzt (Volker Popp, Von Ugarit nach… a.a.O. S. 57-59).

[87]    Im Jahr 627 hat das 70-Tausend-Mann-Heer von Kaiser Heraklius in der Schlacht von Ninive mit der Unterstützung seiner arabischen Verbündeten die persische Armee von Razates geschlagen, der von den Händen des Kaisers selbst den Tod erlitt. Da Chosrau II. immer noch den Friedensabschluss ablehnte, mar­schierte Heraklius auf  die persische Hauptstadt Ktesiphon zu. Chosrau wurde von der persischen Aristokratie gestürzt. Es war der größte Sieg der Römer über die Perser in der jahrhundertelangen Geschichte dieses Konfliktes. Heraklius sah in seinen arabischen Verbündeten natürliche Erben seiner Macht im Osten. Da­her forderten die Araber u.a., nach dem Tod des Heraklius im Jahr 641, der allgemein als Erneuerer des alten Reiches Alexanders des Großen angesehen war, militärisch – nach dem Vorbild der Diadochen Alexanders – sein Erbe durch ihre wiederholten Angriffe auf Konstantinopel (Ebd. S. 135).

[88]    Nach Volker Popps Theorie behandelt der Koran das Schicksal der deportierten ʿArabī. Das Wort “Hiǧra” selbst kommt im Koran nicht vor, weil es ein späterer Begriff ist. Der Koran bezieht sich auf die Rückwanderung der ʿArabī u.a. in den Suren 16:109-111, 4:97, 4:100, und regelt die Prinzipien des Lebens im Exil (33:50), vgl. ebd. S. 146-147, und Volker Popp, Die frühe Islamgeschichte… a.a.O. S. 80.

[89]    Volker Popp, Von Ugarit nach…a.a.O. S. 35-39.

[90]    Volker Popp, Die frühe Islamgeschichte… a.a.O. S. 32.

[91]    Volker Popp, Von Ugarit nach…a.a.O. S. 25.

[92]    Johannes Thomas, Frühe spanische Zeugnisse zum Islam, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.) Schlaglichter… a.a.O. S. 144-145, zitiert nach: Crónica mozárabe de 754. Ed. crítica y traducción por José Eduardo Lopez Pereira, Zaragoza 1980.

[93]    Alfred-Louis de Premare, a.a.O. S. 166. In diesem Kontext hat V.Popp in seinem Beitrag „Von Ugarit nach…(op.cit. S. 149)“ festgestellt, dass das Wort „Kalifat“ auf Münzen zum ersten Mal in Bezug auf den arabischen Staat im Jahr 127 der Araber erscheint. Auch der Titel „Imam“ ist aus dem ersten Jahrhundert der Hidschra schriftlich nicht bezeugt, obwohl ihn die traditionelle islamische Lite­ratur schon zur Beschreibung der umayyadischen Zeiten benutzt.

[94]    Die älteste arabisch-islamische Münze, geprägt in Mekka, trägt das Datum 201 der arabischen Ära (geprägt ein Mal in diesem Jahr, ohne Wiederprägung). Die älteste Goldmünze des Ḥiǧāz trägt das Datum 105 der arabischen Ära (und be­fin­det sich in der Sammlung der American Numismatic Society und auch in Israel Museum). Dies soll in keiner Weise bedeuten, dass Mekka und Medina vor dieser Zeit nicht existierten, jedoch konnten die beiden Orte – nach Volker Popps Meinung – keine größere Bedeutung für die zeitgenössische Zentralre­gierung des arabischen Staates gehabt haben. Denn es war üblich, dass der Herr­scher mit seiner Machtübernahme an neuen Standorten (oder wenn aus anderen Gründen der Ort eine wichtige Rolle für ihn spielte) Münzen zu prägen begann. Die älteste Goldmünze aus Mekka stammt aus dem Jahr 249 der arabischen Ära, die älteste Silbermünze aus dem Jahre 253. In den nächsten Jahrzehnten wurden diese Münzen in Mekka regelmäßig geprägt. V. Popp schließt daraus, dass erst dann Mekka zum religiösen Zentrum des Islams wurde (Volker Popp, Von Ugarit nach… a.a.O. S. 202-203 und 213).

[95]    Karl-Heinz Ohlig, Wieso dunkle Anfänge des Islam?, [in:] Karl-Heinz Ohlig/ Gerd-R. Puin (Hg.), Die dunklen Anfänge… a.a.O. S. 7-13.

[96]    Karl-Heinz Ohlig, Von Ostiran nach Jerusalem und Damaskus. Historische Pro­bleme der Quellenlage, Entstehung und Geschichte der koranischen Bewe­gung, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.) Schlaglichter…  a.a.O. S. 30-31.

[97]       Siehe auch: Yehuda D. Nevo / Judith Koren, Crossroads to Islam…, a.a.O. S. 278.

[98]       Karl-Heinz Ohlig schlägt vor zu überprüfen, ob die Redaktoren der ersten kora­nischen Materialien vielleicht persisch-ostsyrische Mönche gewesen sein könn­ten (Karl-Heinz Ohlig, Von Ostiran nach Jerusalem und Damaskus…, a.a.O. S. 33).

[99]       Darüber: Volker Popp, Die frühe Islamgeschichte… a.a.O. S. 115

[100] Karl-Heinz Ohlig, Licht ins Dunkel der Anfänge des Islam, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Der frühe Islam… , a.a.O. S. 7).

[101] Solche vermeintlichen Erwähnungen sind offensichtlich spätere Interpola­tionen (Ergänzungen, Einfügungen, Korrekturen) von Kopisten. Kopisten ak­tu­a­lisierten, wie es damals oft üblich war, die von ihnen abgeschriebenen Texte vom aktuellem Stand ihres „Wissens“ her (in diesem Fall waren die Quellen ihrer „Informationen“ meistens die islamischen historiographischen Werke des 9. und 10. Jahrhunderts). Auf diese Weise findet man in einigen syrischen Annalen des 7. Jahrhunderts – wie K.-H. Ohlig betont – z.B. islamische Termi­no­logie aus dem 9. Jahrhundert oder Hinweise auf chronologisch spätere Er­eig­nisse und Ideen. Eine umfassende Darstellung dieser Quellen und Doku­mente unternahm Robert G. Hoyland (Seeing Islam as Others Saw it. A survey and analysis of the Christian, Jewish and Zoroastrian writings on Islam, Darwin,  Princeton, 1997), allerdings ohne kritische Analyse und meist mit dem Versuch, die Aussagen in den Quellen dem späteren Traditionellen Bericht anzugleichen. Karl-Heinz Ohlig umreißt kurz den aktuellen For­schungs­stand zu diesem Thema (in syrischen, koptischen, griechischen, jüdischen und lateinischen Dokumenten) in seinem Beitrag, Hinweise auf… , a.a.O. S. 223-325.

[102] Ibn Warraq, A personal Look at Some Aspects of the History of Koranic Criticism in 19th and 20th Centuries, [in:] Karl-Heinz Ohlig/Gerd-R. Puin (Hg.), Die dunklen Anfänge… a.a.O. S. 213.

[103] Diese Argumentation wurde früher mehrmals von Orientalisten vertreten, darunter von R. Stephen Humphreys in seinem Islamic History. A Framework for Inquiry. Princeton 1991, S. 83.

[104] Ibn Warraq, a.a.O. S. 223. Mehr darüber in Büchern von Suliman Bashear, z.B. in: Introduction to the other History (auf Arabisch, 1984) und: Arabs and Others in Early Islam, Princeton 1997. Bashear hat die Kohärenz der islamischen Geschichtsschreibung als einen Mythos angesehen. Seine Werke zei­gen, dass sich der Islam schrittweise entwickelte, und dass dieser Prozess keine Folge der prophetischen Offenbarungen sein konnte, sondern vielmehr Folge historischer Bedingtheiten der Trennung von Christentum und Juden­tum. Infolge dieser Ansichten wurde Bashear an der Universität in Nablus von seinen Studenten durchs Fenster aus dem ersten Stock des Gebäudes hinaus­geworfen. Er unterstützt in seinen Arbeiten die Theorie Wansbroughs, dass es seit Mitte des 2. Jahrhunderts Hidschra im arabischen Imperium zu einer nachträglichen Umorientierung der frühen Islamgeschichte auf den Ḥiǧāz und die Arabische Halbinsel gekommen ist. Zum gleichen Schluss kam schon Ignaz Goldziher in seinen „Muhammedanischen Studien“. Muslim Studies, New York 1971, Vol. 2, S. 279-281.

[105] Ibn Warraq, a.a.O. S. 236.

[106] Gerd-Rüdiger Puin, Die Utopie einer kritischen Koranedition. Ein Arbeits­bericht, [in:] Markus Gross/Karl-Heinz Ohlig (Hg.) Schlaglichter…  a.a.O. S. 516-571.

[107] Interview für das Magazin Atlantic Monthly (January 1999), zitiert nach: Ibn Warraq, a.a.O. S. 236.

[108] Karl-Heinz Ohlig, Von muammad Jesus zum Propheten Araber. Die Historisierung eines christologischen Prädikats, [in:] Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Der frühe Islam… , a.a.O. S. 327-329.