TEXTUM CORRUPTUM: Gibt es eine syro-aramäische Lesart der „verderbten Stellen“ des hebräischen Psalters?
Frank van der Velden
1 Textum corruptum
Der hebräische Text (MT)[1] des atl. Psalters ist Poesie, also ein metrisch verfasster Text. Er kennt eine große Anzahl von hapax legomena, sowie zahlreiche Wörter und syntaktische Strukturen, die in ihrer Semantik oder Grammatik unklar sind, oder die in ihrem Kontext Übersetzungsschwierigkeiten bieten. Der textkritische Apparat der Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS)[2] bietet zu ihrer Erklärung mehrere hundert unterschiedliche Lesarten und Varianten einzelner Verse. Diese sind im besten Fall Textvarianten in alten Manuskripten, im anderen Fall Konjekturen oder Emendationen. Häufig betreffen diese nicht nur die Änderung der masoretischen Vokalisation, sondern auch den Konsonantenbestand. Mit den Kürzeln frt (fortasse / vielleicht) und prp (proposuit) werden einerseits typische Abschreibefehler der Kopisten angeboten, also Verschreibungen von ähnlich aussehenden Konsonanten (z.B. von ו (wāw) zu י (jōd), von ב (beth) zu ת (taw)), Verschreibungen aufgrund lautgleicher Konsonanten (wie wāw und weiches beth), fehlende matres lectionis bei Langvokalen (vgl. Ps 13,3 Anm. a) oder Verdrehungen der Buchstabenfolge. Letzteres trägt bereits das Risiko in sich, als angeblichen Abschreibefehler etwas zu vermuten, was unter Umständen keiner ist, sondern eine unverständliche Wurzel. Zudem lassen die alten Übersetzungen der griechischen Septuaginta (LXX)[3] und der syrischen Pshitta[4] an etlichen Stellen erkennen, dass sie einen vom MT abweichenden Konsonantentext kannten, der durch solche Abschreibefehler nicht hinreichend erklärt werden kann. Immer ist solchen Verbesserungen also die Gefahr eigen, den Textsinn erst herzustellen, den sie eigentlich analysieren wollten. Kaum ein Exeget akzeptiert daher alle angebotenen Emendationen und mancher Text verbleibt im Dunkeln.
Die Königsklasse dieser dunklen Stellen des Psalters bildet eine kleine Gruppe von etwa 11 Versen, deren MT auch nach solchen Emendationen unübersetzbar bleibt oder einen völlig abwegigen Sinn ergibt. Der Schriftsinn ist dann in der Regel über die alten Übersetzungen – meist LXX, Hieronymus oder Pshitta – tradiert, die in diesem Fall aber kaum hinreichende Rückschlüsse auf das hebräische Konsonantengerüst des MT erkennen lassen. Diese Klasse von elf Wendungen oder Halbversen wird im textkritischen Apparat der BHS unter dem Kürzel crrp (textum corruptum) vermerkt. Es handelt sich um Teile von Ps 8,2; 15,4; 17,14; 41,10; 45,4.5; 49,15; 58,10; 68,19; 84,7; 87,1; 141,6.
Einer spontanen Idee folgend, habe ich versucht, die von Chr. Luxenberg[5] zur Erklärung der dunklen Stellen des Korans vorgeschlagenen Methodenschritte einer „syro-aramäischen Lesart“ auf diese Gruppe von Psalmenworten anzuwenden. Und siehe da: auf Anhieb ließen sich fünf der elf genannten cruces interpretum des hebräischen Psalters plausibel oder besser übersetzen, wenn man nur annahm, dass ihnen eine syro-aramäische Lesart unterliege! Natürlich ist diese Form der Analyse für den hebräischen Psalter ein fragliches Unterfangen. Die Entstehungszeit der hebräischen Psalmen liegt zeitlich parallel zum sogenannten Reichsaramäischen und mag in seinen jüngsten Teilen an das biblisch-Aramäische grenzen, so dass man theoretisch aramäische Einschreibungen aus diesen Sprachstufen vermuten könnte[6]. Die syro-aramäische Sprachstufe und Literatur ist dagegen später entstanden. Eine solche Einschreibung in den hebräischen Psalter[7] müsste erklären, wie denn diese jüngere Sprachform in die alten Codices gewandert sei. Hierbei steht weniger der relativ junge Codex Leningradensis (10./11. Jh. AD) infrage, der auch R. Kittel und der BHS als Grundlage diente, als vielmehr das Faktum, dass bereits die Psalmenrollen aus Qumran[8] (11QPsa , 1. Jh. AD) diesen „textum corruptum“ schreiben (für Ps 141,6 vgl. Sanders col. XXIII, Zeile 2 und3)[9]. Auch der Codex Sinaiticus (4. Jh. AD)[10] zeigt in seiner griechischen Übersetzung des Psalters (LXX) keine Reaktion auf eine eventuelle syro-aramäische Einschreibung, die ja etwa zeitgleich zu ihm hätte erfolgen müssen, und ebenso interpretiert der Psalmentext der Pshitta den MT als ‚hebräischen‘ Text und erkennt nicht etwa aramäische oder syro-aramäische Text-Unterlagen.
Anders liegt die Sache beim Untersuchungsgegenstand von Chr. Luxenberg selber, der im Koranarabischen ja eine gegenüber dem Syro-Aramäischen jüngere und zeitgleiche Sprache untersucht, so dass seine Ergebnisse in einen sinnvollen Zeitrahmen einzuordnen sind. Man muss vor dem erstaunlichen Ergebnis unseres Experiments aber auch auf Chr. Luxenberg zurück fragen: Wie kann es sein, dass seine Methode auch für den atl. Psalter Ergebnisse abwirft, wo eigentlich keine zu erwarten sind? Welche Rolle spielen die Formgesetze semitischer Sprachen allgemein – nicht nur des Koranarabischen im Verhältnis zum Syro-Aramäischen – für seine Methode, und wie viel Wahrheit der Aussage wird durch die Formgesetze seiner Methode erst produziert? Diese Fragen sollen anhand der Darstellung der genannten fünf Psalmenstellen diskutiert werden.
2 Darstellung der Psalmenstellen
2.1 Einleitende Bemerkungen
Die elf Wendungen und Halbverse der textum-corruptum-Gruppe lassen sich, wie oben beschrieben, nicht durch Varianten des MT und der anderen bekannten hebräischen Handschriften erklären. Auch die Lexikographie und die späteren Kommentarreihen geben keine hinreichende Erklärung, und die traditionellen Übersetzungen, häufig auf Grundlage kräftiger „Emendationen“, erhellen die Bedeutung der lectio difficilior des Konsonantentextes nicht. Man kann analog zu Chr. Luxenberg formulieren, dass hier ‚die Kommentatoren quasi am Ende ihres Hebräisch sind‘ (vgl. Chr. Luxenberg 2000, 10). Daher gehe ich direkt zur sachlich und zeitlich schwer erklärbaren Vorstellung über, dass sich unter dem hebräischen Konsonantentext eine ‚syro-aramäische Lesart‘ verbergen könnte. Also wird frei nach Chr. Luxenberg geprüft,
„ob es im Syro-Aramäischen eine homonyme Wurzel gibt, deren Bedeutung sich von der der arabischen [Anm. des Autors: in unserem Fall also der hebräischen] unterscheidet und unter Berücksichtigung objektiver Kriterien eindeutig besser zum Kontext passt“ (Chr. Luxenberg, 2000, 11).
Bei der Suche nach Entsprechungen wird nur der Konsonantentext, inklusive der matres lectionis berücksichtigt, die Vokalzeichen der Massoreten werden als spätere Hinzufügung beiseite gelassen. Da die 22 hebräischen Buchstaben den ebenfalls 22 syrischen genügend genau zugeordnet werden können, existieren für unser Experiment rechnerisch weniger Kombinationsmöglichkeiten als bei einer entsprechenden Zuordnung zu 28 arabischen Buchstaben bei Chr. Luxenberg. Diese Zuordnungsmöglichkeiten lassen sich für unser Experiment etwas erweitern, wenn wir die typische Lautentsprechungen (ṣ (צ) gegenüber ʿ (ע) / z (ז) geg. d/ḏ (ד) / š (ש) geg. t/ṯ (ת))[11] mit einbeziehen, die bereits vom biblischen Hebräisch zum biblischen Aramäisch zu beachten ist.[12] Ganz wie bei Chr. Luxenberg wird danach überprüft, ob diese Fundstellen einer „syro-aramäischen Lesart“ Parallelen zum sonstigen Sprachgebrauch der syrischen Literatur, insbesondere der syrischen Pshitta aufweisen.
Die folgenden zwei Methodenschritte Chr. Luxenbergs, welche eine Änderung der diakritischen Punkte der arabischen Konsonanten vorsehen, kommen für unser Experiment nicht in Betracht. Im Hebräischen kann nur der Buchstabe śin (שׂ) /šin (שׁ) durch diakritische Punkte unterschieden werden. Offensichtlich wirft aber gerade die Änderung der diakritischen Punkte und die daraufhin erfolgte Transliteration des Textes in syrische Buchstaben die besten Ergebnisse für Chr. Luxenberg ab:
„In einer kaum überschaubaren Zahl von Fällen hat dies zum Erfolg geführt, sofern der aramäische Ausdruck dem Kontext einen entschieden logischeren Sinn verleiht“ (Chr. Luxenberg, 2000, 11).
Uns ist dieses Werkzeug leider verwehrt.
Der letzte Methodenschritt Chr. Luxenbergs sieht die Rückübersetzung des vermuteten koranarabischen Schriftsinns ins Aramäische vor, um von dort aus auf den ursprünglichen Konsonantentext zurückzuschließen. Zu dieser Methode gibt es für unser Experiment etliche Beispiele im textkritischen Apparat der BHS, wenn z.B. versucht wird, eine ganz vom MT abweichende Übersetzung der Pshitta aus dem Syrischen ins Hebräische zurück zu übersetzen, um dadurch Schlüsse auf den hebräischen Konsonantentext zu ziehen, der den Syrern zur Übersetzung vorgelegen haben mag. Dadurch wird allerdings nicht der MT erklärt, sondern meist eine vom MT unabhängige Texttradition nachgewiesen. Dieser Methodenschritt ist daher eigentlich ein Werkzeug der Textkritik. Trotz dieser beschriebenen reduzierten Möglichkeiten unseres Experiments finden wir, wie Chr. Luxenberg für den Koran, einzelne Wörter, Wendungen und mehrgliedrige Sätze bis hin zu Halbversen der hebräischen Psalmen in „syro-aramäischer Lesart“.
2.2 Psalm 8,2b – ein einzelnes Wort
Psalm 8,2 wird in der Einheitsübersetzung (EÜ)[13] folgendermaßen übersetzt:
„Herr, unser Herrscher / wie gewaltig ist Dein Name auf der ganzen Erde / über den Himmel breitest Du Deine Hoheit aus“ (die kursiv gesetzten Versteile gelten als textum corruptum)
יהוה אדנינו מה אדיר שמך בכל הארץ
אשר תנה הודך על השמים
Transliteration des Konsonantentextes (ś steht für śin und šin):
YHWY ʾdnynw mh-ʾdyr śmk bkl-hʾrṣ
ʾśr tnh hwdk ʿl-hśmym
Das Übersetzungsproblem von Psalm 8,2b nach dem MT wird in einem modernen Kommentar von F.-L. Hossfeld und E. Zenger[14] folgendermaßen dargestellt:
„MT ῾ašær tenāh = Relativpartikel + Imp m mit Verstärkung durch –a („gib doch!“) syntaktisch kaum möglich; unklar auch, worauf der Relativsatz zu beziehen ist (JHWH? Dein Name? Erde?) Schon die alten Versionen bieten unterschiedliche Lesarten“ (Hossfeld / Zenger S. 78).
Zum Beispiel die Pshitta, die Psalm 8,2b so übersetzt, dass man einen abweichenden hebräischen Konsonantenbestand als Vorlage annehmen müsste:
ܡܪܝܐ ܡܪܢ ܡܐ ܡܫܒܚ ܫܡܟ ܒܟܠܗ ܐܪܥܐ ܕܝܗܒܬ ܫܘܒܚܟ ܥܠ ܫܡܝܐ (LXX ἐπήρθη).
Transliteration:
mryʾ mrn mʾ mšbḥ šmk bklh ʾrʿʾ dyhbt šwbḥk ʿl šmyʾ
„Herr, unser Herr, wie herrlich ist Dein Name über der ganzen Erde, der Du Deine Herrlichkeit über die Himmel gegeben hast.“
Nun wissen wir, dass in den Schreibstuben ein Vorleser mehreren Kopisten diktierte, die Transkription erfolgte also lautgetreu. Für das Zustandekommen der „syro-aramäischen Lesart“ an diesem Ort ist nur anzunehmen, dass das vorgelesene syro-aramäischeܬܢܐ (tnʾ – 3. Sgl. m. Perfekt – in der Pshitta zur Bezeichnung einer wiederholten Tätigkeit, wiederholten Sprechens oder der Rezitation, vgl. 1 Sam 26,8 und Brockelmann 828b[15]) lautgetreu mit dem hebräischen Konsonantentext תנה („tnh“; das h ist wie aram. ʾ nur mater lectionis für ā) niedergeschrieben wurde. Aus der syro-aramäischen Orthographie, welche für die hinten schwachen Verben regelmäßig einܐ (ʾ = aleph) setzt, ergibt sich so im Hebr. ein ה (h), das den gleichen Lautwert und die gleiche Funktion bei der Flektion der verba tertiae infírmae wahrnimmt.[16]
Es ergibt sich also folgende Neuinterpretation:
8,2 על־השמים הודך ܬܢܐ אשר
Transliteration (syrische Buchstaben kursiv):
ʾśr tnʾ hwdk ʿl hśmym
Psalm 8,2b nach „syro-aramäischen Lesart“ lautet also:
„Herr, unser Herrscher / wie gewaltig ist Dein Name auf der ganzen Erde / welcher Deine Hoheit (immer wieder) über die Himmel ausgesprochen hat“.
Der Relativsatz bezieht sich, syntaktisch durchaus möglich, auf den Namen Gottes. Die Formulierung entspricht der Vorstellungswelt der Psalmen, dass Gott als Wolkenthroner seinen machtvollen Namen über die Himmel ausspricht – z.B. im Donner (vgl. Ps 29,3-10 u.ö., in Verbindung mit הוד s. Jes 30,30; Hi 39,20).
2.3 Psalm 17,14a – eine Wendung
Ps 17,14a lautet in der Einheitsübersetzung:
„Rette mich, Herr, mit Deiner Hand vor diesen Leuten (textum corruptum) / vor denen, die im Leben schon alles haben (wörtlich: von Lebensdauer ist ihr Anteil am guten Leben).
Ps 17,14a ממתים ידך יהוה ממתים
מחלד חלקם בחיים
Transliteration:
mmtym ydk YHWH mmtym
mḥld ḥlqm bḥyym“
Das Problem von Ps 17,14a nach MT:
„Die erste Zeile des Verses ist kaum übersetzbar und hat in den alten Versionen zu den unterschiedlichsten Lösungen geführt“ (Hossfeld / Zenger 116).
Der Vers bezieht sich auf vorgenannte Feinde des Beters (VV 9-11). Die „syro-aramäische Lesart“ nimmt dagegen für ממתים (mmtym) nur die kleine, häufig zu beobachtende Verschreibung von ו (w) zu י (y) an. Dies ist ein klassischer Kopierfehler, und daher ein häufiger Verbesserungsvorschlag im textkritischen Apparat der BHS. Hebräisch ממתום (mmtwm – vom Unversehrten her!?) ergibt allerdings immer noch keinen Sinn für den Vers, wohl aber dessen syrische Transliteration:
Ps 17,14a ܡܡܬܘܡ ידך יהוה ܡܡܬܘܡ מחלד חלקם בחיים
Transliteration (syrische Buchstaben kursiv):
mmtwm ydk YHWH mmtwm mḥld ḥlqm bḥyym
Ps 17,14a nach der „syro-aramäischen Lesart“:
„Von Ewigkeit her ist Deine Hand, JHWH, von Ewigkeit her / Von Lebensdauer (nur) ist ihr Anteil am guten Leben.“
Ps 17,14b:
„Aber (adversativ) Deine Schutzbefohlenen, Du füllst ihren Bauch / es werden satt die Söhne, und ihren Überfluss hinterlassen sie ihren Kindern.“ (Übersetzung von Hossfeld / Zenger a.a.O.)
Durch die „syro-aramäische Lesart“ ergibt sich eine sinnstiftende Juxtaposition der beiden Hälften von 14a, die nun als zwei Nominalsätze mit einer einleitenden Entsprechung „Von Ewigkeit her / von Lebensdauer (nur)“ übersetzt werden können. Die Entgegensetzung der ewigen göttlichen Gnade zur vergänglichen Lebensfreude der Frevler ist ein klassisches Psalmenmotiv (vgl. Ps 1 u.ö.). Nun tritt auch die adversative Stellung von 14a zu 14b erst richtig hervor. Der Vers 14 wäre so, erstmalig in der Geschichte der Bibelübersetzung, philologisch nachvollziehbar zu übersetzen.
Die späteren syrische Übersetzung des MT, die Pshitta, erkennt im vorliegenden hebräischen Konsonantenbestand allerdings keinen „ursprünglich syrischen“ Text und muss dafür recht umständlich konjizieren … Ps 17,14a in der Übersetzung der Pshitta:
ܘܡܢ ܡܝܬܐ ܕܡܝܬܝܢ ܡܢ ܐܝܕܝܟ ܡܪܝܐ. ܘܡܢ ܡܝܬܐ ܕܚܦܪܐ: ܬܦܠܓ ܐܢܘܢ ܒܚܝܐ
Transliteration:
wmn mytʾ dmytyn mn ʾydyk mryʾ. wmn mytʾ dḥprʾ tplg ʾnwn bḥyʾ
„… und [bewahre mich] vor den Toten, welche sterben durch Deine Hand, Herr; und vor den Toten der Grube. Du teilst ihnen (schon) im Leben zu.“
2.4 Psalm 41,10 – ein unverstandener Appendix
Ps 41,10b in der Einheitsübersetzung lautet:
„Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, hat gegen mich geprahlt“ (letztes Wort unübersetzt – textum corruptum).
Ps 41,10 עקב ליע גדילה לחמי אוכל
Transliteration: ʾwkl lḥmy hgdyl ʿly ʿqb
Das Problem von Ps 41,10b nach dem MT:
„Die EÜ lässt zu Recht das letzte Wort ῾āqēb ‚Ferse‘ unübersetzt, denn die geprägte Wendung ‚gegen mich prahlen‘ ist intransitiv und bezieht sich nur auf verbale Aktionen“ (Hossfeld / Zenger 261).
Die „syro-aramäische Lesart“ bezieht die Konjunktion עלי (ʿly) auf das letzte unübersetzte Wort des Verses, wie es auch der textkritische Apparat der BHS vorschlägt. Für das nun absolute הגדיל (hgdyl) ergibt sich dadurch kein Problem, Gesenius übersetzt: „Er handelt stolz bis zuletzt“[17]. Nach der Transliteration ergibt sich eine Wendung syr. ܥܠ ܥܩܒ (ʿqb ʿl), die in der Bedeutung „jemandem nachstellen“ in der Pshitta bekannt ist (vgl. Mt 2,8) und die den Kotext von Ps 41,10 perfekt ergänzt.
Ps 41,10 אוכל לחמי הגדיל ܥܠܝ ܥܩܒ
Transliteration (syrisch kursiv):
ʾwkl lḥmy hgdyl ʿly ʿqb
Ps 41,10b nach der „syro-aramäischen Lesart“ lautet:
„Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, blieb stolz bis zuletzt, gegen mich hat er Nachforschungen angestellt.“
Ein interessantes Detail: Auch die syrischen Übersetzer haben den Halbsatz semantisch und syntaktisch in dieser Form verstanden, denn sie übersetzen genauso (!), wählen aber dazu ein anderes syrisches Verb. Ps 41,10 nach der Übersetzung der Pshitta lautet: ܣܓܝ ܐܬܢܟܠ ܥܠܝ (sgy ʾtnkl ʿly)
2.5 Psalm 45 – gleiche Konsonanten, andere Bedeutung
Das Problem von Ps 45,4.5 nach dem MT:
„4b H teilweise unverständlich; EÜ korrigiert“ (Hossfeld / Zenger 281).
Inhaltlich führt der Vers das Thema der göttlichen Leitung des Königs aus den VV 3-8 weiter aus. Ps 45,4.5 in der Einheitsübersetzung lautet:
„Gürte, Du Held, Dein Schwert um die Hüfte / kleide dich in Hoheit und Herrlichkeit! Zieh aus mit Glück (textum corruptum) / kämpfe für Wahrheit und Recht!“ („Wörtlich: Besteige den Streitwagen für die Sache der Wahrheit, der Armut und der Gerechtigkeit“, Hossfeld / Zenger 281).
Ps 45,4.5 הודך והדרך והדרך צלח
Transliteration: hwdk whdrk whdrk ṣlḥ
Der Halbvers beginnt mit der festen Redewendung: „Deine Hoheit und Deine Macht“, fährt dann aber asyndetisch und sinnverwirrend fort: „und Deine Hoheit: ‚Gutes Gelingen‘.“ Die syrischen Übersetzer der Pshitta schreiben: ܗܕܪܟ ܘܫܘܒܚܟ ܙܟܐ (hdrk wšwbḥk zkʾ; in etwa: „Deine Hoheit und Deine Macht ist lobenswert“). Allerdings kann man die zweite Vershälfte ohne Veränderungen des Konsonantentextes auch in „syro-aramäischer Lesart“ verstehen:
Ps 45,4.5 הודך והדרך ܘܗܕܪܟ ܨܠܚ
Transliteration (syrische Buchstaben kursiv):
hwdk whwdrk whdrk ṣlḥ
Ps 45,4.5 nach der „syro-aramäischen Lesart“:
„Gürte, Du Held, Dein Schwert um die Hüfte / Deine Hoheit und Deine Macht … (elliptisch) … und Deine Macht ist (schon) gediehen. / Besteige den Streitwagen für die Sache der Wahrheit, der Armut und der Gerechtigkeit“.
Das absolute Perfekt von syr.-aram. ܨܠܚ (ṣlḥ) kann, wie in Dan 8,12 Psh. als Entsprechung des Haph’el von bibl.-aram. צלח (ṣlḥ) verstanden werden, wo es in der Bedeutung „gedeihen“ ebenfalls den sicheren Ausgang einer noch nicht abgeschlossenen Handlung bezeichnet. Hebr. צלח (ṣlḥ) kann diese Bedeutung dagegen nicht annehmen. Die „syro-aramäische Lesart“ lässt also eine andere Semantik des Textes erkennen: Der königliche Held zieht in die Schlacht und kann sich ob seiner göttlichen Begleitung des glücklichen Ausgangs schon so sicher sein, dass er die Schlacht bereits als geschlagen ansieht.
2.6 Psalm 141,6 – ein ganzer Halbvers
Ps 141,6a nach der Einheitsübersetzung lautet:
„Haben sich ihre Richter auch die Felsen hinabgestürzt (textum corruptum / sie sollen hören, dass mein Wort freundlich für sie ist“.
Ps 141,6 נשמטו בידי־סלע שפטיהם ושמעו אמרי כי נעמו
Transliteration: nśmṭw bydy-slʿ śpṭyhm wśmʿw ʾmry ky nʿmw
Das Problem von Psalm 141, 6a nach dem MT: „H ist unverständlich“ (Kommentar der Einheitsübersetzung). Die erste Satzhälfte ergibt keinen Sinn, da der Psalm eine Auseinandersetzung einzelner Frommer, denen Gott hilft, mit einer Gruppe von Frevlern, die Unrecht tun, beschreibt. „Ihre Richter“ tauchen in Ps 141,6a unvermittelt auf. Es ist völlig unklar, warum sie sich „Felsen herunterstürzen“ sollten. Auch unsere syrischen Übersetzer scheinen hier ratlos die Schulter zu zucken. Ps 141,6a nach der Übersetzung der Pshitta lautet:
ܘܐܬܟܠܝܘ ܒܐܝܕܐ ܕܟܐܦܐ ܕܝܢܝܗܘܢ
Transliteration: wʾtklyw bʾydʾ dkʾpʾ dynyhwn
„Ihre Richter wurden durch (instr.) den/einen Stein bestraft / abgehalten (?!).“
Um aus dem MT nach der Transliteration ins Syrische einen verständlichen Text zu machen, wäre lediglich davon auszugehen, dass die lange syrische Verbform der 3. Pl. Imperf.ܢܫܡܛܘܢ (nšmṭwn) von späteren Kopisten, die das Syrische der Vorlage nicht mehr erkannten, zur langen hebräischen Verbalendung ו (wāw) der 3. pl. com. gekürzt wurde. Dies wäre ein verständlicher Kopierfehler, denn נשמטון (nśmṭwn) ist im Hebräischen so nicht möglich, wohingegen נשמטו (nśmṭw) von der Morphologie her absolut plausibel ist. Hierdurch wird die Verbalform allerdings als 3. Pl. Perfekt eines Nif’al von שמט (śmṭ) verstanden, das sonst nicht bekannt ist, und das in der Übersetzung – wie gezeigt – schwierig ist. Diese Schwierigkeiten lösen sich erst wieder durch die ‚Wiederherstellung‘ der „syro-aramäischen Lesart“ des uns bekannten hebräischen Konsonantentextes, der also folgendermaßen zu interpretieren wäre[18]:
Ps 141,6 נעמו כי יאמר ושמעו טיהםשפ ܢܫܡܛܘܢ ܒܝܕܝ ܣܠܥ(ܐ)
Transliteration (syrische Buchstaben kursiv):
nšmṭwn bydy slk(ʾ) špṭyhm wśmʿw ʾmry ky nʿmw
Ps 141,6 nach der „syro-aramäischen“ Lesart: „Ihre Richter sollen durch mich Steine (pl.) herausreißen / sie sollen hören, dass mein Wort für sie freundlich ist.“
Damit ergibt sich im syrischen Text ein direkter Zusammenhang zu den Reinheitsgesetzen von Lv 14,40: Wenn sich Aussatz an Häusern zeigt …
„so ordne er (der Priester) an, die Steine, die vom Übel befallen sind, herauszureißen und sie vor der Stadt an einen unreinen Ort zu werfen.“
Mehr noch: In der Pshitta ist diese Stelle eine der wenigen Belege von syr. ܫܡܛ (šmṭ) in der angegebenen Bedeutung, man könnte im Sinne des Experiments sogar einen direkten Textbezug unserer Stelle zu Lv 14,40 sehen![19] Zur Kontrolle füge ich noch einmal den sinngleichen Text von Lv 14,40 in der Version der Pshitta an:
Lv 14,40 ܢܦܩܘܕ ܟܗܢܐ ܘܢܫܡܛܘܢ ܐܢܝܢ ܠܟܐܦܐ ܕܐܝܬ ܒܗܝܢ ܡܚܘܬܐ ܕܓܪܒܐ ܘܢܪܡܘܢ ܐܢܝܢ ܠܒܪ ܡܢ ܩܪܝܬܐ ܒܐܬܪܐ ܛܡܠܐ
Translit.: npqwd khnh wnšmṭwn ʾnyn lkʾph dʾyt bhyn mḥwṭʾ
dgrbʾ wnrmwn ʾnyn lbr mn qryṭʾ bʾṭrʾ ṭmlʾ
Die Bedeutung des Verses passt nun auch besser in den Kontext von Ps 141: Ein Frommer weiht sein Gebet (V2) und seine Abstinenz vom Bösen (V3) dem HERRN. Besonders hält er sich von denen fern, die Unrecht tun – er hält sich also rein (V4). Er ist bereit, vom Gerechten Schelte und Strafe anzunehmen, wenn er sich versündigt hat (V5). Für die Richter der Frevler hat er nicht nur freundliche Worte übrig, sondern er ist in ihrem Auftrag bereit, als Werkzeug der Gerechten (Ps 141,6) / Priester (Lv 14,40) bei der Einhaltung der Reinheitsgebote einen Beitrag zu leisten, indem er unreine Sünder (Ps 141,6.9.10) / unreine Steine (Lv 14,40) „herausreißt“.
Wir könnten hier also eine Metaphorisierung des Tatbestandes aus Lv 14 annehmen, die in Ps 141,6 in die private Frömmigkeit des einzelnen Beters kontextualisiert wird. Dazu passt ganz gut, dass die Vokabel für „Stein“ hier nicht die von Lv 14,40 Psh. ܟܐܦܐ (kʾpʾ) ist, sondern ܣܠܥ (slʿ), das sich in seiner Semantik von der alten Bedeutung hebr. סלע (slʿ – „Felsbrocken“) weg entwickelt hat zu „kleiner Fels“, Stein(chen), Münze etc. Der im Hebräischen noch sichtbare Kontext einer großen mächtigen Sache wird in der syrischen Metapher somit durch ein Wort wiedergegeben, das peiorativ und diminuitiv wirkt und somit die unreinen Sünder herabsetzt: sie sind keine großen mächtigen „Felsbrocken“, sondern kleine Steine, die der Fromme nun wirklich mit eigenen Händen entfernen kann.
3 Warum funktioniert die „Methode Luxenberg“ am hebräischen Psalter?
Abschließend sollen einige Überlegungen angestellt werden, warum in gezeigter Weise Luxenbergs Methode an einigen dunklen Stellen des hebräischen Psalters funktioniert. Wie gesagt ist der hebräische Psalter, insofern er metrisch gefasst ist, religiöse Poesie, und besteht zu einem gewissen Anteil aus singulären Wortbildungen, die kaum einen isochronen philologischen Abgleich in der eigenen Sprache erlauben. Klassisches Hebräisch ist außerhalb der Tora und der älteren Epigraphie auch kaum zu finden. Somit ist das Korpus der hebräischen Bibel für die sprachinterne Erklärung schwieriger Begriffe oft genug auf sich selber angewiesen. Aramäisch und Syro-Aramäisch ist dagegen eine zur Zeit des frühen Islam bereits seit Jahrhunderten weit verbreitete Kultur- und Verwaltungssprache, die als lingua franca einer ganzen Region die aramäische Sprachwelt mit ihren persischen, griechischen Nachbarsprachen und –kulturen weit mehr in Berührung brachte, als das die Tora jemals konnte oder wollte. Das Syro-Aramäische besitzt einem umfassenden Korpus an Literatur, insbesondere auch religiöser Literatur. Hervorzuheben sind die religiöse Poesie und die liturgische Dichtung und Literatur, welche im Psalter viele komplexe und schwer übersetzbare Wortfelder bilden. Der Psalter erhält mit einer syro-aramäischen Transliteration somit gleichzeitig eine direkte Infusion der semitischen Sprachwelt außerhalb des Korpus der hebräischen Bibel. Es ist absehbar, dass sich dadurch eine relevante Schnittmenge syrischer Wurzeln mit ihren älteren hebräischen Pendants ergeben muss, welche die Bedeutungsvielfalt erhöht.
Formal sind beide Sprachen in der Morphologie, der Semantik und der Satzgrammatik nahe verwandt. Für unser Experiment merkt man gerade der syrischen Übersetzung der Tora, also der Pshitta an, wie diese regelmäßig am Gerüst der hebräischen Satzstruktur entlang fährt und „nur“ Wort für Wort Wurzeln und Morphologie austauscht. Bekommt man zusätzlich zur weitgehenden morphologischen Übereinstimmung auch noch die unterschiedlichen Bildungsformen insbesondere der Verben „unter Kontrolle“ – etwa durch angenommene Schreibfehler der Kopisten oder durch analoge Lautersetzungen, Beispiele s.o. – so erreicht eine syro-aramäische Lesart des hebräischen Konsonantentextes eine deutliche Erweiterung sinnhafter Bedeutungen. Wir können Chr. Luxenberg daher für unser Experiment nur zustimmen:
„In einer nicht geringen Zahl von Fällen ergab diese syro-aramäische Lesung den besseren Sinn“ (Chr. Luxenberg, 2000, 11).
Dafür sorgen allein schon die verschiedenen und reichhaltigen Bedeutungen der syrischen Wurzeln, die aus einem größeren kulturellen und funktionalen Fundus schöpfen.
Insofern funktioniert Chr. Luxenbergs Methode am Beispiel einiger dunklen Stellen des hebräischen Psalters durchaus, wenn man denn bereit ist, einen „unklaren“ hebräischen Bibeltext unter diesen Bedingungen einer möglichen syro-aramäischen Transliteration zu unterziehen und daraufhin philologisch korrekt aus dem Syro-Aramäischen neu übersetzt. Der Text wirft dann teilweise neuen, überraschenden Sinn ab. Doch zeigt der vorliegende Artikel offenbar auch einen Gefahrenpunkt auf: Für mich ungeklärt ist die Frage, ab welchem Punkt und bis zu welcher Grenze dieses Wechselspiel der Konsonanten betrieben werden darf. Inwieweit ist das „technisch Machbare“ auch plausibel, welche Bedeutung besitzt das letztlich ästhetische Argument, ob etwas „dem Kontext einen entschieden logischeren Sinn verleiht“ (siehe unten), wenn es um die Entscheidung geht, ob der unverstandene hebräische oder der neu verstandene syro-aramäische Konsonantenbestand als „wahr“ angesehen wird?
Für das Koranarabische – und hier endet die Analogie mit unserem Psalmenbeispiel – wäre zum einen fragen, ob die beiden angeführten Beobachtungen eines auf sich selbst verwiesenen poetischen Korpus gegenüber einer „Weltsprache“ (Syro-)aramäisch, sowie einer engen morphologischen Verwandtschaft, die oben für die formale Vergleichung mit einer „syro-aramäischen Lesart“ des Psalters wichtig war, gleichmäßig zutreffen. Zum anderen gibt es immerhin das seit langem bekannte und anerkannte Phänomen syro-aramäischer Fremd- und Lehnwörter im Koran und gerade – aber nicht mehr allein – die Forschergruppe INÂRAH versucht ja, einen zeitgeschichtlichen Rahmen der Entstehungsgeschichte des Koran zu rekonstruieren, welche den wichtigen syrisch-christlichen Kulturzusammenhang an entscheidender Stelle mit berücksichtigt. Hier kann darauf nicht weiter eingegangen werden, aber ich möchte bzgl. des Koranarabischen kurz auf eine Besonderheit verweisen, welche folgenden methodischen Schritt Luxenbergs betrifft: In unserem Experiment konnten die 22 hebräischen Zeichen den ebenfalls 22 syrischen Buchstaben noch genau zugeordnet werden. Dagegen werden die numerischen Zuordnungsmöglichkeiten erhöht, wenn die 22 syrischen Buchstaben nun 28 arabischen zugeordnet werden sollen, wodurch rein logisch eine größere Unschärfe der Transliteration entstehen muss. Insbesondere wenn nur der rasm des Korantextes Berücksichtigung findet, der auf die diakritischen Punkte verzichtet, ergibt sich noch einmal eine (vielfach) höhere Trefferquote sinnvoller „syro-aramäischer Lesarten“ des Korantextes.
„In einer kaum überschaubaren Zahl von Fällen hat dies zum Erfolg geführt, sofern der aramäische Ausdruck dem Kontext einen entschieden logischeren Sinn verleiht“ (Chr. Luxenberg, 2000, 11).
Bei allem Respekt vor den Verdiensten Chr. Luxenbergs, der in vielem die bekannte Relevanz der christlichen Nachbarsprachen für die Entstehung und Erforschung des Korantextes verschärft dargestellt und neu zugespitzt hat, scheint sich mir hier die Frage noch einmal vertieft zu stellen, ab wann das „technisch Machbare“ dem ästhetischen Argument zu viele sinnhafte Möglichkeiten eröffnet. Wie viel aber kann das ästhetische Argument tragen? Diese Frage – das sei fairerweise hinzugefügt – lässt sich im Übrigen an fast jede exegetische Methode der Auslegung heiliger Schriften stellen, spätestens seit der Allegorese eines Philo von Alexandrien (+ ca. 50 n.Chr.).
[1] Unter dem hebräischen Text des Psalters wird im Folgenden der masoretische (Konsonanten)text (MT) verstanden, wie er in der Standardausgabe der Biblia Hebraica Stuttgartensia wiedergegeben wird.
[2] Biblia Hebraica Stuttgartensia (Ed. R. Kittel); Editio Funditus Renovata, (edd. K. Elliger / W. Rudolph), Stuttgart 1967 und 1977.
[3] Vgl. die Ausgabe von Rahlfs, A., Psalmi cum Odis, Septuaginta: Vetus Testamentum Graecum X 1, Göttingen 1931.
[4] Vgl. The Old Testament in Syriac, Leiden 1972.
[5] Vgl. Luxenberg, Chr., Die syro-amamäische Lesart des Koran, 2000.
[6] In unseren Beispielen zu Ps 8,2 und Ps 41,10 könnte auch eine aramäische Einschreibung vermutet werden.
[7] In unseren Beispielen zu Ps 17,14 und 141,6 könnten exklusiv syro-aramäische Formen vermutet werden.
[8] Vgl. Dahmen, U., Psalmen- und Psalterrezeption im Frühjudentum: Rekonstruktion, Textbestand, Struktur und Pragmatik der Psalmenrolle 11QPsa aus Qumran, 2002, 93.
[9] Vgl. Sanders, J., The Psalms Scroll of Qumrān Cave 11 (11QPsa). Discoveries in the Judaean Desert of Jordan. Vol. 4, Oxford 1965.
[10] Vgl. die Internetpublikation durch das Sinaiticus-Projekts unter der Adresse: http://codexsinaicticus.org
[11] Beispielwörter wären: hebr. ereṣ (Land) – bibl.-aram. araʿ / hebr. zāhaḇ (Gold) – aram. dəhaḇ, hebr. šaloš (drei) – aram. tlāṯ,
[12] Vgl. Neef, H.-D., Arbeitsbuch Biblisch-Aramäisch, 2006, S. 32.
[13] Die Bibel. Einheitsübersetzung. Altes und Neues Testament, Freiburg 1980.
[14] Vgl. im Folgenden: Hossfeld, F.-L.; Zenger, E., Die Psalmen I. Psalm 1-50 (Neue Echter Bibel 29), Würzburg 1993.
[15] Vgl. Brockelmann, C., Lexicon Syriacum, 2. Auflage, Halle 1928.
[16] Das hebräische Äquivalent dazu ist שנה (śnh). Im Sinne unseres Experiments könnte man annehmen, dass spätere Kopisten, welche die syrische Sprache des originalen Wortes – und damit die typische Lautentsprechung „ש versus ת“ (ś – t, siehe oben) – nicht mehr erkannten, diese nötige gedankliche Rückbindung des Wortes vergaßen, und im hebräischen Text verfestigte sich stattdessen das lautgetreue aber sinnfreie hebr. תנה (tnh).
[17] Gesenius, W., Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, 17. Auflage, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1962, 131a.
[18] Anzunehmen wäre im Sinne des Experiments der indeterminierte Singular oder Plural, der im Syrischen regelmäßig durch den st. emph. als „Normalform des Substantivs“ ausgedrückt wird (vgl. Brockelmann, C., Syrische Grammatik, 13. Auflage, Leipzig 1981, § 89). Als die ursprünglich syrische Vorlage von späteren Kopisten nicht mehr erkannt wurde, entfiel im hebräischen Konsonantentext die Markierung des des st. emph. durch ein abschließendes א (ʾ), welche zwar im bibl. Aramäisch, aber nicht im bibl. Hebräisch möglich ist. Das direkte Objekt zu ܫܡܛ (šmṭ) kann im Syrischen ohne die Präp. ܠ (l) angeschlossen werden, wenn es indeterminiert ist (vgl. Brockelmann, C., Syrische Grammatik, 1981, § 216; anders in Lv 14,40, wo das dir. Objekt determiniert ist).
[19] Die aramäischen Targume Neofiti und Ps.-Jonathan geben die Stelle so wieder: וישמטון ית אבניה (wysmṭwn yt ʾbnyh)